Deutschland Baden-Württemberg Kreisfreie Stadt Heilbronn

Heilbronn (I)


Abbildung bei
Losch (1981)

"das Steinkreuznest
vor dem Sülmertor"
eingezeichnet im
Markungsplan von
1734

Skizze bei
Albrecht (1951)

Skizze bei
Steinhilber (1954)

Abbildung bei
Heim (1958)

Das Kreuz im
Hist. Museum
Abbildung bei
Albrecht (1951)

PLZ: 74072

GPS: N 49° 09,248', O 9° 11,457'

Standort: Am Rande der Anlage rechts des Haupteingangs des Städtischen Krankenhauses am Gesundbrunnen.

Größe / Material: 98:75:19 / Sandstein

Geschichte: Das Kreuz ist das letzte noch vorhandene aus dem verschwundenen Steinkreuznest im Bereich der heutigen Gabelung Paulinenstrasse / Kreuzenstrasse. Die Kreuzenstrasse hat ihren Namen von dem Steinkreuznest.

Die Paulinenstrasse hieß früher Neckarsulmer Strasse, im Bereich der Kreuzenstrasse verlief der damalige Viehweg, vgl. Ausschnitt der Skizze bei Albrecht (1951) und Skizze bei Steinhilber (1954).

Die letzten noch vorhandenen Kreuze (etwa 60) wurden Ende des 18. Jahrhunderts entfernt. Der Verbleib aller übrigen Kreuze ist unbekannt.

Eines der Kreuze rettete man für das Historische Museum im ehemaligen Fleisch- und Gerichtshaus (Kramstrasse), dem heutigen Naturhistorischen Museum. Dort stand es bis zum Sommer 1953 in der Erdgeschosshalle (s. Foto bei Albrecht 1951) und wurde dann in den Anlagen des Städtischen Krankenhauses an der Jägerhausstrasse aufgestellt (s. Foto bei Losch 1981).

Das Krankenhaus an der Jägerhausstrasse wurde ca. 2000 abgerissen. Heute steht das Kreuz, "der Tradition folgend", in der Anlage rechts vor dem Haupteingang des Klinikums am Gesundbrunnen. Nach Bauer war das Hinweistäfelchen mit einer Erklärung bereits 2000 verschwunden

Albrecht bezeichnet das Kreuz 1951 als "Sondersiechenkreuzstein". Sondersiechen meint Krankheiten, derentwegen man abgesondert wurde. Herkunft und Bedeutung der Kreuze konnten nie genau geklärt werden: Nach einer vor allem in der heimatkundlichen Literatur weit verbreiteten Ansicht, vertreten durch den Neckargartacher Lehrer Karl Hermann in den 1930er Jahren und aufgegriffen von Albrecht und Steinhilber in den 1950er Jahren, war das Steinkreuznest das Überbleibsel einer sog. Feldseuchensiedlung, die zum Zeitpunkt der Gründung des Katharinenspitals im Jahr 1306 bereits bestanden haben muß: An Lepra erkrankte Bürger mussten die Stadtmauern verlassen und auf dem flussabwärts gelegenen freien Feld jeweils eine einzelne kleine Hütte beziehen. Das weithin hörbare Klagen der Kranken führte zum Flurnamen "Im G'schrei".

War der Erkrankte schließlich gestorben wurde er mitsamt der Hütte und seinen Habseligkeiten an Ort und Stelle verbrannt. An der Stelle wurde dann jeweils ein Steinkreuz zum Gedenken errichtet. So entstanden im Lauf der Zeit wahrscheinlich Hunderte von Steinkreuzen. Später errichtete man das Leprosenhaus St.Jakob, an das heute noch der Straßenname "Siechenhausweg" erinnert.
Beim Bau der Gewerbeschule nach dem Zweiten Weltkrieg wurden dann Grabstellen angeschnitten; jedoch liegt das Gelände weiter südlich als das Gelände des Steinkreuznestes.

