Deutschland Mecklenburg-Vorpommern Lkr. Nordwestmecklenburg

Herrnburg


Detail des Bildreliefs

Zeichnung bei
Buddin (1906)

Tuschezeichnung aus
Die Heimat (1891)

PLZ: 23923

GPS: N 53° 49,552', O 10° 46,553'

Standort: Wenn man die Straße von Lübeck in Richtung Schattin bzw. Lenschow fährt, kommt gleich hinter Herrnburg, in der ersten Kurve, ein Sandparkplatz auf der rechten Seite. Von hier aus führt ein Waldlehrpfad vorbei am Pomertstein.

Größe / Material: 267:68:15 / gotländischer Kalkstein

Geschichte: Die Rückseite ist glatt. Der Pomertstein ist ein sogenannter Sühnestein, auch als Mordwange bezeichnet.
Dieser Stein hat oben einen hufeisenförmigen Abschluss mit aufgesetzten sieben kreisrunden Knäufen. Darin - und übergehend zur Stele - ist ein reliefartig erhabenes Kruzifix dargestellt, an dessen Fuß zwei betende Gestalten knien. Links ist der Verstorbene mit umgehängter Tasche als Reisender zu erkennen; die andere Gestalt, wahrscheinlich sein Sohn, ist in der Tracht eines Dekans gehüllt. Unter dem Kreuz befindet sich ein Wappenschild mit einer vom Schwert durchstoßenen heraldischen Linie. Ganz unten ist eine siebenzeilige Inschrift in gotischen Minuskeln (Kleinbuchstaben). Sie lautet:
Anno domini 1466 die xvii augusti
obiit hic hinric pomert dum peregre
vadit. Reminiscere obiter relictorum
suique suorum. Huic dicavit hoc filius
decanus hamburgensis. Memores
estote suarum precor, animarum.


Im Jahre des Herrn 1466 am 17. August
starb hier Hinrik Pomert während einer
Reise. Vorübergehende, gedenkt Seiner
und seiner Hinterbliebenen. Ihm errichtete
das der Sohn, Dekan in Hamburg. Seid
eingedenk, ich bitte, Ihrer Seelen.

Der Stein erinnert also daran, daß der Hamburger Domprobst Hinrich Pomert 1466 das Wegekreuz seinem dort ums Leben gekommen gleichnamigen Vater errichten ließ. Das Kreuz liegt an einem alten Pilgerweg, der im 15. Jahrhundert über Lübeck nach Bad Wilsnack in der Prignitz führte. Dort wurden die Wunder des Heiligen Bluts verehrt.
Herrnburg zu erforschen, war zu DDR-Zeiten unmöglich, da direkt in der Todeszone gelegen. Die schiefe Stele konnte deshalb auch erst 1994 wieder aufgerichtet werden.

   Ein dem Sülsdorfer Stein ganz ähnlicher ist der zu Herrnburg, einem Ratzeburgischen Dorf unweit Lübecks an der Friedrich-Franz-Bahn. Man findet ihn etwa 30 Minuten südlich von Herrnburg auf einsamer Heide. Auch dieser Stein hat oben den hufeisenförmigen Abschluß, doch ist dieser noch mit sieben kreisrunden Knäufen verziert. Die Inschrift lautet:
   Anno domini 1466 die XVII. Augusti obiit hic Hinrik Pomert dum peregre vadit Reminiscere obiter relictorum. suique suorum Harc dicavit hoc filius decanus hamburgensis. Memores estote suarum precor animarum. (Im Jahre 1466 am 17. August starb hier Hinrik Pomert während einer Reise. Vorübergehende gedenkt seiner und seiner Hinterbliebenen. Ihm errichtete dies der Sohn, Dekan in Hamburg. Seid eingedenk, ich bitte, ihrer Seelen.) Ein Hamburger Dekan Pomert soll existiert haben (bis 1466), doch ist von ihm weiter nichts bekannt. Dunkel ist auch die Herkunft des Wappens: eine vom Schwert durchstochene heraldische Doppellilie. Links vom Kruzifix kniet der Vater, kenntlich an der kleinen Reisetasche; rechts sieht man den Sohn in seiner Dekanstracht.
   Eine Sage über diesen Stein erzählt sich das Volk nicht. (Buddin 1906)

Sage:

