Bonifatius-Kreuze,
wo von Winfried das Evangelium gepredigt worden sei nach der Sage. Wir halten dies für unwahrscheinlich, da über die Stätten, wo Bonifatius, St. Mang usw.
gepredigt haben soll, viel fabuliert wird.
(Deutsche Gaue, Band IX, 1908, S.178-179)
Bonifatiuskreuze
Der Kreuzstein von Herstelle wurde bisher als "Bonifatiuskreuz" angesehen. Mit diesem volkstümlichsten deutschen Glaubensboten werden viele Steinkreuze in
Verbindung gebracht. Sie sollen von dem Heiligen oder seinem Gefolge anstelle der noch fehlenden Kirchen überall dort errichtet worden sein, wo die Missionare predigten,
tauften und Gottesdienst abhielten, besonders zahlreich im Umkreis von Fulda. Diese Deutung wird aber seit langem abgelehnt. Größere Wahrscheinlichkeit kann eine
andere Lesart für sich beanspruchen. Danach sollen Bonifatiuskreuze den Leichenweg des Glaubensboten kennzeichnen. Nach seinen Märtyrertode im Jahre 754
brachte man Bonifatius' Leichnam zu Schiff nach Mainz und von dort in mehreren Tagereisen über Land zum Kloster Fulda, das der Heilige sich als Begräbnisort erwählt
hatte. Überall nun, wo der Leichenzug Mittagsrast machte oder übernachtete, errichtete man ein steinernes Kreuz. Ein solches Bonifatiuskreuz stand - zusammen mit
zwei anderen Wegemalen - an der Kreuzung der mittelalterlichen "Elisabethenstraße", einer Wallfahrtsstraße von Mainz zum Grabe der heiligen Elisabeth in Marburg,
mit der Straße Eschborn-Sossenheim. Es wurde 1933 beim Bau der Autobahn Frankfurt-Wiesbaden ausgegraben und befindet sich seitdem im Historischen Museum
der Stadt Frankfurt am Main. 1944 in viele Teile zerbrochen, wurde es 1956 wiederhergestellt. Es ist ein roh behauenes Steinkreuz aus Bockenheimer Basalt mit hohem
Schaft und kurzen Querarmen. Seine Maße sind 128,5x51,5x23 Zentimeter. Ursprünglich besaß das Kreuz noch ein in diesen Maßen nicht berücksichtigtes Schaftende
von etwa 60 Zentimeter Länge mit wulstig verdicktem Fuß zur Befestigung im Boden; dieser Teil wurde bei der Wiederherstellung nicht erneuert. Das Kreuz entspricht in
seiner Form und Größe den stattlicheren Exemplaren unserer Steinkreuze. Es gilt auf Grund seiner merowingischen Schriftzeichen als bisher einziges erwiesenes
Bonifatiuskreuz. Die eingeritzten Buchstaben H B q und ein pfeilartiges Zeichen, das der altdeutschen Rune "t" entspricht, werden aufgelöst in den Satz: Hie
Bonifatius quievit = Hier ruhte Bonifatius. Eine kritische Untersuchung der Schriftzeichen und ihrer Deutung wäre im Interesse der Steinkreuzforschung dringend zu
wünschen.
Die Sitte, Steinkreuze am Leichenwege bedeutender Persönlichkeiten aufzustellen, ist angelsächsisch. Schon 734 wird sie am Totenwege des Aldhelm geübt mit
Kreuzen, die das Volk später Bischofssteine nannte. Auch bei der Überführung der Gebeine des heiligen Marzellus errichtete man, wie Einhard beschreibt, im Taunus ein
Kreuz. 1291 läßt König Edward I. ein Kreuz an dem Orte aufstellen, wo der Sarg seiner Gattin, Eleonor von Kastilien, auf dem Wege von Harby nach Westminster Abbey
zum letztenmal niedergesetzt wurde; es stand, bis es 1647 auf Befehl des Parlaments beseitigt wurde. Auch am Leichenwege König Ludwigs des Heiligen von Paris nach
St. Denis standen bis zu ihrer Zerstörung in der französischen Revolution solche Gedenksteine. - Steinkreuze des Tecklenburger Landes sollen den Weg bezeichnen, den
der Wagen mit der Leiche der seligen Reinhildis von Westerkappeln zur Begräbnisstätte in Riesenbeck genommen hat, doch ist den Reinhildis-Sagen dieser Zug nicht
allgemein bekannt. - Schließlich sollen einzelne Steinkreuze Stationen beim Leichenzug aus den Bauerschaften zur Kirche sein. Hier wurde der Sarg abgestellt und der
Geistliche abgewartet, der sich dann nach dem Segen in den Zug einreihte (Vgl. Nordwalde und Borgholzhausen). Auf diesen Brauch hat Franz Jostes hingewiesen.
Auch Naegele ist die Sitte bekannt, doch betont er, daß die Kreuze nicht zu diesem Zwecke gesetzt
wurden, sondern daß sie nur "im Nebenamt" als Sammelstätten für Wallfahrt und Totenrast dienten.
(Brockpähler, Wilhelm - Steinkreuze in Westfalen, 1963, S.145-146)