Die kopflosen Gespenster gehören der Sphäre des Totenglaubens an. Sie sind zum größten Teil
Wiedergänger und zeigen alle die Züge die Mogk (Altgermanische Spukgeschichten 1919) als charakteristisch
für den wiedergehenden Toten anführt.
Der Volksglaube hat sich für das Auftreten Kopfloser seine eigenen Erklärungen gebildet. Er läßt solche
Leute kopflos umgehen, die im Leben böse waren und Untaten begangen haben: Betrüger aller Art, Grenzsteinverrücker, Meineidige,
Gotteslästerer, Mörder u.a.m. Besonders erscheinen alle die kopflos, die eines vorzeitigen, gewaltsamen oder unnatürlichen Todes
gestorben sind, und vornehmlich solche, die durch Rechtsspruch oder Unglücksfall ihren Kopf verloren haben: Feldfrevler, denen
nach germ. Recht der Kopf abgepflügt wurde, Enthauptete, zu denen aber auch
die gehören, die auf Grund ihrer Untaten den Schwerttod eigentlich verdient hätten, deren Verbrechen jedoch zu ihren Lebzeiten verborgen
blieb. [...]
[...] Die kopflosen Wiedergänger erscheinen meist in der Nähe ihres Grabes, an dem Ort, wo sie zuletzt
im Leben geweilt oder ihre Sünden begangen haben, die sie nun durch Ruhelosigkeit büßen müssen. Häufige Spukorte Kopfloser
sind: Brücken, Teiche, Sümpfe, Bäche, die Grenze, Marksteine, Wegweiser, Denk- oder Grabsteine, Kreuzwege, Wegraine,
Hohlwege, der Richtplatz, der Galgenberg, Ruinen, Kirchhöfe, Kapellen, Schlösser, Erdwälle, Schluchten, Höhlen, unterirdische
Gänge, ehemalige Schlachtfelder, bestimmte Straßen und Gassen, die Sterbehäuser der Wiedergänger, meist unheimliche Orte
an denen die Menschen besonders des Nachts nur ungern vorbeigehen. Oft gehen Kopflose auf vorgeschriebenen Wegen, die
sie innehalten müssen; ihrem Machtbereich ist eine örtliche Grenze gesetzt, die sie nicht überschreiten dürfen. Auch ist ihr
Erscheinen an eine bestimmte Zeit gebunden. Mit Vorliebe gehen sie in der Dunkelheit um, besonders um Mitternacht und in der
Geisterstunde. Selten erscheinen sie am Morgen, öfters am hellen Tage, dann besonders in der Mittagsstunde, oft auch am Abend,
in der Dämmerung, bei Einbruch der Dunkelheit. Manche bevorzugen helle Mondscheinnächte, andere dagegen wieder finstere
Wetternächte, manche auch bestimmte Tage und Jahreszeiten, meist die Advents-, Weihnachts- und Fastenzeit, also die finsteren
Winternächte, von denen der Weihnachtsabend und die Sylvesternacht eine besondere Rolle spielen. Auch die Johannisnacht ist
voll Spuk kopfloser Gespenster. Einige Kopflose gehen täglich wieder, andere nur an dem Tage, an dem sich ihr Tod oder ihr
Verbrechen jährt. [...]
(Hoffmann-Krayer / Bächtold-Stäubli - Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, 1931/32, Band V, Sp.215-219)