Geschichte & Forschung Ikonographie Kriegswaffen, Jagdwaffen und Richtwerkzeuge

Schwerter und Zweihänder

Das Schwert (von ahd.: swert) ist eine Hieb- und Stichwaffe mit gerader zweischneidiger Klinge, Griff und je nach Epoche Parierstange und Knauf.

 Einzeichnungen von Schwertern mit rundem Knauf auf Steinkreuzen und Kreuzsteinen 

Kahla (II)
Thüringen / Saale-Holzland-Kreis

Plastisch herausgearbeitet: Schwert mit breiter Klinge, Parierstange und rundem Knauf.
Foto: Störzner (1988)


Oßmannstedt
Thüringen / Lkr. Weimarer Land

Westsüdwestseite, im Umriß eingeritzt auf dem Schaft, beginnend im Kreuzungsfeld: Schwert mit Rundscheibenknauf, Griff und Parierstange (Länge: 128cm).
Foto: Störzner (1984)


Eichenbühl
Bayern / Lkr. Miltenberg

Leicht reliefierte Schwert-Einzeichnung.
Foto: Hessek (2006)



 Einzeichnungen von Schwertern mit unsymetrischem Knauf auf Steinkreuzen und Kreuzsteinen 

Dreikretscham
Sachsen / Lkr. Bautzen

O-Seite, auf der Kreuzung beginnend, eingeritzt im Umriß: Schwert mit unsymetrischem Knauf und abgerundeter Spitze (85cmlang).
Foto: Müller / Quietzsch (1977)


Wichtshausen
Thüringen / Lkr. Schmalkalden-Meiningen

Schwert mit Parierstange und (am Ende eingebogener) Griffangel.
Foto: Störzner (1988)


Unterwürschnitz
Sachsen / Vogtlandkreis

Auf der OSO-Seite Schwert, dessen Knauf gebogen ausläuft.
Foto: Gerth (2004)


Als Biedenhänder, Bihänder oder auch Zweihänder bezeichnete man im Mittelalter Schwerter mit außergewöhnlich langer Klinge (ca. 140 bis 200cm) und verlängertem Griff, deren Gewicht einen einhändigen Einsatz unmöglich machte. Diese Schwerttypen entstanden als Antwort auf den immer stärker werdenden Rüstungsschutz, welcher seinen Höhepunkt mit der typischen Ritterrüstung erreichte. Einige Bidenhänder besaßen eine sogenannte Fehlschärfe (einen ungeschliffenen, stumpfen Bereich) am unteren Ende der Klinge, die mit Leder umwickelt wurde. Dadurch konnte die zweite Hand vor die Parierstange greifen und die Stoßkraft der Waffe verstärken. Zudem ließ sich ein so präpariertes Schwert beim Marschieren mit einer Hand tragen und gefahrlos gegen die Schulter lehnen. Vor der Fehlschärfe war die Klinge mit sog. "Parierhaken" (auch "Parierdornen" genannt) versehen, um die Hand an der Fehlschärfe zu schützen.


 Einzeichnungen von Zweihändern auf Steinkreuzen und Kreuzsteinen 

Baruth
Sachsen / Lkr. Bautzen

Auf der Nordseite im Umriß eingeritzt: Biedenhänder.
Foto: Müller / Quietzsch (1977)








 Das Richtschwert 

Hat dem Henker die Enthauptung des Verfesteten befohlen. Mit überschlagenen Beinen. Langer gegürteter Rock, Grafenhut und Beinlinge.
Quelle: sachsenspiegel-online.de

Linke Bildhälfte: ein Friedensbrecher erschlägt einen Juden.
Rechte Bildhälfte: Der Friedensbrecher wurde mit gräflicher Aufsicht enthauptet.
Quelle: sachsenspiegel-online.de



 Das Gerichtsschwert 

Grabmal des Herzogs Heinrich von Breslau. Die Schwertscheide mit dem Gurt spiralförmig umwickelt als Zeichen der Befugnis Recht zu sprechen.
Quelle: Bergner (1906)

Die Abbildung des adligen Richters Sizzo im Naumburger Dom. Das umwickelte und damit befriedete Schwert stellt die Gerichtsgewalt dar.
Foto: Munzel-Everling

Das Gerichtsschwert auf einer Darstellung im Sachsenspiegel (1225-1235) des Eike von Repgow. Schwertscheide mit dem Gurt spiralförmig umwickelt - es Kennzeichnet so den jeweiligen Richter.
Quelle: sachsenspiegel-online.de

Statuen Ekkehards von Meißen und seiner Gattin Uta von Ballenstedt im Dom zu Naumburg a.S. (13. Jahrhundert).
Das Schwert spiralförmig umwickelt.
Quelle: Meyer (1903)

