Deutschland Sachsen Vogtlandkreis

Oelsnitz i.V. (I / II)
Zur Einzelansicht die Steinkreuze anklicken.

Oelsnitz I Oelsnitz II

Abbildung bei
Schott (1957)

PLZ: 08606

GPS: N 50° 24,892', O 12° 10,210'

Standort: An der Hauptkirche.

Geschichte: Restauriert und an der jetzigen Stelle aufgestellt 1982. Nach Völkel gab es vor dem großen Stadtbrand von 1859 in Oelsnitz noch 16 und vor der Stadt zwei Steinkreuze, 1895 nur noch insgesamt drei. Die hier behandelten Steinkreuze in Oelsnitz rettete August Völkel. (Wendt 1979)

Zwei Steinkreuze an der Ostwand des Südturms der Kirche St. Jacobi zu Oelsnitz / Vogtl. Sie standen früher an anderer Stelle auf freiem Felde bzw. an einer Wegegabelung. Nachdem die Überlieferung über ihre eigentliche Bedeutung verlorengegangen war, legte man sie an der Kirchenmauer nieder. (Schott 1957)

Sage:

Quellen und Literatur:
Völkel, A. - Die Kreuzsteine zu Oelsnitz i.V., in: Unser Vogtland, Leipzig 1895, S.485-487
Kuhfahl, Dr. G.A. - Die alten Steinkreuze in Sachsen, 1928, Nr.186
Kuhfahl, Dr. G.A. - Die alten Steinkreuze in Sachsen, Nachtrag, 1936, Nr.197
Apitzsch, Paul - Wo auf hohen Tannenspitzen, 1932
Schott, Lothar - Totschlagsühne und Steinkreuzerrichtung, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der pädagogischen Hochschule Potsdam, 3.Jg., 1957, Heft1, S.47-53
Rudau, Dr. B. - Steinkreuze am Wege, in: Kulturbote für den Musikwinkel, 1969, Heft 8-12
Wendt, Hans-Jochen - Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen / Inventar Bezirk K.-M.-Stadt, 1979, S.92-94
aktuelle Aufnahmen von S. Gerth, Pfaffroda (Fotos von März 2003)



Oelsnitz i.V. (I)
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Abbildung bei
Wendt (1979)

Größe / Material: 82 (ohne ergänzten Schaft):87:22 / Granit

Geschichte: Das Steinkreuz hat viele Standortwechsel hinter sich.

[...] Ihm gegenüber befand sich ein kleines zwischen den Häusern Kluges und Schanzes, hinter dem Prellsteine rechts am Bottiche. [...] Der Stein, der vormals neben Kaufmann Kluges Haus hinter dem Bottiche war, steht jetzt in der Hohle am Wege von der Altstadt nach dem Schießhause. Derselbe wurde nach dem Brande vom damaligen Hausbesitzer Liebender an seinen neuen Platz gebracht. [...] Das in der Hohle ist sorgfältiger behauen; Flächen, Kanten und Fugen sind regelrecht bearbeitet. (Völkel 1895)

Spätestens von 1913 an bis mindestens 1953 am Glockenturm der Jakobikirche (Auskunft von R. Riedel, Oelsnitz). Etwa seit Mitte der 1950er Jahre bis 1968 vor dem Heimatmuseum, Gartenhäuser 11, abgestellt. Danach im Hof des Schlosses Voigtsberg abgelagert.
Vertiefung auf dem längeren Arm. Breiter Längsbalken, die ungleich langen Arme etwas nach unten abgewinkelt, Kopf und Arme ganz leicht gerundet. (Wendt 1979)

Sage: Wird als "Erinnerungszeichen an im Kampf (bei der Erstürmung der Stadt durch kaiserliche Truppen unter Holck im August 1632) getötete Angehörige gesetzt" gedeutet.



Oelsnitz i.V. (II)
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Abbildung bei
Wendt (1979)

Größe / Material: 48 (ohne ergänzten Schaft):72:16 / Granit

Geschichte: Wird " Der unterer Wellenstein" genannt. Der Stein befand sich vor 1895 "am schmalen Fahrwege, der in das Hallersche Grundstück neben dem Gerbersbache führte" (Völkel 1895); 1895 am Wohnhaus des Gerbers Haller; spätestens von 1913 an bis mindestens 1953 am Glockenturm der Jakobikirche; etwas seit Mitte der 1950er Jahre bis 1968 vor dem Heimatmuseum, Gartenhäuser 11, abgestellt.
Original ist nur das Oberteil des Steinkreuzes. Zwei Rundmarken am Kopf, drei in der Höhe der Arme. (Wendt 1979)

Sage:



Die Kreuzsteine zu Oelsnitz i.V.

