Mößinger (1936) |
Rockenmagd nach Mößinger (1962) |
PLZ:
69483GPS:
N 49° 31.121', O 8° 53.059'Standort:
Neben der "Hohen Straße", unweit der Rockenmagd im Wald.Größe / Material: 135:24:15 / Sandstein
Geschichte: Wird hier "Schäferstein" genannt. Der Rest eines steinernen Kreuzes, dem die Arme abgeschlagen wurden.
Sage: Das Kreuz wird mit dem Bildstock "Die Rockenmagd", der früher in der Nähe stand,
in Verbindung gebracht. Es wird erzählt, dass sich hier ein Spinnmädchen mit einem Schäfer getroffen hatte, die man eines Tages
beide tot fand. An das Mädchen erinnerte der Bildstock, an den Burschen das Kreuz.
Quellen und Literatur:
Die Sage ist in vielfältiger Form überliefert, die Heinrich Winter näher untersucht hat. Wegen der Geißfüße auf dem Kreuzsockel wird der Schäfer auch als der Teufel interpretiert.
Eine ähnliche Sage wird im Odenwaldkreis in Zusammenhang mit mehreren "Spinnmädchenkreuzen" berichtet, z.B. Wald-Amorbach, Kirchbrombach, Wallbach.
Zur "Rockenmagd" schreibt Mößinger 1962:
[...] auf dem Höhenrücken zwischen Finkenbachtal und Ulfenbachtal, heißt eine Stelle Rockenmagd. Dort liegen ein wenig abseits
vom Weg die Trümmer des gleichnamigen Bildstocks. Man sieht noch den kräftigen Sockelstein und das zerschlagene Oberteil. Der
Schaft, der in dem viereckigen Loch des Sockels steckte, ist nicht mehr vorhanden. Das Oberteil ist auch hier eine flache, nach oben
sich verbreiternde Nische, in der resthaft das Relief eines Kruzifixes zu erkennen ist. Der Kopf des Heilandes fehlt leider gänzlich,
aber immerhin läßt selbst der sehr trümmerhafte Zustand die Ähnlichkeit mit den beiden schon genannten Bildstöcken ahnen. Ein
deutliches Zickzackband unterhalb des Oberteils grenzt dieses von dem Schaft ab. Die Sage erzählt von einem Spinnmädchen, das
dort auf einen Schäfer wartete und vom Teufel erwürgt wurde. Eine andere Sage verbindet den Bildstock mit dem nahebei stehenden
Rest eines Steinkreuzes, dem sogenannten Schäferstein. Nach ihr sind die beiden Liebenden getötet worden, und für jede der beiden
Personen wurde ein Steinmal, der Bildstock und das Kreuz, errichtet. Der Name "Rockenmagd" ist nicht, wie Christ vermutet, von
einer Darstellung der Muttergottes auf dem Bildstock herzuleiten, sondern geht einfach auf das spinnende Mädchen zurück, das
dort getötet worden sein soll. Das ausgehauene Relief stellt ohne jeden Zweifel wie auf den beiden anderen angeführten Bildstöcken
den Heiland am Kreuz dar, wenn auch nicht klar zu erkennen ist, wie die Unterarme in der Bildnische dargestellt waren. (Mößinger, 1962)
• Mößinger, Friedrich - Bildstöcke im Odenwald, 1962, S.32-33
• Winter, Heinrich - Heimatliches Erbe, Bd. 1 - Am Wegrand. Heppenheim, ca.1966, S.144-146
• Winter, Heinrich - Die Sage von der Rockenmagd, in: Heimatliches Erbe, Bd. 1 - Am Wegrand. Heppenheim, ca.1966, S.144-146
• www.rothenberg-odenwald.de
• recherchen und aktuelle Aufnahme von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach
Unsere Aufnahme zeigt den hohen steinernen Wegweiser an der alten Wegkreuzung des Hochweges von Hirschhorn (links) nach Gras-Ellenbach (rechts) mit dem Weg von Hainbrunn nach Unter-Schönmattenwag. Unter hochgewachsenem Gestrüpp des Heidekrautes liegt der Steinsockel des alten Bildstockes von der Rockenmagd verborgen. |
"Am Kreuzweg nach Hainbrunn befindet sich ein Steinsockel ,die Rockenmagd'. Früher stand darauf ein Kreuz, in das ein Spinnrocken eingemeißelt war. Auf dem Steinsockel sind rätselhafte Zeichen zu sehen, die man für Geißfüße hält. Ein Schäferbursche von Unter-Schönmattenwag liebte eine Magd aus Rothenberg. Diese kam allabendlich mit Ihrem Spinnrocken. Die Liebenden trafen sich an der durch den Stein bezeichneten Stelle. Eines Tages fand man beide tot am Schäferstein auf. Dieser liegt unweit vom Kreuzweg."
