Deutschland Niedersachsen Lkr. Holzminden

Kemnade / OT von Bodenwerder


Abbildung bei
Müller / Baumann
(1988)

Zeichnung bei
Hoffmann (1935)

Zeichnung bei
Viebrock (1908)

PLZ: 37619

GPS: N 51° 59,667', O 9° 30,899'

Standort: Am nördlichen Eingang der Klosterkirche.

Größe / Material: 146:90:11 / Sandstein

Geschichte: Benennung: "Sünderstein". Auf der sichtbaren Seite des Kreuzsteines ist ein lateinisches Balkenkreuz eingerillt. Es steht auf einem spitzbogigen, ebenfalls eingerillten Sockel. Unter dem rechten Querarm ist ein Beil eingerillt. Der obere Teil des Kreuzstein ist an beiden Seiten stark beschädigt.

Seit 1974 am nördlichen Eingang der Klosterkirche. Ursprünglich soll der "Sünderstein" in einem Hohlweg am "Steinbrink" gestanden haben. Bei der Verkopplung ist er an die Hehler Straße gekommen. Dort stand er bis 1974. Der Kreuzstein hat ein eingerilltes lateinisches Balkenkreuz, das auf einem spitzbogigen Sockel steht. Die Balkenbreite beträgt nur 6cm. Unter dem rechten Querarm befindet sich, ebenfalls eingerillt, ein 52cm langes Beil. Das obere Drittel der Platte ist an beiden Seiten sehr stark abgeschlagen und sehr verwittert. Noch im Juni 1884 soll Steinmehl vom Stein abgeschabt worden sein und als Arznei einem an "Scheuerchen" Erkrankten gegeben worden sein. 1906 hat Viebrock zwei frische Bruchstellen entdeckt. Ihm wurde erzählt, daß ein Kemnader Mädchen, das die "fallende Krankheit hatte, sich Stücke abgeklopft, sie zerrieben und eingenommen habe". Der untere Teil der Platte ist gut erhalten. Er muß lange Zeit in der Erde gesteckt haben. (Müller / Baumann 1988)

   Der Kreuzstein rechts am Ortsausgange in Kemnade an der Straße nach Hehlen ist auf T.XXII, 236 abgebildet. Er ist sehr verstümmelt und trägt auf einer Seite ein in Linien umrissenes Balkenkreuz, daneben rechts ein Beil. Die Rückseite ist nur roh behauen. (Hoffmann 1935)

   Dicht vor Kemnade trifft man einen andern Kreuzstein. Er soll früher in einem tiefen Hohlwege gestanden haben; ist dann aber bei der Verkoppelung an seinen heutigen Platz gesetzt worden. Der Stein besteht aus einer Sandsteinplatte und zeigt ein schlichtes Kreuz und darunter ein Beil. Oben ist er mehrfach beschädigt. Die Leute nennen ihn "Sünderstein" und erzählen von ihm, daß in dem Hohlwege zwei Grafen von Everstein in Streit geraten seien, und der eine Bruder den anderen erschlagen habe. Dem Steine wird auch Wunderkraft zugeschrieben. "Die Mütter an den Scheuerchen erkrankter Kinder haben von dem 'Sündersteine' etwas abgeschabt und dieses Pulver den kranken Kindern zu trinken gegeben, um die Genesung herbeizuführen. Solches geschah in einem vereinzelten Falle noch nachweislich im Juni des Jahres 1884." (Reitemeyer, Das Wesertal von Holzminden bis Hameln.) Als ich im Sommer 1906 den Stein zeichnete, fand ich oben zwei frische Bruchstellen. Es wurde mir dazu von den Leuten erzählt, ein Mädchen aus Kemnade, das an der fallenden Krankheit litt, habe sich Stücke vom Steine abgeklopft, zerrieben und eingenommen.
   Wenn dieser Stein auch schon arg mitgenommen ist durch die Unvernunft der Menschen, so ist er wenigstens noch stehen geblieben. Dagegen fand Dr. Menzel bei Bodenwerder zwei Steine, die als Trittsteine benutzt wurden. Auf seine Veranlassung wurden sie vor der Kirche in Linse aufgestellt.
   Übrigens kehrt die Sage von zwei Brüdern, die sich im Zweikampfe töten, sehr häufig in veränderter Fassung wieder. Zwischen Winsen a.d. Aller und Oldau stehen rechts am Wege zwei Steine, die "Prinzensteine" genannt. Der Kriegerverein zu Winsen hat sie in pietätvoller Weise mit einer würdigen Einfassung versehen. Es wird von den beiden Steinen erzählt, in der Schlacht bei Winsen, am 11.Juni 1388, hätten zwei Brüder aus fürstlichem Geschlechte, die sich feindlich gegenüberstanden, sich im Zweikampfe getötet und sich erst erkannt, als in ihrem letzten Augenblicke das Visier gefallen wäre.
   Dieselbe Sage kehrt dann wieder in der Geschichte von den beiden "Brüdersteinen" bei Hameln und von dem "Wolfsteine" bei Aerzen. (Viebrock 1908)

