Deutschland
Thüringen
Lkr. Gotha
Apfelstädt (I)
die andere Seite |
Abbildung bei Störzner (1992) |
Abbildung bei Störzner (1984) |
undatierte Aufnahme
veröffentlicht bei Störzner (1992) |
PLZ:
99192
GPS:
N 50° 53.955', O 10° 52.777'
Standort:
Am westlichen Ortsausgang in Richtung Wandersleben. An der Ecke eines Minigolfplatzes.
Größe / Material:
93:107:18 / Sandstein
Geschichte:
Die noch 1992 diesem Steinkreuz zugeordnete Sage kann nach neuen
Erkenntnissen nicht mehr auf das Steinkreuz an diesem Standort bezogen werden. Die Überlieferung bezieht sich auf ein mittlerweile verschwundenes Steinkreuz
das seinen Standort im Ortszentrum von Apfelstädt (beim Backhaus) hatte. (Störzner 09/2009)
Dicht südwestlich vom Ort, etwa 100m südlich der Landstraße nach Wandersleben,
steht am linken Rand des hier nach Süden führenden breiten Fahrweges ein schräg eingesunkenes, stark verwittertes und altertümlich wirkendes Steinkreuz. Hier führte
einst in südwestlicher Richtung die noch als Flurname bewahrte "Alte Straße" vorüber, die vom Brühler Tor in Erfurt ihren Ausgang nahm, über Schmira, Ingersleben,
Apfelstädt zum "Freudenthal" und von dort aus weiter den Thüringer Wald hinauf nach Süden führte. Das Steinkreuz, in das vor etwa 15 Jahren einmal nachträglich
und ohne einen historischen Bezug die Jahreszahl "1500" eingeritzt worden ist, fällt durch seine enorme Armbreite von 107cm auf, der 90cm sichtbare Höhe
entgegenstehen. Vermutlich ist das Kreuz noch nie versetzt oder gehoben worden, zumal es nicht parallel zum Weg steht und mit seiner Orientierung (NO/SW) den
ursprünglichen Wegeverlauf der "Alten Straße" andeutet.
Die Arme sind rechtwinklig gekreuzt, wenngleich auch recht unförmig und ungleichmäßig zugehauen. Das Kreuz dürfte bereits in einem weiter zu fassenden
Zeitraum um 1400 entstanden sein; als allgemein bekannter Bezugspunkt in der Flur wird es jedoch erst 1657 ("am Creutz") und 1696 ("Beim Creutzchen") erwähnt.
Auch der genaue Entstehungsanlaß ist nicht bekannt, und nur eine altüberlieferte Sage mit tragikomischen Zügen berichtet im Zusammenhang mit dem Kreuz von der
Wehrhaftigkeit der Apfelstädter beim Herannahen dänischer Söldner im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648):
"Zwei wackere Männer, Hans Bomler und Hans Umbreit, übernahmen als die Anführer das Werk der Verteidigung. Beim Herannahen der dänischen Truppen soll
der Oberst die beiden Männer zur Uebergabe veranlaßt und schließlich mit Schießen gedroht haben. Umbreit soll dabei entgegnet haben: 'Schießt Du her, so schieß ich
hin!'. Als der Oberst wirklich auf Umbreit geschossen - ohne ihn zu treffen - hat Umbreit dasselbe mit gleichem negativen Erfolg gethan. Mit mehr Glück handelte jedoch
Bomler. Derselbe hatte während jenes Probeschießens heimlich einen Dukaten seiner Frau aus der Tasche genommen, 'zusammengebissen' und in den Gewehrlauf
geladen. Ein wohlgezielter Schuß! und der Obrist stürzt getroffen vom Pferde! - Durch solch kühne That seitens der zwei Apfelstädter sollen die Diener retirieret und
sich nach Mühlberg zu zurückgezogen haben unter Verfolgung der Apfelstädter. Die Gemeinde hat nun zur Erinnerung an jene Heldenthat oberhalb des Dorfes, wo der
verstorbene Obrist begraben liegt, einen Kreuzstein setzen lassen, der noch vorhanden ist."
Aber auch von einem Unglücksfall ist die Rede: Das Steinkreuz soll an einen Fuhrmann erinnern, der sich hier selbst überfahren habe. (Störzner 1992)
Etwa 600m westsüdwestlich des Ortes, am östlichen rand des Feldweges, der etwa 200m westlich des Ortsrandes in südlicher Richtung von der Landstraße
Apfelstädt - Wandersleben abzweigt. Von dieser Abzweigung etwa 100m entfernt. Benennung: "Schwedenkreuz".
