Deutschland
Sachsen
Lkr. Löbau-Zittau
Oybin (I)
seitliche Ansicht |
Detail Einzeichnung |
PLZ:
02797
GPS:
N 50° 50,667', O 14° 44,408'
Standort:
Gegenüber der Tourist-Information befindet sich ein Parkplatz. Von diesem aus wenige
Meter entfernt steht die Bergkirche. Davor ist ein Fußweg zur Burg Oybin ausgeschildert, der mit Treppensteigen beginnt. Wenig später deutet ein Wegweiser nach links
in die sog. Ritterschlucht. Diese durchsteigt man und gelangt so auf die Vorburg. Dort befindet sich die Wendeschleife der "Oybiner Gebirgsbahn", ein im Lokomotiven-Look
mit zwei Anhängern gestylter Kraftwagen, der wohl in mehreren Ausgaben die gesamte Landschaft um den Oybin abfährt. In dieser Vorburg sieht man eine große
Hinweistafel. Steht man genau vor dieser Tafel, blickt man auf eine aus Stein gesetzte Mauer dahinter. Man steigt auf die so gebildete Terrasse hinauf, folgt der Mauer,
biegt rechts vor dem Abhang bergauf ab und steht nach wenigen Metern vor dem Duellstein. Momentan wird fleißig umgebaut, und so ist ein direkter Zugang über einen
begehbaren Weg derzeit nicht möglich.
Größe / Material:
ca. 150cm hoch / Sandstein
Geschichte:
Sage:
1. Dieser Stein soll an ein Duell zwischen zwei
Offizieren Wallensteins 1632 erinnern, welche beide eine Zittauer Bürgerstochter liebten, aber auch beide gefallen sein sollen.
2. Die ausgehauenen Figuren am Stein sollen Heilige, und der Stein eine alte Betstätte der Oybiner Mönche sein.
Quellen und Literatur:
• Wiechel, H. - Alte Steinkreuze in Sachsen, in: Mitteilungen des Vereins für Sächsische Volkskunde Dresden, 1.Band (1897/99), Heft 11, 1899, S.2-6
• Moschkau, Rudolf - Ein Zerstörungsakt am Duellstein auf dem Oybin bei Zittau, in: Die Fundpflege. Beilage der Blätter für Mitteldeutschen Volkskunde- 4. Jg., 1936, Heft 4, S.35-38
• recherchiert und bebildert von Paul Basler, Schwarzenbach / Saale (Fotos von August 2008) und Uwe Stößel, Saalfeld
Ein Zerstörungsakt am Duellstein auf dem Oybin bei Zittau
Von Rudolf Moschkau, Leipzig
Mit 2 Abbildungen im Text
In seinem treuen Eifer um die vorgeschichtlichen Werte, die das Zittauer Gebirge
und im besonderen der Oybin bewahrt, hat Dr. Alfred Moschkau auch ein bescheidenes und doch reizvolles Denkmals nicht
vergessen, für er eine Sage anzuführen hat, von dem er aber auch bedauernd mitteilen muß, daß Bubenhände an diesem Mal
zerstörend tätig waren. Er kennt das Denkmal, einen natürliche Quadersandsteinblock, unter dem Namen "Duellstein" und sagt
darüber 1): "Auf der westlichen Vorstufe des Qybin, in niederen Burghofe,
fünfzig Schritte links vom Globusplatze befindet sich ein Felsen, an dem zwei Figuren in halber Lebensgröße sichtbar sind, die auf
einer Art kleiner Konsole stehen, auf welcher Reste von Schrift bemerkbar sind. Dieser Stein soll an ein Duell zwischen zwei
Offizieren Wallensteins 1632 erinnern, welche beide eine Zittauer Bürgerstochter liebten, aber auch beide gefallen sein sollen. Nach
anderer Meinung sind diese ausgehauenen Figuren Heilige, und der Stein eine alte Betstätte der Qybiner Mönche." Später trägt der
Verfasser nach, daß auch ein eingehauenes Kreuz zu sehen ist und erwähnt nochmals, mehr vermutungsweise, die "postamentartigen
Sockel mit Spuren von Inschriften".
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Abb. 1. Der Duellstein auf dem Oybin.
Alter Zustand Aufn. R. Moschkau 1919
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Abb. 2. Der Duellstein auf dem Oybin.
