Der Wolfsstein - 31855 Aerzen
Unfern Aerzen steht der Wolfstein, der hat davon seinen Namen, dass hier zwei Brüder, Namens Wolf, begraben liegen; die hatten beide bei
fremden Heeren Dienste genommen, deren eins bei Selxen, das andere bei Pyrmont gelegen hat; nun traf sich's, daß sie beide ein Mädchen in Ärzen liebten und hier
an dieser Stelle, ohne einander zu erkennen, aufeinander trafen.
Da hat der eine den andern in eifersüchtigem Muthe erstochen, als er aber nachher erfahren, dass es sein Bruder gewesen, hat er sich
selbst an der selben Stelle den Tod gegeben, und man hat den Stein zum Andenken daran errichtet.
(Kuhn, Adalbert - Sagen, Gebräuche, und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands, Erster Teil. Leipzig 1859, S.245, Nr.279)
Die sieben Trappen - 30952 Benthe
Dicht bei dem Dorf Benthe, im Fürstentum
Calenberg, sieht man mitten im Felde sieben aufrechtstehende Steine. Damit hat es diese Bewandtnis.
Einmal kam ein Ackermann mit seinem Knecht des Wegs, sie hatten dies und jenes gesprochen, und wie sie an der Stelle waren,
wo jetzt die sieben Steine stehn, sagte der Knecht zufällig, daß er noch ein gut Teil seines Lohnes zu fordern habe. Dessen wollte der
Herr sich nicht bewußt sein, aber der Knecht behauptete es standhaft, und es war auch so. Da sagte der Ackermann: so soll der
Teufel mich beim siebenten Schritt in die Erde schlagen, wo ich Euch Euren Lohn nicht redlich bis auf diese Stunde ausbezahlt habe.
Der Knecht antwortete nichts weiter, beim siebenten Schritt aber erhob sich ein fürchterlich Krachen und Getöse, die Erde öffnete
sich und verschlang den gottlosen Betrüger; schloß sich auch gleich wieder, daß der Knecht dreist darüber weggehen konnte.
Zum ewigen Andenken an diese Begebenheit sind die sieben Steine in die Erde gelegt, der Platz aber wird die sieben Trappen
genannt. Die Gemeinde Benthe hat seitdem die Verpflichtung gehabt, für die Erhaltung der Trappen zu sorgen, wofür sie bis auf den
heutigen Tag alljährlich von dem Amte Calenberg einen halben Scheffel Roggen erhält.
Noch jetzt sagen die Bauern, daß es nachts bei den Trappen spuke; daher denn auch bei Nachtzeit keiner gern vorübergeht.
(Quelle: Projekt Gutenberg)
Der Kreuzstein von Linden - 30449 Hannover
Zwei befreundet gewesene Edelleute, Brüning von Alten und ein Herr von dem Haus gerieten im Jahr 1340 in einen heftigen Streit.
Anlaß dazu gab ein dem Herrn v.d. Haus entflogener, sehr wertvoller Jagdfalke. Die Leute des Brüning v. Alten hatten diesen wieder
eingefangen, jedoch in arg verstümmelten Zustand dem Eigentümer zurückgegeben. Darüber äußerst erzürnt, forderte der
Geschädigte Genugtuung. Brüning v. Alten wich dieser zunächst aus, stellte sich dann aber doch dem Gegner. Als dieser mit seinen
Mannen von einer Tauffeier aus Hannover zurückkam, fand das Duell nahe der Ihmbrücke "vor Linden am Sayge" statt. Dabei sollen
Brüning v. Alten (anderer Version zufolge auch der Herr v.d. Haus) und insgesamt neun Reitknechte getötet worden sein. Auf dem
Kampfplatze sei dann ein Sühnemal gesetzt worden.
(Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988)
Das Schauteufelskreuz - 31141 Hildesheim
In der Nähe des Marktes von Hildesheim steht ein uralter Stein mit einer betenden Figur. Der Stein und der zunächst gelegene Platz heißt das
Schauteufelskreuz. Es ist dieser Stein einem Schauteufel, der hier jämmerlich umkam, zum ewigen Gedächtnis
errichtet. Die Sache verhielt sich so: Vor vielen hundert Jahren stellten die Hildesheimer jährlich einen großen Fastnachtszug1) an, wobei
allerlei Scherze und Neckereien getrieben wurden. Dem ganzen Zuge voraus liefen die Schauteufel, die in ihrer schwarzen
Mummerei mit Hörnern und blutroten Zungen schrecklich anzusehen waren. Das war viele Jahre hindurch ganz gut gegangen. Aber man soll den Teufel nicht an die
Wand malen und noch weniger sein Kleid anziehen. - Jetzt sind es nun bald vierhundert Jahre her, als ein ausgelassener junger Bursche sich beim Fastnachtsaufzug
zu den gottlosen Mummereien begab. Schon hatte er mit seinem Haufen viele Straßen die Leute neckend und ohrfeigend durchzogen, als er plötzlich auf der Stelle, wo
jetzt das Schauteufelskreuz steht, vor Schrecken stillstand. Auch der ganze Zug war wie festgebannt, denn ihm gerade entgegen vom alten Markte her kam ein anderer
Zug, der aus leibhaftigen Teufeln bestand. Allen voran stürmte der böse Feind daher und gab seinem unglücklichen Nachäffer eine solche Ohrfeige, das er auf den Platz
liegenblieb und starb. Da riß alles aus, was Beine hatte, und der höllische Spuck verschwand mit großem Lärm und Stank in der Luft. - Der Magistrat verbot seit dem
das Schauteufellaufen ein für alle Male. -
Andere erzählen; das Schauteufelkreuz habe ein Schuster gestiftet, der vor vielen Jahren an der Ecke des alten Marktes wohnte. Dieser
Schuster war arm, ja er wusste vor Hunger und Kummer weder aus noch ein, und fasste endlich den gottlosen Entschluß einen Vertrag mit dem Teufel zu machen. Er
stahl deshalb bei Nacht und Nebel in der Dombibliothek den "Höllenzwang", der dort an einer großen Kette lag, und beschwor den bösen Feind. Dieser, der nie lange auf
sich warten läßt, wenn er eine Seele wittert, die für seiner Großmutter Kaffeekessel reif ist, erschien auch bald und fragte nach seinem Begehr. Der Schuster verschrieb
ihm gegen drei Himpten2) Geld seine Seele unter der Bedingung, dass er nach Jahresfrist wieder kehre und fände, dass das ganze Geld bis auf
Heller und Pfennig nur zu einem Gott wohlgefälligen Zwecke angewandt sei. Das war der Teufel gern zufrieden und fuhr hohnlachend davon; denn er konnte wohl denken,
dass der halb verhungerte Schuster, wenn er auch Kirchen und Klöster reichlich bedachte, doch einen großen Theil des Geldes für seinen bellenden Magen und seine
durstige Kehle verwenden würde, und wenn er einmal ins Wohlleben gekommen wäre würde es mit anderen Dingen, die Gott nicht wohlgefallen, seine Noth haben. Der
Schuster aber war nicht von ehegestern und dachte bei sich: "hast du so lange in Hunger und Kummer gelebt, so wirst du es auch noch ein Jahr aushalten," trug also
seine drei Himpten Geld zum Goldschmied und ließ davon ein silbernes Kreuz machen: das nahm er mit sich nach Hause und erwartete nach Ablauf des Jahres ganz
ruhig den Teufel. Dieser blieb auch nicht eine Minute länger aus, war aber sehr erstaunt, als er den halbverhungerten Schuster noch eben so wie vor Jahrefrist den
Pechdraht ziehen sah. "Was hast Du mit dem Gelde gemacht?" fuhr ihn der Teufel an. - "Schau Teufel - dieses Kreuz" rief
der Schuster aufspringend und ihm das silberne Kreuz entgegenhaltend. Da zerschlug der Teufel bitter und böse ein Fach Fenster und fuhr fluchend und stinkend davon.
Der Schuster aber lachte sich ins Fäustchen, ließ sein Kreuz wieder einschmelzen und war fortan ein steinreicher Mann. Zum Dank an seine Erlösung aus des Teufels
Krallen ließ er den Denkstein setzen, der noch heute das Schauteufelskreuz heißt.
(Schambach, Georg / Müller, Wilhelm - Niedersächsische Sagen und Märchen, 1854, Nr.171, S.156-157)
Anmerkungen:
1) Siehe hierzu auch Wikipedia - Schoduvel (Karnevalsbrauch)
2) Ein Himpten (auch Himten) ist ein bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchliches Hohlraummaß für
Getreide. Er entsprach zwischen 31 und 35 Litern.