Deutschland Mecklenburg-Vorpommern Lkr. Nordwestmecklenburg

Schönberg


Rückseite mit
Wappen und Schrift

undatierte Aufnahme
veröffentlicht bei
Krüger (1994)

Zeichnung bei
Buddin (1906)

PLZ: 23923

GPS: N 53° 50,715', O 10° 56,011'

Standort: Vor dem Haupteingang der Ev. Kirche St. Laurentius. Daneben eine Erläuterungstafel.

Größe / Material: 188:67:19 / gotländischer Kalkstein

Geschichte: Das Sühnekreuz stand ursprünglich auf der Feldmark östlich der Stadt, wurde vermutlich um 1850 dort entfernt und zweckentfremdet als kleine Brücke über einen Bachlauf benutzt und da 1895 aufgefunden. Von hier kam es auf den Kirchhof, wo es nun, wieder etwas umgesetzt, an der Treppe des Haupteingangs zur Kirche steht.
Es handelt sich um ein Sühnekreuz, das vom Sohn Karlow für seinen Vater, Ritter Karlow, gesetzt wurde.
Vorderseite: Eingeritze Darstellung eines Kruzifixes, rechts darunter eine betende männliche Person; über ihren Händen steigt ein s-förmig gewundenes Spruchband auf mit der Minuskelinschrift: miserere mei deus (d.h. "Erbarme dich meiner – Gott").
Rückseite: Im Kreuz ganz oben befindet sich das eingelassene Wappen der Familie der Karlows, schräggestellt. Es zeigt(e) Bär mit Halsband. Darunter befindet sich eine sechszeilige Minuskelinschrift (in Niederdeutsch?) wie folgt:

int jar m cccc
do wart hir slagen
herme karlouwe
dit kruse sete hir
sin sone vikke
karlouwe


Im Jahr 14...
da ward hier erschlagen
Hermann Karlow.
Dies Kreuz setzte hier
sein Sohn Vicke
Karlow
Leider ist der letzte Teil der Jahreszahl abgeplatzt, so dass ein genaues Datum des Mordes nicht angegeben werden kann. Auf Grund archivalischer Überlieferungen ist der Tod von Hermann Karlow jedoch zwischen 1404 und 1418 anzusetzen.
Die unterste Zeile der Beschriftung ist vor langer Zeit wohl weggemeißelt worden.
Auf der Erläuterungstafel am Steinkreuz (hier als Mordwange bezeichnet) lesen wir zum Errichtungsgrund:

Mittelalterlicher Gedenkstein

Errichtet wurden solche Steinmale vornehmlich für jemanden am Aufstellungsort zu Tode Gekommenden von den Familienangehörigen oder vom durch Schiedsspruch im Rahmen eines Sühnevertrages dazu verpflichteten Totschlägers. Landläufig sind daher auch Bezeichnungen wie Sühnestein oder Mordwange üblich.
Der ursprüngliche Standort der mit bildhaften Darstellungen und gotischen Minuskeln versehenen Stele aus gotländischem Kalkstein in Form eines lateinischen Kreuzes war auf der "Krüzkoppel" im nördlichen Winkel der Straße nach Menzendorf und der Bahnlinie.
Gewidmet ist sie dem Ritter Hermann Karlow, der nach 1410 im Handgemenge mit Knechten des Ratzeburger Bischofs getötet wurde.
Auf der Ostseite befindet sich das Wappen, ein Bär mit Halsband, der Karlows. Die Inschrift auf dem Spruchband lautet: int • jar • m cccc • do • wart • hir • slagen • herme • karlouwe • dit • kruse • sete • hir • sin • sone • vikke • karlouwe •
("Im Jahre 141*, da ward hier erschlagen Hermann Karlow. Dies Kreuz setzte hier sein Sohn Vicke Karlow").
Auf der Westseite befindet sich ein Kruzifix, darunter eine betende männliche Person, die wohl den Erschlagenen darstellt. Auf dem Spruchband die Gebetsformel: "miserere mei deus" (Erbarme dich meiner Gott).

