Deutschland Hessen Lkr. Darmstadt-Dieburg

Brandau / OT von Modautal


von Süden, mit Lilie

Abbildung bei
Azzola (1996)

Abbildungen bei
Azzola / Bormuth
(1979)

Wappen der
Abtei Lorsch

PLZ: 64397

GPS: N 49° 44,116', O 8° 43,540'

Standort: Ca. 50m südlich der Straße nach Beedenkirchen, am alten Weg von Gadernheim nach Allertshofen an der Kreisgrenze.

Größe / Material: 95:74:24 / Sandstein

Geschichte: Das Steinkreuz hat auf der Frontseite ein gerilltes paralleles Kreuz mir spitzem Fuß, auf der anderen Seite sind Ritzzeichnungen einer lilienartigen Figur, die von der Sage als Schere und Weck gedeutet wird. Abweichend von der üblichen Ausrichtung steht das Kreuz quer zum Verlauf des Weges.

Das Kreuz wird schon in der Rodensteiner Grenzbeschreibung von 1457 erwähnt; damals müssen hier mehrer Kreuze gestanden haben: "Item die zue Branden hant gedutscht und gewiset die mark von dem Emenrode an bis in das Loch uff den Hunckhelstein, Und von dem Hunckhelstein an die Crütz, die da stent zuschen Brandaw und Beedenkirchen [...]"
Noch 1562 müssen dort mehrere Kreuze gestanden haben. Das Gewann heißt heute "Am Kreuz". Der alte Weg entlang der Gemarkungsgrenze war früher eine wichtige Verbindung zwischen Gadernheim und Eberstadt.

Laut Azzola / Bormuth (1979) zeigt das Kreuz ein sog. Fußspitz- oder Nagelkreuz, das Wappen des Klosters Lorsch, das auch noch heute links unten im Wappen der Stadt Lorsch zu finden ist. Gut zu erkennen ist das Kreuz auf dem Foto bei Azzola / Bormuth (1979); heute ist der spitze Fuß des Kreuzes nicht zu sehen, da das Denkmal wieder eingesunken ist.
Beedenkirchen gehörte einst zum Kloster Lorsch (W. Kayser 1853, zitiert nach Azzola / Bormuth 1979). Azzola / Bormuth gehen aufgrund des Materials Buntsandstein davon aus, daß das Kreuz andernorts hergestellt wurde, da sein Standort im westlichen, kristallinen Odenwald ist.
Die Lilie interpretieren sie unter Hinweis auf Georg Wild als religiöses Symbol. Die Lilie verkörpert als Grabesblume das Leben nach dem Tod und die Auferstehung. Sie kann aber auch als "Marienblume“ ein Symbol der Jungfräulichkeit sein.
Azzola / Bormuth sehen von einer Deutung als "Marienblume“ ab, weisen jedoch darauf hin, daß laut Selzer nach 1238 in Lorsch eine Marien-Propstei entstand.
Die Lilie findet sich noch auf den Kreuzen in Rippenweier-Heiligkreuz / OT von Weinheim, Reicholzheim (gestohlen), Beihingen (Lkr. Calw), Wasungen an der Werra, Thaya (Waldviertel, Niederösterreich) und Hombourg (Ostbelgien). (Hessek 2007)

Sage: 1. Ein Bäcker und ein Metzger sollen sich gegenseitig getötet haben.
2. Am alten Weg von Gadernheim nach Allertshofen, nahe bei der Beedenkircher Landstraße, steht ein verwittertes Kreuz. Seine Vorderseite ist profiliert. Auf der Rückseite sieht man eine figürliche Darstellung, die vom Volke als Schere und Weck gedeutet wird. Hier sollen ein Schneider und ein Bäcker sich gegenseitig erschlagen haben. (Matthes 1972)

Quellen und Literatur:
Mößinger, Friedrich - Steinkreuze und Bildsteine, in: Volk und Scholle 1928, S.246
Mößinger, Friedrich - Steinkreuze zwischen Rhein, Main und Neckar, in: Archiv für Hess. Geschichte u. Altertumskunde N.F., 1936. S.53, Ziff.3
Riebeling, Heinrich - Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen, 1977, S.184, Ziff. 6218.1
Azzola / Bormuth - Das Steinkreuz an der Kreisgrenze zwischen Brandau und Beedenkirchen. Zugleich ein Beitrag zur Ikonographie des Lorscher Kreuzes und der Lilie als geistliches Attribut spätmittelalterlicher Steinkreuze, in: Geschichtsblätter Kreis Bergstrasse, Band 12, 1979, S.65-75
Kayser, W. - Beedenkirchen im Odenwald, Darmstadt 1853, S.11
Wild, Georg - Bogumilen und Katharer in ihrer Symbolik, Wiesbaden 1972, darin: S.91-102 "III. Exkurs: Die Lilie als sakral bezogener Symbolträger im Mittelalter"
Selzer, Wolfgang - Die Geschichte des Klosters Lorsch von 1232 bis zum Jahre 1806, in: Laurissa Jubilans, Festschrift zur 1200-Jahrfeier von Lorsch 1964, S.153-158
Matthes, Richard - Sagen aus dem Kreis Bergstraße, Bensheim 1952, 2. Auflage 1972, S.40, Nr.50 (m.Abb.)
Kreikenbom, Marianne - Mord und Totschlag am Wegesrand, in: Wiesbadener Tagblatt (eingesehen am 26.02.2008)
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach
Ergänzungen von Leopold Hessek, Oedheim


Sühnekreuze & Mordsteine