   Beim Neubau der Stadt Oelsnitz nach dem großen Brande im Jahre 1859 sind außer den engen Gassen, Wallgräben und Stadtmauern eine Anzahl Kreuzsteine verschwunden, die eine Eigentümlichkeit der Stadt waren und in gleicher Menge in keinem Orte des Vogtlandes, ja Deutschlands gefunden wurden. Sie befanden sich außer vielen Prellsteinen an den Straßenecken und Häusern, nur wenige in der Städtischen Flur.
   Kam man auf der Straße von Plauen her an die Stadt, so sah man außerhalb des oberen Thores den ersten am Hause des Bäckers Rudorf. Bog man rechts um die Ecke nach dem Graben zu, so bemerkte man nach wenigen Schritten einen anderen an Kluges Haus. Der bekannteste aber stand am oberen Thore an Dietzels Ecke. Er diente spielenden Kindern als Ruhepunkt und an schönen Abenden den Erwachsenen als Sitzplatz. Das durch die eigene Schwere und die erwähnte Benutzung mit dem einen Arm in die Erde gesunkene Kreuz zeugte von hohem Alter und dessen Beschwerden. Daselbst ist noch allen wohlbekannt, die vor dem Brande in der Nähe ihre Wohnung hatten. Ihm gegenüber befand sich ein kleines zwischen den Häusern Kluges und Schanzes, hinter dem Prellsteine rechts am Bottiche. Ein fünftes Denkmal gleicher Art war an Bäcker Hübschmanns Ecke, am Eingang zum nördlichen Theil der Klostergasse aufgerichtet. Ein sechstes stand diesem gegenüber an Kaufmann Zetzsches Hause am Aufgange des südlichen Theils der Klostergasse. In derselben Gasse war etwas weiter hinauf ein großes Kreuz am Hause des Schuhmachers Knörnschild eingegraben. Ein achter Kreuzstein stand an Klarners Garten; ein neunter am Ausgange des Albertsgässchens am Markte; der zehnte an Steuereinnehmer Stöckers Haus an der oberen, kleinen Judengasse; ein elfter in der Nähe der Stadtkirche am Aufgange des Geländers. In kurzer Entfernung von diesem, jenseits der Straße an Kaufmann Becks, später Vizebürgermeister Grohs Haus, erhob sich der zwölfte. Ging man nach dem Eger Thor, so kam man hinter Zürners Haus, links an der Stadtmauer, an den dreizehnten. Der vierzehnte, der sogenannte obere Wellenstein, befand sich an dem Stege in der Nähe des Pfortenteiches; der fünfzehnte, der untere Wellenstein, am schalen Fahrwege, der in das Hallersche Grundstück neben dem Gerbersbache führte, und der sechzehnte auf der Brücke über den Gerbersbach unweit des vormaligen unteren Stadtthores. Außerhalb der Stadt waren je ein Kreuzstein an der Teilung der Plauerschen und Reichenbacher Straße und unterhalb des Pulverhauses, am sogenannten zweiten Arm, am Anfange der alten Auerbacher Straße, aufgestellt. Ob die Zahl dieser Erinnerungszeichen eine noch größere war, konnte bisher nicht festgestellt werden. - Die Kreuze außerhalb der Stadt sind beide verschwunden, dasjenige an Knörnschilda Haus wurde vom Besitzer als Grundstein beim Neubau seines Wohnhauses benutzt, andere mögen eine ähnliche Verwendung nach dem Brande gefunden haben. Die unter 2, 12 und 14 genannten Steine sind schon vor dem Brande von ihren Plätzen entfernt worden, da sie nur noch den ältesten Personen der Stadt erinnerlich sind. Von den Kreuzsteinen innerhalb der Stadt sind noch drei vorhanden. Der Stein, der vormals neben Kaufmann Kluges Haus hinter dem Bottiche war, steht jetzt in der Hohle am Wege von der Altstadt nach dem Schießhause. Derselbe wurde nach dem Brande vom damaligen Hausbesitzer Liebender an seinen neuen Platz gebracht. Der unter fünfzehn aufgeführte Kreuzstein liegt jetzt nicht mehr am Gerbersbache, sondern von diesem etwas entfernt am Wohnhause des Gerbers Haller. Der vierzehnte ging durch eine Wasserflut verloren. Der sechzehnte ist von seinem ursprünglichen Platze auf der Brücke bei Verbreiterung derselben ebenfalls gerückt und an den Auftritt zum Holzstege an die Ecke des Thiemeschen Hauses gelegt worden.