Das Schwert als Rechtssymbol
Schwert; auf den Griff des Schwertes mit in die Erde gesteckter Spitze wurde bei Schwüren und Gelübden die Hand gelegt, in ältester Zeit wohl auch durch blosses Ausziehen des Schwertes geschworen. Die Freischöffen bei der Fahne legten ihre Finger aufs breite Schwert und schwuren. Die sich ergaben, gingen entweder ohne Schwert oder fassten das Schwert an der Spitze, ihrem Sieger den Griff reichend. Durch das Schwert geschah auch Übergabe von Land; es war Symbol der Gerichtsbarkeit, besonders der peinlichen über Leben und Tod. Die Friesen tragen der Braut bei der Brautführung ein Schwert vor, zum Zeichen, dass der Mann Gewalt über ihr Leben habe. Übersendung und Annahme des Schwertes bezeichnet die zu vollziehende Hinrichtung. Es war endlich Sitte, wenn ein Mann bei einer Frau schlief, die er nicht berühren wollte, dass er ein Schwert zwischen sich und sie legte; nach der Sage geschah dies z.B. zwischen Sigurd und Brunhild; in deutschen Dichtungen zwischen Tristan und Isolde, zwischen Wolfdietrich und der Heidentochter, Orendel und Frau Breide und in vielen andern Sagen.
(Götzinger, Dr. E. - Reallexikon der Deutschen Altertümer. Ein Hand- und Nachschlagebuch der Kulturgeschichte des deutschen Volkes, Leipzig 1885, S.821-822)

[...] Die Fessel ist am Schwertmund befestigt, bleibt deswegen an der Scheide hängen, wenn der Ritter sich des Schwertes samt der Scheide entledigt. Dann wird sie, wie man das auch auf andern Monumenten sieht, spiralisch um die Scheide bis in die Nähe der Spitze herum geschlungen, so gewöhnlich, wenn dem Grafen das Schwert als Wahrzeichen seiner Gerichtsgewalt dient, aber auch bei anderen Gelegenheiten, wo es samt der Scheide in freier Hand gehalten wird [...]. In der Maness. Handschrift freilich hängt die Schwertfessel fast immer lose an der Scheide [...]. Das eine Ende der Schwertfessel spaltet sich in zwei schmale Riemen, die durch einen Schlitz am andern Ende durchgesteckt und dort verknotet werden können.
(Amira, Karl von - Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, 1925, 2.Bd., Teil I, S.68)

