Beiträge zur Geschichte der Steinkreuze


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Vom äußeren Bild der Steinkreuze
Steinkreuz und Kreuzstein
von Horst Torke

Bei den in Feld und Flur anzutreffenden alten Steinmalen unterscheidet man zwischen den aus Stein geformten Kreuzen und den Kreuzsteinen. Kreuzsteine sind frei in der Landschaft stehende, meist als Platten oder behouene Blöcke vorliegende Steine, auf denen eine Kreuzdarstellung erhaben oder eingeritzt angebracht ist. Vielfach wird in den Kreuzsteinen die ursprüngliche, ältere Form gesehen, aus der sich die Steinkeuze entwickelt haben 1).

Kreuzsteine kommen in unserer Gegend relativ selten vor, einige schöne Exemplare sind in der angrenzenden Oberlausitz, beispielsweise in Bautzen, Crostwitz, Gräfenhain oder Obercunewalde anzutreffen 2).

"Schächers Kreuz" im Zschirnsteinwald ist ein solcher Kreuzstein, ein zweiter steht im oberen Ortsteil von Oelsen an der Dorfstraße beim Abzweig des Weges nach dem ehemaligen Erbgericht. Dieser Stein, der von der Form her eine gewisse Ähnlichkeit mit Schächers Kreuz aufweist, trägt eine erhabene, schon verwitterte Kreuzfigur, vermutlich Christus am Kreuz darstellend. Wir haben es offenbar mit dem oberen Teil eines Bildstocks oder einer Betsäule und weniger mit einem eigentlichen Kreuzstein zu tun. Der Stein steht auf einem Flurstück, "Pfarrgarten" genannt, wo in vorreformatorischer Zeit eine Kapelle oder Kirche gestanden haben soll 3). Es wäre denkbar, daß der Bildstock damit in einem Zusammenhang gesehen werden kann. Auch das nahegelegene Gericht könnte Einfluß auf die Errichtung von Bildstock oder Betsäule gehabt haben. Das Gericht in Oelsen wird urkundlich bereits 1394 und 1405 genannt 4).

Ein Kreuzstein, dessen frühere Bestimmung völlig im dunklen liegt, befindet sich an der Ottendorfer Kirche. Der Stein ist nicht mehr vollständig erhalten, an der linken Seite wurde die Steinplatte um etwa ein Viertel verkleinert. Der Kreuzstein steht jetzt in Reihe mit einigen Grabsteinen, unterscheidet sich aber augenscheinlich von diesen. Die eingeritzte Zeichnung, ein auf einem Halbkreis stehendes und von einem Ring umschlossenes Kreuz, ist auch aus anderen mittelalterlichen Darstellungen bekannt 5) und wird im vorliegenden Falle dem Einfluß des Deutschritterordens zugeschrieben 6).

Von recht eigenwilliger Form ist ein Kreuzstein in Großröhrsdorf, der an der Dorfstraße in eine Stützmauer einbezogen und von Gras und Gebüsch nahezu überdeckt ist. Dabei hätte dieser Stein eine ständige Pflege und öffentliches Interesse verdient, stellt seine Gestalt doch eine Rarität unter den Flurdenkmälern Sachsens, ja der gesamten DDR dar.

Der aus einer Scheibe auf konischem Fuß bestehende Kreuzstein findet in Westfalen und im südlichen Böhmen eine Wiederholung in ähnlicher Form 7). Die der Straße zugewandte Seite der Steinscheibe ziert ein erhaben ausgearbeitetes, von einem Kreis umgebenes gotisches Kreuz. Man kann dieses Symbol als eine frühe Form der Steinkreuzzeichnungen ansehen. Als Beispiel dafür liegt ein Kreuzstein aus Brackel (Westfalen) vor, der durch seine Inschrift in das Jahr 1335 datiert werden kann 8).

Die erste Erwähnung des Großröhrsdorfer Kreuzsteines bringt Kuhfahl 1916 mit der Bemerkung: "Führt in einer Straßenstützmauer ein ganz unbeachtetes Dasein" 9). Sicher war der versteckte Standort ein Grund dafür, daß dieser in seiner Form so auffällige Stein nicht schon früher genannt wurde. 1956 hat man den eingesunkenen Kreuzstein gehoben und an alter Stelle neu gesetzt. Dabei wurde festgestellt, "daß die Rückseite des schweren Sandsteinmals wider Erwarten nicht behauen war, sondern felsig gebrochen ist und roh keilförmig ausläuft" 10).

Ein in der Form ähnlicher Stein befindet sich in Treffurt bei Eisenach, jedoch ist dort das im Oberteil vorhandene Kreuz vollständig plastisch ausgearbeitet. Man zählt diese Art von Steinkreuzen zu den sogenannten Radkreuzen.

Angebliches Radkreuz am Riesenfuß (Alte Poste). Diese von F.L. Bösigk 1857 veröffentlichte Zeichnung resultiert vermutlich aus einer Verwechslung mit dem Steinkreuz bei Doberzeit.

Nach einer Notiz von Bösigk soll ein solches Radkreuz unweit vom Riesenfuß, "an dem nach der Lohmner Straße führenden Fußweg", gestanden haben; er bringt auch eine Zeichnung davon. Dieses Kreuz ist seitdem verschwunden. Aus dem Text ist ersichtlich, das Bösigk das Kreuz selbst nicht gesehen 11), sondern nach Angaben anderer beschrieben hat und offensichtlich auch die Zeichnung nicht nach eigener Anschauung angefertigt wurde. Es liegt der Verdacht nahe, daß dadurch eine Verwechselung mit dem Doberzeiter Kreuz eingetreten ist und das Radkreuz nie existiert hat 12).

Steinblock mit unvollständig ausgemeißeltem Kreuz, der 1934 in einer Mauer an der Straße zwischen Gersdorf und
Berggießhübel gefunden wurde und heute an dieser Straße, nahe dem Fundort, steht.



Eine Stellung zwischen den Steinkreuzen und Kreuzsteinen nimmt ein Stein ein, der 1934 aus einer Gartenstützmauer an der Straße nach Berggießhübel, nahe der Flurgrenze zwischen Gersdorf und Berggießhübel, geborgen und am Straßenrand, nicht weit vom Jagdstein, aufgestellt wurde 13). Es handelt sich um eine annähernd quadratische Steinplatte, aus der nur unvollständig ein lateinisches Kreuz berausgemeißelt wurde. In Kreuzmitte befindet sich vertieft ein leeres Wappenschild. Man hat den Eindruck, daß die Arbeit an dem Stein nicht zu Ende geführt wurde und das zu erstellende Kreuz weniger für die Aufstellung in freier Flur, sondern zur Einbeziehung in ein Bauwerk gedacht war.

Im Mittelalter unterschied man allem Anschein nach nicht zwischen Steinkreuz und Kreuzstein, in den Urkunden wird stets nur von steinernen Kreuzen gesprochen und damit sowohl das eine als auch das andere bezeichnet.

Sowohl die Steinkreuze unserer Umgebung, als auch die der anderen Gebiete zeigen, was ihre äußere Form und Abmessung betrifft, ein sehr vielfältiges Bild. Kaum ein Kreuz gleicht in Größe und Umriß einem anderen, trotzdem werden bei aller Vielfalt nur zwei Grundformen variiert. Es sind dies das lateinische Kreuz mit parallel verlaufenden Kanten und rechtwinklig angesetzten Armen und das sogenannte Malteserkreuz, dessen Arme, Kopf und Rumpf sich zur Kreuzmitte hin verjüngen.

Neben diesen, für unsere Gegend typischen Formen kommen in anderen Landschaften weitere hinzu. In erster Linie ist beispielsweise das in Thüringen häufig anzutreffende gotische Kreuz zu nennen. Eine andere, dem Kreuzstein verwandte Form stellen die an der Ostseeküste stehenden Stein- oder Mordwangen dar.

Als eine besondere Art der Steinkreuze unseres Gebietes sind die Scheibenkreuze anzusehen, bei denen die Kreuzarme, der Rumpf und der Kopf eines Malteserkreuzes durch eine die Kreuzwinkel ausfüllende Scheibe verbunden sind. Diese Kreuze stehen in einem eng begrenzten Territorium im rechtselbischen Raum zwischen Rathen und Graupa. Am ausgeprägtesten ist die Gestaltung des Scheibenkreuzes am Doberzeiter Kreuz, hier reicht die Scheibe bis fast an die Armenden. Zu den Scheibenkreuzen zählen ferner das Basteikreuz, das Kreuz in Graupa gegenüber der Post und das Steinkreuz in Bonnewitz.

