Kulmbach veröffentlicht bei Funk (1940) |
PLZ:
95361GPS:
N 50° 7,473', O 11° 30,737'Standort:
Nach dem Abzweig nach Gumpersdorf (in Richtung Untersteinach kurz nach dem Ortsende von Kauerndorf nach links) befindet sich auf der Straße nach ca. 500m eine kleine Kuppe und nach links zweigt ein kurzes Stück geteerter Feldweg ab. Das Steinkreuz steht hier rechts am Hang zwischen der B 289 (ca. 5m östlich von dieser) unterhalb einer Leitplanke und der Bahnlinie (Bahn-Km 67.0), ist stark eingewachsen und von der Straße aus nicht zu sehen.Größe / Material:
100:70:30 / SandsteinGeschichte:
Der Längsbalken ist unterhalb vom Querbalken 30cm breit und verbreitert sich nach unten bis auf 70cm. Die Sagen deuten alle auf eine Grenze hin, was auch urkundlich belegt ist. Im Landbuch der Herrschaft Plassenberg von 1398, Abteilung Fischwasser heißt es: "Albrecht Genses fischet daz wasser, die Steinach genannt, daz sich anhebt ob Kawerndorf bey dem steinen crewze in dem nydental und geht ab bis in den Meyne unter der förstlesmühl“. Nach den geschichtlichen Tatsachen und den vielen Grenzsagen dürfte das Steinkreuz um 1300 als Grenzkreuz errichtet worden sein. (Dill 1984)Sage:
1. Der Sage nach soll in der Nähe vom Steinkreuz öfters ein Mann ohne Kopf gesehen worden sein.Quellen und Literatur:
Wenn man mit dem Eisenbahnzug von Kulmbach in der Richtung Hof fährt, sieht man zwischen dem Dörfchen
Kauernburg und Untersteinach so ungefähr in der Mitte an der Böschung der Landstraße ein Kreuz, einfach, aus Stein, das aus alter Zeit stammt, man kann
annehmen, wenigstens aus dem 15.Jahrhundert. Dieses Kreuz erinnert an eine Urkunde im Staatsarchiv Bamberg, die gefertigt und gesiegelt wurde am heiligen
Pfingsttag 1441 von Johann von gots gnaden Marggrave zu brandenburg und Burggrave zu Nuremberg. Doch will nicht behauptet werden, daß es dasselbe
steynen Kreuz sein muß, das damals "die schuldigen sullen machen lassen, wo das am füglichsten steen mag".
Zu Stadtsteynach wohnten zu jener Zeit die Gebrüder Albrecht, Nickel, Hans und noch ein Hans, die Pecken (= Bäcker) genannt. Ihnen
wurde von den Hanauern und anderen von Steynach ein Bruder erschlagen (ob bei der Kirchweih oder einer anderen Gelegenheit es geschehen, berichtet die
Urkunde nicht.) Dieses Verbrechen mußte gesühnt werden; die Art und Weise der Buße ist aber eine ganz andere als heutzutage: Der Zweck war Besserung
und Verhütung weiterer Verbrechen.
Als Richter waren tätig der obengenannte Markgraf Johann Brandenburg zu Kulmbach und Hans von Rotenhan und Mertein Förtsch,
letzterer zu Thurnau-Buchau, welche den Übeltätern folgende Verpflichtungen auferlegten:
Zum ersten: "Sullen die, welche die tat getan haben, ein Romfart und ein Achfart tun", d.h. sie sollen eine Buß- und Wallfahrt nach Rom
und Aachen machen: in Rom sollen sie gleich den Pilgern in 'Tannhäuser' von Wagner die Lossprechung sich erwirken und in Aachen beim Anblick der großen
Heiligtümer sich ihrer Schuld nochmals so recht bewußt werden. Im Mittelalter gehörte Aachen seiner Heiligtümer wegen (Stücke vom Kreuze Christi, Leidens-Werkzeuge)
zu den besuchtesten Wallfahrtsorten. Im 13.Jahrhundert scheint die jetzt übliche Zeigung der Heiligtümer von sieben zu sieben Jahren aufgekommen zu sein; Nachrichten
über die Aachenwallfahrten im 15. und 16.Jahrhundert grenzen, was den Zusammenfluß von Menschen aller Gegenden und Nationen betrifft, fast ans Unglaubliche
(Kirchenlexikon von Herder in Freiburg. 1.Bd.).
