Deutschland
Baden-Württemberg
Rhein-Neckar-Kreis
Eberbach
Zeichnung Max Walter (1923) |
Foto von H.S. Seipel |
PLZ:
69412
GPS:
N 49° 28,631', O 8° 59,631'
Standort:
An der "steinernen Brücke" über die Itter, neben der L 2311 nach Friedrichsdorf.
Größe / Material:
206:99:22 / Sandstein
Geschichte:
Das Eberbacher Unglückskreuz hat auf etwa 1m
hohem geradem Schaft abgesetzt ein Kreuz von quadratischer Grundform mit vier Halbkreisbogen an Stelle der rechten Winkel. Auf
der Vorderseite oberhalb des Kreuzungsfeldes ist eine 40cm hohe, nach oben dachförmig auslaufende (leere) Bildnische, darunter
schräg von links oben nach rechts unten ein 21cm langer Wappenschild, leicht vertieft, unten halbkreisförmig, im Wappenfeld erhaben
die Darstellung eines Ankers. Auf den Armen rechts und links von der Bildnische und auf dem Schaft steht folgende tief eingehauene
Inschrift:
• Inn • dem
MCCCCXVI
jar • an • dem
nechsten
tage • sant
andree • ist
der • erbar
contz • ko
bel • vergan
gen • in • was
sernot • |
Die Itterbrücke ist die älteste Steinbrücke Baden-Württembergs und trägt die Jahreszahl 1491. Bis zum Bau der neuen Brücke im
Jahr 1981 führte der gesamte Verkehr über diese Brücke. Nach dem Straßenbau wurde das Kreuz neu aufgestellt.
Form: Groß ausgerundete Winkel. Aus der Rundung heraus entwickelte geschwungene Balkenverbreiterung. Am Schaft schließt sich an die Verbreiterung,
die leicht gebogen nach unten abgesetzt ist, die untere parallelkantige Schafthälfte an, zunächst mit einem schmalen Schaft-Mittelstück, gefolgt von dem etwas
breiteren unteren Schaftteil. Die großförmige Winkelrundung schafft ein weiträumiges Kreuzungsfeld. Außerdem verjüngt sie die Balken zunächst stark, führt aber
zu betont breiten Balkenenden.
Aus dieser Komposition entsteht eine sowohl breitflächig als auch schlank wirkende Gestalt, die gleichzeitig dynamisch und dennoch in sich geschlossen
erscheint. Zeichen: Große Nische mit Spitzdach, darüber kleines Kreuz in doppelten Konturen. Die Nische ist mit einem Eisengitter verschlossen, im Innern befindet
sich ein Kruzifix. - Im obersten Schaftteil ist ein schräg nach links gestellter Wappenschild flächig ausgehauen; darin leicht plastisch Sense und Haue, gekreuzt (ein
Bürgerwappen, wie es im 15. Jahrhundert typisch war. (Losch 1981)
Sage:
1. Im Jahr 1416 ist hier ein Schiffer oder Flößer ertrunken.
2. Zwei Flößer bekamen Streit und erschlugen einander mit ihren Haken.
3. Ein Ritter von der Burg Eberbach stritt an dieser Stelle mit einem Herrn von Stolzeneck. Im Zweikampf sollen sie sich tödliche
Wunden beigebracht haben, denen sie erlagen.
Quellen und Literatur:
• Walter, Max - Vom Steinkreuz zum Bildstock, 1923, S.4-5
• Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.179f
• Riebeling, Heinrich - Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen, 1977, S.220, Ziff. 6519.3
• Mößinger, Friedrich - Das Steinkreuz von Eberbach, in: Bildstöcke
im Odenwald, 1962, S.14-16
• recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach
Das Steinkreuz von Eberbach
von Friedrich Mößinger
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Abb.8 Eberbach |
Die lange Reihe unserer Odenwälder Bildstöcke beginnt mit dem alten Steinkreuz an der Itterbrücke bei
Eberbach, und das mit Recht (Abb. 8). Das schöne Kreuz mit den Halbkreisbögen statt der rechtwinkligen Überschneidung der
Kreuzarme trägt nämlich eine große Bildnische, die seit einigen Jahren durch ein geschmiedetes Eisengitter verschlossen ist.