Das Bonnewitzer Kreuz wird derjenige, der nicht genau über den Standort informiert ist, vergeblich suchen, so versteckt steht es in einem Grundstück an der Straße nach Wünschendorf hinter einem Fliederbusch verborgen. Seinen Platz hat das Steinkreuz an dieser Stelle erst seit 1934; den vorherigen beschrieb Hildebrand 1890: "Dieses Kreuz steht auf der von Jessen nach Bonnewitz führenden Strasse, wenig hinter der Kreuzung mit der Bonnewitzer-Liebethaler Strasse. Es ist links in der Böschungsmauer eingesetzt, also nur an der Vorderseite sichtbar" 14). Daher stellte man erst bei der Umsetzung fest, daß es sich um ein Scheibenkreuz handelt.

Eine eigenwillige, dem Scheibenkreuz ähnliche Gestaltung besitzt das Steinkreuz in Tolkewitz. Aus einer Steinscheibe streben die schmalen, nach den Enden zu breiter werdenden Arme, der Kopf und der schlanke Rumpf. Auffallend ist eine runde Aushöhlung am Kreuzfuß. Seine Erhaltung verdankt das Steinkreuz einem Einwohner, der es Mitte des vorigen Jahrhunderts vor der völligen Zerstörung beim Straßenbau rettete und die Bruchstücke in seinem Garten Alttolkewitz Nr. 5 aufbewahrte. 1932 hat man das Steinkreuz wieder zusammengefügt und auf seinen heutigen Platz an der Wehlener Straße gestellt 115). Danach ist es noch mehrmals zerbrochen worden, aber jedesmal konnte es repariert und wieder aufgerichtet werden.

Bei einigen Steinkreuzen ist durch Beschädigung eine abartige, auffällige und meist besonders benannte Form entstanden. So bietet eins der beiden Steinkreuze in Waltersdorf bei Liebstadt das Bild einer schlanken Säule, eines Steinkreuzes ohne Seitenarme. Man bezeichnete diesen Stein als "Kelchstein" und erweckte damit den Eindruck, daß die vorliegende Form die vom Steinmetz gewollte sei. In Wirklichkeit handelt es sich aber um ein ehemaliges Malteserkreuz, dessen beide Arme abgeschlagen worden sind. Die Bruchstellen sind noch deutlich zu erkennen. Die beiden Waltersdorfer Kreuze, die zu den größten im Kreis Pirna zählen, stehen unterhalb vom ehemaligen Erbgericht neben einem in jüngerer Zeit angelegten Teich und wurden erstmalig 1892 durch Eckardt in den "Bergblumen" beschrieben 16).

Ein anderes Steinkreuz, welches im Liebethaler Wäldchen, einem Waldstück zwischen Porschendorf und Mühlsdorf/Liebethal, steht, wird "Antoniuskreuz" bezeichnet. Dem Steinkreuz, einem Malteserkreuz, ist das Kopfteil abgeschlagen worden, die dadurch entstandene Form führte zu diesem Namen. Die Bruchstelle ist aber auch hier noch sichtbar, obgleich die Beschädigung, wie eine Beschreibung von Pastor Seidemann aus dem Jahre 1860 erkennen läßt, schon vor langer Zeit erfolgt sein muß: "Ein anderes (Kreuz), mit eingehauner dreizinkiger hängender Heugabel, steht am Fußwege von Porschendorf noch Mühlsdorf im sogenannten Wäldchen; der Obertheil desselben ist abgeschlagen und fehlt" 17).

In unmittelbarer Nähe dieses Steinkreuzes wurde 1932 ein zweites, kleineres entdeckt und 1933 neu aufgestellt 18), welches aber durch die Beschädigung beider Arme einen recht kümmerlichen Anblick bietet.

Die häufigsten Verstümmelungen von Steinkreuzen sind dadurch eingetreten, daß ihnen ein Kreuzarm abgeschlagen wurde. Solche einarmigen Kreuze stehen z.B. in Pfaffendorf, in Hertigswalde bei Sebnitz, in Pirna am Feistenberg und in der Liebstädter Steinkreuzgruppe.

Allgemein ist bei vielen Steinkreuzen unserer Umgebung eine deutliche Asymmetrie festzustellen, die nicht durch Verwitterung oder Beschädigung der Steine entstanden ist, sondern von Anbeginn an vorgelegen haben muß. Diese Asymmetrie zeigt sich auf mehrfache Weise. Am häufigsten, wenn auch nicht so auffallend, liegt eine von der einen zur anderen Seite abnehmende Stärke des Steinkreuzes vor. Die Differenz beträgt im allgemeinen nur wenige Zentimeter, sie ist besonders groß am Altstädter Kreuz mit 9 sowie am Kreuz oberhalb der Kirche in Bad Gottleuba mit 7 Zentimetern. Ebenfalls nicht ohne weiteres erkennbar ist eine Wölbung, die im Querschnitt einiger Steinkreuze auftritt, so beispielsweise beim Steinkreuz im Borsbergwald und bei einem der Breitenauer Kreuze. Offensichtlich sind die Steinblöcke, aus denen die Kreuze gefertigt wurden, nicht ganz plan gewesen, und man hat diese Unebenheit bei der Ausarbeitung des Kreuzes nicht korrigiert.

Bei einer Reihe von Steinkreuzen äußert sich ein merkliches Abweichen vom Ebenmaß in unterschiedlicher Form und Größe der beiden Kreuzarme, von solchen Fällen abgesehen, wo der Unterschied durch Beschädigung eingetreten sein kann.
All das zeigt, daß mit den Steinkreuzen unserer Heimat keine künstlerisch anspruchsvollen Stücke angestrebt wurden, sondern die Kreuze einfache Handwerksarbeit darstellen. Die Ausarbeitung einer erkennbaren Kreuzform genügte wahrscheinlich den Anforderungen, ein erhöhter Aufwand zum Erreichen eines völligen Ebenmaßes war nicht erforderlich.

Es sollte aus den Sühnevergleichen des Mittelalters eine Auskunft darüber zu erwarten sein, welche Vorstellungen damals über das Äußere der geforderten Steinkreuze bestanden und welche Auflagen dem Täter hinsichtlich Form und Größe der Kreuze erteilt wurden. Eine Sichtung der vorliegenden Urkunden jedoch zeigt, daß nur ein Bruchteil von ihnen derartige Angaben enthält. Das mag daran liegen, daß sich ein landesübliches Maß herausgebildet hatte, dessen es in den Urteilen keiner Erwähnung bedurfte. Solches ist aus einer Urkunde von 1523 erkennbar, wo es heißt: "soll ein staine Kreuz lassen setzen, die hohe und groß, nach altem herkommen .. ," 19).

In der Hauptsache wurden die Steinkreuze 5 bis 7 Schuh hoch gefordert 20). Diese Kreuze waren umgerechnet 140 bis knapp 200 Zentimeter hoch und lagen damit erheblich über dem Bereich der bei uns üblichen Maße. Für die im Kreis Pirna stehenden Steinkreuze ergibt sich beispielsweise als durchschnittliche Größe 98 Zentimeter; die größten sind das an der Zehistaer Straße in Pirna stehende mit 160cm und die von Waltersdorf mit 153 und 133cm. Zu den kleinsten zählen ein Liebstädter Kreuz mit 53cm und zwei aus der Gruppe in Großcotta mit 56 bzw. 59cm Höhe 21).

Auffallend ist, daß in den Sühneverträgen bestimmter Regionen solche Größenangaben überhaupt nicht vorkommen, dazu gehören z.B. alle aus dem Raum Dresden / Pirna / Königstein bekannten, als auch die von Frauenstädt aus Breslau und Umgebung veröffentlichten Urkunden.

Über die Form der Kreuze wurden generell keine Festlegungen getroffen, so daß diese wahrscheinlich im Ermessen des Steinmetzes lag und wohl auch von dessen Fertigkeiten abhing.

