Wandersleben, 5.09.2009


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Eine Wanderung zu den sieben historischen Steinkreuzen
in und um Wandersleben

Wandersleben, 5.09.2009. Trotz sparsamer Werbung versammelten sich am Sonnabendmorgen über 70 Wander- und Steinkreuzfreunde am Wanderslebener Pfarrhaus, um sich nach einer Begrüßung durch den Bürgermeister, den Ortspfarrer und einleitenden Worten des Thüringer Steinkreuzforschers Frank Störzner, auf eine ca. 18 km lange Wanderung zu sieben Steinkreuz-Stationen aufzumachen. Als weise und voraussichtige Entscheidung erwies sich die Mitnahme des regionalen Pfarrers, was einen guten Draht zu Petrus garantierte und für bestes Wanderwetter sorgte.

Am neu errichteten "Bischofskreuz" in Wandersleben.

Das "Bischofskreuz", das zweite Steinkreuz in Wandersleben und das "Duellkreuz im "Mordgarten".

Das Grabkreuz in der Friedhofsmauer von Wandersleben und die beiden Apfelstädter Steinkreuze.

Am Ingerslebener Steinkreuz.

Erste Station war das neu errichtete "Bischofskreuz", welches vorher etwa 2 Jahre im örtlichen Bauhof abgelagert war und nach Reparatur einer Bruchstelle am Schaft nun wieder annähernd am ursprünglichen Standort steht. Ein Artikel in der Thüringer Allgemeinen vom 19.08.2009 ließ vermuten, dass die Neusetzung ein Bestandteil dieser Wanderung sein würde, dass war aber aus organisatorischen Gründen schon geschehen.
Am jetzigen Standort, welcher nur um 2 Meter vom ursprünglichen abweicht, wurden die Unterstützer, Förderer und Ausführenden dieser Denkmalschutzmaßnahme gewürdigt und Herr Störzner ging in einem kurzen Vortrag auf die Geschichte und den Sagenkranz, der sich um dieses Steinkreuz rankt, ein.

Nur wenige hundert Meter weiter wurde dann die zweite Station der Wanderung erreicht. Hier gab es das, erst 1998 zufällig im Erdreich gefundene, zweite Wanderslebener Steinkreuz zu bewundern. Dieses wurde 1998 an die Stelle gesetzt, welche schon vorher Standort eines Steinkreuzes war. Weil dieses aber schon 1931 auf Veranlassung von Arthur Loth in dem "Mordgarten" umgesetzt worden war um dort das schon seit der 2.Hälfte des 19.Jahrhundert Verschwundene "Duellkreuz" zu ersetzen, bot sich dieser historisch verbürgte Standort geradezu an. Dieses, im Thüringer Bestand, noch junge Steinkreuz, stellt vom Material her eine Besonderheit dar. Es besteht aus Grenzdolomit (aus der geeologischen Formation: Trias Oberer Keuper), eine Gesteinsart, welche sich auch als Baumaterial an der Burg Gleichen oder Wanderslebener Gleiche findet. Weil dieses Gestein nur bis ins 15.Jahrhundert hier abgebaut wurde, lässt sich dadurch auch in etwa die Entstehungszeit des Steinkreuzes auf die erste Hälfte des 15.Jahrhunderts oder älter festlegen.
Als kleines Extra hatten die Veranstalter der Wanderung den damaligen Entdecker des Steinkreuzes eingeladen, der an dieser Stelle nochmals über dieses Ereignis berichtete.
Hervorzuheben sind auch die neu geschaffenen und sehr informativ gestalteten Erläuterungstafeln am Standort dieses Steinkreuzes und der beiden Apfelstädter Kreuze.