Gegenwärtiger Zustand Aufn. R. Moschkau 1936
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Bei einem Versuch, den Stein unterhalb der Füße etwas freizulegen, konnten Schriftspuren nicht
wahrgenommen werden. Dagegen stellt sich in Schriftzeichen die erste wesentliche Beschädigung des Steines dar. Über dem
Oberteil der linken Figur hinwegist, brutal eingemeißelt, der Name [SC]HEIBNER zu lesen. Hierdurch ist der Kopf beschädigt und
der rechte Arm fast völlig beseitigt worden. Da die Figur in kräftigem Relief gearbeitet ist, tritt der Leib stark hervor und zeigt einen
mutwillig vergrößerten, ursprünglich wohl nicht vorhanden Nabel. Alt ist eine breite Rille um den Kopf herum, die nach oben eine
Fortsetzung in winklig gestellten Rillen zu haben scheint, die wiederum von schwachen Rillenteilen begleitet scheinen und dem Kopf
einstmals vielleicht als geweih- oder strahlenartiger Ansatz zugedacht waren, der linke Arm stützt sich auf die Hüfte; die Füße, vom
Erdreich bedeckt, sind seitwärts gestellt. Auf einer im stumpfen Winkel angrenzenden Bildfläche, der Geländeböschung etwas
entsprechend höhergerückt, ist die zweite Figur zu sehen. Weniger plastisch herausgearbeitet, tritt sie dennoch durch eine kräftige,
ringsum laufende Rille deutlich hervor. Sie zeigt gleichfalls die auswärtsgestellten Füße, entbehrt aber der Arme. Gesichtsmodellierung
ist hier wie bei der linken Gestalt kaum in Spuren vorhanden, kann also auch ursprünglich nur angedeutet gewesen sein. Zwischen
den Köpfen beider Gestalten ist das erwähnte Kreuz mit annähernd gleichen, blattähnlichen Armen erkennbar.
Diesen in Abb. 1 festgehaltenen, noch 1935 kontrollierten Zustand des Steines fand ich gelegentlich eines
Sommerbesuches 1936 in so mutwilliger Weise verschandelt vor, wie dies Abb. 2 zeigt. Die wie weiße Bemalungen wirkenden
Veränderungen des Steines sind Abschürfungen, die in den frischen Sandstein grell hervortreten lassen. Besonders die linke Gestalt
ist arg bestoßen, die rechte von der Spitze einer Schildfigur berührt, in der ein Totenkopf und achtspeichiges Rad zu sehen sind.
Die Initialen T. A. und L. S. - diesen verkehrt gestellt, mit beigefügtem Doch - bezeichnen gewiß die Urheber der Sudelei, die wohl
ihr Werk damit zu krönen meinten, dass sie an Stelle des griechischen Kreuzes eine unschöne Hakenkreuzform setzten, die mit ihren
verbreiterten Schenkeln die alte Kreuzform völlig getilgt hat.
Die Beurteilung des angerichteten Schadens kann nicht davon ausgehen, dass der Stein einen recht
geringen Kunstwert darstellt. Es ist ja damit ein heimatliches Sagendenkmal gertoffen worden, das den in Sachsen mit besonderer
Liebe gepflegten und erforschten Steinkreuzen und ihrer Sagenwelt nachsteht - vielleicht aber auch ein Denkmal heimatlicher
Vorgeschichte! In unmittelbarer Nachbarschaft des Steines sind seit Jahrzehnten immer wieder bronzezeitliche Gefäßscherben
aufgelesen worden, die von einem Urnenfriedhof herrühren mögen, der bei der Anlage des mittelalterlichen Burghofes zerstört wurde,
die aber auch Reste einer bronzezeitlichen Siedlung in dieser Höhe sein könnten, wie sie sich in ähnlicher isolierter Lage und
geologischer Umgebung in Sachsen nur noch einmal auf dem Pfaffenstein im Elbsandsteingebirge festzustellen war. Geringe
Bruchstücke tönerner Gußformen von Bronzeringen, die ich hier 1906 fand, sprechen für einen Siedelplatz; eine Bronzenadel der
Periode IV/V belegt das tatsächliche Vorkommen von Bronze. Daß die Möglichkeit besteht, unseren Stein mit den bronzezeitlichen
Herren des Berges Qybin, einem Stamm der Illyrer, in Verbindung zu bringen, mag hier zur Beleuchtung seines Wertes kurz
begründet werden.