Nicht alle Kreuze, die als Seelgeräte gestiftet und aufgestellt wurden, sind aus Stein gefertigt worden. Zwar bestehen die auf unsere Zeit überkommenen Male fast durchweg aus dem in der Nähe anstehenden Steinmaterial, aber aus Sühneurkunden ist ersichtlich, daß, wenngleich sehr selten, auch hölzerne Kreuze zum Seelenheil der Toten gesetzt wurden 22). Ob es sich um ein solches beim sogenannten "Schwarzen Kreuz", einem ehemaligen Holzkreuz in der Dresdner Heide, gehandelt hat, ist gegenwärtig nicht zu beantworten. Die Stelle, an der das Kreuz stand, ist auf Oeders Karte mit "drebisch Creutze" bezeichnet worden, eine Karte von 1783 23) nennt es das "Schwarze Kreutz". Von Th. Seelig wurde Ende vorigen Jahrhunderts die Vermutung ausgesprochen, daß dieses Holzkreuz aus Waldzeichen oder Wegemarkierungen entstanden sei 24).

1) W. Saal: Zur Entwicklungsgeschichte der mitteldeutschen Steinkreuze. In: Forschungen und Fortschritte, 1967, Heft 5, S.140-143
2) Müller / Quietzsch 1977, Inventar-Nr. 5, 6, 114, 118, 154 und 155
3) Vergl. Leipold/Löffler 1933. S.25
4) A. Meiche 1927, S.204
5) W. Saal 1967, S.142
6) "Werte der deutschen Heimat". Bd. 4 (Um Gottleuba, Berggießhübel und Liebstadt), Berlin 1961, S.27
7) Nach Brockpähler ist diese Art von Kreuzsteinen eine in Westfalen verbreitete Form (W. Brockpähler 1963, S.11), beispielsweise ähnelt ein Kreuzstein in Minden in auffallender Weise dem von Großröhrsdorf
8) W. Brockpähler 1963, S.62
9) G.A. Kuhfahl: Die alten Steinkreuze im Königreich Sachsen. In: Mitt. d. Landes­vereins Sachs. Heimatschutz, Bd. V, 1916, Heft 1, S.27. Von Kuhfahl wie auch von anderen wird der Stein als Steinkreuz bezeichnet, obwohl er nicht die Form eines Kreuzes aufweist.
10) S. Lange: Praktische Denkmalpflege. In: Kulturvorschau Pirna, 1956, Heft 7, S. 7
11) F.L. Bösigk 1857, S. 42: „Ein griechisches mit einem Steinkranz umgebenes Kreuz, von dem ich aber nicht weiß, ob dasselbe eine Jahreszahl oder sonst etwas enthält".
12) G.A. Kuhfahl 1928, S. 227
13) Vergl. R. Kutsche: Neufunde und Aufstellungen von Steinkreuzen im Kreise Pirna. In: Die Fundpflege, Mitt. z. Vorzeit Sachsens, 1935, Heft 5, S.34; ebenso G. Müller 1964 (Anmerkung 14), S.287
14) E.W. Hildebrand: Das Kreuz bei Bonne­witz. In: Bergblumen, 1890, Nr. 5, S. 35
15) G.A. Kuhfahl: Ein altes Steinkreuz in Dresden wieder aufgestellt. In: Mitt. d. Landesvereins Sachs. Heimatschutz, Bd. XXI, 1932, Heft 7/12. S.275 (mit Foto); Dergl.: Nachtrag 1936, S.4
16) M. Eckardt 1892, S.35 und 38
17) K. Seidemann: Überlieferungen zur Geschichte von Eschdorf, Dittersbach und Umgebung. Dresden 1860, S.207
18) Vergl. R. Kutsche 1935, S.34
19) H. Köber 1960 (Anmerkung 115), S.13-14
20) So mußte 1473 der Täter "ein steinern crutze syben schuwe über der erden hoch" setzen. Siehe A. Meiche 1919 (Anmerkung 11), S.192
21) Nach den Angaben bei Müller/Quietzsch 1977, S.271-343
22) Sühneurkunde aus Breslau von 1451: "und sullen eyn hulczynne Crucze lassen setzen uff den Sweidnitschen Anger an der stat, do der Totslag gescheen ist" (P. Frauenstädt 1881, Urkundenteil)
23) "PLAN VON DER SITUATION RINGSUM DIE CHURFÜRSTLICH SAECHSISCHE RE­SIDENZ STADT DRESDEN", aufgenommen 1780-1783 (im Stadtmuseum Pirna)
24) F. Theile: Das schwarze Kreuz in der Dresdner Heide. In: ÜBuT, Bd. 2, 1884, S.224

(Torke, Horst - Alte Steinkreuze zwischen Dresden, Pirna und Sächsischer Schweiz, 1983)

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Steinkreuze am Wege
von Dr. B. Rudau

Manch ein Heimatfreund ist schon einmal bei seinen Wanderungen alten Steinkreuzen an Wegen und Feldrainen, auf Anhöhen, im Schatten einer Eiche, am Waldrand begegnet. Stumm und ernst, altersgrau, verwittert und angeschlagen stehen sie als Zeugen vergangener Zeiten. Steinkreuze finden sich über ganz Europa verstreut, auf den britischen Inseln, in Schweden, in Norwegen bis hinab nach Italien. Ihre Zahl wird weit über 3000 angegeben, Allein im ehemaligen Land Sachsen sind heute rund 400 Steinkreuze bekannt; weitere 1700 sind dem Verkehr, der Flurbereinigung, der Anlage von Wegen und Straßen u.a.m, oder dem Unverstand zum Opfer gefallen. Wie viele mögen im Laufe der Jahrhunderte von vorüberfahrenden Wagen umgebrochen oder umgeworfen und von Erdreich bedeckt worden sein! Hie und da deuten noch alte Flurnamen, wie "Kreuzacker", "Kreuzwiese", "beim Kreuzstein" usw. auf den einstigen Standort eines steinernen Kreuzes hin.