Später, nach der Aufrichtung des Gedenkkreuzes, fand diese Sage eine Erweiterung. Wegen der Geißfüße auf dem Kreuzsockel wurde der junge Schäfer zum Teufel, der das Mädchen in der Gestalt des Schäfers an sich zu locken suchte. Eines Tages entführte er seine Geliebte in die Lüfte. Ähnlich einfach und kurz ist die Wiedergabe der Sage in der "Dorflinde" durch Jakob Haas:
"An der Wegkreuzung auf der Höhe zwischen Finkenbach und Unter-Schönmattenwag stand ein Bildstock mit dem gekreuzigten Heiland. Eine junge Dienstmagd aus Rothenberg besuchte gern alle Spinnstuben weit und breit. So ging sie eines Tages auch den über zwei Stunden weiten, fast immer durch einsamen Wald führenden Weg nach Unter-Schönmattenwag und wanderte auch spät abends diesen Weg wieder zurück. Anderntags fand man sie oben auf der Höhe mit nach rückwärts gedrehtem Gesicht tot am Wege liegend. Man sagte, der Teufel sei ihr unterwegs in der Gestalt eines hübschen Burschen erschienen und habe ihr, nachdem sie ihm gefügig war, den Kopf umgedreht."
Die nächste Fassung der Sage, durch P. Bergold in "Die Starkenburg" 1929/1-2 wiedergegeben, spinnt das schaurige Geschehen weiter:
Die Mädchen von Unter-Schönmattenwag wurden eines Tages in die Spinnstube des Nachbardorfes eingeladen. Als man bei der heutigen Stiefelhütte auf den Hochweg kam, blieb eines der Mädchen etwas zurück. Da stand plötzlich ein Jäger vor ihm und erbot sich, ihm den Spinnrocken zu tragen. Dem Mädchen wurde ganz bang zumut. Es wollte nach den Freundinnen rufen, konnte aber kein Wort herausbringen. Da es sich dem Jäger widersetzte, schlug er es mit dem Spinnrocken tot und verschwand, mit seinem Pferdefuß den Boden stampfend, in die Erde. Als die Freundinnen zurückeilten, sahen sie gerade noch den Jäger im Feuerschein in den Boden verschwinden. Man setzte darauf an dieser Stelle einen Gedenkstein und meißelte einen Spinnrocken hinein. Jetzt ist nur noch eine Rinne im Stein vorhanden. Er steht unterhalb der Stiefelhütte, in unmittelbarer Nähe des steinernen Wegweisers."
Am weitesten malt J. Pfeifer die Sage im 'Rodensteiner' 1949/4 aus. Nach ihr gesellt sich eines Abends zum
Schäfer ein Fremder, der ein Stück mitgeht, dann aber spurlos verschwindet. In diesem Augenblick werden die Sinne des Schäfers
verwirrt, so daß er in die Irre geht. Der Fremde aber kommt in der Gestalt des Schäfers zu dem wartenden Mädchen. Ihm wird ganz
bänglich. Auf Verlangen gibt sie dem als Schäfer verkleideten Fremden ihr Kreuzlein, das sie am Halse trägt. Dadurch bekommt er
sie in seine Gewalt und erwürgt sie. Wenig später kommt der wirkliche Schäfer an die Stelle und findet sein Mädchen tot. Verzweifelt
eilt er von dannen und wird nie mehr gesehen. Die entsetzten Dorfbewohner begruben das Mädchen an Ort und Stelle und errichteten
ihm auf dem Friedhof einen Stein, in den ein Kreuz und ein Spinnrocken eingemeißelt war.
Entfernen wir das Ausmalende, Nachträgliche und Willkürliche aus der Sage, dann erhalten wir einen Tatsachenkern, hier ein
an einem Mädchen geschehenes Verbrechen. Der daran erinnernde Bildstock mit dem Kruzifix in der Bildmitte aber verdankt seine
Aufrichtung wahrscheinlich der Totschlagsühne und dem Glauben, daß es als "Seelengeräthe" der verstorbenen ruhelosen Seele
ein Ort der Ruhe sei. Auch von dem alten Steinkreuz am Siegfriedbrunnen
bei Gras-Ellenbach, der am gleichen Höhenweg, an dessen nördlichem Ende liegt, gehen mehrere Sagen um. Hier sollen
sich zwei Männer (nicht e i n Mann, nämlich "Siegfried") gegenseitig getötet haben.
Die meisten Erinnerungsmale dieser Art sind verschwunden, zerstört und versunken. Ober ihnen rauscht der Wind in den
hohen Wäldern. Wandert der Heimatfreund im Spätsommer von Unter-Schönmattenwag durch 'den Klingen' hoch zur Stiefelhütte,
so gelangt er durch den "Todtenwald" und vorbei an der "Todtenquelle" zur Wegkreuzung. Wo der hohe steinerne Wegweiser steht,
da ist die Rockenmagd, deren Steinsockel er vielleicht vergeblich sucht. Blühendes Heidekraut überwuchert ihn und alles ringsum.
Aber er spürt irgendwie doch das Geheimnis des Ortes, das der warnende, gellende Schrei des Hähers zu hüten sucht. Bald aber
fällt die Waldesstille über den sinnenden Wanderer. Leise rauschen die Zweige im Höhenwind. Weiße Wolken segeln über den
blauen Himmel, und Waldbienen summen in der blühenden Heide...
(Winter, Heinrich - Heimatliches Erbe, Bd. 1 - Am Wegrand. Fünfzig Beiträge zur Heimatkunde und
Heimatpflege in Starkenburg und Nordbaden. Hrsg. von Walter Büge Verlag Buchdruckerei Otto KG, Heppenheim, ca. 1966, S.144-146)