Die kindisch-schematische Gestaltung der Figuren gibt zwar keinen Anhalt für den Zeitpunkt ihrer Entstehung,
zumal ihnen auch stilistische Merkmale der Bekleidung wie übrigens auch solche des Geschlechts fehlen. Sie passen ebenso gut in
die schlichteste Volkskunst jüngerer Vergangenheit wie in den primitiven Formenkreis bronzezeitlicher Menschendarstellung. Aber
sowohl der isolierte Standort des Steines nahe einer bronzezeitlichen Siedlung wie vor allem das Bewegungsmotiv und das paarweise
Auftreten der Gestalten lassen auf eine sehr frühe Entstehung schließen. Der rechte, im Schulteransatz noch eben gehaltene Arm der
linken Gestalt kann nur nach oben gewinkelt oder gebogen gewesen sein, da die Zerstörung nur den Teil seitlich links des Kopfes
betroffen hat, der teil seitlich des Unterleibes aber wohlerhalten ist und von einem Arme keine Spur zeigt. Mit der so ergänzten
Armhaltung stellt die Figur einen in der vorgeschichtlichen Kunst wohlbekannten mythischen Typus dar, der die Formen der ab- und
zunehmenden Mondsichel im zauberische oder mimischen Gestus wiederholt und vielleicht eine Darstellung der Mondgottheit selbst
bezweckt. Die späte, klassische Prägung dieses Typus liegt in Bildern des Dionysos, der thrakisch-griechischen Mondgottheit, vor.
Aber auch die armlose Gestalt rechts ist in der Vorzeitkunst nicht ohne beispiel. Die Menschen- und Götterwelt der Felszeichnungen
von Bohuslän wie auch die Grabplatte von Kivik verwenden diesen Typus, der im Zusammenhang eine mythisch geschilderten
Mondgeschehens den besiegten, ohnmächtigen Schwarzmond als Gegenspieler des lichten, siegenden Mondes darstellen könnte. Ist
doch Verlust von Körperteilen oder Zerstückelung allenthalben in der alten Welt als treffendes mythisches Bild des sterbenden,
untergehenden Mondes gebraucht worden. Sieht man aber auch von der Körperhaltung ab, so lässt das paarweise Auftreten ähnlicher
Gestalten an das mythische göttliche Brüderpaar, die Dioskuren der Griechen, denken, die bald als Freundespaar, bald als Gegner
geschildert werden und in den großen indogermanischen Teilvölker, besonders auch den Illyrern wohlbekannte Göttergestalten waren,
wie dies zahlreiche Darstellungen des Hallstatt-Kulturkreises belegen, der unsere mittel- und ostdeutsche jungbronzezeitliche Kultur so
kräftig beeinflusst hat. Das Kreuz endlich, das schon die Steinzeitkunst sakral verwendet, mag den Figuren zur Betonung ihrer
Heiligkeit beigefügt worden sein. Doch kann es auch in der Klosterzeit beim Exorzismus der alten Heidenstätte durch die weihende
Hand des Priesters angebracht worden sein.
Gleichviel nun, welche Deutung des Steines richtig ist: In der Forderung nach einem praktischen Schutz kann
es kein Schwanken geben. Sudeleien reizen zur Nachahmung und neuen Zutaten und würden schließlich das beschämende
Schauspiel der Zerstörung an einem Denkmal vollenden, das vielleicht noch einmal mit Sicherheit als seltenes Zeugnis religiösen
Vorzeitglaubens erkannt wird.
Literatur:
1) Dr. Alfred Moschkau, Oybin-Chronik. Urkundl. Geschichte
von Burg, Cölestiner Kloster und Dorf Oybin bei Zittau. Leipa i. Böhmen (1884), S.270 und 274.
(Die Fundpflege. Beilage der Blätter für Mitteldeutschen Volkskunde- 4. Jg., 1936, Heft 4, S.35-38)
Oybin (II)
Blick zum Standort |
Aug. 2008 Foto: Basler |
Abbildung bei Müller / Quietzsch (1977) |
Westseite Zeichnung bei Müller / Quietzsch (1977) |
Abbildung bei Kuhfahl (1928) |
GPS:
N 50° 51,225', O 14° 45,142'
Standort:
Nordwestlich der Teufelsmühle.
