Deutschland Baden-Württemberg Rems-Murr-Kreis

Schornbach / OT von Schorndorf


Blick zum Standort

vor der Neusetzung

Detail Einzeichnung

Detail der als 13
gedeuteten
Einzeichnung

PLZ: 73614

GPS: N 48° 49,709', O 9° 30,800'

Standort: Gegenüber des Kindergartens, in einer kleinen Grünanlage.

Größe / Material: 86-90:82:21 / Sandstein

Geschichte: Karl-Heinz Nitschke entdeckte vor einiger Zeit in Schornbach in der alten Kelter, die als ein Teil des städtischen Bauhofs genutzt wurde, ein altes Sühnekreuz. Bei den Erkundigungen auf der Verwaltungsstelle (ehemaliges Rathaus) kamen Unterlagen zum Vorschein aus denen hervorging, daß schon seit länger Zeit versucht wurde das Kreuz in der Nähe des alten Standpunktes wieder aufzustellen. Geschehen ist aber nichts. In der Zwischenzeit hat auch zweimal der Ortsvorsteher gewechselt, sodaß der jetzige, Herr Markus Hoppe, auch nichts davon wußte. Der alte Standpunkt befand sich vor einem alten Bauerhof, der dem Bauer Eugen Rost gehörte, an der Straße "Helle Eiche". Von dort wurde es 1998, wegen dem Bau der Trafostation in den Vogtswiesen, entfernt.
Ein aufstellen des Kreuzes beim ungefähren alten Standtpunkt war nicht möglich, da dort in der Zwischenzeit eine größere Trafostation erstellt worden war. Es wurde als neue Standpunkt eine kleine Grünanlage ungefähr 40m südlich vorgeschlagen und auch vom Denkmalamt genehmigt. Das Kreuz wurde dabei nicht einfach in den Boden eingegraben, sondern auf Anraten eines Steinmetzes über dem Boden an einer Metall-Halterung befestigt. Es gab vorort einige schwierige Besprechungstermine, bis die ganze Sache endlich Hand und Fuss hatte. Die feierliche Neusetzung erfolgte dann am 15.04.2007.
Das Steinkreuz hat Malteser-Form mit Segmentstützen (an den Unterseiten der Querbalken mit größerem Radius als an den Oberseiten). Auf dem Kopfstück ist ein achtfach geteilter Kreis (ø 12cm) ausgearbeitet. Die Frage, ob es sich dabei um die Darstellung eines christlichen / heidnischen Symbols (Malteserkreuz / Sonnenrad) oder um die Abbildung eines Wagenrades (als Handwerkszeichen eines Fuhrmannes oder Bezeichnung einer Richtstätte) handelt, muß vorerst unbeantwortet bleiben. Im Kreuzungsfeld ist noch schwach die Einritzung eines Rebmessers erkennbar.

Sage:

Quellen und Literatur:
Pfrommer, Martin - Uralte Erinnerungszeichen an Mord und Totschlag, in: Schorndorfer Nachrichten vom 29.11.2006
Pieneck, Barbara - Das Kreuz zeugt von Mord und Totschlag, in: Schorndorfer Nachrichten vom 16.04.2007
Nitschke, Karl-Heinz - Fotodokumentation der Neusetzung, 2007
recherchiert und bebildert von Karl-Heinz Nitschke, Mögglingen (aktuelle Aufnahme von Dezember 2007)



Uralte Erinnerungszeichen an Mord und Totschlag

Soll wieder in den Vogtswiesen aufgestellt werden: Schornbacher Sühnekreuz.
Bild: Bernhardt

Von unserem Redaktionsmitglied Martin Pfrommer, Schorndorf-Schornbach. Ehedem im 13. bis 16. Jahrhundert war es hier zu Lande Gepflogenheit, dass Mörder und ihre Familien, sofern von der Gerichtsbarkeit dingfest gemacht, ein Sühnekreuz aufstellen mussten. In Schornbach wird nun ein solches Kreuz, das vor acht Jahren dem Bau der Trafostation in den Vogtswiesen wich und seither in der Kelter stand, dem Vergessen entrissen und wieder aufgestellt. Über seine vermutlich mörderische Geschichte ist so gut wie nichts bekannt.

Im vergangenen Jahrhundert sind solche alten steinernen Zeugen der Vergangenheit vor allem abgebaut, zerstört, bestenfalls in Kirchenmauern eingelassen worden. Etliche solcher Kreuze, auch auf Markung Schorndorf, sind verloren gegangen, sei's im Zweiten Weltkrieg, sei's in großer Straßenbau-Euphorie, bei Flurbereinigungen oder beim Häuslesbau oder beim Abschleppen großer Bäume aus dem Wald. Etwa an der Straße zwischen Haubersbronn und Welzheim befand sich oberhalb von Miedelsbach ein längst abgegangenes Steinkreuz, desgleichen fand sich eines im Schliffbachtal unweit von Unterberken.

