Deutschland Sachsen-Anhalt Lkr. Quedlinburg

Ballenstedt (I)


Blick zu Standort

Abbildung bei
Saal (1989)

Abbildung bei
Kunze (1935)

PLZ: 06493

GPS: N 51° 43,443', O 11° 12,505'

Standort: In der Nähe der Straße Rieder - Ballenstedt. Kurz vor Ballenstedt befindet sich an einem ehemaligen Bahnübergang (Strecke wurde 2004 aufgegeben) rechts das alte unbewohnte Bahnwärterhäuschen. Das Steinkreuz steht unweit davon am Rand eines großen Feldes.

Größe / Material: 95:93:37 / Sandstein mit stark hervortretenden quarzitischen Linien

Geschichte: Benennung: "Blauer Bulle". Das Feld, an dessen Rand der Blaue Bulle heute steht, war früher Domänenwiese der Ballenstedter Schloßdomäne. Hier wurde der Stein aber erst Anfang des 19. Jahrhundert aufgestellt. Dazu schreibt Krieg 1922:

"Der Rechnungsrat Höhne in Ballenstedt berichtet darüber: Vor etwa 100 Jahren hat ein Beamter der Schloßdomäne aus der Feldflur Wüste-Radisleben den beim Pflügen zum Vorschein gekommenen Stein aufgeladen und dorthin gesetzt, wo er jetzt steht. Der Volksmund erzählt, daß dort ein russischer General aus den Freiheitskriegen begraben liege. Das Grabkreuz ist aber viel älter. Der Herzog Alexius Friedrich Christian († 1834) soll die Aufstellung vom Schlosse aus mit dem Fernglase bemerkt und seinen Höfjäger hinuntergeschickt haben, um den ‚Unfug? festzustellen. Nachher hat das Kreuz stehen bleiben können."

Das Kreuz soll nach Walter Saal aus dem 15. Jahrhundert stammen.

Interessant ist der Name "Blauer Bulle". Saal schreibt von einer jüngeren Mitteilung, wonach hier ein Bulle einen Menschen getötet haben solle. Dieses scheint aber ein neuer Versuch zu sein, einen alten Namen zu erklären. Das Wort "blau" könnte auch im Laufe der Zeit aus "bläuen" (schlagen) entstanden sein. Das würde darauf hinweisen, daß der Name schon sehr alt ist, und der Stein an seinem ursprünglichen Standort beim Pflügen nicht erst entdeckt wurde (man spricht in der Literatur auch von "auspflügen"), sondern bei der Feldarbeit störte, weshalb man ihn auf eine Wiese versetzte. (Fuhrmann / Vogt 2006)

[...] Große Ähnlichkeit mit jenem [Gerokreuz] weist das etwa 10km östlich davon bei Ballenstedt stehende auf. Am Kreuzungspunkt der Eisenbahn mit der Landstraße Ballenstedt - Gernrode hat es seinen Standort auf einer Weide nahe der Bahnlinie. Der Sage nach soll ein Franzose darunter begraben liegen. Nach einer anderen Bekundung soll der Stein bei dem Bahnbau von seinem ehemaligen Standort dorthin versetzt worden sein. (Kunze 1935)

Sage: 1. Es soll hier ein russischer General aus den Freiheitskriegen begraben liegen.
2. Nach anderen soll es ein Franzose sein.
3. Ein Bulle soll hier einen Menschen getötet haben.

Quellen und Literatur:
Krieg, R. - Die Steinkreuze am und im Harz. In: Der Harz, 1922, S.139-141
Kunze, W. - Von Steinkreuzen in Feld und Wald, in: Germanien. Blätter für Freunde der germanischen Vorgeschichte, Heft 10, 1935, S.291-292
Klocke, F. - Sühnekreuze im Kreise Ballenstedt, In: Bernburger Kalender, 1938, S.125-128
Klocke, F. - Bodendenkmale des Kreises Quedlinburg, Museumsbücherei Quedlinburg, Bd. 4, 1959, S.5
Saal, W. - Verzeichnis der Steinkreuze des ehemaligen Landes Sachsen-Anhalt, Teil 2. In: Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte, Band 38, Halle 1954, S.257-264
Saal, Walter - Steinkreuze und Kreuzsteine im Bezirk Halle, 1989, S.30
Träger, Ottomar: Von alten Steinkreuzen im Bernburger Lande und ihren Sagen. In: Bernburger Heimathefte 1 (1956), S.209-218
recherchiert und bebildert von Ute Fuhrmann und Rainer Vogt, Thale



Ballenstedt (II)


Abbildung bei
Saal (1992)

GPS: N 51° 41,754', O 11° 11,047'

Standort: Das Steinkreuz steht mitten im Wald (Forstort Küchenholz) an einer Wiese. Vom sogenannten Schirm oder Schirmbuche, einer Wegekreuzung, ist es etwa einen halben Kilometer entfernt. Der Weg, der an der Wiese vorbei führt, heißt auch "Fünfgroschenweg".

