Einzeichnung - Mühlrad? oder Christus-Nimbus |
Störzner (1984) |
PLZ:
99510GPS:
N 51° 0,941', O 11° 24,414'Standort:
Etwa 1,7km westlich des Ortes, am westlichen Rand einer mit Buschwerk und Bäumen bewachsenen Erosionsrinne. Das Steinkreuz sollte in der vegetationsarmen Zeit besucht werden. Ein Auffinden im Frühjahr und Sommer dürfte aufgrund des Bewuchses schwierig werden.Größe / Material:
210:82:20 / KeupersandsteinGeschichte:
Über das heute am Westrand des Oßmannstedter Kritzgrabens befindliche mehr als 2m hohe Steinkreuz gibt es eine Reihe von wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die unterschiedliche Meinungen und Hypothesen zu Ursprung und Funktion dieser massiven Sandsteinfigur vertreten. So soll es einen Sühnecharakter gehabt haben, als Mahnung an den Mord an einem Harras-Ritter durch einen Schäfer aus Niederrossla. Der damals widerrechtlich seine Schafe auf der den Ossmannstedter Burgherren gehörenden Feldflur weidende Schäfer sei vom Hans-Wilhelm von Harras dort gestellt worden. Beim Handgemenge zwischen beiden habe der Tierhüter den Besitzer eine tödliche Verwundung beigebracht. Das sei im Jahre 1647 geschehen. Es gibt aber auch andere Versionen. So mutmaßen Experten, es handle sich einfach um einen früheren Grenzstein, auf dem das Mainzisch-Erfurter Rad- und Schwert-Wappen eingemeiselt ist.Sage:
1. Ein Ritter von Harras soll hier durch den Niederroßlaer Schäfer erschlagen worden sein.Quellen und Literatur:
In einem umfangreichen Beitrag beschreibt R. Künstler1) das genannte
Steinkreuz und gibt eine Einschätzung seines Alters. Ausführlich behandelt er ein auf der Vierung der Vorderseite befindliches Ornament, für das er Parallelen in
Flechtbandmustern sucht. Der Flechtwerkcharakter des Ornamentes muß jedoch verneint werden, da das wesentlichste Kennzeichen des Flechtbandes, das
abwechselnde Über- und Untereinanderführen des Bandes, in Oßmannstedt nicht beobachtet werden kann. Die Blütezeit des Flechtwerkes liegt in karolingisch-ottonischer
Zeit, seine Anwendung endet in der Romanik, so daß ein Vorkommen in der Übergangszeit bzw. Frühgotik des 13.Jh. nicht mehr recht glaubhaft ist.
Eine näherliegende Parallele als die von R. Künstler herangezogenen Flechtbänder findet sich in einem Ornament auf einem
Kreuzgrabstein am Turm der Schloßkirche zu Leitzkau. Kr. Zerbst. Hier ist das Ornament auf dem unteren Teil des Kreuzsteines angebracht, und über ihm erhebt sich
ein lateinisches Kreuz auf einem Stabe. Der Kreuzgrabstein isl bei H. Bergner abgebildet.2) Leider scheint der Grabstein
den Zerstörungen des letzten Krieges zum Opfer gefallen zu sein.3) Nach der allerdings nicht besonders guten Darstellung bei
Bergner dürfte auch der Leitzkauer Stein kein Flechtbandmuster gehabt haben; alle Linien hatten die gleiche Höhe. Bergner datiert ihn in das 12.Jahrhundert.
Der Verfasser sieht daher in dem Ornament kein Flechtband, sondern eine Nimbusdarstellung, und zwar die für Christus selbst. Während die
Nimben von Heiligen stets einfache Rundscheibenform haben, ist dem Nimbus von Christus immer ein mehr oder weniger verziertes Kreuz aufgelegt, dagegen seiner
Mutter Maria eine reifen- oder kronenartige Verzierung. Die Kreuzarme des Christusnimbus können in der Hoch- und Spätgotik sogar lilienartige Formen annehmen, wie sie
auf Altargemälden der Saalfelder Schule des 15.Jh. zu erkennen sind.
Ewas widersprüchlich hierzu erscheinen die über die Nimbusscheibe hinausragenden Zipfel, in denen der Verfasser Evangelislensymbole sieht.
An Parallelen hierfür seien diu mecklenburgischen Mordwangen genannt4), bei denen aus der runden Kopfscheibe verschiedentlich ohrenartige Auswüchse hervortreten, vor
allem am Oberteil, während die beiden unteren durch den Schaft kaum erkennbar sind. Weiterhin isl das prunkvolle Erinnerungsmal für Herzog Albrecht von Sachsen
und Lüneburg in Schloß Ricklingen bei Wunstorf von 1385 zu erwähnen.5).