I. Sinn und Zweck der Steine

Die weite Verbreitung der Steinkreuze hebt diese Zeugen alter Zeit gewiß auf die Stufe jener geschichtlichen Denkmäler, die einer Erörterung wert sind, und es hat sich daher seit Jahrzehnten die Heimatforschung mit den Fragen beschäftigt: Wann wurden die Steinkreuze gesetzt, zu welchem Zweck und von wem?
Die unübersehbare Steinkreuzliteratur unterscheidet hinsichtlich der Zweckbestimmung verschiedene Hypothesen. Die Grenzsteintheorie wird u.a. durch Trauer und Heibig vertreten. Im Jahre 1891 hat Trauer versucht, den Nachweis zu erbringen, daß die von ihm aufgeführten 40 vogtländischen Kreuze als Grenzmarken des Kirchensprengels von Plauen aus dem Jahre 1122 anzusprechen seien. Er übersah dabei, daß die von ihm genannten Steinkreuze nach Form, Größe, Verwitterungsgrad und Gesteinssorte grundverschieden aussehen und in dieser Buntscheckigkeit doch wohl kaum als Einheitszeichen einer Grenzmarkierung gelten konnten. Gegen Trauer sprechen auch folgende Überlegungen: Was bedeuten die Bilder von Axt, Schwert, Dolch an kirchlichen Zeichen? Weshalb waren über 18 Grenzkreuze inmitten der Stadt Oelsnitz angehäuft? Trauer wußte nicht, daß um Eger noch Hunderte von Steinkreuzen in wahlloser Anordnung gefunden werden würden. Eine solche Grenzzeichentheorie widerlegte sich also mit der wachsenden Zahl nachbarlicher Entdeckungen bald von selbst, und Trauer hat sich wohl bei Lebzeiten von der Haltlosigkeit seiner Deutung überzeugt.
Helbig (1906) hat den Deutungsversuch gemacht, die Steinkreuze als Grenzzeichen kirchlicher Hoheitsgebiete (Bistumsgrenzen) hinzustellen. Er erkannte nicht, daß die auf seinen "Grenzkreuzen" sichtbaren, sehr weltlichen Zeichen (Dolche, Hufeisen, Pflugreute, Schere, Elle und dergl.) mit einer kirchlichen Bestimmung schwer in Einklang zu bringen sind. Auch hat sich im ehemaligen Land Sachsen an keiner Stelle ein Anhalt dafür ergeben, daß mehrere benachbarte Steinkreuze planmäßig in gleicher Gestalt geformt oder wenigstens mit denselben Einzeichnungen (Buchstaben, Wappen usw.) versehen sind, um durch ihr übereinstimmendes Äußeres zur Kennzeichnung von kirchlichen Grenzlinien zu dienen. Im Gegenteil, kaum ein Stein gleicht dem ändern. Die Gedächtniskreuztheorie und die Wallfahrerzeichentheorie - beide mögen der Vollständigkeit wegen hier nur erwähnt werden - lassen sich für keines der vogtländischen Kreuze urkundlich nachweisen. Die einzige wissenschaftlich erhärtete Steinkreuztheorie ist die Sühnekreuztheorie, die zuerst von Wilhelm (1906) aufgestellt wurde. Sie besagt, daß ein großer Teil der Steinkreuze "Mord- oder Sühnekreuze" sind, die im Mitteialter in ähnlicher Weise, wie heutzutage die "Marteln" der Alpentäler, zum Gedächtnis an das schnelle, oft gewaltsame Ende eines Menschen gesetzt wurden.
Noch im späteren Mittelalter betrachtete man Mord und Totschlag als eine Privatsache der Beteiligten, in die sich die öffentliche Gewalt nur einmischte, wenn von einer der beiden Parteien darum ersucht wurde. Das mittelalterliche Volksempfinden und Strafrecht hatten einen anderen Begriff vom Leben des Menschen. Während auf Diebstahl, Brandstiftung und Geldfälschung der Tod, d.h. der Galgen stand, galt das Leben nicht so viel wie das Eigentum. Selbst der "todschlag in bedachtem muthe" konnte abgegolten werden. Die Tötung, d.h. die Störung des Friedens, konnte der Täter dem Landesherrn oder der Stadt gegenüber mit Geld oder anderem Wert und gegenüber der Familie des Toten mit dem "Wergeid" (Köber, 1960) sühnen. Die Buße, das Wergeld (vom althochdeutschen wer = Mann) entsprach der damaligen deutschen Rechtsgewohnheit, und bei der Erstellung eines "Sühnekreuzes" war die Wiedergutmachung meist mit eingeschlossen. Es gab eine im altdeutschen Recht enthaltene, durchaus beglaubigte und auch dokumentarisch sichergestellte Bestimmung, wonach der eines vorsätzlichen Totschlages Bezichtigte sich von den schweren Folgen einer Untat dadurch befreien konnte, daß er neben der Entrichtung eines Blut-(Wer-) Geldes an die Hinterbliebenen und den Landesherrn sowie der Verrichtung einer entsprechenden kirchlichen Buße, ein dauerhaftes Gedenkzeichen für den von ihm Gemordeten zu errichten hatte.
Erst nach dem 13. Jahrhundert begann man den Totschlag als öffentliches Vergehen zu betrachten, und vom 16. Jahrhundert an übernahm der Staat die Verfolgung des Mörders von Amtswegen und verlangte nun von ihm außer dem Wergeld auch eine Buße wegen der Verletzung des Landfriedens. Der Brauch, ein Steinkreuz zu setzen, hörte mit Einführung der Reformation und der größeren Machtentfaltung der weltlichen Gerichtsbarkeit im 16. Jahrhundert allmählich auf. Daher stammen die meisten Steinkreuze aus der Zeit zwischen 1300 und 1600.
Daß die Sühnetheorie für Ursprung und Zweck der meisten Kreuze durchaus berechtigt ist, wird auch durch eine große Anzahl urkundlicher Nachweise aus dem Mittelalter untermauert. Zahlreiche Urkunden lassen erkennen, daß "steyne Cruce" auch wirklich gesetzt worden sind. Bürgen wurden für die Einhaltung der in den Sühneverträgen eingegangenen Verpflichtungen gestellt. Weitere Beweisgründe für den Sühnegedanken brachten Meiches (1919) umfangreiche archivalische Studien über Sühneurkunden, Sühneverträge, Gerichtsurteile weltlicher und geistlicher Stühle, Bußverträge und Wahrsprüche für den damaligen sächsischen Bereich. Zusammenfassend sagt Kuhfahl (1924): "Wenn der Sühnegedanke wohl auch nicht der Ursprung und der alleinige Zweck der gesamten Steinkreuzsitte gewesen ist, so dürfte er doch fast ein halbes Jahrtausend lang und bis zum Ausgang der Sache am Anfang des 18. Jahrhundert den Hauptgrund für die Errichtung der überwiegenden Mehrzahl abgegeben haben."

II. Form und Stoffe der Kreuze

Die Form der Steinkreuze ist recht verschieden, keines gleicht dem anderen. Die einfachste Form ist das lateinische Kreuz mit rechtwinklig gekreuzten Balken und langem Unterteil. Als Werkstück hat ohne Ausnahme ein einheitlicher, großer Steinblock (Monolith) gedient, wobei in den meisten Fällen das Kreuz in Stein gehauen worden ist. Die Verwitterung und zerstörende Menschenhand haben vielfach die Einzelformen und deren Unterschiede verwischt.
Was den Stoff anbetrifft, so sind die erhalten gebliebenen obervogtländischen Steinkreuze meist aus Granit, seltener aus Sandstein und in einem Falle aus Quarzitschiefer. Nur wenige vogtländische Kreuze sind mit Zeichnungen von allerhand Kriegs- und Jagdwaffen oder von bäuerlichem Gerät, seltener mit Zahlen versehen. Da es sich bei diesen schlichten Zeichnungen nicht um modellgerechte Darstellungen, sondern immer nur um zeitlose Charakterbilder handelt, die von einfachen Handwerkern aus dem Gedächtnis geschaffen wurden, so fehlen daran auch alle einzelnen Erkennungszeichen ihrer Entstehungsjahre. Darum ist und bleibt das sicherste und in den weitaus meisten Fällen einzig zuverlässige Mittel, den Charakter und die Entstehungszeit eines alten Steinkreuzes festzustellen, die Urkunde. Sie kann nicht in allen Fällen beigebracht werden, weil sie, wenn schon vorhanden gewesen, bereits der Vernichtung anheimgefallen sein kann oder auch nicht aufgefunden worden ist.

III. Die Steinkreuze und ihre Sagen

Um die altersgrauen Kreuze, die in früheren Zeiten noch viel zahlreicher und namentlich der Bevölkerung auf dem Lande bekannt und vertraut waren, schlingt sich ein ganzer Kranz von Sagen. Sie sind für den örtlichen Sagenforscher wertvoll, für die Steinkreuzforschung aber unerheblich, Durch Urkunden sind wir über die Entstehung der Steinkreuze im allgemeinen genügend unterrichtet, und die Einzelfälle werden durch die im Umlaufe befindlichen Sagen nicht genauer erläutert. Gewiß steckt in der Sage ein Körnchen Wahrheit, aber sie enthält erst dann einen geschichtlichen Wert, wenn ihr Inhalt durch eine Urkunde oder sonst einen unanzweifelbaren Beweis ihre wesentlichste Stütze erhält. Die häufigste Form der Sage erzählt von einem Streit zweier Personen, die sich um einen Gegenstand von geringem Werte totschlagen. Durch die Wiederholung derselben wenigen Grundgedanken in durchsichtigen, durch Ort und Gegenstand bedingten Abwandlungen ist der lose Zusammenhang zwischen Denkmal und Sage zur Genüge bewiesen und damit auch ihr geringer Wert für die Erforschung der Steinkreuze. Aus den an die Steine sich knüpfenden Sagen auf ihren Zweck und etwa auf das Alter schließen zu wollen, erscheint mir nur wenig zuverlässig. Interessant ist die Tatsache, daß dasselbe Sagenmotiv bei mehreren, oft weit von einander entfernt stehenden Kreuzen wiederkehrt. - Ebenso wie die gleiche oder ähnlich lautende Sage in weit von einander entfernt liegenden Gegenden sich wiederholt, so finden sich auch dieselben Zeichen auf Steinkreuzen weit verbreitet. So ist - um nur ein Beispiel zu erwähnen - das Bild einer Pflugreute nicht nur im Vogtland, sondern auch in Neuberg bei Asch (CSSR), bei Weilheim in Bayern (mit der Jahreszahl 1449), in der Oberpfalz, in Mittelfranken, bei Nürnberg, bei Hannover u.a.O. anzutreffen.