Unter der Nische ist eingetieft ein schräg liegendes Wappenschild mit halbkreisförmigem Unterteil. Ein Anker, vielleicht auch zwei
überkreuzte Fischerhaken sind leicht erhaben auf dem Schild zu sehen; allerdings ist alles so stark verwittert, daß nur schwer
Sicherheit über das Dargestellte erlangt werden kann. Dies gilt auch für die Inschrift, die heute unlesbar geworden ist. Max Walter
(Vom Steinkreuz zum Bildstock 1923, S. 5) konnte sie noch ganz
bringen: Inn dem CCCCXVI jar an dem nechsten tage ... sant andree ist der erbar contz kobel vergangen in wassernot. Damit ist
nicht nur die Jahreszahl 1416 sicher, sondern auch der Grund für die Setzung des schönen Kreuzes. Es muß sich um ein
Gedenkkreuz für ein Unglück handeln, nicht um ein Sühnekreuz für einen Totschlag, wie es die meisten der alten inschriftlosen,
oft sehr plumpen, an den zumeist einsamen Tatorten heute noch stehenden Kreuze darstellen. Hier an der rasch fließenden Itter
muß damals ein Fischer oder Flößer einen jähen Tod gefunden haben. Hier setzte man ihm das Kreuz mit einem Bild in der Nische.
Was dargestellt war, ist leider gänzlich unbekannt, kein Anhalt ermöglicht irgend eine Vermutung. Sicher aber ist, daß der Weg zu
einem echten Bildstock von diesem Unglückskreuz nicht weit ist. Das Religiöse, das in den alten Steinkreuzen immer mitschwingt
und das von der Forschung mit guten Gründen bis in frühe Zeiten zurückgeführt wird, tritt in den Bildstöcken gegenüber dem
vorwiegend rechtlichen Sinn der Steinkreuze stärker hervor und wird schließlich beherrschend. Eine der vielen Leitlinien zu den
Bildstöcken geht ohne Zweifel, wie es Max Walter richtig gesehen
hat, über die Steinkreuze. Bei uns im Odenwald haben sich noch einige Kreuze mit Nischen erhalten. So findet sich am Ulrichsberg
oder Donnersberg bei Mörlenbach ein hohes Kreuz mit einer
Nische, die allerdings auch leer ist (Abb. 9). Über das Alter des Bildstockkreuzes läßt sich leider nichts
sagen. Man hat hohes Alter wegen des Namens Donnersberg und der Prozession am Hagelfeiertag vermutet, doch bleibt dies
unsicher. Ein neueres Kreuz mit einer Bildnische steht bei Eisenbach am Hang eines Hohlweges südlich des Dorfes. Auch in
Pflaumheim findet sich "am Bettgesgräbchen" ein hohes Kreuz von 1709, das an drei Seiten je eine Bildnische aufweist und also zu
unseren Kreuzen gehört. Schauen wir ein wenig weiter, so sind solche Kreuze mit Nischen öfter zu finden. Unsere Zeichnungen
(Abb. 9) geben noch Beispiele aus Rheinhessen (Sulzheim und
Erbes-Büdesheim) und aus Friedberg. In Ferschweiler
im Kreise Bitburg wurde ein Menhir in ein Kreuz verwandelt und dieses dann mit einer Nische versehen
(Abb. 10). In Langenburg dürfte es ähnlich gewesen sein. Besonders bemerkenswert sind die Beispiele
aus Schlesien und Böhmen, weil hier deutlich die Wandlung von dem Kreuz zum Stock sichtbar wird, indem die Seitenarme des
Kreuzes immer kürzer werden und das Mittelteil mit der Bildnische stärker hervortritt. Auffällig ist, daß unter den zahlreichen
Steinkreuzen, die Kuhlfahl in Sachsen gesammelt hat, nicht ein einziges eine Bildnische erkennen läßt.
(Friedrich Mößinger: Bildstöcke
im Odenwald, 1962, S.14-16)