Deutschland Baden-Württemberg Rhein-Neckar-Kreis

Laudenbach


Versuch einer
Rekonstruktion
Metzendorf (1978)

Zeichnung bei
Hochstetter (1829)

PLZ: 69514

GPS: N 49° 36,390', O 8° 39,288'

Standort: Im Museum von Heppenheim (Hessen).

Größe / Material:

Geschichte: Der sog. Schlangenstein stand ursprünglich südlich des Ortseingangs und wurde als Pfosten einer Gartentür genutzt. Auf Veranlassung von Heinrich Winter wurde er zum Schutz vor Verwitterung in der Rathaushalle von Heppenheim aufgestellt; seit etwa 2004 steht er im Museum im Amtshof. In Laudenbach steht eine Kopie im Treppenhaus des Rathauses (Bild).
Es ist das älteste erhaltene Denkmal für einen im Kampf gefallenen in dieser Gegend. Es ist zu vermuten, dass es sich nur um den Sockel handelt, auf dem ein Kruzifix stand, ähnlich wie in Mannheim-Seckenheim. Der Text am Sockel konnte 1973 von Renate Neumüller-Klausner entziffert werden:
Anno d mcccc sexagesimo uff montag in der crutzwoche is hie doth blibe der uest ulrich uõ cronber des sele get zum her ein
Deutsch würde es etwa lauten: Im Jahre des Herrn 1460, am Montag (= 19. Mai) in der Kreuzwoche (= Bittwoche), ist hier tot geblieben der feste (= edle) Ulrich von Kronberg, dessen Seele zum Herrn eingehen möge. (Metzdorf 1978)

Im Jahre 1829 veröffentlichte J.D. Hochstätter einen heute noch lesenswerten "getreuen Wegweiser für die, so die, so die Bergstraße angenehm und mit Nutzen bereisen wollen. Im Anhang finden sich vier reizend naive Darstellungen [...]
Im Gegensatz zu Neumüller-Klausners Meinung hat der Schlangenstein, wenigstens was die Deutung der Darstellung und des Namens betrifft, sein Geheimnis noch nicht vollständig preisgegeben. (Reuter 1975)

Sage: s.u.

Quellen und Literatur:
Huffschmid, Maximilian - Der sogenannte "Schlangenstein" vor Laudenbach, in: Mannheimer Geschichtsblätter 1914, S.27-33
Metzendorf, Wilhelm - Neues vom rätselhaften "Schlangenstein", 1978, S.247-260
Reuter, Rolf - Eine wenig bekannte Darstellung des "Schlangensteins" aus dem Jahre 1829, in: Geschichtsblätter Kreis Bergstraße, Bd.8, 1975, S.225-228
Winter, Heinrich - Der Schlangenstein, in: Heimatliches Erbe, Bd.1 - Am Wegrand, 1966, S.132-133
zusammengestellt und bearbeitet von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach (Foto vom 11.04.2007)