Wie die Evangelisten Christus umgeben, so sind ihre Symbole an den Armen des Kreuzes Christi oder in den Winkeln des Christusnimbus angebracht und umgeben
damit Christus. Andernteils kann die Nimbusscheibe als Darstellung des Himmels angesehen werden, dessen Eckpfeiler die Evangelistensymbole bilden. Bei der Klärung
von Zeichen auf Flurdenkmalen und Grabsteinen muß ja stets in Betracht gezogen werden, daß für den mittelalterlichen Menschen das Symbol der Träger einer
transzendenten Wirklichkeit war. Daß die Zipfel und Kreuzarme am Oßmannstedter Steinkreuz keine Rosettenfiguren sind, beweist auch die Stellung der Zipfel, die in
ihren Ansätzen zum Teil elwas von den Kreuzarmenden abgesetzt sind.
Obwohl der Verfasser als erster die absolute und relative Größe eines Wappenschildes zur Datierung eines Kreuzsteines6)
herangezogen hatte, erschien nunmehr doch eine Überprüfung erforderlich, da ja auch die oft dargestellten Totschlagswaffen zur Festlegung des Alters der Steinkreuze
herangezogen werden. Sind die Darstellungen auf Steinkreuzen naturgetreu oder künstlerisch frei gestaltet? Das war die Frage, die es zu beantworten galt. Auf Grund
des Zeitansatzes von R. Künstler lag es nahe, die Schilde der Stiflerfiguren des Naumburger Domes hierzu heranzuziehen. Da jedoch ein Maßnehmen dort nur
mittels Gerüst möglich gewesen wäre, beschränkte sich der Verfasser auf den Grabstein eines Ritters von Hahn (?) im Merseburger Dom, der ebenfalls dem Naumburger
Meister zugeschrieben wird. Der Dargestellte hat eine Körpergröße von 165cm, der Schild eine Breite von 0,64m und eine Höhe von 0,80m. Die absoluten Zahlen
entsprechen damit etwa den von H. Nickel7) nachgewiesenen Schildgrößen für die Mitte des 13.Jh. und selbstverständlich
auch das sich daraus ergebende Maßverhältnis von 1:1,25.
Zu einer weiteren Kontrolle bot sich die sehr kleine Schilddarslellung einer Reiterfigur im Thüringer Museum zu Eisenach an, der sog. Heinrieh
Raspe, der für die Zeit um 1300 angesetzt ist. Der Schild dieser Figur ist nur 13cm breit und 18cm hoch. Er hat damit einen Längen-Breiten-lndex von 1,385. Dieser Index
entspricht fast genau dem Index des Schildes für Landgraf Heinrich den Junker (gest. 1298) in Marburg von 77cm X 57cm Größe mit 1,35 (bei H. Nickel fälschlich
mit 1:1.274 angegeben). Auch die beiden Marburger Schilde eines Burggrafen von Stromberg mit 76cm X 53.5cm = 1,42:1 und eines Herrn von Steinau mit 77cm X 56cm
= 1,375:1 haben ähnliche Verhältniswerte, so daß die kunsthistorische Datierung der Eisenacher Ritterfigur auch durch die Größenverhältnisse des Reiterschildes
gesichert wird.
Die Darstellungen auf Steinkreuzen sollen nicht kritiklos zur Zeitbestimmung solcher Flurdenkmale benutzt werden. Der von R. Künstler
eingeschlagene Weg zeigt jedoch eine weitere Möglichkeil, diese genauer zu datieren.
(Ausgrabungen und Funde. Nachrichtenblatt der Landesarchäologie. Hrsg.: Mittel- und Ostdeutscher Verband für Altertumsforschung e.V. in Verbindung mit den Archäologischen Landesämtern Berlin, Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen, 22.Jg. 1977, Nr.4, S.191-193)Anmerkungen:
1) R. Künstler, Das Steinkreuz von Oßmannstedt, Kr. Apolda, ein frühes Flurdenkmal Thüringens, in: Ausgrabungen und Funde 17, 1972, S.257-267.
2) H. Bergner, Handbuch der kirchlichen Kunstaltertümer in Deutschland, 1905. Abb. 242b. (Eine Beschreibung des Kreuzsteines erfolgt nicht.)
3) Unabhängig voneinander suchten nach ihm vergeblich die Herren Dr. F. Bellmann, H. Berger und Dr. H.J. Maercker (frdl. Mitt. des Herrn Dr. Maercker vom 23.4.1974) von der Außenstelle Halle des Institutes für Denkmalpflege sowie der Verfasser, seine Frau und Herr E. Schröter vom Landesmuseum für Vorgeschichte Halle.
4) Z.B.W. Ohle und G. Baier, Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen. Leipzig 1963, S.36f.
5) A. Hoffmann, Die mittelalterlichen Steinkreuze, Kreuz- und Denksteine in Niedersachsen. Hildesheim-Leipzig 1935, S.23, Taf.VII.
6) W. Saal, Der "Sammelstein" bei Reichenbuch, Kr. Saalfeld, in: Ausgrabungen und Funde 13, 1968. S.272-275.
7) H. Nickel, Der mittelalterliche Reiterschild des Abendlandes. Inaugural-Dissertalion der Freien Universität Berlin 1958. in: Der Herold. Vierleljahresschrift f. Heraldik, Genealogie u. verwandle Wissenschaften, N.F. 1959-1960, S.25ff.