IV. Die Steinkreuze des oberen Vogtlandes

Eine Bestandsaufnahme der Steinkreuze im oberen Vogtlande ergab für die Kreise Oelsnitz und Klingenthal folgendes Bild:

1.) Gopplasgrün
Das Steinkreuz in Gopplasgrün (nördlicher Ortsteil von Erlbach) liegt östlich der nach Erlbach führenden Straße am Bachufer, wo ein Fußsteig den Bach überquert. Es ist aus Granit und 70:82:18cm groß. Köhler (1867) berichtet in seinen "Sagen und Überlieferungen" von zwei Steinkreuzen "... das eine steht zwischen Gopplasgrün und Erlbach und das andere in Erlbach selbst am Gottesacker. Diese zwei Kreuze stammen aus der Zeit des 30-jährigen Krieges. Als nämlich zwei Dragoner damals miteinander ins Handgemenge gekommen waren, hatten sie einander tödlich verwundet, und es starb der eine von ihnen an der Stelle des einen, der andere an der des zweiten Kreuzes. Diese Begebenheit soll in den Schriften des Schloßarchivs zu Erlbach untern Theils urkundlich niedergelegt sein" (S. 597). Kantor Rudolf Herold, Erlbach, hat ein Gedicht über die Sage von dem Gopplasgrüner Kreuz vertont.
Der beim Erlbacher Friedhof erwähnte Stein soll nach Apitzsch (1941) bereits 1900 verschwunden sein. Dieser Autor vermutet beide Steinkreuze als die letzten Überreste der mittelalterlichen Flurbereinigung, so daß beide Steine versetzt und jetzt nicht ihren ursprünglichen Standort gehabt haben. Überhaupt knüpft sich ein ganzer Kranz verschiedenartigster Sagen um die örtliche Lage des Gopplasgrüner Kreuzes, das im Volksmunde auch die "Marter" heißt.

2.) Hohendorf
Das gut erhaltene Steinkreuz bei Hohendorf zwischen Bad Brambach und Bärendorf steht 150m oberhalb des Ortes an der Weggabelung nach den Deckerhäusern und dem "Kirchsteig" in Richtung Schönberg. Es steht auf der Grenze des Flurstücks 260 gegen Flurstück 337. Das Kreuz besteht aus Granit, hat lateinische Form und ist am Kopf und an den Armen etwas abgerundet. Seine Maße sind 115:105:24cm. Unter der Ritzzeichnung, die als Pflugreute, d.i. ein Gerät zum Entfernen der Erde von der hölzernen Pflugschar, gedeutet wird, findet sich eine trichterförmige Vertiefung (Meiche, 1903, S.920).
Über die Sage hat Pfarrer Suppius (1775 bis 1818) in Schönberg folgende Eintragung ins Kirchenbuch gemacht: "Nicht weit von Hohendorf steht ein steinern Kreuz, auf welchem die Figur eines Reids, ein Instrument, dessen man sich bei dem Pfluge bedienet, noch deutlich zu sehen ist. Diese alte fast einstimmige Sage davon ist diese: Ein Bauer ackert mit seinem Sohn an diesem Orte des Sonntags, worüber ihm der Sohn gerechte Vorwürfe macht, der Vater erzürnt sich hierüber so heftig, daß er mit gedachtem Reidt den Sohn todt schlägt. Wie lange es sey, daß solches geschehen, habe ohngeachtet alles Nachforschens nicht herausbringen können, so viel aber doch aus den Sagen alter Leute gemerkt, daß es nun schon seit über 200 Jahre seyn müsse."
Bei der Verkartung der geschichtlich wertvollen Kirchenbücher von Brambach fand sich folgende Eintragung (Sterberegister 1612, Nr 20, S.22): "NB ist begraben worden ein Jung (welcher beym Frantz Fischer gedienet) von niederreuth, welcher auf der fron mitt einer Pflugreuth von einem Knecht geworffen worden, das er als bald vom gaul gefallen und gestorbenn." (Beschaulich daheim, 1936, Nr.52).
Das ist die geschichtliche Begebenheit; das Kreuz ist also über 350 Jahre alt. Josef Jobst hat die Sage in dem Gedicht "Der Todtschlag" poetisch bearbeitet.

3.) Lauterbach (südwestlicher Ortsteil von Oelsnitz)
Die Ansicht, daß das "uralte" Steinkreuz an der Straßengabelung nach Hof oberhalb des Ortes dem Platze, an dem es heute steht, den Namen gegeben hat, ist falsch. Der Name "Hohes Kreuz" bestand an der schönen Aussichtsstelle schon lange, bevor noch ein Steinkreuz vorhanden war. Als im Jahre 1817 die Landstraße durch Lauterbach gebaut wurde, ließ der Straßenmeister das jetzige Kreuz errichten; "weil der Ort so heiße", meinte er, "müsse auch ein Kreuz dort stehen" (Köhler, 1867). Man nahm es von der Straße bei Oberlosa - dort standen zwei - weg, wo es bis 1817 gestanden hatte. Dieser Anlaß zur willkürlichen Versetzung eines Kreuzes fand in Sachsen sicherlich nicht zum zweiten Mal statt.
Das Steinkreuz, aus Granit bestehend, ist 82:114:25cm.

4.) Marieney
Das Steinkreuz steht nordwestlich von Marieney an der Straße nach Oberwürschnitz, unweit der Haart-Mühle dort, wo ein Mühlgraben des Marieneyer Tales in das Würschnitztal mündet. Lange Zeit war der Stein umgefallen und drohte zu versinken. Im Jahre 1965 wurde er auf Veranlassung des Schulleiters Thomae von den Marieneyer Pionieren neben der Straßenbrücke über den Mühlgraben wieder aufgerichtet.
Das lateinische Kreuz ist aus Granit, 73:68:17cm groß, Kopf und Arme sind abgerundet. Von dem Steinkreuz geht die Sage, es sei einst an der Stelle ein Selnitzer Geistlicher auf seinem Gange zur Marieneyer Kirche ermordet worden (Köhler, 1867, S.597). E. Trauer (Chronik des Dorfes Marieney, 1903) nimmt an, daß das "Mordkreuz" vor 1416 errichtet sein müßte.

5.) Oberbrambach
Dicht an der Fernverkehrsstraße 92 auf der Oberbrambacher Höhe mit großartiger Fernsicht steht ein granitenes Steinkreuz, 115:90:28cm groß, das lange Zeit vergraben war, bis es ein Heimatfreund des Brambacher Gebirgsvereins nach langem Suchen fand und für seine Aufstellung sorgte.
Die Sage erzählt, daß hier ein junges Mädchen, das mit einem Burschen eine Wette eingegangen war, von den Tragbändern des Sackes erwürgt worden ist, als es einen Mehlsack von der Brambacher Mühle nach der Oberbrambacher Höhe trug (Köhler, 1867). Von J. Jobst kennen wir eine metrische Bearbeitung dieser Sage. Nach Rödiger (1847) und Grässe (1855) dagegen soll ein Herr von Schirding einen Kaplan von Brambach erstochen haben. Nach E. Wild (1925) "wurde 1542 ein fremder Kaufmann mit seiner Tochter auf der Höhe bei Bambach ermordet. Nach Jahren erst fand die Untat ihre Sühne. Dabei wurde jedenfalls auch das noch dort rechts der Straße stehende Steinkreuz gesetzt. Die Setzung solcher Mord- und Sühnekreuze war vielfach ein Teil der verhängten Buße. Mehrmals zwischen 1500 und 1547 wurden Egerer Kaufleute im Vogtlande umgebracht".
Das Brambacher Totenregister vom Jahre 1728 berichtet vom Tode der Anna Barbara Heinrich am Oberbrambacher Kreuz. Also stand damals das Kreuz schon, als sich der Vorfall ereignete, den uns die Sage berichtet. Das Steinkreuz muß demnach aus einem anderen Anlaß errichtet worden sein (Stübiger, E., 1936).
Im Herbst 1967 wurde das Steinkreuz bei Straßenarbeiten von der Planierungsraupe einer Baufirma umgestoßen. Brambacher Heimatfreunde stellten im September 1968 nach Anfertigung eines neuen Fundaments den Stein wieder auf und eine neue gärtnerische Anlage mit einer Ruhebank ladet den Wanderer zum längeren Verweilen auf der "Oberbrambacher Höhe" ein (H. Stübiger, 1969).