   Die Größe der Oelsnitzer Kreuzsteine war sehr verschieden; denn das Kreuz bei Knörnschild, eines der größten, hatte bei seiner Ausgrabung eine Höhe von ziemlich zwei Metern. Von ähnlicher Größe war dasjenige an Dietzels Ecke und an der Judengasse. Das Brückenkreuz misst 1,10m in der Höhe und 0,80 in der Breite, dagegen ist das Kreuz in der Hohle nur 0,80m breit und seine Höhe beträgt wenig mehr. Die Breite des Steines bei Gerber Haller beträgt 0,70m. Das vierte Ende ist leider zertrümmert, seine Höhe lässt sich dehalb nicht bestimmen.
   Die noch übrigen Kreuzsteine sind aus Granit gefertigt, wie er bei Bergen gebrochen wird. Die meisten stellten lateinische Kreuze dar, d.h. sie Arme waren an die obere Hälfte des Stammes gearbeitet, der Stamm hatte größere Länge als die Arme. Das Brückenkreuz ist ganz roh gelassen; auf das Ausarbeiten der Fugen an den Stellen, wo sich die Arme und der Stamm berühren, ist kein Fleiß verwendet. Dasselbe trägt auf seiner unteren Seite das Zeichen eines Schwertes. Bei den anderen Kreuzen fehlen Zeichen und Aufschriften. Das in der Hohle ist sorgfältiger behauen; Flächen, Kanten und Fugen sind regelrecht bearbeitet. Der Stein am Hause des Gerbermeister Haller - in der Form des eisernen Kreuzes - ist der schönste von allen.
   Ueber diese Kreuzsteine schweigen Urkunden und Gerichtsbücher, gleich wie über die anderen derartigen Denkmäler des Vogtlandes. Nur die Sage berichtet über die Bedeutung des Kreuzes neben der Brücke. Nach der übereinstimmenden Erzählung alter Bürger, deren Vorfahren vor mehr als zweihundert Jahren in der Stadt ansässig gewesen sind, erinnert es die Einwohner an die schreckensreiche Zerstörung des Ortes durch die Holkeschen Scharen am 13. August 1632. An dem ursprünglichen Standorte des Kreuzes – auf der Brücke – soll der feindliche Parlamentär durch die Unvorsichtigkeit eines Bürgers ums Leben gekommen sein. Diesen Mord bezeichnet der Volksmund als Veranlassung zur Erstürmung der Stadt seitens der Kaiserlichen. Die übrigen Kreuze an den Häusern mögen von den Hinterbliebenen als Erinnerungszeichen an im Kampf getötete Angehörige gesetzt worden sein. Für eine gleichzeitige Errichtung der Steine zu demselben Zweck spricht ihre große Zahl, dasselbe Material, das Fehlen aller Aufschriften und Zahlen, die wohl unnötig waren, da die Ursache ihrer Aufstellung allen Einwohnern bekannt gewesen ist und durch Erzählungen sich leicht fortpflanzte. Gegen eine Errichtung vor jener vollständigen Zerstörung von Oelsnitz spricht der Umstand, dass bei dem Wiederaufbau der Stadt nach 1632 diese Steine in den engen Gassen unter dem Schutte verloren gegangen wären. Nach dem Brande von 1720 wurden sie gewiß als ehrwürdige Denkmäler geschont, weil die Zerstörung im dreißigjährigen Kriege durch Kirchenlied und Erinnerungsfeier in aller Gedächtnis erhalten geblieben war. Durch die späteren Wechsel der Besitze der Grundstücke, durch den Wegzug alter und Zugang neuer Familien, durch die folgenden Kriege und andere Ereignisse ging die Bekanntschaft mit dem ursprünglichen Zwecke der einzelnen Kreuze und die Mehrzahl derselben selbst verloren.

A. Völkel, Oelsnitz

(aus: Unser Vogtland, Leipzig 1895, S.485-487)


Sühnekreuze & Mordsteine