Geschichte & Forschung Ikonographie Werkzeuge & bäuerliches Gerät

Rad

Bei den Einzeichnungen von Rädern unterscheiden sich die hier vorgestellten Räder als Gebrauchsgegenstände von den symbolischen Darstellungen (Scheibenkreuz als rel. Motiv) durch die Ausarbeitung von Nabe und Radreifen bei der Darstellung. Die Mühlsteine / Läufersteine hingegen zeigen in der Darstellung ein Auge (Loch in der Mitte), aber keinen Randreifen.

 Einzeichnungen auf Steinkreuzen und Kreuzsteinen 

Buchen (II)
Baden-Württemberg / Neckar-Odenwald-Kreis

Ein sechsspeichiges Rad in doppelten Konturen dargestellt im Kreuzungsfeld.
Foto: Azzola (2000)


Mönsheim (II)
Baden-Württemberg / Enzkreis

Sechsspeichiges Rad in doppelten Ringkonturen. Darüber im Kopf aufrecht stehendes, links gerichtetes Beil.
Foto: Losch (1981)


Geußnitz
Sachsen-Anhalt / Burgenlandkreis

Reliefiertes, achtspeichiges Rad, die Nabe hat einen Durchmesser von 7cm und eine Durchbohrung von 3cm.
Foto: Saal (1989)



Schelklingen
Baden-Württemberg / Alb-Donau-Kreis

Darstellung von Rad und Beil auf dem nach 1934 verschwundenen Steinkreuz an der Friedhofskapelle St. Afra.
Foto: Ernst (1934)


Welfesholz
Sachsen-Anhalt / Lkr. Mansfelder Land

Erhabenes zwölfspeichiges Rad im Kreuzungsfeld. In der Radmitte befindet sich eine 4cm tiefe Bohrung
Foto: Azzola (2000)


Büchenbronn
Baden-Württemberg / Lkr. Pforzheim

Siebenspeichiges Rad in doppelten Konturen. Das Zimmermannsbeil am linken Arm, als zweites Attribut, deutet darauf hin, dass es einem Wagner gesetzt wurde.
Foto: Hentschel



Ober-Kinzig
Hessen / Odenwaldkreis

Achtspeichiges Rad in der Kreuzmitte.
Foto: Wild (2006)


Weil der Stadt
Baden-Württemberg / Lkr. Böblingen

Rad auf der Kreuzmitte, mit den Kreuzwinkeln abschließend, in kombinierter Gravur- und Relieftechnik. Den Radring begleitet außen eine Einrillung, die Radinnenfläche - außer Speichen und Nabe - ist vertieft; das Relief zeigt also gleiches Niveau wie die Kreuzbalken. Sechs Speichen, nicht völlig gleichmäßig.
Foto: Losch (1981)


Stadtoldendorf II
Lkr. Holzminden

Innerhalb eines den Stein umfassenden Bandes stehen aufeinem Halbkreis ein zwölfspeichiges Rad und darüber ein nasenbesetztes Scheibenkreuz.
Foto: Blaszczyk (1992)



 Darstellungen in anderer Verwendung 

Wagnerzeichen von 1680 in der Alexanderstraße in Bad König.
Foto: Wild (2006)

Wappen von Buchen (BW) mit Mainzer Rad.

Der Bischof mit dem Pferdefuß ist der heilige Eligius, Patron der Wagner und Schmiede.
Quelle: Deutsche Gaue (1904/05)



 Das Rad als Werkzeug 

Das Bild zeigt einen Wagner, der mit einer Schlichtaxt ein großes Wagenrad bearbeitet. Die Abbildung stammt aus dem Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung von 1424.
Quelle: Hentschel

Der Scheren-Schleifer
Nach einem Aquarell im Museum zu Ottobeuren (Memmingen), wohl aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Zweirädriger Karren mit zwei hintereinandergehenden Pferden (15. Jahrhundert).
Quelle: Berliner Kupferstichkabinett / Gleichen Russwurm (o.J.)

Tod durch Überfahren mit einem Fuhrwerk. Abbildung aus dem Sachsenspiegel (1225-1235). Erlitt jemand Schaden weil ein Gespann durchging, dann hatte der Geschädigte Anspruch auf Schadensersatz (Wergeld) in Höhe des Wertes des Gespanns oder ein Anrecht auf das Gespann selbst. Die Höhe der Haftbarkeit war damit genau definiert. Es spielte also keine Rolle, ob das durchgegangene Gespann ein Feld verwüstete, einen Zaun umriß oder einen Menschen tötete. Vielleicht führten solche Unfälle auch zur Errichtung von Steinkreuzen mit der Darstekllung von Wagenrädern.
Bildquelle: sachsenspiegel-online.de




 Das Rad als Richtgerät 

Das Ende der Räuberbande Nicol List auf der Richtstätte in Celle. Deutlich zu erkennen ist die Verwendung der Räder. Weiterhinzu sehen: zwei Galgen und Pfähle mit aufgespießten Köpfen.