Steinhilber (1954), S.78 in Anlehnung an Albrecht 1951:
"Wenn nicht die Nähe des späteren Leprosorum in der Paulinenstraße ein weiterer Beweis dafür wäre, daß der Platz am Viehweg tatsächlich eine Leprosenfeldsiedlung war, so würde seine Lage noch am sichersten dafür sprechen. Die allgemeine Regel für die Platzwahl, die überall in Württemberg streng beachtet wurde, war: außerhalb, nördlich gelegen, flußabwärts oder jenseits des Flußlaufs, hangabwärts, und, des Bettels wegen, an viel begangenen Straßen. Es ist auch unwahrscheinlich, daß der Platz am Viehweg die Begräbnisstätte des später hundert Meter südlich an der Paulinenstraße gelegenen Leprosorums war, denn dessen Kapelle und Begräbnisstätte lag unmittelbar dabei. Viel wahrscheinlicher ist der Gedanke, daß das Leprosorum um des Odiums (Geruches) willen, das dem Feldsiechenbegräbnisplatz anhaftete, nicht auf diesem, sondern auf einem eine Kleinigkeit weiter stadteinwärts gelegenen städtischen Platz errichtet wurde."

Werner Heim kritisiert 1958 die von Albrecht und Steinhilber vertretene Meinung zur Herkunft des Flurnamens "Im G´schrei" und arbeitet eine andere mögliche Deutung heraus:
Zunächst ist die Erklärung, der Name rühre von dem weithin hörbaren Wehklagen der Leprakranken her, eine abstrakte. Solche abstrakten Namensgebungen sind alten Flurnamen fremd und tauchen erst später auf. Der Heilbronner Flurname "Im G´schrei" wird zum ersten Mal im 14. Jahrhundert genannt. Derart alte Flurnamen sind Schöpfungen der Bevölkerung und daher fast immer "faßlich" also konkret und gegenständlich.
Darüberhinaus kommt in der Heilbronner Gegend der Flurname noch drei weitere Male vor, ohne daß irgendein Bezug zu einer Feldseuchensiedlung festzustellen wäre: "Geschrei" bei Lauffen, "Schrei" bei Schwaigern und "Gschrei" bei Hausen an der Zaber.
Laut Heim hat Karl-Heinz Mistele im Bereich der Heilbronner Flur "Im G´schrei" einen Richtplatz nachgewiesen und an der Straßengabel, an der einst die vielen Kreuze standen, eine Gerichtsstätte vermutet.
Der Ort des Lauffener Hochgerichts, des Galgens, liegt in 1,2km Entfernung vom dortigen "Geschrei", der Schwaigerner Galgen stand einst in der Nähe des "Schrei".
Die älteren bekannten Formen des Heilbronner Flurnamens "Im G´schrei" sind "Acker uff der schrey" (1417), "Acker uff dem geschray" (1638), "Acker hinter dem guotn Leuth Hauß uff dem Geschrey" (Mitte 17. Jh.), "Acker im Geschreyt oder Nordbergerpfadt" (1658) und ab dem 18. Jahrhundert durchweg "im Geschrey".
Die älteste Form von 1417 "Acker uff der schrey" setzt somit ein weibliches Substantiv voraus, "die Schrey". Die Präposition "uff der" ist durch die höhere Lage im Gelände bedingt.
Zur Bedeutung der "Schrey" zitiert Heim das "Oberdeutsche Flurnamenbuch" von Buck aus dem 19. Jahrhundert:
"Schrai, Schraie f(emininum), mhd. (mittelhochdeutsch) Schrege, Stangeneinfriedung, Zaun, collektiv geschrege. Im Gschrei, Mariä Schrei, Götzengschrei. 1702 an der Schreie, auf der großen Schraien. 1525 im Geschrew. F(ränkisches Stammesgebiet)."
Heim und Mistele schließen sich dieser Deutung an. Damit nehmen sie an, daß aus der künstlichen Einfriedung mit schräg gestellten Stangen, wie sie noch in nordischen Ländern üblich ist, der Schrege, im fränkischen Raum sprachlich die Schrei geworden ist. Die später hinzugefügte Vorsilbe Ge- zeigt als „"kollektives Suffix" (gemeint hat Heim wohl "Präfix") die Geschlossenheit der Umschrankung an.
Einfriedungen mit Stangen können zur Umschrankung von Gebieten mit Sonderrechten dienen.
Nach altdeutschem Recht mussten Gerichtsplätze "gehegt" sein, wie man es noch an dem mit Steinen umfriedeten Platz im Odenwald sieht, auf dem der Beerfelder Galgen steht.
Die Flure in Heilbronn, Lauffen und Schwaigern liegen jeweils an einer Straßengabelung und in der Nähe einer Richtstatt. Diese Umstände könnten auf die Funktion des Gebietes "Im G´schrei" als Gerichtsstätte hinweisen.
Heim schließt seinen Beitrag mit den Worten: "für einen schlüssigen Beweis reicht dieses lückenhafte Material jedoch keineswegs aus".