Quellen und Literatur:
Hellwig, L. - Beschreibung des Denkmals in: Die Heimat I, 1891, S.215-216
Buddin, Fr. - Mittelalterliche Gedenksteine im Ratzeburgischen, in: Niedersachsen, 11.Jg., Nr.8, 15.1.1906, S.146-148
Möller, Theodor - Das Pommertkreuz bei Herrnburg, in: Sühne- und Erinnerungsmale in Schleswig-Holstein, in: Nordelbingen, Bd.17/18, 1942, S.89-169
Saal, Walter - Beischlagsteine und ihre Beziehungen zu Grabkreuzen und Sühnezeichen, in: Steinkreuzforschung, Sammelband Nr.4, 1982, S.30-35
Krüger, Georg - Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Freistaates Mecklenburg-Strelitz, Band 1.4, Schwerin 1994, S.307
Ende, Horst - Denk- und Sühnesteine in Mecklenburg, in: Information des BAK für Ur- und Frühgeschichte, Kulturbund der DDR, Bezirksleitung Schwerin, 1973, S.62
Nachlaß Walter Saal, Merseburg (Ordner Mecklenburg)
recherchiert und bebildert von: Forschungsgruppe Preußische, Mecklenburgische und Anhaltische Meilensteine e.V.
Ergänzungen von Karl-Heinz Schröder, Lübeck



Das Pomertkreuz bei Herrnburg
von Theodor Möller

Das Pomert-Kreuz im Gelände
Aufnahme: Theodor Möller

Pommert-Kreuz bei Herrnburg
Aufnahme: Theodor Möller

   In der Nähe des unweit Lübeck gelegenen Dorfes Herrnburg, etwa 1km südlich des Ortes, an der Gabelung der Wege nach Duvenest und lenschow, etwa 300m vom Wegweiser entfernt, steht auf einem fest abgeholzten hügeligen Gelände dieses stelenartige Denkmal. Es erhebt sich 2,30m über dem Boden, ist 0,67m breit und 0,15m dick. Material: Gotländer kalkstein.
   Die älteste Beschreibung, die mir bekanntgeworden ist, stammt von L. Hellwig, Ratzeburg (Die Heimat I [1891], S.215 u. 216). Eine 16cm große Reproduktion einer Tuschezeichnung, die besonders den Gesamteindruck dieses schönen Denkmals mit seiner hufeisenförmigen, von sieben Knäufen gekrönten oberen Rundung gut erkennen läßt, ist zur Erläuterung beigegeben. Eingehender behandelt es Joh. Warncke (Heimatblätter Lübeck 1925, Nr.11). Ihm ist es auch geglückt, die Inschrift vollständig zu entziffern und Klarheit über die beiden dargestellten Personen zu geben.

Pommert-Kreuz bei Herrnburg nach einer Zeichnung in der “Heimat” 1891

   Die obere Hälfte der Vorderseite wird von einer bildlichen Darstellung eingenommen. Sie zeigt den Gekreuzigten und zu beiden Seiten des Kreuzstemmes, unten, je eine kniende betende Figur. Die eine dieser beiden Figuren, vom Beschauer links, scheint in Pilgertracht gekleidet zu sein. Einzelheiten dieser, wie Pilgerhut, Pilgerflasche und -gürtel, konnten von Hellwig vor 50 Jahren nur vermutet, nicht aber mit Sicherheit erkannt werden. Die andere Figur, die er glaubt für eine weibliche halten zu dürfen (allerdings unter Fragezeichen), war damals schon stark beschädigt; das Gesicht war abgeschlagen. Unter dem Kreuz ein schräggestelltes Wappenschild mit einer von einem Schwert durchstoßenen heraldischen Lilie. Dann folgt eine 7 Zeilen umfassende lateinische Inschrift in Minuskeln - nur 4 Buchstaben sind Majuskeln - die den unteren Teil des Stammes einnimmt. Nach Joh. Warncke lautet sie, nach Auflösung der Abkürzungen:
anno domini 1466 die XVII augus
ti obbiit hic Hinrik Pomert dum
peregre vadit. Reminiscere ob
iter relictorum suique suorum. Huic di
cavit hoc filius decanus hamburg
gensis. Memores estote suarum
precor, animarum
(Übersetzt: "Im Jahre des Herrn 1466 am 17. August starb hier Hinrich Pomert während einer Reise. Der Du vorübergehst, gedenk seiner und seiner Hinterbliebenen. Ihm errichtet dieses der Sohn Dekan zu Hamburg. Ich bitte, seid eingedenk ihrer Seelen.")
   Damit ist die Bedeutung des Kreuzes als Erinnerungsmal klargestellt, und auch über die beiden Personen kann kein Zweifel mehr obwalten, es sind Vater und Sohn. Sie sind durch die Tracht unterschieden. Der im Pilgergewande Dargestellte ist der Vater, der auf einer Pilgerfahrt in die Mark oder auf der Rückkehr von dieser eines plötzlichen Todes verstarb. Die mit einem langen Mantel bekleidete Gestalt ist der Sohn, der seinem Vater dieses Denkmal errichten ließ. Er war, wie die Inschrift bezeugt und Warncke nachweisen konnte, Dekan in Hamburg. Unter dem 14. Sept. 1466 richtet er ein Schreiben an den Rat zu Lübeck.
(aus: Möller, Theodor - Sühne- und Erinnerungsmale in Schleswig-Holstein, in: Nordelbingen, Bd.17/18, 1942, S.102-105)


Sühnekreuze & Mordsteine