Deutschland Baden-Württemberg Kreisfreie Stadt Stuttgart

Stuttgart (I)


Blick zum Standort

Abbildung bei
Losch (1981)

PLZ: 70173

GPS:

Standort: Neben dem Eingang zur "Diemershaldenstraße 13".

Größe / Material: 145:87:? / Schilfsandstein

Geschichte: Benennung: "Postmichelkreuz", wahrscheinlich spätmittelalterliches Rechtsdenkmal. Das Postmichelkreuz, früher in der Wagenburgstraße beim Aufgang zur Uhlandshöhe in eine Weinbergmauer eingelassen, steht heute neben dem Eingang zu "Diemershaldenstraße 13". Es soll ein Pest- oder Sühnkreuz gewesen sein und trug einmal die Jahreszahl 1491. Die Sage vom Postmichel ist nach Wais (1954) frei erfunden.

Das Kreuz ist in eine Mauer eingelassen, die zum Grundstück Diemershaldenstraße 13 gehört. Ein im Haus befindliches Gemälde aus der Zeit um die Jahrhundertwende zeigt es an einem früheren Standort, nämlich an der heutigen Wagenburgstraße, der ehemaligen "Eßlinger Steige". Vorderseite des Kopfbalkens ist weggebrochen. Form: Kräftig angelegte, regelmäßige Proportionen. Zeichen: In der Kreuzmitte befindet sich eine Nische mit Spitzbogendach; auf dem o.g. Gemälde ist darin eine Opferbüchse zu sehen. Nicht mehr vorhanden ist ein Kreuzigungsrelief, das sich unterhalb der Nische befunden haben soll.
Inschrift: Die Jahreszahl 1490 oder 1491 soll im Kopfbalken eingehauen gewesen sein. Auch von einer gotischen Minuskelschrift auf dem Querbalken ist nichts mehr zu erkennen. (Losch 1981)

[...] Hier gehört auch das bekannte Sühnkreuz für den Postillon von Eßlingen, in der Wagenburgstraße zu Stuttgart, früher Eßlinger Steige genannt von 1490; vergl. Nick Stuttgarter Chronik- und Sagenbuch 1875 S.171; der Postillion wurde als Mörder hingerichtet, der wirkliche Mörder gestand auf dem Totenbett und ließ das Kreuz setzen. Das Kreuz ist jetzt eingemauert in der Umfassungsmauer des Parks der Villa Alexandra; die Inschrift des Querarms ist unleserlich, die Vierung enthält eine jetzt leere Nische, in der eine bildliche Darstellung gewesen sein muß, darunter ist, in einem Kreis eingeschlossen, das flache Relief des Gekreuzigten. (Hertlein 1904)

   Das "Postilliokreuz", einst an der Eßlinger Staige, der Wagenburgstraße, ist seit etwa 10 Jahren in der Umfassungsmauer des Parks der Villa Alexandra eingemauert, die jetzt dem Verlagsbuchhändler Walter Keller gehört, nunmehr Diemershaldenstraße Nr.13, links vor dem Eingang in die Villa. Auf dieses steinerne Kreuz bezieht sich die Sage vom Eßlinger Postillion. Es ist 1,50m hoch, 0,80m breit, ganz mit Epheu umwachsen. Die Jahreszahl ist bis auf die letzte Ziffer noch deutlich zu lesen: 1491 (?); die Inschrift des Querarms ist nicht mehr zu entziffern. In der Vierung ist jetzt eine leere Nische angebracht, darunter in einer Kreislinie eingeschlossen ein flaches Relief mit dem Bild des Gekreuzigten. (Nägele 1913)

[...] vornen mit einem Josephshäuslein, in welchem die Himmelfahrt zu schauen ist, zuneben ein wohlverwahret Opferbüchslein [...] (Nick 1875)

Sage: Die Geschichte vom unschuldig hingerichteten Postknecht Michel aus Esslingen, der als Geist umging und zu dessen Gedenken das Kreuz errichtet worden sein soll, wurde 1845 zum ersten Mal veröffentlicht, und zwar als Zeitschriftenartikel in Form einer realistischen Berichterstattung. Seitdem wurde diese fingierte Reportage als Sage immer wieder nacherzählt, obwohl das ganze Geschehnis völlig frei erfunden war. Die Bezeichnung "Postmicheleskreuz" geht jedoch auf diese Geschichte zurück.