Die nächste Etappe führe uns in den "Mordgarten", den Standort des schon erwähnten "Duellkreuzes". Bei diesem Steinkreuz handelt es sich um eine 1993 geschaffene Nachbildung, des vom vorher beschriebenen Standort 1931 nach hierher versetzten und in Erinnerung an das regionalgeschichtlich bedeutsame Duell umgewidmeten, nachträglich mit einer Inschrift versehene und 1991 gestohlene Steinkreuz. (Klingt kompliziert - ist es auch!)
Auch hier erfuhren die Teilnehmer wieder interessante Details zur Geschichte dieses Steinkreuzes und seines Vorgängers, sowie Einzelheiten zu Nachforschungen über die Beteiligten des erwähnten Duells und der damaligen Umstände.

Vom "Mordgarten" ging es zurück nach Wandersleben zu dem kleinen in die innere Friedhofsmauer eingesetzten Grabkreuz von 1578. Danach führte uns der Weg gen Apfelstädt, wo zwei Standorte zu besuchen waren.

Zuerst wurde das, in die erste Hälfte des 15.Jahrhunderts zu datierende, Steinkreuz am westlichen Ortsausgang aufgesucht. Die Teilnehmer konnten hier erfahren, wie mühsam aber lohnend es ist, die Sagen, welche sich um diese mittelalterlichen Denkmäler gebildet haben, zu entwirren und mit Hilfe von historischen Aufzeichnungen eine Zuordnung zu bestätigen oder zu verwerfen. Auch wurde über die Probleme dieser Standortsicherung in Anbetracht der sich verändernden Eigentumsverhältnisse von Grundstücken berichtet.

Das sechste und jüngste Steinkreuz auf dieser Wanderung war das "Radfahrerkreuz" von Apfelstädt. Es handelt sich um ein erst 1898 errichtetes Gedenkkreuz in Malteserform. Anlass der Aufstellung war seinerzeit ein tödlicher Radunfall.

Zum siebenten und letzten Steinkreuz war die weiteste Strecke zu bewältigen. Es erklärt sich von selbst, dass die Wanderungen zwischen den einzelnen Etappen für vielerlei Fachgespräche und Nachfragen genutzt wurden. Ganz beiläufig konnte man auch erfahren, dass Frank Störzner mit einer Neuauflage seiner Inventare für Thüringen von 1984 und 1988 als Gesamtausgabe und in Berücksichtigung der Veränderungen der letzten Jahrzehnte liebäugelt. Das lässt hoffen. Auch unterstrich man den Gedanken, mit derartigen Wanderungen das öffentliche Interesse auf diese meist unbeachteten Kleindenkmäler zu lenken und dadurch zu ihrem Schutz beizutragen. In Anbetracht der Teilnehmerzahl und dem Interesse, welches den Steinkreuzen hier entgegengebracht wurde, ist das gelungen.

Das letzte Denkmal, welches auf dieser Wanderung besucht wurde, war das Steinkreuz von Ingersleben. Im Kopf kann die noch deutlich erkennbare Inschrift bewundert werden, welche auf den Unfalltod eines Gespannführers im Jahre 1687 hinweist. Auch hier wurden den Teilnehmern wieder umfangreiche Informationen, resultierend aus der Erforschung dieses Denkmals, vorgetragen und erläutert.

Vom Ingerslebener Steinkreuz aus waren es nur noch wenige hundert Meter bis zum Pfarrgarten, in welchem die Veranstalter ein gemeinsames Kaffeetrinken als Abschluss der Wanderung organisiert hatten. Ich glaube ich spreche im Namen aller Teilnehmer wenn ich sage, dass ich weniger aus Erschöpfung und viel mehr wegen des exzellenten Kuchens diese Einkehr genossen habe.
Im Anschluss an die gemeinsame Vesper gab es noch die Möglichkeit im Pfarrhaus einen Diavortrag über eine Pilgerreise zu sehen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass dieser Tag für Wander- und Steinkreuzfreunde gleichermaßen interessant und kurzweilig war. Eine rundum gelungene Veranstaltung.

(Sven Gerth, Pfaffroda, 6.09.2009)

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