Karl-Heinz Mistele unterstützt 1963 noch einmal die These vom Gerichtsplatz:
In Grimms Deutschen Rechtsaltertümern wird von einem Weistum berichtet, das die Frage enthielt, wo man von alters her Gericht halte. Die Antwort lautet hier "und sal die fein (feme, Gerichtsplatz) sin vor dem tore wo die Crucze sten wo der farweg und fußpfad sich scheidet“.
Diese Situation passt für den Standort des Steinkreuznestes.
Laut Mistele können an dem Ort zwei Hinrichtungen nachgewiesen werden: 1575 wurde der korrupte Steuerherr Strobel enthauptet, 1583 ein Handwerksgesell, der im Suff einen Straßburger erstochen hatte.
Rein vom Standpunkt der rechtlichen Volkskunde her sei der Ort für die Aufstellung von Sühnekreuzen prädestiniert, denn nach Eugen Mogk (1929) stehen Kreuzweg und Kreuzstein in engem phänomenologischen Zusammenhang: Kreuzweg und Kreuzstein sind Ruhe- und Aufenthaltsort irrender Geister.

Losch (1981) gibt in Anlehnung an K.-H. Mistele und W. Heim zu bedenken, daß es sich bei den Kreuzen auch um Sühnekreuze gehandelt haben könnte: Erstens, weil das Totschlagsühnerecht in Heilbronn natürlich ebenfalls gebräuchlich war. Dies zeigen vor allem zwei Verträge aus den Jahren 1498 und 1506, veröffentlicht im Urkundenbuch der Stadt Heilbronn (2.Band), in denen zwar keine Errichtung eines Steinkreuzes vereinbart ist, sich jedoch die Täter mit den Hinterbliebenen vergleichen. Zweitens ist aus einem Sühnevertrag aus Altensteig, Landkreis Calw, aus dem Jahre 1494 ersichtlich, daß Sühnekreuze bisweilen immer am gleichen Platz aufgestellt wurden.
Zitat aus dem Sühnevertrag bei Losch: "da man gewöhnlich solches zu tun pflegt und andere dergleichen Kreuz stand." Der Vertrag ist bei Nägele 1913 vollständig wiedergegeben.

Losch 1981: "Seit für die vielen Heilbronner Kreuze die Theorie vom Aussätzigen-Friedhof aufgebracht und im Heimatschrifttum, auch auf andere Steinkreuze angewandt, weitergereicht wurde , taucht sie sogar bei Befragungen als Allgemeinwissen auf. Kaum einmal bekommt man dagegen die Deutung als Sühnekreuz zu hören. Sie ist jedoch für viele der Kreuze anzunehmen, denn die Überlieferung zweier Totschlagsühne-Verträge in Heilbronn belegt den Gebrauch der Totschlagsühne in der allgemein üblichen Form und läßt darauf schließen, daß ähnliche Sühneverträge, die ebenfalls ausdrücklich die Errichtung eines steinernen Kreuzes verlangten, in größerer Zahl vereinbart wurden."

Die Theorie zum Aussätzigen-Friedhof findet man auch zu Weinsberg I und II.