Die Inschriften auf dem gut 100 Kilogramm schweren Sandstein-Kreuz in der Schornbacher Kelter, das vermutlich an eine im Flecken begangene Untat erinnert, sind längst verwittert und kaum zu entziffern. Auffällig ist die wenig gebräuchliche Form - vielleicht ein griechisches Kreuz über einer kreisrunden Steinscheibe. Ob die Form darauf deutet, dass der Täter damals nicht enthauptet wurde? In Steinenberg, wo in alter Zeit ein Schäfer einen Metzger umgebracht hat und später geköpft wurde, deutete jahrhundertelang ein (heute verschollenes) kopfloses Stumpfkreuz auf die Hinrichtungsart.

Für den jungen Schornbacher Ortsvorsteher Markus Hoppe liegen die Gründe, warum das Kreuz einst in den Schornbacher Vogtswiesen aufgestellt wurde, im Dunkeln. Auch Stadtarchivarin Edith Holzer-Böhm hat bislang keine Quelle im Archiv ausfindig gemacht. Ob das Schornbacher Sühnebuch Auskunft geben könnte, das oben im Rathaus über der ehemaligen Wohnung des letzten Bürgermeisters Winfried Kubler die Untaten der Jahre 1735 bis 1951 beschreibt? Wohl kaum. Das Kreuz soll älter sein. Tiefbauamtsmitarbeiter Karl-Heinz Nitschke, der ein Faible für die steinernen Zeugnisse hat, spielt auch mit dem Gedanken, dass das Schornbacher Kreuz kein Sühnekreuz ist, sondern eine Grenzmarkierung der Adelberger Klosterherren.

Wie Eugen Nestle vor 22 Jahren in den Heimatblättern (Nummer 1) schrieb, kennen Historiker die schlichten, einsamen Sühnekreuze seit dem 11. Jahrhundert. "Sie stehen vor Kirchenmauern, im Großstadtverkehr, im Wald, auf Wiesen, im Dorf - jahrhundertealte Zeugen eines gewaltsamen Todes, fast immer als Sühnezeichen für begangenes Verbrechen." Weiter verbreitet seien solche Sühnekreuze erst vom 13. Jahrhundert an gewesen, als die Obrigkeit Totengedenksteine forderte. Die meisten Sühnekreuze stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Als die Gerichte nach dem Dreißigjährigen Krieg auf die Aufstellung besonderer Sühnezeichen verzichteten, begann der Brauch zu verblassen. Später errichtete Steinkreuze dienten vor allem dem Totengedenken. Eugen Nestle geht davon aus, dass "Mord und Totschlag den ersten Platz einnehmen" als Ursache für das Aufstellen von Sühnekreuzen. "Dann erst folgen Kriegsereignisse und die viel weniger häufig vertretenen Unglücksfälle".

Die eingemeißelten Symbole, wie die Flasche beim Sühnekreuz im Buhlbronner Schulhof, deuten für Nestle darauf, dass der Ermordete wohl ein Buhlbronner Gastwirt gewesen sein könnte, dessen Angehörige die Errichtung des Gedenksteines an der vielbegangenen Weggabelung in der Dorfmitte veranlassten. Andere Deutungen sehen in dem Symbol freilich eher eine Hacke.

Ein anderes Kreuz auf Schorndorfer Markung befindet sich, so Eugen Nestle, im Ramsbachtal. Dort lauerte einst, so die Überlieferung, nach einer Hochzeit in Buoch ein Mörder einem Spielmann auf in einer Schlucht. Angeblich wusste der Mörder bereits, dass der Geiger nach der Hochzeit Geld bei sich haben werde. Seit der Mordtat ist die Schlucht als Spielmannsklinge bekannt.

Info
Wir bitten an dieser Stelle unsere Leser und Leserinnen um Mithilfe:
Weiß noch jemand etwas über das alte Kreuz aus Schornbach? Gibt es alte Sagen, die darauf Bezug nehmen? Desgleichen: Sind noch alte Ortstafeln aus württembergischer Zeit bekannt, die wie das am Winterbacher Heimatmuseum auf das Oberamt Schorndorf hinweisen? Heutzutage sind offizielle Stellen eher daran interessiert, derlei für die Zukunft zu erhalten.