6.) Oelsnitz i.V.
Völkel (1895) hatte innerhalb der Stadt Oelsnitz 16 Steinkreuze nachgewiesen, die aber nach dem großen Brande im Jahre 1859 beim Neuaufbau der Stadt außerhalb der engen Gassen, Wallgraben und Stadtmauern alle bis auf zwei verschwunden sind. Es war ein Verdienst Völkeis, diese beiden letzten noch vorhandenen Oelsnitzer Steinkreuze gerettet zu haben und dafür zu sorgen, daß sie an der Jakobikirche in einer Mauernische hinter einem alten schmiedeeisernen Gitter aufgestellt wurden (Apitzsch, 1936). Das eine dieser Steinkreuze - von Völkel als Nummer 4 bezeichnet - stand einst gegenüber dem oberen Tor, "zwischen den Häusern Kluge und Schanz, hinter dem Prellstein rechts am Bottich". Der ursprüngliche Platz des zweiten Steins - bei Völkel Nr. 15 - stand anfangs "am schmalen Fahrweg, der in das Hallersche Grundstück neben dem Gerbersbache führte und später nicht mehr am Gerbersbache, sondern von diesem etwas entfernt am Wohnhause des Gerbers Haller". Als die Kirche die Gitter, hinter der die Steinkreuze standen, entfernte, lagen die Steine zerstreut und umgefallen umher. Da außerdem die Ecke, in der die Steinkreuze lagen, sehr dunkel war, wurde sie als Abort benutzt. Das veranlaßte Museumsleiter G. Windisch in Oelsnitz, einen anderen Standort zu wählen. Die beiden Steine, die zunächst Aufstellung am ehemaligen Heimatmuseum am Karl-Marx-Platz gefunden hatten, wurden im Herbst 1968 ins neue Heimatmuseum auf Schloß Voigtsberg überführt, wo sie neben einem alten Taufstein aus dem 13. Jahrhundert einen würdigen Platz erhalten haben. Auch das alte Gitter übernahm das neue Heimatmuseum.
Das bei Völkel unter Nr. 4 "am Bottiche" aufgeführte Steinkreuz ist 85x80x25cm groß. Das andere "bei Gerber Haller" ist beschädigt; es fehlt das vierte Ende, so daß sich die Höhe nicht bestimmen läßt. Seine Maße sind (50)x70x18cm. - Beide Steinkreuze sind aus Granit.

7.) Posseck
Das größte vogtländischeSteinkreuz steht mitten im Dorfe Posseck. Es ist 165cm hoch, 105cm breit und 26cm tief, besteht aus Sandstein und trägt die Jahreszahl 1779. Es wird erzählt daß hier ein schwedischer Oberst im 30-jährigen Krieg den Tod gefunden haben soll und hier begraben worden ist. Mit voller Sicherheit kann aber gesagt werden, daß Steinkreuze nicht Grabsteine sind, unter denen Gebeine modern. Bisher ist noch kein derartiger Fall bekannt.

8.) Raasdorf
Kuhfahl (1926) führt ein Steinkreuz bei Raasdorf am Wege nach Arnoldsgrün 1,5km östlich des Dorfes an und gibt für den granitenen Stein die Größen 103:40:25cm an (Abb.bei Kuhfahl Nr. 123). Auch Apitzsch (1941) zählt ihn bei seinen 31 erhaltenen vogtländischen Steinkreuzen auf.
Meine Erkundigungen ergaben folgendes Bild: Das Steinkreuz steht im Waldflurstück Nr. 749 (ehemaliger Besitzer Walter Viehweg, Tirschendorf Nr. 42b, jetzt die LPG Vogtlandperle Tirschendorf) auf dem Territorium der Gemeinde Tirschendorf unmittelbar an der Straße Raasdorf - Arnoldsgrün, unweit der Abzweigung eines Feldweges zur Holzmühle. Seitenarme und besonders das Kopfstück sind abgerundet.
"Aus bisherigen Unterhaltungen und Gesprächen ist bekannt, daß es sich um eine Grabstelle eines französischen Artilleristen oder um die Grabstelle eines französischen Generals handeln soll" (Mitteilung des Rates der Gemeinde Tirschendorf). In den bereits aufgeführten Sagenbüchern findet sich über das Raasdorfer Steinkreuz keine Notiz. Lediglich Kuhfahl (1928) weiß von allerhand Gespenstergeschichten und von einem "geheimnisvollen Licht" am Kreuze zu berichten.
Herr Vieweg hat den Platz um das Kreuz hergerichtet, so daß es frei sichtbar steht.

9.) Schöneck (Kreis Klingenthal)
Das südlich von Schöneck gelegene Steinkreuz ist unter dem Namen "Pferdekopf" ("Pferkopf") bekannt. Es liegt in dem Wegwinkel zwischen der nach Eschenbach weiter führenden Straße und einem zum sogenannten "Kroatenloch" gehenden Feldwege. Der rechte Arm des Steins ist abgebrochen und der nach links weisende abgerundete Arm hat etwas Ähnlichkeit mit einem Kopfe eines Rosses. Dieses verstümmelte Kreuz bei den Bockmühlen ist aus heimischen Quarzitschiefer und ist auch kleiner als die übrigen vogtländischen Kreuze: 60:38:9cm. Schief geneigt, hockt es am Wegrand im Brombeergesträuch. Graue, kreisrunde Flechtenflecke überziehen es.
Günther (1934) erzählt in seinem vogtländischen Sagenschatz in Zusammenhang mit dem "Kroatenloch" über das Steinkreuz: "Einer der Kroaten hatte die Bockmühle geplündert. Die Bauern erwischten ihn und schlugen ihn tot. Damit niemand etwas erfahren sollte, vergrub man Reiter und Pferd und setzte einen Stein darauf, die die Form eines Pferdekopfes hatte. Es war ein alter Kreuzstein, dessen einer Arm abgebrochen war. Nach ihm ist der 'Pferdekopfweg' genannt worden."

10.) Taltitz
Südlich vor dem Dorfe, an der Friedenseiche (1871), und an der Straße nach Oelsnitz findet sich ein Steinkreuz aus Granit, daß 45:49:28cm groß ist. 1928 noch durch einen engen Holzzaun und wucherndes Gestrüpp den Blicken völlig entzogen, steht jetzt das kleine Steinkreuz frei vor der Eiche.

11.) Unterwürschnitz
Das östlich des Kirchhofes an der Kirchhofsmauer unter einer Baumgruppe stehende, gut erhaltene granitene Steinkreuz ist 108:76:27cm groß und trägt auf der einen Seite die vertieften Umrisse eines, einem Reitersäbel ähnlichen Schwertes. Das Zeichen ist 0,99m groß.
Nach Rink (1937) soll unter dem Kreuz General Holk, der sich während des 30-jährigen Krieges in Adorf i.V. die Pest geholt hatte und bald daran starb, hier begraben sein. - Köhler (1867) dagegen weiß von einem Gefecht am sogen. Husarenberg bei Unterwürschnitz zu berichten, wobei nur ein sächsischer Husar übrig blieb und diesem wurde das Kreuz gesetzt. Bei dieser Gelegenheit macht Köhler folgende Anmerkung: "Es ist bemerkenswerth, daß die meisten Steinkreuze in der Nähe der Kirchen und Kirchhöfe stehen; sie mögen also wol zum Theil eine andere ursprüngliche Bedeutung haben, als die Sage angibt."
In diesem Zusammenhang schreibt Kuhfahl (1928) bezüglich der Aufstellung der Steinkreuze: "Es sei darauf hingewiesen, daß sich die Standorte weder besonders an kirchliche oder profane Baulichkeiten anlehnen, daß sie ebensowenig dem Verkehr in überwiegender Weise nachgegangen sind wie ihn gemieden haben, noch sonst irgendwelche Vorliebe für bestimmte nachbarliche Beziehungen erkennen lassen. Nur in der allgemeinen Verteilung der Fundorte ist mir bei jahrzehntelangen Nachforschungen der Umstand aufgefallen, der sonst noch nicht literarisch betont wurde, wiewohl er auch bei aufmerksamer Betrachtung der Karte oder Durchsicht der Bestandsverzeichnisse zu bemerken wäre. In der einzelnen Landgemeinde steht nämlich meist nur e i n Steinkreuz."