Johann Matthäus Faber berichtet in seinen "Historiae Heil-brunnenses" (1700-1702) von 30 bei einem Bildstock stehenden steinernen Kreuzen mit darauf abgebildeten Handwerkszeichen. Solche Handwerkszeichen finden sich häufig auf Sühne- und Gedenkkreuzen. Faber zeichnet in seinem Werk auch die überlieferte Sage auf, siehe unten.

Bauer (2000) ist der Meinung, daß es sich bei den Kreuzen nur um Sühnekreuze gehandelt haben kann, denn verstorbenen Aussätzigen seien sicherlich nur einfache Holzkreuze gesetzt worden.

Etwa 20 Kreuze um einen großen Bildstock sind auf einem Plan von 1734 eingetragen. (Heim 1958)

Eduard Paulus dagegen berichtet von 60 steinernen Kreuzen, die bis 1756 dort gestanden sein sollen als Grabkreuze für aufrührerische, im 14. Jahrhundert hingerichtete Bürger. (zitiert nach Losch 1981)

Albrecht nennt 1951 ebenfalls 60 Kreuze, deutet sie aber unter Hinweis auf das ehemalige nahegelegene Gutleutehaus "ganz einfach" als "Friedhof der Armen Leute".

Dem ist anzumerken, daß im Mittelalter Armut eine unausweichliche Folge schwerer Krankheit war und die Begriffe Krankenhaus und Armenhaus für diese Zeit als Synonyme verstanden werden müssen.

Sage: Fabersche Chronik: Mehr als 40 Handwerksburschen und Weingärtner haben sich an der Stelle gegenseitig umgebracht, die Kreuze stehen dort zu ihrem Gedenken.
"[...] von 47 personen nur noch 9 lebend und also zugerichtet gewesen, daß in wenig tagen 4 gestorben."

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.47 (Heilbronn I) mit Abb.68
Albrecht, Georg - Topographie und Geschichte von Heilbronn. Aus: Flurnamen belichtet, In: Historischer Verein Heilbronn, 20. Veröffentlichung, Jubiläumsschrift,1951, S.51 bis 115; S.109 mit Abb.15 und Skizze 1 (S.112)
Steinhilber, Wilhelm - Das Gesundheitswesen im alten Heilbronn 1281-1871, 1956, S.287ff. und S.353ff.
Steinhilber, Wilhelm - Die Lepra und das städtische Leprosorum im alten Heilbronn, In: Historischer Verein Heilbronn, 21. Veröffentlichung, 1954, S.74 bis 112 mit Skizze (S.79)
Stadtverwaltung Heilbronn (Hrg.) - Vom Katharinenspital zum Städtischen Krankenhaus Heilbronn, 1952
Dürr, Friedrich - Chronik der Stadt Heilbronn, 1. Teil, 1926, Nachdruck der 2. Auflage von 1926 (1986)
Bauer, Gerhard W. - Über den Heidenweg zum Hurenbrunnen. Ein Umgang in der Heilbronner Stammflur mit Seitensprüngen, S.315/316 mit Abb. S.314, In: Schrenk, Christhard (Hg.) - heilbronnica. Beiträge zur Stadtgeschichte, 2000
Mistele, Karl-Heinz - Die Steinkreuze vor dem Sülmertor, In: Schwaben und Franken 9, 1963, Nr.3, S.2-3.
Mistele, Karl-Heinz - Von Sühne und Sühnekreuzen. In: Schwaben und Franken 17, 1971, Nr.9, S.III-IV.
Mistele, Karl-Heinz - Kreuze vor dem Sülmertor in Heilbronn , Versuch zur Deutung des ehemaligen Steinkreuznestes in Heilbronn mit Zeichnungen zu den Kreuzen Weinsberg III, Fürfeld und dem Kreuz beim Schloß Stettenfels im "Rattenhau". in: Schwaben und Franken. Hiimatgeschichtliche Beilage der "Heilbronner Stime", 16.Jg, Nr.11, 1970, S.1-3
Schwinghammer, Gerhard und Makowski, Reiner - Die Heilbronner Strassennamen, Stadt Heilbronn (Hg), Tübingen 2005
Heim, Werner - Der Heilbronner Flurname "Im G'schrei", In: Schwaben und Franken, Heimatgeschichtliche Beilage der Heilbronner Stimme 4,1958, Nr.3.
Heim, Werner: Die Kreuze am Frauenweg, In: Schwaben und Franken 15,1969, Nr.10.
Mogk, Eugen - Der Ursprung der mittelalterlichen Sühnekreuze, in: Berichte über die Verhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Phil.-Hist. Klasse 81
Schliz, Alfred: Führer durch die Sammlungen des historischen Museums in Heilbronn. In: Historischer Verein Heilbronn 8,1906, S.105
Urkundenbuch der Stadt Heilbronn, 2. Band, bearbeitet von Moriz v. Rauch. Stuttgart 1913 (württ. Geschichtsquellen XV), S.554f., Nr.1695 f, b.
Nägele, Anton - Über Kreuzsteine in Württemberg und ihre Bedeutung. Monumente und Dokumente zur Kreuzsteinforschung mit besonderer Berücksichtigung Oberschwabens. In: Württ. Jahrbücher für Statistik und Landeskunde 1913, S.377-426.
Die Kunst- und Altertumsdenkmale im Königreich Württemberg. Ab 1889.
Markungsplan mit Einzeichnung der Befestigungen und den Stellungen der kaiserlichen Armee 1734-1740, Stadtarchiv Heilbronn (Bauer (2000) zitiert den Plan als "PKR 31")
Hermann, Karl - Die ehemaligen Kreuzsteine auf den Kreuzäckern, in: Neckarzeitung 1932, Unterhaltungsblatt Nr.16, Für Neckargartach dasselbe im Neckargartacher Gemeindeblatt 1932, Nr.11 (zitiert nach Albrecht 1951)
Stadtarchiv Heilbronn, Frau Annette Geisler und Herr Walter Hirschmann
Recherchen, Wegbeschreibungen, aktuelle Infos und Aufnahme von Leopold Hessek, Mosbach
zusammengestellt und bearbeitet von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



