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Großerkmannsdorf


Zustand 2012
Foto: Gerlach

Blick zum Standort
Foto: Fredrich
(2009)

die andere Seite
Foto: Fredrich
(2009)

Zustand 2005
Foto: Ache

Abbildungen bei
Müller / Quietzsch
(1977)

PLZ: 01454

GPS: N 51° 05.616', O 13° 55.245'

Standort: An der Straße nach Radeberg im Südost-Winkel des zweiten abgehenden Feldweges nach dem Ortsausgang am abseitigen Grabenrand.

Größe / Material: 90:58:27 / Sandstein

Geschichte: Benennung: "Mordkreuz". Kopf und Arme gerade, Kopf kurz mit fliehender Stirn an der Westseite, Schaft verbreiternd zu leicht tropfenförmiger Fußbildung; auch Schaftschmalseiten verbreiternd, Fußsohle eben. Auf dem Scheitel des Kopfes ein spitzkonisches Näpfchen, auf der im Oberteil stark abgewitterten W-Seite im unteren, in der Erde steckenden Bereich ein kreisrundes dellenförmiges Näpfchen; ein zweites, unregelmäßiges Näpfchen und ein tieferer Spalteneinschnitt mitten auf der Fläche.
Früher (vor 1923) stand das Kreuz im Ort zwischen den damaligen Grundstücken Wächter und Micklich († 1923), dann verschwand es, wurde nach der Auffindung durch einen Einwohner beim Pflügen auf seinem Acker 1956 durch Mitglieder des Kulturbundes wieder aufgestellt, aber beim Ausbau der Straße erneut zerbrochen und weggeräumt. Das Kreuz wurde von Einwohnern in die Erde versenkt, um den Spuk zu bannen. Deshalb war es lange Zeit verschwunden und unbekannt.
Im Herbst 1970 zerbrochen bei Straßenbau, 4.8.1971 mit zwei eisernen Vierkantstiften (nebeneinander in Armrichtung) verzapft und mit Zement zusammengefügt, Gründung mit Steinen verkeilt. Zusammensetzung des Kreuzes durch die Herren Dieter Furkert, Roland Furkert und Arthur Furkert, alle Großerkmannsdorf, unter Anleitung des Landesmuseums für Vorgeschichte Dresden. Seit 4.8.1971 steht es etwa 2m südlicher und 2m östlicher vom letzten bekannten Standort.
Gefährdung durch Feldarbeiten möglich, da unmittelbar am Feldrand und nur klein.
Allgemeine oberflächliche Verwitterung. Ein Arm durch alte Abschläge kürzer. (Müller / Quietzsch 1977)

Das Steinkreuz, welches am Wege von Grosserkmannsdorf nach Radeberg, aber nicht nach Ullersdorf, wie in Nummer 8 des Jahrgangs 1898 unsrer Mitteilungen zu lesen ist, steht, soll an der Stelle sich erheben, wo "vor vielen Jahren einmal eine Schlacht zwischen Radebergern und Erkmannsdorfern geschlagen wurde", wie eine dunkle Sage erzählt. Vielleicht bezieht sich darauf folgender Eintrag im Kirchenbuch zu Grosserkmannsdorf, welcher mir durch die Freundlichkeit des Herrn P. Weineck daselbst zugängig wurde. Es heisst daselbst: "1634, Mittwoch in der Marterwoche gingen etliche aus unserm Dorfe mit Musqueten auff Radeberg, etliche Salzwagen aufzuhalten, damit sie nicht den Kayserlichen zukämen. Darunter war auch Michel Merkel. Weil aber die Radeberger den Salzwagen beistanden, und die Unsrigen meistenteils nicht stunden, ward Michel Merkel von dem Convoier der Salzwagen, so ein Kornett sein sollte, geschossen, an welchem Schusse er den Sonntag Quasimodogeniti starb und wurde den 14. begraben." Radeberg war seit 1436 Zollstätte für das Salz, das ins Budissiner Land ging. (Herschel 1906)

Sage: Am 2. April 1634 wurde der Großerkmannsdorfer Einwohner Michael Merkel beim Versuch, österreichische Salzwagen, die vom Radeberger Salzdepot und unter Begleitung Radeberger Musketen-Schützen, welche unter Führung eines kaiserlichen Kornetts kamen, anzuhalten, tödlich getroffen. Eintrag im Kirchenbuch, für 2.4.1634 - Ein Zusammenhang mit dem Kreuz ist nicht nachzuweisen. (Müller / Quietzsch 1977)