V. Verschwundene Steinkreuze

Während die Steinkreuze bis ins 19. Jahrhundert hinein durch den Aberglauben ängstlich vor dem Untergang bewahrt worden sind, nahm man dann im Zeitalter des Straßen- und Eisenbahnbaues sowie beim Bau neuer Häuser keine Rücksicht mehr auf sie. Hatte es Jahrhunderte hindurch niemand gewagt, diese Steine anzurühren, weil sie der Volksmund fast überall mit geheimnisvollem Zauber, ja nicht selten mit Gerüchten über unheimliche Dinge urnwob, verflüchtigte sich jede Achtung vor diesen alten Zeugen der Vergangenheit; andererseits wußte man ihren kulturellen Wert vielfach nicht zu schätzen. So sind denn in einer beträchtlichen Zahl von Fällen solche Steinkreuze bei Häuserbauten bedauerlicherweise mit vermauert worden, schon weil sie bei ihrer Größe nach Ansicht von Bauausführenden geeignet waren, eine ansehnliche Lücke im Mauerwerk auszufüllen. Im besonderen Maße scheint dies in und um Oelsnitz zuzutreffen, wo man noch im vorigen Jahrhundert 16 Steinkreuze zählte (Völkel, 1895).
Vielfach sind aber Steinkreuze mit der Zeit auch von selbst untergegangen, indem sie im nachgiebigen Erdreich immer tiefer einsanken, von Gestrüpp überwuchert wurden oder allmählich unter Steingeröll verschwanden; andere wieder fielen um und wurden von Rasen überzogen, so daß sie für uns unkenntlich und damit unbekannt geworden sind. Von manchem verschwundenen Stück hat sich wenigstens noch Nachricht durch schriftliche Nachweise oder sichere mündliche Überlieferung erlangen lassen; denn selbstverständlich tragen auch solche nachträglichen Feststellungen zur Vervollständigung des Gesamtbildes bei, das wir von der Verbreitung der alten Steinkreuze im allgemeinen brauchen. Es ist anzunehmen, daß heutzutage wohl alle sichtbaren Steinkreuze an jedem Ort des oberen Vogtlandes erfaßt bzw. bekannt sind. Dagegen wird man nach den Vorgängen der letzten Jahrzehnte auch in Zukunft bei Aufgrabungen oder Mauerabbruch vielleicht doch noch vereinzelte verschwundene Stücke wiederfinden können. Deshalb soll als Abschluß eine besondere Liste verschwundener Steinkreuze beigefügt werden. Darin werden diejenigen Orte aufgezählt, die in früherer Zeit Steinkreuze getragen und sie zumeist erst im Laufe des letzten Jahrhunderts verloren haben. Auch diese Kreuze zählen zum ursprünglichen Gesamtbild. Wenn auch ihre Aufzählung nur dokumentarischen Wert besitzt, so kann schließlich das eine oder andere Stück vielleicht doch noch wieder zum Vorschein kommen.

1.) Erlbach
Von dem Erlbacher Steinkreuz, das Trauer (1891) noch in der Nähe des Friedhofes gelegen anführt, war schon bei Gopplasgrün im Abschnitt IV/1 die Rede.

2.) Oelsnitz i.V.
Die von A. Völkel (1895) der Lage nach genau beschriebenen 16 verschwundenen Steinkreuze in und um Oelsnitz i.V. sind wahrscheinlich als Denkzeichen der Schreckenszeit vom Jahre 1632 (Einfall der Holkschen Scharen) aufgestellt worden. "Sie waren eine Eigentümlichkeit der Stadt und wurden in gleicher Menge in keinem Orte des Vogtlandes, ja Deutschlands gefunden. Sie befanden sich außer vielen Prellsteinen an den Straßenecken und Häusern, nur wenige in der städtischen Flur. - Die meisten Kreuze an den Häusern mögen von den Hinterbliebenen als Erinnerungszeichen an im Kampf getötete Angehörige gesetzt worden sein. Für eine gleichzeitige Errichtung der Steine zu demselben Zweck spricht ihre große Zahl, dasselbe Material (Granit aus Bergen i.V.), das Fehlen von Aufschriften und Zahlen, die wohl unnötig waren, da die Ursache ihrer Aufstellung allen Einwohnern bekannt gewesen ist und durch Erzählungen sich leicht fortpflanzte. Gegen eine Errichtung vor jener vollständigen Zerstörung von Oelsnitz spricht der Umstand, daß bei dem Wiederaufbau der Stadt nach 1632 diese Steine in den engen Gassen unter dem Schutte verloren gegangen wären. Nach dem Brande von 1720 wurden sie gewiß als ehrwürdige Denkmäler geschont, weil die Zerstörung im 30-jährigen Kriege durch Kirchenlied und Erinnerungsfeier in aller Gedächtnis erhalten geblieben war. Durch die späteren Wechsel im Besitze der Grundstücke, durch den Wegzug alter und Zuzug neuer Familien, durch die folgenden Kriege und andere Ereignisse ging die Bekanntschaft mit dem ursprünglichen Zwecke der einzelnen Kreuze und die Mehrzahl derselben selbst verloren." (Völkel, 1895.) Nach Völkel sind auch die beiden Steine außerhalb der Sttadt verschwunden, und zwar
a) ein Steinkreuz an der Teilung der Flauensehen und Reichenbacher Straße und
b) unterhalb des Pulverhauses am sogen, zweiten Arm, am Anfange der alten Auerbacher Straße.
Völkel (1895) erwähnt u.a. ein Steinkreuz "auf der Brücke über den Gerbersbach unweit des vormaligen unteren Stadttores". Dieses Brückenkreuz soll auf seiner unteren Seite das Zeichen eines Schwertes getragen haben (auf der Brücke soll der feindliche Parlamentär am 13. August 1632 umgekommen sein). - Trauer (1891) führt ebenfalls für Oelsnitz ein Steinkreuz "an der über das Freibächel führenden Brücke" an. Er glaubte, auf der nach Voigtsberg gerichteten Seite das ziemlich verwischte Bild eines Schwertes zu erkennen" (bei Trauer Fig.5). Ob beide Steine identisch sind, läßt sich heute wohl nicht mehr einwandfrei feststellen. - Auch Helbig (1905) führt ein Steinkreuz mit gekrümmtem Schwerte auf.

3.) Raschau
Ein ehemaliges Steinkreuz in Raschau bei Oelsnitz führen folgende Autoren ohne weitere Einzelheiten an: Steche (1888), Trauer (1891), Heibig (1905) und Kuhfahl (1928). Unter den von Apitzsch genannten Orten, in denen im Jahre 1932 noch 30 Steinkreuze vorhanden waren, ist Raschau nicht aufgeführt.

4.) Raun
Nur Köhler (1867) weiß von einem Kreuz in Raun zu berichten. Auf Seite 598 schreibt er: "Das Steinkreuz in dem Dorfe Raun wurde an der Stelle aufgerichtet, wo in alter Zeit ein Jäger einen Bauer aus Unvorsichtigkeit erschossen hatte".
Bei diesbezüglichen Nachfragen konnten sich die Einwohner nicht auf einen Tatbestand erinnern. Auch war ihnen nichts von einem Kreuz bekannt.

5.) Sachsgrün
Bei der Aufzählung von 40 Kreuzen, die um 1122 die Grenze des Kirchensprengels Plauen bezeichnet haben sollen, erwähnt Trauer (1891) neben Posseck auch ein Steinkreuz in Sachsgrün ("Grenzstein Nr.18"). Ein anderer Autor, Helbig, führt ein Steinkreuz im Jahre 1905 ebenfalls an. Es soll im Dorfe gestanden haben und urkundlich belegt sein. - Nach Kuhfahl war das Steinkreuz in Sachsgrün noch im Jahre 1914 vorhanden, aber schon 1926 führt er es unter "verschwundene Steinkreuze" auf. Die Nachforschungen des Bürgermeisters der Gemeinde ergaben, daß von diesem "Grenzstein" nichts bekannt ist; auch Flurnamen, die darauf schließen könnten, sind nicht vorhanden.