Flurnamen: "Beim Kreuzchen". Historische Flurnamen: "1657: "am Creutz" (Pfarrbuch Apfelstädt, Flurbuch), 1696: "Beim Creutzchen" (Gerbig 1910).
Lateinische Kreuzform. Arme unterschiedlich hoch und breit. Schaft nach unten verbreitert. Umrißkanten leicht gerundet. Höhe: 93cm, Breite: 107cm, Stärke: 18cm.
Tief eingesunken. Einzelne Kantenabschläge. Allgemeine oberflächliche Verwitterung. Die auf der Nordwestseite eingeritzte Jahresangabe "1500" ist neuzeitlich. (Störzner 1984)
Sage: 1. Hier soll ein dänischer Obrist begraben liegen, der im Dreißigjährigen Krieg bei einem Schußwechsel mit zwei
Apfelstädtern das Leben verloren hatte. Durch diese kühne Tat soll den Söldnern der Mut entfallen sein, sodaß sie umkehrten und den Ort verschont ließen. (Rausch 1931)
2. Hier soll sich ein Fuhrmann selbst überfahren haben (1975 mündlich). (Störzner 1984)
Quellen und Literatur:
• Gerbing , L. - Die Flurnamen des Herzogtumes Gotha und die Forstnamen des Thüringerwaldes zwischen der Weinstraße im Westen und der Schorte (Schleuse) im Osten, Jena 1910, S.41
• Rausch, Heinz Julius - Die alten Steinkreuze im Stadt- und Landkreis Gotha. Ein Baustein zur Steinkreuzforschung. 1931, S.8-9, Nr.I
• Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.31, Nr.23
• Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen: Katalog, Bezirk Erfurt, 1984, Nr.53
• Köber, Martha - Das alte Kreuz, 1957, in: Störzner, Frank - Aus Stein gehauen… Die Klein- und Flurdenkmale von Erfurt und seiner Umgebung, 1992, S.77-79, Nr.17 und Titelseite
• Gerth, Sven - Eine Wanderung zu den sieben historischen Steinkreuzen in und um Wandersleben, 6.09.2009
• Störzner, Frank - "Schießt du her, so schieß ich hin!", in: Thüringer Allgemeine vom 21.03.2015
• aktuelle Aufnahmen von Sven Gerth, Pfaffroda, (Fotos vom 5.09.2009)
Das alte Kreuz
Martha Köber, Erfurt (1957)
Am alten Heerweg steht ein altes Kreuz
grau übersponnen, halb vergessen fast
Das Leben geht längst and're Wege heute,
kein Fuhrmann nutzt jetzt mehr den Ort zur Rast.
Einsam und traurig, halb geneigt zur Erde,
bist Zeuge du heut' längst vergang'ner Zeit.
Der Hirt nur treibt am Rain die bunte Herde,
und Korn und Klee reift ringsum weit und breit.
Der Sühneauftrag ist Dir längst entgangen,
die Sage nur spinnt dir ein seltsam' Kleid.
Heut' ist's an uns, um dich zu bangen
uns sichern im Bestand für alle Zeit.
Apfelstädt (II)
die andere Seite / Perspektive |
Abbildung bei Störzner (1984) |
Zustand vor 1979 Abbildung bei Störzner (1992) |
GPS:
N 50° 53.581', O 10° 53.395'
Standort:
An der Landstraße Apfelstädt-Sülzenbrücken, 90m
nördlich der Autobahn auf einer Anhöhe des Feldes.
Größe / Material:
115:60:30 / Sandstein
Geschichte:
Das Unfallkreuz wird hier auch "Radfahrerkreuz" genannt. Auf der neu errichteten Erläuterungstafel ist zu lesen:
Errichtet am 23.März 1898 durch den Erfurter Rentner Seitz zum Andenken an seinen an dieser Stelle verunglückten Sohn Bernhard. Der 18-Jährige verunglückte
bei einer "Corsofahrt hiesiger und auswärtiger Radfahrer" am 27.Juni 1897. Einen Tag später erlag er in Erfurt den Folgen seines Sturzes.
Bis zu seiner Beschädigung um 1970 war das Steinkreuz etwa doppelt so hoch wie jetzt; mehrfach musste es im Laufe der Zeit neu aufgerichtet werden. In seiner
Formgebung ist es einmalig in Thüringen. Die Steinkreuz-Errichtung war verbunden mit einer Stiftung zu Gunsten bedürftiger Einwohner in Apfelstädt, zu dessen
Gemarkung die Unfallstelle gehört.