Quellen und Literatur:
Nick, F. - Stuttgarter Chronik- und Sagenbuch, 1875, S.171, 174
Hertlein, Friedrich - Steinkreuze [Schwarzwald], in: Aus dem Schwarzwald, Blätter des Württembergischen Schwarzwaldvereins, 12, 1904, S. 202-205 und S. 224-227 (hier S.204)
Nägele, Anton - Über Kreuzsteine in Württemberg und ihre Bedeutung, in: Württemberisches Jahrbuch für Statistik 1913, S.417a
Wais, Gustav - Alt-Stuttgart. Die ältesten Bauten, Ansichten und Stadtpläne bis 1800, Stuttgart 1954, S.6-11
Losch, Bernhard - Steinkreuze in Südwestdeutschland, 1968, S.117, Anm.339
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981
recherchiert und bebildert von Klaus Rau, Stuttgart (Fotos vom 7.02.2007)



Stuttgart (II)


Blick zum Standort

GPS:

Standort: Das Sühnekreuz steht in der in der "Schurwaldstraße" in Stuttgart Ost," Ecke Hornbergstraße" bei der Bäckerschmiede.

Größe / Material: (ohne ergänzten Schaft) 45:70:15 / Schilfsandstein

Geschichte: Losch (1981) beschreibt den Standort des Steinkreuzes mit: Städtischen Lapidarium, Mörikestraße 24. Ob das Steinkreuz in den letzten Jahren vom Lapidarium zurück zum Fundort kam und dabei der Schaft ersetzt wurde ist noch nicht geklärt.

Seit den 60er Jahren im Städtischen Lapidarium, Mörikestraße 24; bei Hausabbruch sichergestellt vom Grundstück Schurwaldstraße 43. Der Schaft fehlt. Bearbeitungsspuren auf der Ober- und Rückseite; mehrere große Schleifrillen auf der Rückseite. Das Kreuz war ursprünglich eingemauert; an den Rändern der Vorderseite sind noch Spuren der Einfassung zu erkennen. Form: Bei gleichlangen Kreuzbalken fließende Proportionen: Der Kopfbalken wird nach oben zu leicht schmäler, die Ansicht des Querbalkens nimmt von links (23cm) nach rechts (20cm) ab; das Tiefenmaß des ganzen Torsos nimmt nach unten leicht zu. Zeichen: Zwei ovale Halbbögen in der Kreuzmitte, breitflächig 1-3cm eingetieft; in der volkstümlichen Überlieferung als Sicheln gedeutet. Datierung: ca. 17./18.Jh. Nach mündlicher Überlieferung soll der Schaft die Jahreszahl 1804 getragen haben. (Losch 1981)

Sage: Etwa um das Jahr 1804 sollen zwei Frauen im Alter von etwa 25 Jahren auf dem Heimweg vom Feld wegen eines Mannes Streit bekommen haben. Mit ihren Sicheln hätten sie so lange auf einander eingeschlagen, bis sie beide verblutet seien. Darum zeige das Kreuz zwei gegen einander gestellte Sicheln. (Losch 1981)

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981
recherchiert und bebildert von Klaus Rau, Stuttgart (Fotos vom 5.02.2007)



Stuttgart (III)


Blick zum Standort

Abbildung bei
Losch (1981)

GPS:

Standort: In der "Wagenburgstraße", Ecke "Pflasteräckerstraße".

Größe / Material: 60:64:24 / Stubensandstein

Geschichte: Um 1286 an der Stelle errichtet, wo der Adlige von Ulm-Erbach erschlagen wurde.