Größe / Material:
110:94:24 / Sandstein
Geschichte:
Von dem bei Müller / Quietzsch (1977) beschreibenen Standort wurde das Kreuz
entfernt und etwas abseits des Straßenrandes auf einem künstlich angelegten Bruchsteinhügel neu errichtet. Wann genau das geschah ist nicht bekannt.
Nordnordöstlich vom Ort, nordwestlich der Teufelsmühle im südlichen Ortsteil von
Niederoybin, östlich an der Straße nach Oybin unmittelbar über der Bahnlinie etwa 160m südlich der Kreuzung von Straße und Bahn, östlich gegenüber Haus Nr.26, 8m
südlich von km 6,9. Benennung: "Bandurenkreuz". Arme, Kopf und Schaft gerade, südlicher Arm kürzer als nördlicher. Nördlicher Arm abgebrochen und wieder angefügt. Westseite
des nördlichen Armes eingeritzt: 1670 (nachträglich eingezeichnet - nach Pescheck (1828)). Bei einer Versetzung 1928 sollen Kohlen gefunden worden sein (Pescheck 1828).
(Müller / Quietzsch 1977)
[...] Dagegen halte ich die Jahreszahl 1670 des Oybiner Kreuzes, deren Echtheit schon in der ersten Zeit der Kreuzforschung von Pescheck angezweifelt wurde, nach
Form und Verwitterungsgrad eher für zeitgemäß.
[...] Ferner erscheint es beachtlich, daß sich bis auf eine einzige Ausnahme unter keinem der ausgehobenen Kreuze unvergängliche
Gegenstände, wie z.B. Holzasche oder Tonscherben, eingeschüttet fanden, wie sich nach deutschem Brauch zur unwiderleglichen Bezeichnung von
Grenzzeichen benutzt wurden. Gewöhnlich ruht der rohe, unbehauenen Fuß des Kreuzes auf dem gewachsenen Boden und ist infolge des Eigengewichts im Laufe der Zeit mehr oder weniger
eingesunken. Unter allen sächsischen Ausgrabungen steht lediglich das Oybiner Kreuz vereinzelt da, denn anläßlich seiner früheren Versetung wird in einer Schilderung vom Jahre 1828 der Fund
von Kohle bestätigt. (Kuhfahl 1928)
Vor einigen Jahren mußte, Straßenbaues wegen, das Kreuz weggehoben werden, welches zu Oybin in der Gegend der ehemaligen Einsiedelei, unweit der
ersten Oybiner Mühle, stand. Dort fand man unter demselben keine Ursache, das etwa hier geschehene Begräbniß eines Erschlagenen zu vermuthen. Vielmehr fanden sich
Kohlen darunter, wie unter rechtmäßigen Grenzsteinen. Die am Kreuze befindliche Zahl 1670, braucht man übrigens nicht für die Jahrzahl seines Ursprungs zu halten. (Pescheck 1828)
Sage:
1. Mord an einem jungen Mädchen oder einem Einsiedler, dessen wüstes Haus erst
1706 nau aufgebaut wurde.
2. Der Sage nach soll hier während der Reformationszeit der letzte Eremit erschlagen worden sein. Das Steinkreuz erinnert an diese Freveltat.
Quellen und Literatur:
• Pescheck, M. - Beitrag zur Geschichte d. steinernen Kreuze an Wegen, in: Neues Lausitzisches Magazin, Zeitschrift der Oberausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, Band 7, 1828, S.227-230
• Helbig, P.K. - Die Steinkreuze im Königreich Sachsen als Grenzzeichen, in: Mitteilungen des Vereins für Sächsische Volkskunde, 1905, Heft 12, S.377-380
• Kuhfahl, Dr. G.A. - Die alten Steinkreuze in Sachsen, 1928, Nr.190
• Kuhfahl, Dr. G.A. - Die alten Steinkreuze in Sachsen, Nachtrag, 1936, Nr.202
• Müller / Quietzsch - Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen, Inventar Bezirk Dresden, 1977, Nr.255, S.392-394
• Ergänzungen von Paul Basler, Schwarzenbach / Saale (Foto von August 2008)
• aktuelle Aufnahmen von Sigmar Lory, Neuenmörbitz (Fotos von April 2008)