Quellen und Literatur:
Helbig, P.K. - Die Steinkreuze im Königreich Sachsen als Grenzzeichen, in: Mitteilungen des Vereins für Sächsische Volkskunde, 1905, Heft 12, S.384
Herschel, M. - Beitrag zur Steinkreuzkunde, in: Mitteilungen des Vereins für Sächsische Volkskunde, 4.Band, Dresden 1906, Heft 1, S.5, 8
Kuhfahl, Dr. G.A. - Die alten Steinkreuze im Königreich Sachsen, in: Landesverein Sächsischer Heimatschutz, Band IV, Heft 6, 1914, Nr.73
Leuschner, Th. - Vom Steinkreuz bei Großerkmannsdorf, in: Landesverein Sächsischer Heimatschutz Dresden, Heft 3 bis 4, Band XV, 1926, S.160
Kuhfahl, Dr. G.A. - Die alten Steinkreuze in Sachsen, 1928, Nr.89
Kuhfahl, Dr. G.A. - Die alten Steinkreuze in Sachsen, Nachtrag, 1936, Nr.99
Müller / Quietzsch - Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen, Inventar Bezirk Dresden, 1977, S.116-118
recherchiert und bebildert von Robert Ache, Cottbus (Fotos von März 2005)
Ergänzungen von Dörte Bleul, Lauchhammer
Bild-Ergänzungen von Brigitte Fredrich (Fotos vom 7.02.2009) und Ullrich Gerlach, Schmannewitz (Foto von 5.12.2012)



Vom Steinkreuz bei Großerkmannsdorf
von Th. Leuschner, Dresden - Loschwitz

Nicht weit vom Dorf an der Straße nach Radeberg lauern bewaffnete Männer, Bauern aus Großerkmannsdorf. Der Wald verbirgt sie. Michel Merkel, der Erbrichter, ist ihr Führer. Der hat in der Frühe erkundet, ein Trupp kaiserlicher Soldaten käme mit ein paar Salzwagen aus Radeberg. "Ihr Bauernschinder! Euch wollen wir´s geben! Ihr habt uns genug geplagt! Soldatenblut für Bauernblut!" Sie lauschen. Still bleibt's im Wald, auf der Straße. Die Kaiserlichen sind noch ein ganzes Stück davon. Aber auf ihrer Hut sind sie! Der Kornett hat sein Pistol geladen in der Faust. Vom Pferd herab überschaut er die Straße. Nichts, was verdächtig sein könnte! Er hängt den Gedanken nach. Heute früh war er mit ein paar Musketieren nach Radeberg gezogen, Salz sollte er auf Befehl ins Lager bringen. Hier an der Grenze zwischen Lausitz und Kursachsen war dafür Stapel- und Zollstätte. Nur wenige Vorräte waren dagewesen. Ein paar Bürger hat er aus Vorsicht gezwungen, mit Musketen bewaffnet die Wagen zu begeliten. Die Wagen poltern durch den Wald. Da auf einmal tauchen hinter Bäumendie Bauern auf, ihr Büchsen knallen los. Der Rauch verzieht - sie haben schlecht getroffen. Aber schon hat der Kornett den Anführer erkannt, ein wohlgezielter Schuß, und Michel Merkel sinkt verwundet zur Erde. Die Bauern überkommt ein Schreck, sie springen und fliehen in den Wald hinein. Die Fuhrleute hauen auf die Gäule ein, schnell rattern ihre Wagen davon. Und nun ist's wieder still. Geraume Zeit vergeht. Die Bauern wagen sich heran, sie tragen den Schwerverwundeten ins Erbgericht. Keine Pflege hilft, am zehnten Tage danach ist er ein stiller, toter Mann. - Wo jetzt am Ende des Dorfes das verwitterte Steinkreuz steht, dort soll es gewesen sein, daß Michel Merkel in seinem Blute gelegen hat. Ein Mordkreuz nennen es die Leute heute noch. Doch, wer weiß es so genau? Auch das Kirchenbuch des Dorfes berichtet von dem Kreuze nichts, nur hat der Pfarrer von damals eingetragen: "1634 Mittwoch in der Marterwoche (war 2.April) gingen auf begehren etlicher aus unsrem Dorfe mit Musqueten auff Radeberg, etliche salzwagen aufzuhalten, damit sie nicht den Kaiserlichen zukämen. Darunter war auch Michel Merkel. Weil aber die Radeberger den Salzwagen beystunden und die Unsrigen meistenteils nicht stunden, ward Michel Merkel von dem Conovier der Salzwagen, so ein Kornett sein sollte, geschossen, an welchem Schusse Er den Sonntag Quasimodogeniti (war der 13.April) starb und wurde den 14. begraben."
(Landesverein Sächsischer Heimatschutz Dresden, Heft 3 bis 4, Band XV, 1926, S.160)


Sühnekreuze & Mordsteine