Sage: Es heißt, die Karlows, die südlich von Schönberg im gleichnamigen Dorf ihren Stammsitz hatten, waren Raubritter. Sie waren in ständiger Fehde mit den Nachbarn.


   [...] Als drittes und letztes der mittelalterlichen Gedenksteine dieser Art besitzt unser Fürstentum das sogenannte Schönberger Kreuz. Bis in die 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts stand es an seinem ursprünglichen Ort auf der Schönberger Feldmark. Dann war es lange Zeit verschwunden, bis man es zufällig als Brückensteg wieder entdeckte. Durch Vermittlung altertumsfreundlicher Männer hat es seinen Platz in der Nähe der Kirche erhalten. Es unterscheidet sich von den beiden anderen dadurch, daß es schon im äußeren Umriß die Form des Kreuzes zeigt. Sonst haben wir auch hier die Figur des Gekreuzigten und der darunter knieenden Person mit aufwärts flatterndem Spruchband, aber nicht in erhabener Arbeit, wie beim Sülsdorfer, sondern eingemeißelt. Auf dem Spruchband steht ebenfalls: misere mei deus, in gotischen Minuskeln. Die eigentliche Inschrift liest man auf der Rückseite. Sie ist so verwittert, daß sie nur nach schwerer Mühe und mittelst eines umständlichen Verfahrens entziffert werden konnte. Auffälligerweise ist sie deutsch und lautet:

Int . iar . m. c c c c. x. -- --
Do .wart .hir .slagen
herme .Karlouwe
dit . kruse . sete hir
sin sone vikke
Karlouwe.

   Über der Inschrift ist ein Schild mit dem Wappen der Familie von Karlow angebracht (steigender Bär mit Halsband).
   Die Sippe derer von Karlowe war im Ratzeburgischen begütert, auch sind noch Kaufurkunden mit dem Siegel des Geschlechts (springender Bär im Wappen) vorhanden. Sie lebten mit den Lübecker Kaufleuten in ewiger Fehde, und besonders Hermann muß sich als arger Strauchritter unrühmlichst ausgezeichnet haben, denn eine alte Lübecker Handschrift klagt über ihn: "Desulve Herman vnde sine Knechte schinden den copman op der straten, dar vns vaken vnde vele claghe van quemen." Bei einer derartigen Balgerei auf der Landstraße wird er 1410 seinen Tod gefunden haben, worauf ihm sein zarter Sohn Vikke durch Stiftung eines Denksteins die Höllenpein für seine Schandtaten zu mildern suchte. (Buddin 1906)

Quellen und Literatur:
Pastor Krüger - Das Steinkreuz zu Schönberg, in: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Bd.61, 1896, S.10-12
Buddin, Fr. - Mittelalterliche Gedenksteine im Ratzeburgischen, in: Niedersachsen, 11.Jg., Nr.8, 15.1.1906, S.146-148
Ende, Horst - Denk- und Sühnesteine in Mecklenburg, in: Information des Bezirksarbeitskreises für Ur- und Frühgeschichte, Heft 13, Schwerin 1973, S.65
Saal, Walter - Beischlagsteine und ihre Beziehungen zu Grabkreuzen und Sühnezeichen, in: Steinkreuzforschung, Sammelband Nr.4, 1982, S.30-35
Krüger, Georg - Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Freistaates Mecklenburg-Strelitz,Bd.1.4., Schwerin 1994, S.202-203
Schmied, Hartmut - Die schwarzen Führer / Mecklenburg-Vorpommern, Eulen Verlag, Freiberg i.Br., 2001, S.144-145
Plaschka, Horst - Spuren in Stein, in: Mecklenburg-Magazin, Nr. 5, März-April 2002, S.2
Nachlaß Walter Saal, Merseburg (Ordner Mecklenburg)
recherchiert und bebildert von: Forschungsgruppe Preußische, Mecklenburgische und Anhaltische Meilensteine e.V.
Ergänzungen von Karl-Heinz Schröder, Lübeck



Das Steinkreuz zu Schönberg.
Von Pastor Krüger - Schönberg.

