|
Nach Beendigung gebundener Tage muß das Urteil des Oberherrn binnen 6 Wochen (VI)
dem Herrn gebracht werden |
Kruckenkreuze im Sachsenspiegel
Eike von Repgow zeichnete wohl zwischen 1225 und 1235 das Rechtsbuch auf Drängen des Grafen Hoyer von Falkenstein, des Stiftsvogts von Quedlinburg, in
deutscher Sprache, d.h. im Elbostfälischen seiner engeren Heimat, auf.
In diesem Buch findet sich auch immer wieder das Zeichen des Kruckenkreuzes im oder außerhalb
eines doppelwandigen Kreises.
Der Kreis oder Ring, der ein Kreuz einschließt und teilweise dieses auch darauf hat, bezeichnet die "gebundenen Tage", ein Kreuz außerhalb
des Kreises die "ungebundenen Tage".
Der "gebundene Tag" symbolisiert die Tage, an denen Frieden geboten ist. Auf dem nebenstehenden Bild doppelt dargestellt und außerdem umgestürzt, was
das Ende der gebundenen Tage anzeigen soll.
Die "gebundenen Tage" sind als Bedenkzeit, Frist zur Übergabe von Beweismitteln, Zeit der Urteilsfindung etc. zu verstehen. Sie bezeichnen eine "befriedete Zeit".
Ob nahezu identische Einzeichnungen von Kruckenkreuzen / Kreuzen in einem Kreis / Ring auf Steinmalen die übertragene Bedeutung eines "befriedeten Ortes"
bzw. einer Dingstätte hatten ist derzeit nicht nachweisbar.
Zur Entstehung des Krucken- Krückenkreuzes
Das Krucken- / Krückenkreuz kommt vorrangig aus dem südosteuropäischen, byzantinischen Raum. Stab und Kruckenkreuz stehen in einem direkten
Zusammenhang. Auch nach Grimm (Das Deutsche Wörterbuch) wurden Bischof- und
Abtsstab auch Krucken bzw. Krücken genannt.
Andere Meinung vertritt Engelbert Kirschbaum SJ, (Lexikon der christlichen Ikonographie, 2. Bd., Freiburg i.Br. 1970,Spalte 570). Er vermutet das
Kruckenkreuz als "Abstraktion des Kreuzes mit geschweiften Enden".
Baurat Rühlmann (1906) erklärt das Kruckenkreuz folgendermaßen: Durch Zusammensetzung von vier
Antonius-Kreuzen entsteht das Krückenkreuz, das sowohl nach dem Muster des griechischen Kreuzes gleichlange Arme, als auch nach dem Muster des lateinischen
Kreuzes nur drei gleichlange mit einem längeren vierten Arm unten haben kann. Ein Krückenkreuz, jedoch etwas abweichender Form, ist auch das berühmte
Bernwards-Kreuz in Hildesheim. Krückenkreuzform findet man häufig bei Blendnischen von Backsteinkirchen. Ein gleicharmiges Kreuz mit krückenartigen
Enden wird zuweilen auch byzantinisches Kreuz genannt. Ihm ist gegenüberzustellen das Kreuz von Oviedo, das der Sage nach zwei Engel für den König Alfons
gefertigt haben sollen.