Losch (1981) |
Geiling / Künzig (1954) |
Rebele (1951) |
PLZ:
75180GPS:
N 48° 51.034', O 8° 39.593'Standort:
Am südlichen Ortsausgang, rechts an der Straße nach Salmbach.Größe / Material: 75:74:19 / Buntsandstein
Geschichte: Benennung: "Kreuzstein".
Sage: Quellen und Literatur:
Rechts an der Straße nach Salmbach. Nach Straßenbau ca. 1965 neu aufgestellt.
Buntsandstein. Ecken abgeschlagen. Linke Armunterseite schräg nach außen weggebrochen.
Maße: H 75, B 74, T 19, HK 31, LA 25, AK 25, AA 25.
Form: Regelmäßig; Kopfhöhe betont. Zeichen: Siebenspeichiges Rad in doppelten Konturen. Im linken Arm Metzger-
oder Zimmermannsbeil, aufrecht, nach rechts gerichtet.
Datierung: ca. 15.Jh. Schon 1480 urkundlich erwähnt.
Erklärung als "Gerichtskreuz" oder "Bannkreuz".
Benennung: "Kreuzstein". (Losch 1981)
Büchenbronn, am oberen Ortsausgang. Sage: In alten Zeiten kam ein Holzfuhrmann in dem Hohlweg unter seinen beladenen Wagen. Vielleicht ist der
Stein auch ein Bannkreuz gewesen. (Geiling / Künzig 1954)
2. Ein Holzfuhrmann soll auf der abschüssigen Straße beim Bremsen unter seinen Wagen gekommen sein.
• Reble, Georg - Steinkreuze im Amtsbezirk Pforzheim, in: Mein Heimatland, Nr.18, 1951, S.119
• Geiling, G. / Künzig, R. - Von alten Steinkreuzen, in: Unsere Heimat. Heimatblatt für Pforzheim und Umgebung, Nr.11/12, November / Dezember 1954, S.3
• Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.192
• Hentschel, Karl-Heinz - Das Büchenbronner Wagnerkreuz
Steinkreuze ohne Inschriften regten schon immer die Phantasie des Volkes an,
führten mitunter zu eigentümlichen Geschichten, die sich zumeist um Mord und Sühne rankten. Sühnekreuze, als Sühne für einen
Totschlag erstellt, lassen sich bis in das 13. Jahrhundert nachweisen. Das Material für diese Kreuze war nicht immer vorgeschrieben,
aber nur Steinmale konnten die Jahrhundert überdauern. Als Mahnmal waren sie Teil einer Kirchenbuße, neben den manchmal an
die Hinterbliebenen und an das "Gotteshaus" zu entrichtenden Geldbeträgen. Außerdem mußten Seelenmessen für die Erschlagenen
gelesen werden, denen dann noch mindestens drei vorgeschriebene Wallfahrten zu folgen hatten.
Überwiegend deuten an Sühnekreuzen angebrachte Zeichen den Berufsstand des Getöteten an. Zuweilen werden aber die
Darstellungen als die eigentlichen "Mordwerkzeuge" gedeutet. In manchen Abbildungen sind nach der volkstümlichen Meinung
überdies die Gegenstände zu sehen, die zum Streit und damit zum Tod führten. Da nur selten die zugehörigen Sühneverträge
oder "Totschlagbriefe" in den Archiven überliefert wurden, bleibt uns die Geschichte dieser größtenteils mittelalterlichen
Rechtsdenkmäler mehrheitlich verschlossen.
Dies gilt auch für das alte Steinkreuz in Büchenbronn, das am südlichen Ortsausgang, rechts an der Straße nach Salmbach
steht. Nach der mündlichen Überlieferung geht es auf einen tödlichen Streit zwischen einem Fuhrmann und einem Metzger zurück.
Zu dieser Auslegung führten die an dem Kreuz angebrachten Zeichen, ein siebenspeichiges Rad und ein Beil. Günter Heinz berichtet
in seiner Büchenbronner Chronik, daß dieses Kreuz schon am 9. Februar 1480 urkundlich erwähnt wird. Er ist aber im Gegensatz
zur mündlichen Überlieferung der Meinung, daß das Kreuz auf ein Hochgericht hinweist und führt dazu wörtlich an: "Auch die
eindeutigen Zeichen auf dem Kreuz, nämlich Rad und Beil, lassen sich eigentlich nur auf das Hinrichten durch Rädern und
Enthaupten beziehen." Inzwischen ergaben sich jedoch neue Erkenntnisse. Das Zeichen am linken Balken des Kreuzes ist die
Schlicht- oder Breitaxt eines Wagners, die auch als Schlichtbeil bezeichnet wird. Eine gleichartige Axt findet sich in einer Illustration
der Nürnberger Zwölfbrüderstiftung. Die genannte Stiftung bot jeweils zwölf alten, armen, arbeitsunfähigen Männern Unterkunft und
Verpflegung. Für die alten Herren ("Brüder") wurde nach deren Tod gleichsam als Nachruf, eine Zeichnung mit der Darstellung ihrer
früheren Berufstätigkeit angefertigt.
In dem Hausbuch der Stiftung wird 1424 der 26. Bruder genannt. Der Text über der Darstellung eines Wagners lautet:
"Der xxvj bruder der do starb der hyeß wagendreyn." Das Bild zeigt einen Wagner, der mit einer Schlichtaxt ein großes Wagenrad
bearbeitet. Mit solchen Äxten wurde krummes gerade, glatt oder eben gemacht. Es ist eine Axt, deren Schneide parallel zum Holm
verläuft. Sie ist asymetrisch, d. h. die dem Holze zugewandte Seite ist plan. Die Schärfe entsteht durch den Schliff auf der Gegenseite.