(Schorndorfer Nachrichten vom 29.11.2006)



Das Kreuz zeugt von Mord und Totschlag

Karl-Heinz Nitschke (links) hat das Sühnekreuz in der Keller entdeckt und ihm zur Rückkehr in die Vogtswiesen verholfen.
Bild: Habermann

Von unserem Redaktionsmitglied Barbara Pienek, Schorndorf-Schornbach. Es zeugt von Mord und Totschlag - viel mehr ist zum Sühnekreuz, das Ortsvorsteher Markus Hoppe gestern mit Ortschaftsund Gemeinderäten an der Hellen Eiche eingeweiht hat, nicht bekannt. Doch ein Wunder ist's, dass das Sandsteinkreuz überhaupt die Jahrhunderte überdauert hat. Die Geschichte aber liegt im Dunkeln: Vermutlich hat im Flecken einst ein Müller einen Wengerter erschlagen.

Es gab Zeiten, da wurden Mörder nicht zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Sie mussten sühnen für ihre frevelhafte Tat: auf Wallfahrten gehen, teure Wachskerzen für die Kirche stiften, Sühnekreuze aufstellen - all das konnte Erfüllungsteil von Sühneverträgen zwischen zwei verfeindeten Parteien sein. Oben ein Mühl- oder Wagenrad, im unteren Teil des Sandsteinkreuzes ein Rebmesser - da Text auf keinem Sühnekreuz zu finden ist, schließt Karl-Heinz Nitschke, der Entdecker des Schornbacher Denkmals mittelalterlichen Rechts: "Ein Müller hat einen Weingärtner erschlagen."

Die Zahlen eins und drei, ebenfalls im unteren Teil des Kreuzes zu entdecken, könnten aufs 13. Jahrhundert hinweisen. Sehr wahrscheinlich ist diese Schlussfolgerung für Nitschke aber nicht: "Im 13. Jahrhundert gab es noch keine Sühnekreuze." Nitschke, Tiefbauamtsmitarbeiter, folgert daher: Die Schornbacher Tat ist wohl im 15. Jahrhundert geschehen. Denn erst als Kaiser Karl V. im Jahre 1533 die Halsgerichtsordnung einführte, waren private Abmachungen nicht mehr geduldet. An ihre Stelle trat das ordentliche Gericht. Offiziell war damit die Zeit der Sühneverträge vorbei. Tatsächlich lebten sie aber - je nach Landessitte - im ganzen 16. Jahrhundert fort.

Die Schornbacher Tat aber wäre längst vergessen, wenn nicht Ende der 60er Jahre Fronmeister Karl Layer das Sühnekreuz gerettet hätte, das der Trafostation an der Hellen Eiche in den Vogtswiesen weichen musste. In der Schornbacher Kelter überdauerte das 100 Kilogramm schwere Steinkreuz die Jahrzehnte. Karl-Heinz Nitschke, eigentlich an alten Oberamtstafeln interessiert, entdeckte es, recherchierte und fand zumindest so viel heraus: Das Schornbacher Sühnekreuz ist in der Literatur nirgends aufgeführt. Der Sühnevertrag, der Aufschluss über die Tat geben könnte, ist verschwunden. Einzig die verblassten Spuren im Sandstein können Hinweise geben.

Nachdem das Sühnekreuz jetzt gegenüber des Kindergartens nahe seiner ursprünglichen Stelle aufgestellt ist, soll bald auch eine Tafel über die bisher gewonnenen Erkenntnisse informieren. Und wer weiß: Vielleicht kommen weitere hinzu. In die Internetseite www.suehnekreuz.de will Nitschke das Schornbacher Denkmal jedenfalls einstellen.

Mit dem Schornbacher Denkmal sind jetzt drei Sühnekreuze auf Schorndorfer Markung entdeckt: Eines steht auf dem Buhlbronner Schulhof und erinnert an einen Mord -möglicherweise an einem Gastwirt. Ein weiteres ist im Ramsbachtal zwischen Schornbach und Hößlinswart zu finden und erzählt die Geschichte eines Mordes, der einst nach einer Hochzeit in Buoch geschah: In der Schlucht lauerte ein Mörder einem Spielmann auf, weil er wusste, dass der nach der Hochzeit Geld bei sich haben muss. Bezeichnenderweise heißt die Senke seit der Tat Spielmannsklinge. In Unterberken indes wird nach einem verschollenen Sühnekreuz noch gesucht. Bis 1975 stand es am Waldweg zum Schliffbach. Nach Waldarbeiten war es plötzlich verschwunden.

Info
Allgemeine Informationen zum Thema Sühnekreuz und eine Liste der bekannten Standorte in ganz Deutschland sind im Internet zu finden unter www.suehnekreuz.de.
(Schorndorfer Nachrichten vom 16.04.2007)



Neusetzung des Steinkreuzes von Schornbach
Fotodokumentation von Karl-Heinz Nitschke

Das abgelagerte Steinkreuz und der neue Standort vor der Setzung.


Die Neusetzung.


Die feierliche Einweihung.


Sühnekreuze & Mordsteine