   In seiner "Geschichte des Bisthums Ratzeburg" (S.329. Anm.) erwähnt Masch ein Steinkreuz auf der Schönberger Feldmark, das er für einen Stationsstein der Kalandsbruderschaft hält und mit folgenden Worten beschreibt: "Es hat auf der einen Seite ein Crucifix mit einer daneben knieenden männlichen Figur, welche betend die Hände erhebt, mit den Worten auf einem Zettel: miserere mei deus. Die Inschrift der andern Seite in fünf Zeilen ist dergestalt verwittert, daß nur wenige Buchstaben noch erkennbar sind.
   Seit circa 40 Jahren war das Steinkreuz von seinem Standorte verschwunden; im vorigen Jahre wurde es wieder aufgefunden; es lag in der Erde als Brücke über einem Wasserlaufe. Der Besitzer des Grundstückes schenkte den Stein auf mein Ersuchen der Kirche, in ihrer Nähe wird er aufs neue aufgestellt werden. Der Stein mißt über der Erde 2,30m und war noch 0,90m tief in die Erde gesenkt.
   Masch hat die Vorderseite richtig beschrieben. Der Crucifixus ist edel gehalten, die knieende Gestalt aber zeichnet sich vor bekannten ähnlichen Darstellungen durch ziemlich unmögliche Stellung aus. Dagegen irrt Masch mit seiner Annahme, es handle sich um einen Stationsstein der Kalandsbruderschaft. Er wird durch unrichtige Lesung eines Namens der Rückseite zu dieser Vermuthung gekommen sein. Unter Beihülfe des Herrn Dr. Latendorf hierselbst ist es mir zu meiner Freude gelungen, vermittelst eines genommenen Papierabklatsches die sehr verwitterte Inschrift der Rückseite zu entziffern. Sie lautet:
   Es ist also auch dieses Steinkreuz, wie andere seiner Art in unserer Gegend, dem Andenken eines Erschlagenen von seinem Sohne gewidmet. Ueber der Inschrift ist ein Schild mit dem Wappen der Familie von Karlow (steigender Bär mit Halsband) angebracht.
   Die Persönlichkeiten, die in der Inschrift genannt werden, sind bekannten Geschlechts und Namens. Das Geschlecht der Karlowe findet sich im 14. Jahrhundert im Süden des Bisthums Ratzeburg an verschiedenen Orten, so in Demern, Schaddingsdorf, Röggelin, Karlow, Clocksdorf begütert (s. Masch, Gesch. des Bisthums S.303, 306, 309, 323; M.U.=B. Nr.3628, 6386). Der hier genannte Hermann Karlowe wird derselbe sein, welcher im Jahre 1397 Hof und Dorf Karlow, Clocksdorf, Kulrade, Dependorf an Bischof Detlev von Parkenthin verkaufte und dafür ao. 1400 von demselben Röggelin für 1000 Thaler in seinen Besitz brachte. In einem Klageartikel gegen die Stadt Lübeck vom 3. August 1418 nennt ihn Herzog Erich V. von Sachsen=Lauenburg seinen mann und bezeichnet ihn als bereits verstorben. Seine Söhne Hans und Vicke machen Anspruch auf Schadenersatz an die Stadt Lübeck. Diese schildert ihn als Straßenräuber (desulue Herman vnde sine knechte schinden den copman vp der straten, dar vns vaken vnde vele claghe van quemen. Vergl. Lüb. U.=B.14, S.56, 81.). Er wird also in dem zweiten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts in einem derartigen Kampfe auf der Landstraße seinen Tod gefunden haben. Dieser Zeit entspricht auch Form des Kreuzes und Charakter der Schrift. Daß die Inschrift deutsch ist, wird das Steinkreuz unter den Denkmälern jener Zeit als beachtenswerth hervorheben.
(Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Bd.61, 1896, S.10-12)


Sühnekreuze & Mordsteine