Der Schlangenstein
von Heinrich Winter

Foto: Weinrich Winter

Seit einigen Jahren befindet sich der Schlangenstein in der unteren Halle des Heppenheimer Rathauses. Zuvor stand er am Südausgang von Unter-Laudenbach, einige 50 Meter außerhalb des Dorfes. Er diente einer Gartentür als Gewändepfosten (unser Bild). Der Volksmund nennt ihn wegen der gewundenen Ornamente den Schlangenstein.
Zahlreiche Sagen haften an diesem Stein. Einem Ritter wurde im Kampf mit einer großen Schlange der rechte Arm abgestoßen. An der schweren Verwundung mußte er sterben. – Der auf dem Stein abgebildete Ritter ist Siegfried im Jagdkleid. Er wurde von einer Schlange an der einzig verwundbaren Stelle gebissen. – Während zwei Ritter, ein Burggraf von der Starkenburg und ein Herr von Windeck, hier miteinander kämpften, wurden sie von einer mächtigen Schlange erdrückt. – Ein wandernder Zimmergesell rastete hier unter einem Baum. Als er aufblickte, sah er eine Schlange. Schnell legte er seine Axt schützend auf seine Brust. Die zubeißende Schlange brach sich an der Axt das Genick.
Wegen dieser Geschichten war der Ort unheimlich und früher von den alten Laudenbachern gemieden. Man will hier öfter einen Reiter im dunklen wallenden Mantel auf einem Schimmel gesehen haben, der in seinem Arm einen Hirsch mit leuchtendem Geweih trug. Auch wurde hier schon ein Mann gesehen, der seinen Kopf unterm Arm hielt. Um die Mitternachtsstunde trieb sich ein großer schwarzer Hund mit feurigen Augen hier herum*).
Es bedurfte sorgfältiger, über Jahrzehnte sich hinstreckender Forschung, um das Rätsel des Steines zu lösen. Wie immer steckt auch hier in der Sage und in den unheimlichen Geschichten ein Stück Wahrheit. Heute wissen wir, daß der Schlangenstein ein Krieger-Gedächtnisstein ist, wohl der älteste in unserer näheren Umgebung. Über die Ursache, die zum kriegerischen Zusammenstoß bei Laudenbach führte, wann hier gekämpft wurde, und an wessen Tod der Stein erinnern soll, darüber berichtete Ferdinand Koob in "Die Starkenburg" Nr.8 vom 18. August 1951. Wir wiederholen seine Angaben gekürzt:
"Zu Beginn der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts spitzten sich die Gegensätze zwischen den beiden Rivalen (Kurmainz und Kurpfalz) außerordentlich zu. Mehrere Schiedssprüche konnten keine Entspannung bringen. 1458 schien der Kampf loszubrechen, doch erwirkte Papst Pius II. durch den Bischof von Speyer ... noch einmal einen friedlichen Ausgang. Am 6. Mai 1459 starb Erzbischof Diether l. von Erbach. Unter seinem Nachfolger, Diether II. von Isenburg, brach dann der Krieg im März des Jahres 1460 aus ... Der Krieg verheerte in Rheinhessen eine Reihe von Ortschaften. Bei Pfeddersheim standen sich die feindlichen Hauptstreitkräfte, etwa 13000 Mann, gegenüber. Diether wurde hier völlig geschlagen und entkam nur mit knapper Not.
Auch an der Bergstraße hatte der Kampf getobt. Am 20. April wurde nach fünftägiger Belagerung das Kurmainzer Schloß Schauenburg erobert und geschleift. Zwischen Laudenbach und Hemsbach wurde ein Mainzer Aufgebot unter der Führung Ulrichs von Kronberg, Burggrafen von Starkenburg, geschlagen. Kurmainz erlitt dabei eine Niederlage und hatte 30 Gefallene, darunter den Burggrafen und acht Adelige zu beklagen."
Der Schlangenstein wurde zum Gedächtnis an dieses für Mainz so verlustreiche Treffen errichtet. Ursprünglich sah man auf ihm an seiner linken Seite den knieenden Burggrafen Ulrich von Kronberg, der seine linke Hand auf das Herz legte. Über seinem Kopf befand sich ein Spruchband, auf dem wohl die letzte Bitte des Sterbenden stand. Rechts von dem knieenden Ritter war sein Wappenschild angebracht. Unter dieser Bildgruppe gab einst eine vierzeilige Schrifttafel Kunde von dem Geschehen. In den Jahrhunderten, die seitdem verflossen sind, wurde durch die Verwitterung die einst klare Bilddarstellung mehr und mehr verwischt. Aus dem Spruchband über dem Kopf des sterbenden Burggrafen wurde eine große, mächtige, dicke, giftige Schlange. Sein fehlender rechter Arm wurde von ihr abgestoßen. Da die Schrifttafel ganz und gar unleserlich wurde, war Tür und Tor geöffnet, die eigene Phantasie spielen zu lassen.

*) Friedrich Mößinger, Die Sagen vom Schlangenstein (Starkenburg 1956/8), erwähnt die erste literarische Quelle (Widder, 1786) und knüpft daran die Meinungen und Ansichten der späteren Zeit. Sie waren alle sagenhafter Natur.
Ferdinand Koob, Die Herren von Kronberg und der "Schlangenstein" (Starkenburg 1956/8) enthüllt den historischen Hintergrund und gibt eine alte Darstellung der Schlacht aus der Reimchronik "Poeta Weinspergensis".

(Heimatliches Erbe, Bd.1 - Am Wegrand, 1966, S.132-133)


Sühnekreuze & Mordsteine