[...] Unter "Richtersymbolen"1) versteht man bestimmte faktische (deskriptive, d.h. als Tatsachen beschreibbare) Gegenstände oder Gesten oder Szenen, denen ein bestimmter Sinn zukommt, weshalb sie als Zeichen fungieren: nämlich, daß der Mensch (immer der Mann) - der mit ihnen in Beziehung dargestellt ist - ein Richter ist bzw. in der Funktion als Richter tätig ist.
Das Richterschwert
Am eindringlichsten ist dabei sicherlich das Schwert2), das der als Richter ausgezeichnete Mann in den Händen hält: als Zeichen der Blutgerichtsbarkeit, die in einem Verfahren unter seinem Vorsitz ausgeübt wird. Dies bedeutet, daß das letzte Urteil - das der Richter von den Schöffen mit feierlichen, althergebrachten Worten vor der versammelten Öffentlichkeit erfragt3) - auf Tod für den Verklagten lauten kann. Stellt der Richter diese entscheidende Frage, dann hebt er das sonst ruhig auf den Schenkeln liegende Schwert in die Höhe: auch dies als Zeichen für den Ernst der Situation, zugleich als Aufforderung an die Versammelten, genau zuzuhören und aufzupassen, damit alles in Ordnung nach dem alten Recht vor sich geht. Diese Geste des Hochhebens des Schwertes ist von daher ebenfalls als ein Richtersymbol anzusehen; wie ebenfalls das ruhige Liegenlassen auf den Schenkeln (worauf noch einzugehen sein wird).
Warum ein solches Schwert als Symbol der Blut- (oder Hoch-)gerichtsbarkeit in Betracht kam, liegt auf der Hand: diente das Schwert doch als Instrument der Hinrichtung des verurteilten Missetäters. Freilich war das eigentliche Richterschwert - das meistens ein Schmuckstück war, wobei der Stahl in einer kostbaren Scheide ruhte - nicht das Richtschwert des Scharfrichters: letzteres mußte schwer sein, um im Zusammenhang mit der schnellen Drehbewegung die erforderliche Energie zu begründen, um die Wirbelsäule des Betroffenen zu durchschlagen und damit diesem den Kopf abzuschlagen (ihn zu "enthaupten"), Um ein Zustechen ging es bei der Hinrichtung also nicht, weshalb das Richtschwert vorne abgerundet war; im Gegensatz zum Richterschwert, das mit dem zugespitzten Ende an die Waffe erinnerte, die im Zweikampf auf Leben und Tod verwendet wurde.
Dieses Schwert diente allgemein als Zeichen der Macht, wie wir es z.B. aus der antiken, dann mittelalterlichen "Zweischwerterlehre" her kennen4), wonach der göttliche Rechtsherr Christus - der selbst das Recht war, weshalb ihm das Rechte lieb war - sowohl dem Kaiser als auch dem Papst je ein heiliges Schwert vom Himmel herabreicht und sie damit einerseits mit der irdischen Gewalt (auf Leben und Tod), andererseits mit der Gewalt zur geistlichen Gerichtsbarkeit belehnt. Von daher wird der Zusammenhang von Herrschaft und Richterfunktion deutlich: der Richter ist Vertreter des Herrschers, dem die allgemeine Gerichtsgewalt zukommt, er hat von diesem den Richterbann erhalten und leitet das Verfahren mit Unterstützung der herrschaftlichen Autorität. Der Richter muß der Stärkste in dem Verfahren sein, in dem sich aggressive Gegner gegenüber stehen, die das Verfahren durchaus noch im Sinne des alten Zweikampfes verstehen, begleitet von bewaffneten Freunden. Die Atmosphäre einer solchen alten Gerichtsversammlung war emotional aufgeheizt, mußte deshalb durch feierliche Gesten und symbolträchtigte Gegenstände und Szenen unterdrückt werden.
Dazu diente sicherlich das Richterschwert: nicht nur durch diesen Verweis auf die Macht des Herrschers, sondern auch durch den damals allen Beteiligten von der kirchlichen Kunst her bekannten Hinweis auf die beiden Schwerter, die dem göttlichen Weltenrichter am Ende der Tage aus dem das Urteil über die Menschheit (und die Schöpfung überhaupt) sprechenden Mund hervorstechen (sofern nicht eines durch die Gnade versprechende Lilie ersetzt ist)5). Vorbild des Richters und zugleich ermahnendes, Gerechtigkeit anmahnendes Bild war jedenfalls dieser letzte Richter, weshalb in den später in den Rathäusern eingerichteten Gerichtsräumen ein Bild des Jüngsten Gerichts aufzuhängen war6). [...]
1) Dazu vgl. Erler, Rechryssymbolik; Kocher, Zeichen; Schild, Gerichtsbarkeit, S.132 ff.; Zweig, Symbolforschung.
2) Vgl. dazu Hüpper, Schwert, Sp.1570ff.; Kocher, Schwert, Sp.1644.
3) Dazu vgl. Weitzel, Recht.
4) Vgl. die Abb.l in: Schild, Gerichtsbarkeit (m.w.N.).
5) Dazu vgl. Schild, Gott, S.44ff
6) Dazu und zu weiteren Gerechtigkeitsbildern vgl. Erler, Gerechtigkeitsbilder; Schild, Gott, S.44ff; ders. Gerechtigkeitsbilder, S.86ff.; ders. Bilder; Tipton, Res.
(Schild, Wolfgang - Richtersymbole. Zum Verfahren als "Theater des Rechts" in Mittelalter und Früher Neuzeit, in: Leben im Mittelalter und Moderne, 2003, S.11-13)



 Darstellungen in anderer Verwendung 

Schwert in der Scheide. Aus der Codex Manesse, der Großen Heidelberger Liederhandschrift, die zwischen 1300 und 1340 in Zürich enstand.

Die Darstellung blanker Schwerter in der Codex Manesse (Herr Reinmar von Brennenberg).



 Weiterführende Quellen und Literatur (speziell) 
Amira, Karl von - Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, 1925, 2.Bd., Teil I, S.68
Bergner, Heinrich (Hrg.) - Handbuch der Bürgerlichen Kunstaltertümer in Deutschland, 2.Band, Leipzig 1906
Götzinger, Dr. E. - Reallexikon der Deutschen Altertümer. Ein Hand- und Nachschlagebuch der Kulturgeschichte des deutschen Volkes, Leipzig 1885
Kocher, Gernot - Das Schwert. Alltagsgerät und Rechtssymbol, in: Harz-Forschungen, Harz-Verein für Geschichte und Altertumskunde e.V. (Hrg.), Band XXIII, Wernigerode 2007, S.203-209
Mittler, Elmar / Werner, Wilfried - Codex Manesse, die Große Heidelberger Liederhandschrift. Katalog zur Ausstellung, Universitätsbibliothek Heidelberg 1988
Munzel-Everling, Dr. Dietlinde - Die Verwendung von Rechtssymbolen in der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, 2008
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Schild, Wolfgang - Richtersymbole. Zum Verfahren als "Theater des Rechts" in Mittelalter und Früher Neuzeit, in: Leben im Mittelalter und Moderne, 2003, S.11-13


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