Rechts-Entwicklung und Rechts-Verfahren
Die Blutrache war bei den Germanen rechtlich anerkannt; Tazitus Germania 21. Die Bestrafung des Totschlägers übernimmt die
Familie des Erschlagenen, zunächst der Hausvater; eine Bestrafung des Verbrechers von Staatswegen kennt das älteste Recht nicht.
Milderung: Statt der Blutrache kann der Verfolgte und seine Blutsfreunde eine Buße an die
Blutsfreundschaft des Toten zahlen, das Wehrgeld (wer = der Mann); dazu kommen später noch andere Auflagen, so ein Steinkreuz zu setzen. Als Kläger
erscheinen vor der vermittelnden Obrigkeit der nächste männliche Verwandte, der früher den Leichnam des Erschlagenen, später einen Teil, die abgeschnittene Hand,
noch später nur das blutige Kleid vor das Vermittlungs-Amt brachte (Leibzeichen). Anwesend waren hier Vertreter der klagenden Familie und der Totschläger nebst
mithaftbaren Verwandten. War der Täter geflohen, so wurde er geächtet; seine Verwandten konnten die Bezahlung des Wergeldes übernehmen.
Als Bürgen traten die Verwandten oder Bekannten des Täters auf. Sie mußten sich in Haft stellen, wenn eine der folgenden Leistungen
nicht erfüllt wird, der Uebeltäter wurde öfters gleich gefänglich eingezogen, bis die beleidigte Partei dessen Aburteilung verlangte
oder Vermittlung annahm. Nach der Gefangenschaft mußte der Täter Urfehde geloben, d.h. Verzicht auf Rache an der Obrigkeit
wegen der Gefangensetzung.
Geleit. Der Totschläger hatte den Volksfrieden gebrochen und galt als friedlos. Deßhalb wird ihm sicheres Geleit zum Vermittlungsamte gewährt.
Die Entwicklung war also:
In der frühesten Zeit: Wahl zwischen Blutrache und Sühne.
Im Mittelalter: Wahl zwischen Sühne und gerichtlicher Verfolgung.
Vom 17. Jahrh. an: Keine Wahl. Gerichtliche Aburteilung. |
Der Täter und seine Bürgen geloben Einhaltung der Bestimmungen durch Handschlag an Eidesstatt; der Täter schwört Einhaltung mit "ufgeboten Fingern" und
stellt außer Stiefvater und Bruder weitere 8 Bürgen. 1446 (Laber, Chronik von Wemding 1836 II 53)
(Deutsche Gaue, Band IX, 1908, S.188)