Es handelt sich um eines der wenigen jüngeren Steinkreuze, die in der Tradition des weit verbreiteten spät- und nachmittelalterlichen Steinkreuz-Brauchtums
entstanden sind. Davon kündet das um 1400 entstandene "Schwedenkreuz" am westlichen Ortsrand.
Auch das jüngste in der Erfurter Umgebung errichtete Steinkreuz steht in der Gemarkung Apfelstädt. Es erhebt sich am Hochrand der Landstraße nach
Sülzenbrücken, etwa 60m nördlich vor der Autobahn. Ebenso wie beim Steinkreuz an der "Alten Straße" hat sich auch hier die Wegesituation verändert: Vor dem
Bau der Autobahn 1933-1936 führte die Straße zwischen Apfelstädt und Sülzenbrücken dicht östlich am Steinkreuz auf dieser Sülzenbrücker Höhe vorüber und ist
heute nur noch ein Feldweg; die jetzige Straße gab es noch nicht. Das aus Sandstein bestehende Kreuz, dessen Kopf und Arme zur Mitte hin stark eingezogen
sind, ist ganz auf Symmetrie gearbeitet. Glatte Flächen und die scharfen Kanten deuten weiterhin das geringe Alter des Males an, das - abgesehen von einigen
Kantenabschlägen und Beschmierungen - noch gut erhalten ist. Allerdings war es ursprünglich doppelt so hoch, wurde jedoch um 1970 durch Anfahren zerbrochen
und daraufhin in der Resthöhe am gleichen Ort neu aufgerichtet. Das Steinkreuz erinnert an den Tod des 18jährigen Erfurters Bernhard Seitz, der bei einer "Corsofahrt
hiesiger und auswärtiger Radfahrer" am Abend des 27.Juni 1897 hier vom Fahrrad stürzte und infolge der erlittenen Verletzungen am nächsten Tag in Erfurt verstarb.
"Am 23. Maerz (1898 - F. St.) stiftete der Rentier Seitz aus Erfurt zum Andenken an seinen in hiesiger Flur (auf der Sülzenbrücker Chaussee - an der mit einem
Steinkreuz bezeichneten Stelle) durch Sturz vom Velociped verunglückten Sohn Bernhard der hiesigen Gemeinde ein Legat von 300 Mark mit der Bestimmung, daß die
Zinsen jährlich am Todestage seines Sohnes (28.Juni) an einen Armen der Gemeinde ausgezahlt werden sollen. [...] Außerdem ließ pp. Seitz an dem Tage noch
30 Mark an 3 bedürftige Konfirmanden vertheilen." (Pfarrarchiv Apfelstädt, Ortschronik).
Am gleichen Tag (23.März 1898) war auch das Steinkreuz an der Unfallstelle "nach eingeholter Erlaubnis" errichtet worden. (Störzner 1992)
Streng symetrische Malteser-Kreuzform. Winkel
zur Mitte hin abgeflacht und nicht vollständig durchbrochen. Schaft unterhalb des Armansatzes verbreitert, dann gerade verlaufend und ursprünglich
in einen Sockel übergehend. Scharfkantig. Um 1970 durch Anfahren am Schaft zerbrochen; das restliche Oberteil wurde dann durch D. Pasche, Apfelstädt, unmittelbar neben
dem bisherigen Standort neu aufgestellt. Mehrere kleine Abschläge, besonders an den Kanten.
Das Steinkreuz wurde am 23. Mai 1898 auf Veranlassung des Rentiers Seitz errichtet. Dessen Sohn war hier am 28. Juni 1897 mit den Fahrrad tödlich verunglückt. (Störzner 1984)
Sage:
Quellen und Literatur:
• Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen: Katalog, Bezirk Erfurt, 1984, Nr.54
• Störzner, Frank - Aus Stein gehauen… Die Klein- und Flurdenkmale von Erfurt und seiner Umgebung, 1992, S.79-80, Nr.18
• Gerth, Sven - Eine Wanderung zu den sieben historischen Steinkreuzen in und um Wandersleben, 6.09.2009
• aktuelle Aufnahmen von Sven Gerth, Pfaffroda, (Fotos vom 5.09.2009)
• Ergänzungen von Jost Häffner, Erfurt