Der damalige Zeichner hat diese Eigenart in dem Bild eindeutig wiedergegeben. Vergleichen wir die Einrillung am linken Kreuzbalken
mit der Axt auf dem Bild, so werden letzte Zweifel ausgeräumt. Der Axt an dem Büchenbronner Kreuz diente ein Werkzeug als
Vorlage, wie es in der im Jahre 1424 entstandenen Berufsdarstellung zu sehen ist.
Die Darstellung der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung macht also deutlich, daß es sich bei dem Zeichen im linken Kreuzbalken
um die Schlichtaxt eines Wagners handelt. Dieser Axtform, die nur dem Wagnerhandwerk eigen war, folgte dann im 16.Jahrhundert
ein neuer Axttyp. Ein illustrierter Nachruf auf einen 1572 gestorbenen Wagner zeigt diese neue Breitaxt. Dargestellt wird ein Mann,
der einhändig ein Breitbeil handhabt, das annähernd die uns heute geläufige Axtform hat. Nachdem sich nunmehr das Zeichen am
linken Kreuzbalken einem Wagner zuordnen läßt, wird jetzt auch das Rad unmittelbar neben der Breitaxt verständlich. Beide
Zeichen bilden eine Einheit, kamen als Berufszeichen für einen Wagner an das Kreuz. Das Rad soll mit seinen nur sieben Speichen
womöglich noch etwas zusätzliches aussagen. Wagenräder sind sonst stets mit acht Speichen wiedergegeben worden. Um die
Siebenzahl rankten sich früher allerlei Geheimnisse. Sieben war einmal die Zahl der Schöffen und Zeugen. Es gab sieben Frieden
für Haus, Weg, Ding, Kirche, Wagen, Pflug und Teich. Vielleicht sollten die sieben Speichen des Rades eben diese sieben Frieden
symbolisieren. Die Sieben eine heilige wie auch böse Zahl, so "die böse Sieben", die vielleicht auf ein Kartenspiel zurückgeht. Aber
in Gegensatz sind zu nennen: Die sieben Bitten des Vaterunsers, die sieben Worte Christi am Kreuz, die sieben Sakramente und
die sieben Gebetszeiten. Es wird uns vermutlich für immer verborgen bleiben, ob die sieben Speichen etwas ausdrücken sollten
oder sich nur "zufällig" ergaben.
Es bleibt jetzt die Frage, ob es sich bei dem Büchenbronner Kreuz um ein Gedenkkreuz oder um ein Sühnekreuz handelt.
Gedenkkreuze sind Male der Erinnerung an einen Toten, der durch einen Unglücksfall oder durch Gewalt sein Leben einbüßte.
Die ersten Gedenkkreuze für Gewalttaten errichtete man vermutlich nur dann, wenn der oder die Täter unbekannt waren oder
entkommen konnten und die Tat somit ungesühnt blieb. Sie scheinen erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts, ja vielleicht erst
im 17. Jahrhundert aufgekommen zu sein. Mit der "Peinlichen Gerichtsordnung" Kaiser Karls V. von 1532, setzte sich nach und
nach eine neue Rechtsordnung durch, die den althergebrachten Sühneverträgen und damit auch dem Sühnekreuz im Wege stand.
Bei den in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erstellten Steinkreuzen ist eine Trennung zwischen Sühne- und und
Gedenkkreuzen nicht immer möglich. So kündet ein Steinkreuz mit der Jahreszahl 1595 im Landkreis Pforzheim, von einem
Totschlag an Jerg Pfefflin. Ein eingerilltes großes Weberschiffchen spricht für den Beruf des Erschlagenen. Das Kreuz steht heute
in Tiefenbronn, im Ortsteil Mühlhausen in der Grünanlage beim Neuen Schloß. Ob es sich aber bei diesem alten Wahrzeichen noch
um ein Sühnekreuz handelt, wissen wir nicht. Die Mehrzahl der alten Steinkreuze sind offenbar als Sühne für einen begangenen
Totschlag vom Täter errichtet worden. In der Regel wurde zwischen dem Täter und der Sippe des Getöteten ein Vertrag
abgeschlossen. In diesen Verträgen ging es vorrangig um das Seelenheil des Verstorbenen, aber eine Reihe von Bedingungen
sollten auch den Täter zutiefst demütigen. Für manchen Täter war es gewiß nur mit Hilfe seiner Angehörigen möglich, die finanziellen
Verbindlichkeiten solcher Verträge zu erfüllen. Mehrheitlich werden diese Verträge als "Totschlagbriefe" bezeichnet. In den
ehemaligen vorderösterreichischen Gebieten Badens waren es "Urfehdebriefe". Die Urfehde war ein eidlich gelobter Verzicht auf
Rache für erlittene Feindschaft. Wer diese Zusage nicht einhielt, galt als Meineidiger.
Die Geschichte des Büchenbronner Kreuzes kennen wir nicht, aber dennoch läßt sich zusammenfassend feststellen: Die
Stilmerkmale der am linken Balken eingerillten Schlichtaxt weisen in das 15. Jahrhundert, in dem auch das Kreuz urkundlich genannt
wird. Es kann als sicher gelten, daß es zu dieser Zeit als Sühnezeichen errichtet wurde. Dann hat es aber auch einmal den
zugehörigen "Totschlagbrief" gegeben. Wahrscheinlich ist diese Urkunde bei den großen Bränden und Kriegswirren früherer
Zeiten verlorengegangen. Damit bleiben uns die letzten Geheimnisse des Kreuzes für immer verborgen. Wir wissen jetzt aber,
daß seine beiden Zeichen im Gegensatz zur mündlichen Überlieferung vom Tode eines Wagners künden.
(recherchiert, bearbeitet und bebildert von Karl-Heinz Hentschel, Karlsruhe)