6.) Schöneck i.V.
Kuhfahl (1928) zählt drei verschiedene Steinkreuze auf, die bis 1882 auf einer Wiese vor der Stadt gestanden haben sollen (Mittig, von Fräulein C. von Cotta). In einer Mitteilung nimmt Heimatfreund W. Gläsel hierzu wie folgt Stellung: "Alte Flurnamen, wie Kreuzwiese, Kreuzacker usw. kommen vor, aber von etwaigen gewesenen Steinen konnte ich bis jetzt nichts finden. Auch können sich alte Bauern nicht entsinnen. Aber trotzdem ist ea glaubhaft, wenn gesagt wird, das selbige bis 1882 vor der Stadt gestanden hätten. Bedenkt man, daß um diese Zeit eine rege Bautätigkeit hier war, so ist doch anzunehmen, daß selbige vielleicht mit verbaut wurden."

Im Anhang sei Bobenneukirchen angeführt.
Zwei Autoren berichten von einem Steinkreuz bei Bobenneukirchen, Steche (1888) beschreibt einen südlich der oberen Mühle "nicht formierten Denkstein, bezeichnet mit Kreuz, der älteren verstümmelten, wohl als 153 (?) zu lesenden und der jüngeren Jahreszahl 1746". Heibig (1905) erwähnt innerhalb seiner vogtländischen Gruppe im südlichen Vogtland unter Nr.4 ein Steinkreuz bei Bobenneukirchen mit eingehauenem Kreuz und spricht bei der Erwähnung des Grenzverlaufes von dem "Milezibach-Kreuz bei Bobenneukirchen", d.i. der heutige Schafbach (S. 375).
Kuhfahl (1928), der jahrzehntelang mit großer Gründlichkeit das sächsische Vogtland nach Steinkreuzen durchforscht und auch mittels Fragebogen weitere Aufklärungen zu erlangen versucht hat erwähnt in seiner Liste der verschwundenen Kreuze kein Wort über Bobenneukirchen.
Der Bürgermeister kennt in der Flur südlich von Bobenneukirchen einen unbehauenen Stein mit einer Jahreszahl. Ältere Einwohner der Gemeinde erzählten widersprüchlich von einem Tuchmacher oder Schuhmacher, der dort in der Flur ermordet worden sein soll. Apitzsch beschreibt den 38cm hohen und 64cm breiten Stein mit der Jahreszahl 1746, darunter ein primitives Kreuz. Aus den Kirchenbüchern konnte er das Rätsel lösen: Es handelt sich um ein Steinmal für einen ermordeten Tuchmacher. Der Stein von Bobenneukirchen ist demnach nicht als Steinkreuz (Sühnekreuz), sondern als Gedächtniskreuz anzusprechen.
In diesem Zusammenhang sei auf den Unterschied hingewiesen, den Wilhelm (1899) machte: "Das Steinkreuz ist, wie schon der Name sagt, ein Kreuz aus Stein, und zwar ganz aus diesem ausgehauen, während ein Kreuzstein ein Stein ist, auf welchem ein Kreuz in irgendeiner Form, ob erhaben, vertieft oder nur in Kontur, ersichtlich gemacht erscheint."
Die bisherige Erforschung der Steinkreuze läßt erkennen, daß sich ihre Zahl von Jahrzehnt zu Jahrzehnt vermindert. Wir wollen aber die Wahrscheinlichkeit nicht unbeachtet lassen, daß noch eine gewisse Anzahl von Steinen, außer den hier erwähnten, vorhanden sein mag. Einige dürften an abseits gelegenen Waldrändern, andere tiefer und tiefer im Sumpf versunken oder unter Steingeröll verschwunden sein und noch des Entdeckers harren. Jede Belehrung über den kulturgeschichtlichen Wert dieser unscheinbaren alten Steinblöcke trägt erfahrungsgemäß dazu bei, ihren Bestand in Zukunft vor böswilliger oder teilnahmsloser Behandlung schützen zu helfen. Vor allem müßte unsere Jugend auf die Steinkreuze hingewiesen werden; sie kann durch Pflege und Schutz viel zu ihrer Erhaltung beitragen. Wir müssen mit allen erdenklichen Mitteln versuchen, daß die stark zusammengeschmolzene Reihe der alten Steinkreuze von jetzt ab der Nachwelt erhalten bleibt. Im gesamten Bezirk Karl-Marx-Stadt stehen noch 93 Steinkreuze (Pollmer, Neues Deutschland, 1/1967).
Die Heimatschutzbewegung nimmt sich der Erhaltung und Erforschung dieser alten Steine an: Alle Steinkreuze sind durch die Verordnung zum Schütze und zur Erhaltung der ur- und frühgeschichtlichen Bodenaltertümer vom 28. Mai 1954 geschützt (GB1. der DDR 1954, Nr.54, S.547-549).
Die Steinkreuze gehören zu den ältesten Naturdenkmälern unserer Heimat. Die Sprache, die diese in ihrer Form, ihren Inschriften, ihrem Standorte und ihrer Geschichte reden, eröffnet, weite Ausblicke in die Rechts­ und Sittengeschichte unserer Vorfahren. Mag das Kreuz, das draußen in unserer vogtländischen Landschaft steht, auch noch so einfach, schlicht oder schmucklos sein, so wollen wir es doch schützen und erhalten, damit es auch späteren Generationen von mittelalterlichen Rechten und Gebräuchen erzählt!

Literatur:
Apitzsch, P.: Gedanken am "Hohen Kreuz" bei Laüterbach. Der Erzähler an der Elster, Nr. 13, 1936.
Apitzsch, P.: Wo auf hohen Tannenspitzen. Flauen 1941
Bösigk, F.: Über Mordkreuze. - Mittig, d. sächs. Vereins f. Erforschung Vaterland. Altertümer, 1857.
Grässe, J.G.Th.: Der Sagenschatz des Kgr. Sachsen, Dresden 1855.
Günther, Br.: Vogtl. Sagenschatz: Das Kroatenloch. Der Erzähler an der Elster, 1934.
Heibig, K.: Die Steinkreuze im Kgr. Sachsen als Grenzzeichen - Mittig, d. Ver. f. Sächs. Volkskd., 1905u.1906.
Jobst, J.: Die Elsterquelle und ihre nächste Umgebung. Selbstv. und gedruckt bei A. Grogath, Asch, o.J.
Köber, H.: Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, Erfurt 1960.
Köhler, J.A.E.: Volksbrauch, Aberglauben, Sagen und andere alte Überlieferungen im Voigtlande. Leipzig 1867.
Kuhfahl, A.: Die alten Steinkreuze im Kgr. Sachsen. Dresden 1914, 1918, 1924, 1926, 1928 und Nachtrag 1936.
Meiche, A.: Sagenbuch des Kgr. Sachsen. Leipzig 1903.
Meiche, A.: Zur Steinkreuzforschung. Neues Archiv f. Sächs. Gesch. und Altertumskde., 1919, Bd. 40.
Nagele, A.: Fragen und Ergebnisse der Kreuzsteinforschung. Z.d.Ver.f.Volkskde., Berlin 1912.
Rink, E.: Die Kirche zu Unterwürschnitz i.V. Der Erzähler an der Elster, 1937.
Rödiger, Fr.: Sagenklänge des oberen Vogtlandes, Plauen 1847.
Steche: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler, 10. Heft, Oelsnitz 1888.
Stübiger, E.: Eine Bestandsaufnahme über heimatliche Güter in einer obervogtl. Grenzlandgemeinde, Vogtland, 1936.
Stübiger, H,: Die Brambacher Heimatfreunde retteten ein Steinkreuz. Kulturbote für den Musikwinkel, Klingenthal 1/1969
Trauer, E.: Die Kreuzsteine des sächs. Vogtlandes, Mittig, d. Altertumsver., Plauen 1891.
Völkel, A.: Die Kreuzsteine zu Oelsnitz i.V. Unser Vogtland, Bd. I, 1895.
Wild, E.: Geschichte von Markneukirchen, Plauen 1925
Wilhelm, Fr.: Alte Steinkreuz-Grenzzeichen? - Sühnkreuze? Mittig, d.Ver.f.Sächs.Volkskde, Bd. 4, 1906.

(Kulturbote für den Musikwinkel, 1969, Heft 8-12)

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