2.) "Es sullen die genannten schuldigen auf einen tag, wenn sie des ermahnt werden, fünfzig Mann füren, der iglicher ein kerzen bringen sol, von
einem halben pfunde wachs, die dann die Pecken mugen geben, keren und wenden, wohin sie wollen." Wachskerzen waren zu jener Zeit ein rarer Artikel und fünfzig
Männer zu finden, die mit ihnen gemeinsam den Bußgang zu den Gebrüdern Peck machen und halbpfündige Kerzen als Opfer bringen sollen, war immerhin keine
geringe Sühne; denken wir uns doch in die Lage hinein!
3.) "Dieselben schuldigen sullen machen lassen ein Steyneyn Kreuz, wo das am füglichsten steen mag." Zu allen Zeiten wurden äußere
Erinnerungszeichen an Unglücksplätzen errichtet, besonders da, wo ein kostbares Menschenleben vernichtet wurde: Kreuze, um die Seele des Verunglückten
dem sterbenden Heilande zu empfehlen und auch um gemahnt zu werden zum Überlegen, wohin die ungezügelte Leidenschaft führen kann. Im 17. u.
18.Jahrhundert setzte man mehr die sogenannten Marterln, welche gar manchmal das Unglück in Stein gemeißelt festhalten. Leider werden diese steinernen
Geschichts-Denkmale so wenig geachtet und sehr oft der Vernichtung preisgegeben oder überlassen. Manche überängstliche oder vom schlagenden Gewissen
gefolterte Seele mag von solchen Orten nicht viel wissen: "Es ist dort nicht recht richtig." Tote tun uns nichts; betet, büßet, dann schwindet die Angst!
4.) "Es sol unser Herr von Bamberg von der von Steynach wegen den obengenannten Pecken geprüdern geben und beczalen hundert und
dreißig gulden rheinischer Landswerung, halp auf sant Michelstag (29.Sept.) und halp auf sant Peterstag kathedra (22.Febr.) genant, schirstkünftig, vierczehn tag vor,
oder vierczehn tag darauf, zu iglicher Zyt (Zeit) ungeverlichen (ungefähr) und darczu so sol man denselben Pecken wieder geben alle Habe, Erb und Gut, die irem
bruder genommen ist worden und noch ungeverlichen vorhanden ist." Der Herr von Bamberg ist der Bischof zu Bamberg, dem die Stadtsteinacher untertan waren.
Offenbar hatten die Beamten des Bischofs den Mord, der sich als Landesfriedensbruch herausstellt, nicht verhindert, bez. dem Ermordeten nicht genügend Schutz
gewährt. Bei den Kirchweihen z.B., die manchmal auch gleichbedeutend mit großen Jahrmärkten waren, mußte der Landes- oder besser Territorialherr den Frieden
gebieten und für Aufrechterhaltung der Ruhe undOrdnung sorgen unter Aufgebot von Landsknechten. Wohl deshalb wurde der Bischof bez. dessen Amtmann (ein
Herr des Adels) und dessen Kastner (Finanzamtmann) zur Zahlung von 130fl. verurteilt, weil der Mord und die Plünderung nicht hintangehalten wurde.
5.) "Und darauf soll alle sache zwischen beyden obgenanten teylen und allen die zu beyderseyt darunter gewant und verdacht sind, gesunet
(gesühnt) und geschlichtet sein, Sulchs (solches) alles nu fürbas gen eynander in argk noch in rachsal (Rache) nymer zu andern zu efern noch zu rechten, heimlich noch
offentlich, in gehein wise (keiner Weise) on geverde." Die Sache ist erledigt und abgetan; Rache darf nicht mehr genommen werden weder heimlich noch öffentlich; denn der Frevel ist damit gebüßt und gut gemacht.
Diese Urkunde ist auf Papier geschrieben (Nr.3363 im Staatsarchiv Bamberg) und trägt die aufgedruckten Siegel des Markgrafen, des
Förtsch und des Rotenhan.
(Der Mainbote von Oberfranken. Heimatkalender, 11.Jg., Lichtenfels 1926, S.34-35)