Heilbronn (II)


Abbildung bei
Albrecht (1951)

Abbildung bei
Losch (1981)

Zum Rebmesser:
Wappenfenster
in der Heilbronner
Kilianskirche mit
zwei gekreuzten
Weinberghapen
(1487)

GPS: N 49° 07,392', O 9° 14,652'

Standort: Am Wilhelm-Mattes-Weg, beim Waldparkplatz am Gaffenberg, etwas versteckt im Unterholz, daher im Sommer stark zugewachsen.

Größe / Material: 99:64:24 / Sandstein

Geschichte: Die Kanten sind stark zurückgearbeitet auf Achteckquerschnitt, doch läuft die Abschrägung am Schaftende und an den Winkeln aus. Dadurch gewinnt die Kreuzmitte an voll profilierter Ansichtsfläche. Die Kopfhöhe ist betont bei sonst ausgewogenen Maßverhältnissen.
Zeichen: Gesicht in der Kreuzmitte, leicht nach links gerückt. Rechts daneben, zum Teil auf dem rechten Arm, ein nach links liegendes Rebmesser. Datierung: ca. 15. Jh. (Losch 1981).

   Nach der neuen Heilbronner Oberamtsbeschreibung I S.304 stehen solche im Heilbronner Stadtwald; am Zigeunerstöckle, beim Aussichtsturm; im Rattenhau bei Stettenfels, im Grafenwald bei Happenbach. Auf dem heute noch sog. Kreuzacker sollen nach dem Inventar Neckarkreis S.242 60 steinerne Kreuze bis zum Jahre 1756 gestanden haben, nur das erstgenannte konnte ausfindig gemacht werden; es ist 0,67m hoch, 0,25m oben und unten breit, Querstamm 0,64m, und 0,19m dick. Ein Totenkopf ist mitten eingemeiselt. (Nägele 1913)

Sage: Das Kreuz soll ein Sühnekreuz sein. In der Nähe "Steinkreuzhütte".