Wagenburgstraße, Kreuzung Pflasteräckerstraße, auf dem Fahrbahnmittelstreifen. Bis Anfang 20.Jahrhundert war der Standort schräg gegenüber dem jetzigen, unter einer Linde an der Ecke Kniebis-/Pflasteräckerstraße. Das rechte Armende ist abgebrochen. Der Fuß ist frisch einbetoniert. Form: Unbeholfen gearbeitet; kurzer, breiter, leicht nach rechts versetzter Kopf. Die Armunterkanten sind zum Schaft hin etwas angehoben, daher leichte Armverbreiterung (links 19-ca. 21, rechts 21-ca. 23cm); außerdem leichte Schaftverbreiterung nach unten. Datierung: ca. 15./16.Jh. (Losch 1981)

   Am Gaisburger Weg bei Gablenberg stand ein ganz glattes Steinkreuz; gegenwärtig von der Stuttgarter Stadtverwaltung in Verwahrung genommen, soll es an die alte Stelle versetzt werden. Hertlein (1904) ist geneigt, daselbe mit dem in Nicks Stuttgarter Chronik und Sagenbuch erwähnten, 1287 durch die Leute des Grafen von Eberhard im Kampf gegen Rudolf von Habsburg getöteten Herrn von Ulm-Erbishofen zu identifizieren.
   "Dieser Stein wurde aber deswegen Sühnstein geheisen, weil Eberhard ausdrücklich ein solches Zeichen am Ort begehrte, damit der mächtige Reichsvogt von Ulm zu Augsburg keine Rache wegen des Todes seines Sohnes nehmen durfte, wie es die Sitten der damaligen Zeiten geboten."
   Nach der in den neueren Württ. Volksbüchern aufgezeichneten Sage von Ericho und Werner auf der Biberburg bei Kannstatt, fand sich beim 'Blutturm' im Nesenbachtale ein Mordkreuz zur Sühne für den vom feindlichen Bruder erschlagenen Werner mit der Inschrift: 'Den Brudermord sühnet nicht Reu' und Buß'. (Nägele 1913)

Sage: 1. In einer literarischen Sage des 19.Jahrhunderts mit dem Titel "Sage vom Sühnstein bei Gablenberg" wird berichtet, das Kreuz sei für einen im Jahr 1287 von Gablenberger Bürgern erschlagenen Ulmer Edelmannssohn errichtet worden, der an der Belagerung Stuttgarts durch König Rudolf teilgenommen hatte. Es sollte den Vater von einem Racheakt abhalten.
2. In die gleiche Erzählung ist eine weitere Sage einbezogen: Am Tag nach der Kirchweih 1564 sollen sich an dem Steinkreuz zwei Burschen mit Rebmessern gegenseitig umgebracht haben. Darum seien von Herzog Christoph für ewige Zeiten Markt und Kirchweih in Gablenberg verboten worden.
Von Anwohnern kann man heute eine Variante der Kirchweihsage hören: Zwei Brüder hätten einander umgebracht; oder: zwei Brüder hätten einander bei der Kirchweih aus Eifersucht wegen eines Mädchens umgebracht, und seitdem sei die Kirchweih verboten. (Losch 1981)

Quellen und Literatur:
Hertlein, Friedrich - Steinkreuze [Schwarzwald], in: Aus dem Schwarzwald, Blätter des Württembergischen Schwarzwaldvereins, 12, 1904, S. 202-205 und S. 224-227 (hier S.205)
Nägele, Anton - Über Kreuzsteine in Württemberg und ihre Bedeutung, in: Württemberisches Jahrbuch für Statistik 1913, S.417a/b
Losch, Bernhard - Steinkreuze in Südwestdeutschland, 1968, S.26
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981
recherchiert und bebildert von Klaus Rau, Stuttgart (Fotos vom 30.03.2008)


Sühnekreuze & Mordsteine