Deutschland Thüringen Lkr. Saalfeld-Rudolstadt

Weißen


Zustand 2011
Foto: Baltes

Zustand 1988
Veröffentlicht bei
Störzner (1988)

Foto von 1942
Veröffentlicht bei
Störzner (1988)

Aufnahme von 1936,
das rechte Kreuz ist verschwunden

PLZ: 07407

GPS: N 50° 44.179', O 11° 27.221'

Standort: Am östlichen Ortsrand, an der Straße nach Uhlstädt.

Größe / Material: 72:57:19 / Muschelkalkstein

Geschichte: Mit der aufwändigen Umzäunung ist der im Jahr 1988 von Störzner aufgefundene Zustand wieder hergestellt gleichwohl die Gesamtsicht auf das Bodendenkmal sehr eingeschränkt wird und der zusätzliche Schutzfaktor eher marginal sein dürfte. (Baltes 07/2011)

Auf der Nordwestseite im Umriß eingeritzt: ein Schwert. Es wurde mehrfach ohne Ortsveränderung neu aufgestellt. 1971 ist das Steinkreuz durch Anfahren beschädigt worden, 1974 wurde es wieder instandgesetzt. Der Südwest-Arm fehlt alt. Früher stand es zusammen mit dem Kreuz Weißen II. Auf zwei älteren Fotos ist das verschwundene Kreuz (rechts) noch abgebildet. Es hatte die Abmessungen von 72:34:19 und war aus Sandstein gefertigt. 1960 findet es Köber noch am Friedhof vor, seit 1961 gilt es als verschollen. Man vermutet, daß es zu Bauzwecken verwendet wurde.

Sage: Der 30jährige Krieg hat überall im lieben deutschen Vaterland die Spuren seiner Schrecken zurückgelassen, sei es nur in Denkmalen verschiedentlicher Art, oder sei es in der unauswischbaren Erinnerung im Volke.
Auch der Orlagau hat die Fußtritte zahlreicher Regimenter gespürt, die Schwerthiebe der Schweden und Kaiserlichen ertragen, die Verwüstung volksreicher Ortschaften gesehen, tausende an der Pest und durch das Schwert gefallene Bauern und Söldner begraben. Wo man hinhört im Orlagau wissen die Leute von jenem Kriege zu erzählen; von Geschlecht zu Geschlecht erhebt sich die Kunde.
Auch in dem Dorfe Weißen an der Saale lebt solch eine Erinnerung an schwere Zeiten. Durchziehende Truppen, ganz gleich ob Freund, ob Feind, hatten wiederholt schon den Bewohnern übel mitgespielt: ihre Saaten Zertreten, ihre Wiesen zerstampft, ihr Getreide genommen, ihr Heu fortgefahren, Ihr Vieh geschlachtet. So arm sie auch geworden waren, durchziehende Söldner und vagabundierende Gardbrüder fanden immer noch etwas für die hungernden Gäule und den knurrenden Magen. So groß auch hier die Not gewesen war, am größten wurde sie, als durch einen Trupp Kroaten, die im Dorfe Quartier genommen, die Pest eingeschleppt worden war. Männer und Weiber, Kinder und Greise raffte der furchtbare Feind ohne Schonung und Wahl hinweg.
Die Überlebenden kamen der Verzweiflung immer näher.
Da ritt in einer dunklen nacht ein Zug unbekannter Reiter über die Brücke ins Dorf und forderte Quartier und Verpflegung. In vielen Häusern antwortete niemand und auf ihr stürmisches Fordern, denn die Leute lagen bei den Toten. Im Zorn steckten die Reiter die hölzernen Häuser in Brand; die wenigen Männer des Dorfes aber setzten sich zur Wehr. Das gab einen kurzen, aber wütenden Kampf im Glutschein des Feuers, das ungehindert weiter und weiter um sich griff. Von den fremden Reitern blieben einige tot im Dorfe, die anderen ergriffen die Flucht. Aber von den Dorfbewohnern waren nur drei übriggeblieben.
Am anderen Morgen sahen sie ihr Dorf in Asche liegen. So verscharrten (sie) die Toten und faßten den Entschluß, den Ort des Schreckens zu verlassen und selbst in den Krieg zu ziehen. Ehe sie aber die Heimat verließen, bildeten sie aus Sandstein drei Kreuze und befestigten sie dicht vor dem Eingang in das Dorf im Boden. Nach einem letzten Blicke auf die rauchenden Trümmer verließen sie ihre Heimat. Zwei von diesen drei Steinen stehen noch dort, wo der Weg vom Dorfe auf den Friedhof führt. Das Schwert, das man auf dem einen Kreuzstein eingehauen sieht, erinnert an die Not, die jener furchtbare Krieg über das Dorf gebracht.

Quellen und Literatur:
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.59, Nr.369
Störzner / Möbes - Steinkreuze in Thüringen: Katalog der Bezirke Gera und Suhl, 1988, Nr.105 (Gera)
Ergänzungen und aktuelle Aufnahme von Ulrich Baltes, Suhl (Foto von Juli 2011)


Sühnekreuze & Mordsteine