Quellen und Literatur:
Nägele, Anton - Über Kreuzsteine in Württemberg und ihre Bedeutung, in: Württemberisches Jahrbuch für Statistik 1913, S.417
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.48
Albrecht, Georg - Topographie und Geschichte von Heilbronn. Aus Flurnamen belichtet. In : Historischer Verein Heilbronn, 20. Veröffentlichung, Jubiläumsschrift,1951, S.67 mit Abb.3
Recherche, Wegbeschreibung, aktuelle Infos und Aufnahme von Leopold Hessek, Mosbach
zusammengestellt und bearbeitet von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



Heilbronn (III)


Nachbildung. Detail

Abbildung des
Oreiginals bei
Albrecht (1951)

Abbildung bei
Bauer (2000)

Stadtansicht mit
Galgen im Hintergrund
(1557)

Stadtansicht mit
Galgen im Hintergrund
(1643)

GPS: N 49° 08,822', O 9° 14,231'

Standort: Am westlichen Ende der Straße "Armesündersteige".

Größe / Material: Sandstein

Geschichte: In Heilbronn steht noch ein weiteres Denkmal, das im Zusammenhang mit Tod und Sühne steht:
Der Bildstock an der Armsündersteige.
In der Nähe seines ursprünglichen Standorts befindet sich heute eine Nachbildung, das weit über 2 Meter hohe Original wird als Teil der Stadtgeschichtlichen Ausstellung des Stadtarchivs Heilbronn in der Eichgasse 1 aufbewahrt.
Schaft und Rand des Bildes sind in Form eines mit Aststummeln besetzten und oben zu einem Kreis gebogen Baumes gearbeitet, wobei der Schaft als Stamm, der Kreis von zwei zusammengebundenen Ästen dargestellt wird. Die Ansichtsfläche zeigt Jesus mit dem Kreuz auf dem Rücken, umgeben unter anderem von Spöttern, und darunter die Jahreszahl 1514 in gotischer Schrift. Das Bildrelief des Originals ist fast bis zur Unkenntlichkeit verwittert.
Das Denkmal dürfte einst eine ähnliche Funktion erfüllt haben wie das beim Beerfelder Galgen in den Boden eingelassene Steinkreuz, denn bei ihm bekamen zum Tode Verurteilte Gelegenheit zu einem letzten Gebet und erhielten möglicherweise die Sterbesakramente.
Die Darstellung des Christus, der sich unter der Last des von ihm getragenen Kreuzes beugt mag dem Todgeweihten versinnbildlicht haben, was ihn nun erwartet: ein steiler und beschwerlicher Aufstieg zur eigenen Hinrichtungsstätte auf dem Galgenberg, wie ihn einst Jesus Christus am Berg Golgatha bewältigen musste. Die Frage, ob dem Verurteilten das religiöse Bildnis Trost spenden oder sein Leiden verlängern und intensivieren sollte kann jeder für sich beantworten. Teil der Strafe war natürlich der Aufstieg entlang der Armsündersteige, deren Name sich von selbst erklärt.
Bis etwa 1600 wurde der Weg zum Galgen "Santzensteige“ genannt. Gerhard W. Bauer weist auf die zwei in Frage kommenden Deutungsmöglichkeiten dieser Bezeichnung hin: einerseits könnte sie sich von sancta (lat., Schlußgebet) ableiten, andererseits ist eine Zusammensetzung aus den mittelalterlichen Begriffen santh (schuldig) und zen (Jammer) denkbar.
Auch der schöne Ausblick vom Standort des Galgens über Stadt und Neckartal, wo sich heute nicht zufällig eine Aussichtsplattform befindet, sollte dem "armen Sünder“ noch einmal vor Augen führen, welch schöne Welt er nun wegen seiner Untaten verlassen muß. Der Galgen selbst war ein so genannter "dreischläfriger“, in Heilbronn auch "Dreibein“ genannt, wie er in Beerfelden noch am besten erhalten ist. Diese Konstruktionsweise war weit verbreitet und ist beispielsweise an den Galgen beziehungsweise deren Überresten in Mudau, Kirchbrombach oder Pfungstadt zu finden. Zwischen den drei Steinsäulen befanden sich ein Dreieck bildende Verstrebungen aus Eisen oder Holz, an denen bei Bedarf mehrere "Schächer“ gleichzeitig gehängt werden konnten.
Unweit des "Dreibeins“ befand sich auch der Galgen der Stadt Weinsberg, die selbstverständlich ihr eigenes Hochgericht hatte.
Abgebildet ist der Heilbronner Galgen auf einigen alten Stadtansichten, die den "klassischen“ Blick auf die Stadt von Westen her über den Neckar abbilden. Auch im Markungsplan von 1734/40 sind Bildstock, Steige und Galgen eingetragen.
Anzeichen dafür, daß die Ausmaße des Galgens auf den Stadtpanoramen nicht überproportional dargestellt sind, haben Ausgrabungen um die Wende des 19./20. Jahrhunderts ans Licht geholt. Die Fundamentreste des 1811 abgebrochenen "Dreibeins“ weisen eine Dicke von 1,20 Metern auf und bilden ein Dreieck mit einer Innenweite von 7,50 Metern. Daraus kann gefolgert werden, daß auch seine Höhe beachtlich gewesen sein muß.
1901 wurden unterhalb der Hinrichtungsstätte die Skelette von zehn Erhängten gefunden.
Rätselhaft ist der Fund von Pferdeschädeln, die aufgrund der tadellos erhaltenen Gebisse von jungen und gesunden Tieren stammen müssen. Dies läßt darauf schließen, daß sich in vorchristlicher Zeit an der Stelle eine Opferstätte befand.
Belegt ist, daß der Galgen nicht die einzige Hinrichtungsstätte Heilbronns war. Beim Steinkreuznest vor dem Sülmertor vollzog der Scharfrichter die Todesstrafe durch Köpfen mit dem Schwert: im "langen Leidmantel“ sei der korrupte Steuerherr Strobel im Jahre 1575 hinausgegangen und bei den Kreuzen hingerichtet worden.
Die Heilbronner Henker mussten auch auswärtige Termine wahrnehmen. Nachgewiesenermaßen holten die (Schwäbisch) Haller mindestens drei mal (1464, 1466 und 1473) den Heilbronner Vollstrecker, auf daß er sein Handwerk in der Salzsiederstadt verrichten möge. (Hessek 2007).