   Ein Gedenkstein steht vor dem Dorfe rechts an der Heerstraße nach Hehlen. An einer Seite der sehr beschädigten roten Sandsteinplatte roh eingeritzt ein Kreuz und unter dessen Arme rechts ein Beil. Durchmesser 90cm. Höhe über der Erde noch 75cm. (Steinacker 1907)

   9. An der von Kemnade a.d. Weser nach Hehlen führenden Straße steht dicht vor Kemnade (bei Kilometer-Stein 19,8) rechts am Grabenrande ein Kreuzstein, dessen obere Kante abgeschlagen ist. Aus rothem Sandstein bestehend, mißt derselbe bei noch 76cm Höhe und 9cm Dicke 85cm in die Breite. Auf der Südseite ist ein einfaches, ziemlich breites Kreuz, sowie rechts unten ein Hacken, eine Pflugschar oder dergleichen eingehauen. Die Nordseite zeigt keine Darstellung. [...]
   Ueber die unter No.9 und 10 genannten Steine schreibt Konrektor H. Meyer in Bodenwerder im Hannoverschen Magazin von 1841:
   "An der von Bodenwerder nach Hehlen führenden Straße stehen in der Kemnader Feldmark zwei Denksteine, die zur Erinnerung an hier vorgefallene Verbrechen gesetzt sind. Der in der Nähe von Hehlen stehende erinnert an den Meuchelmord, der hier an dem letzten Herrn v. Frenke begangen sein soll. Von dem vor dem Dorfe Kemnade stehenden Steine berichtet die Sage, daß an diesem Platze zwei Brüder aus Religionshaß in Streit gerathen seien und der eine den andern erschlagen habe. Beide Steine sind nur noch Reste der ursprünglichen Denksteine. Es herrscht bei einem Theile des Volkes der Glaube, daß ein Pulver von jenen Steinen ein wirksames Mittel gegen Krämpfe der Kinder sei; der Aberglaube schlägt deshalb "stillschweigend" ein kleines Stück nach dem andern ab, und so ist von dem zweiten nur noch der untere Theil der eingehauen gewesenen Kreuzesfigur vorhanden." (Brackebusch 1896)

Sage: Die Brüder Grafen von Everstein sind in Streit geraten und haben sich gegenseitig umgebracht.

Quellen und Literatur:
Voges, Th. - Sagen aus dem Lande Braunschweig, Braunschweig 1895, S.251-252
Brackebusch, Dr. F. - Aeltere Grenz- und Denksteine im Herzogthum Braunschweig, in: Braunschweigisches Magazin, Zweiter Band, Braunschweig 1896, S.54
Steinacker, Karl - Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Holzminden, (Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig, Band IV), Wolfenbüttel 1907, S.398-399
Viebrock, H. - Kreuzsteine in Niedersachsen I, in: Niedersachsen, 13.Jg., Bremen 1908, Nr.13, S.238-239
Hoffmann, Adolf - Die mittelalterlichen Steinkreuze, Kreuz- und Denksteine in Niedersachsen, 1935, S.10, 54
Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988, Nr.4023.2
recherchiert und bebildert von Hartmut Blaszczyk, Einbeck (Foto von April 2000)


Sühnekreuze & Mordsteine