Ein Mann wird aufs Rad gelegt. Aus der Bambergischen Peinlichen Halsgerichtsordnung des Johann von Schwarzenberg von 1507.

Holzschnitt mit Strafwerkzeugen aus der Bambergischen Gerichtsordnung von 1509.

Holzschnitt aus dem "Laienspiegel", der 1508/09 von Johannes Schöffer in Mainz gedruckt wurde.

Das Rädern
   "Mörder, Verräter, Mordbrenner, Räuber, Plünderer besonders befriedeter Gebäude und Orte (Mühlen, Kirchen, Kirchhöfe)" traf das Rädern.
   Unser Bild gibt einen Ausschnitt aus dem Holzschnitt "Gerichtssitzung" von Hans Burgkmair dem Älteren, † vor 1531, wieder. Wir sehen hier eine Reihe von 6 Rundhölzern, die mit Querstangen verbunden sind; darauf wurde der Oberkörper gebunden; dann eine Reihe von drei Rundhölzern; darauf lagen die Beine; und alles so zwar, dass Unterschenkel und Vorderarme, Oberschenkel und Oberarme hohl lagen. In dieser Reihenfolge wurden oft die Glieder beim "Rädern von unten" mit einem Rad abgestoßen, d.h. die betr. Knochen gebrochen; es scheint aber auch anderwärts eine andere Reihenfolge gewählt worden zu sein. In der Regel erhielt der arme Sünder dann noch einen Stoß auf die Brust (Gnadenstoß, Gesellenstoß aufs Herzblatt). Beim "Rädern von oben" (das gnädiger war) wurden die ersten Stöße auf den Kopf und die Halswirbelsäule gerichtet.
   Dann flocht der Henker den Leib auf das Rad und steckte dieses auf einen in den Boden gerammten Pfahl.
   Der wahrscheinlich in Köln geräderte Räuber Christmann Genipperteinga lebte auf dem Rad noch 9 Tage.
(Deutsche Gaue, 34.Band, 1933, 4.Lief., Nr.661-663, S.122)

[...] Auch das Rädern war ursprünglich ein ritueller Opfertod. Vom Hain der Nerthus erzählt Tacitus: "Rosse wurden vor ihren heiligen Wagen geschirrt, und die Priester begleiteten sie, das Wiehern und Schnauben der Tiere beobachtend." Das Töten durch Überfahren mit dem Wagen der Göttin war die ihr gemäße Opferung, aus der später das Rädern, Radebrechen, das Zerstoßen der Glieder durch ein Rad und das Aufflechten auf ein Rad entstand. Eine Erinnerung an den Ursprung der Todesstrafe im Opfertode lebt heute noch darin fort, daß nach dem Volksglauben dem Verbrecher das Leben gebührt, wenn die Hinrichtung nicht gleich gelingt. Denn dann hat die Gottheit das Opfer nicht annehmen wollen. Ferner hält das Volk abergläubisch Gegenstände, die dem Hingerichtetem gehörten, oder gar Körperteile von ihm für zauberkräftig und glückbringend, denn sie sind Teile eines dem Gott geweihten Opfers.
(Lobe, Adolf - Das deutsche Recht, in: Das Deutsche Volkstum, hrgg. von Prof. Dr. Hans Meyer, Leipzig und Wien 1903, S.33-34)

Urteilsspruch im Sachsenspiegel (1225-1235): Rädern als Strafe für Kirchen- und Pflugraub.
Quelle: sachsenspiegel-online.de

Rädern eines Missetäters in Anwesenheit des Richters - mit dem Schwert als Symbol der Gerichtsherrschaft - und eines Geistlichen vor der Marter. Miniatur in der Luzerner Chronik des Diebold Schilling d.J., 1513. Luzern, Bürgerbibliothek
(Quelle: sbg.ac.at)



 Weiterführende Quellen und Literatur (speziell) 
Azzola, F.K. - Die Historischen Handwerkszeichen der Stellmacher / Wagner in Buchen, Bad König und Trebur - Rad, Doppelbart- und Gänsflügelaxt als Komponenten, in: Der Odenwald, 47.Jg. H.1, S.26-39
Deutsche Gaue, 34.Band, 1933, 4.Lief., Nr.661-663, S.122
Gleichen-Russwurm, Alexander - Kultur- und Sittengeschichte aller Zeiten und Völker, o.J., Band 11: Die Welt der Gotik
Grabplatten und Handwerkerplatten, in: Deutsche Gaue, Jahrgang 6, 1904/05, S.53-65
Hentschel, Karl-Heinz - Das Büchenbronner Wagnerkreuz, 1992
Lobe, Adolf - Das deutsche Recht, in: Das Deutsche Volkstum, hrgg. von Prof. Dr. Hans Meyer, Leipzig und Wien 1903, S.33-34
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Sühnekreuze & Mordsteine