Sage:

Quellen und Literatur:
Albrecht, Georg - Topographie und Geschichte von Heilbronn. Aus Flurnamen belichtet. In: Historischer Verein Heilbronn, 20. Veröffentlichung, Jubiläumsschrift, 1951, S.51-115; S.103 m.Abb. Nr.13, S.108-109 und Skizze S.112.
Bauer, Gerhard W. - Über den Heidenweg zum Hurenbrunnen. Ein Umgang in der Heilbronner Stammflur mit Seitensprüngen, S.258 mit Abbildung des Originals S.259 und S.288-290. In: Schrenk, Christhard (Hg.) - heilbronnica. Beiträge zur Stadtgeschichte, 2000
Rau, Rolf - Der Heilbronner Stadtwald und sein Lehrpfad. Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn, 1970, S.35-36
Wunder, Gerd - Die diplomatischen Beziehungen der Reichsstädte Heilbronn und Hall im 15. Jahrhundert (1412-1512), In: Historischer Verein Heilbronn, 23.Veröffentlichung, 1960, S.141-167, S.147
Nordhoff-Behne, Hildegard - Gerichtsbarkeit und Strafrechtspflege in der Reichsstadt Schwäbisch Hall seit dem 15.Jahrhundert, in: Forschungen aus Württembergisch Franken, Band 3, Schwäbisch Hall 1971
Bildquelle Stadtpanoramen-Ausschnitte: wikipedia
Recherchen, Wegbeschreibungen, aktuelle Infos und Aufnahme von Leopold Hessek, Oedheim
zusammengestellt und bearbeitet von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach


Sühnekreuze & Mordsteine