Größe / Material: 157:62:40 / Sandstein

Geschichte: Die Entstehungszeit des Kreuzes ist nach Saal (1989) um 1500, nach Klocke (1938) in das 16. Jh. datiert. Das Steinkreuz wird hier "Armer Heinrich" genannt.
Nach Büttner, Pfänner zu Thal (1892) soll man unter dem Kreuz viele Waffen, Kriegsgerät und Fußangeln gefunden haben. Er spricht die Vermutung aus, daß im Bauernkrieg eine Gruppe Aufständischer, die sich nach altem Brauch nach ihrem Anführer der "arme Heinrich" nannte, vom Grafen von Mansfeld ermordet und von den Bewohnern der Gegend hier begraben worden sind. Eine geschichtliche Quelle dafür wird nicht angegeben. Nach Klocke (1938) waren die Funde vom Armen Heinrich noch 1890 auf dem Ballenstedter Schloß zu sehen. Über ihren Verbleib ist seitdem nichts bekannt geworden.

Sage: 1. Es soll hier ein Schäfer, Korbflechter oder Fleischer erschlagen worden sein. (Träger 1956)
2. In den benachbarten Orten trieb sich einst ein alter Bettler Heinrich herum. Eines Tages fand man ihn erschlagen im Walde. Seine Barschaft hatte der Mörder nicht ergattert: nicht weniger als 24 Dukaten fanden sich eingenäht in dem Zipfel des zerlumpten Rockes. Man begrub den Toten an Ort und Stelle und stellte auf sein Grab jenes Steinkreuz. (Lorenz 1928)
3. Der Bettler Heinrich soll hier in einem strengen Winter erfroren sein. In seinem Hemd waren 700 Taler eingenäht. Deshalb heißt der benachbarte Weg auch Siebenhundert-Taler-Weg. (nach Saal 1989)
4. Der Bettler Heinrich ging den Waldweg von Harzgerode nach Ballenstedt, um in Ballenstedt zu betteln. Als er wieder von Ballenstedt den 700-Taler-Weg zurück ging, der seinen Namen von den 700 Talern erhielt, die der Herzog für seinen Bau ausgegeben hatte, verlor er auf dem anschließenden Weg seine letzten fünf Groschen. Seitdem heißt der Weg "Fünfgroschenweg". Vor Gram über den erlittenen Verlust starb Heinrich auf einer kleinen Waldwiese. Der Herzog ließ ihn hier beerdigen und das Steinkreuz setzen, weil er immer ein ehrlicher Mann gewesen sein soll. Aber trotzdem soll er seinen Erben eine namhafte Summe Geldes hinterlassen haben. (nach Saal 1989)

Quellen und Literatur:
Büttner, Pfänner zu Thal - Anhalts Bau- und Kunstdenkmäler, Dessau 1892
Kunze, W. - Von Steinkreuzen in Feld und Wald, in: Germanien. Blätter für Freunde der germanischen Vorgeschichte, Heft 10, 1935, S.291-292
Klocke, F. - Sühnekreuze im Kreise Ballenstedt, In: Bernburger Kalender, 1938, S.125-128
Lorenz, Dr. Hermann - An`n Krieze. In: Am Heimatborn, Beilage zum Quedlinburger Kreisblatt, Nr.161, 1928, S.663-664
Saal, W. - Verzeichnis der Steinkreuze des ehemaligen Landes Sachsen-Anhalt, Teil 2. In: Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte, Band 38, S.257-264, Halle 1954
Saal, Walter - Steinkreuze und Kreuzsteine im Bezirk Halle, 1989, S.30
Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992, S.20
Träger, Ottomar - Von alten Steinkreuzen im Bernburger Lande und ihren Sagen. In: Bernburger Heimathefte 1 (1956), S.209-218
recherchiert und bebildert von Ute Fuhrmann und Rainer Vogt, Thale


Sühnekreuze & Mordsteine