Geschichte & Forschung Ikonographie Werkzeuge & bäuerliches Gerät

Attribute von Spinnern und Webern
Spinnrocken, Weberschiffchen, Garnspule, Spindel, Wirtel etc.


 Einzeichnungen auf Steinkreuzen und Kreuzsteinen 

Haberschlacht
Baden-Württemberg / Lkr. Heilbronn

Eine aus dem Jahr 1968 stammende Aufnahme zeigt eine schlichte Kunkel und eine Handspindel, deren Konturen lediglich eingerillt sind.
Foto: Mistele (1963)


Helmershausen
Thüringen / Lkr. Schmalkalden-Meiningen

Auf der Schauseite ist im Kreuzungsfeld ein stilisierter Spinnrocken eingeritzt.
Foto: Störzner (1988)


Zavelstein II
Baden-Württemberg / Main-Tauber-Kreis

Das Steinkreuz von 1447 mit Rocken und Handspindel als Attribute.
Foto: Seidel (2008)



Mühlhausen
Baden-Württemberg / Enzkreis

Großes, liegendes Weberschiffchen.
Foto: Azzola (1985)


Au am Rhein
Baden-Württemberg / Lkr. Rastatt

Weberschiffchen im Kreuzungsfeld eingeritzt.
Foto: Losch (1981)


Simmetshausen
Baden-Württemberg / Lkr. Schwäbisch Hall

Handspindel auf Längsbalken.
Foto: Stein (2006)



Bad Hersfeld
Hessen / Lkr. Hersfeld-Rotenburg

Grab-Kreuzstein im Hersfelder Stiftmuseum. In den Längsbalken ist unten ein Weberschiffchen eingerillt.
Foto: Azzola (1985)


Moselkern
Rheinland-pfalz / Lkr. Cochem-Zell

Steinkreuz von 1644 mit reliefierte Garnspule im Krezungsfeld.
Foto: Müller-Veltin (1977)


Bühren (X)
Niedersachsen / Lkr. Göttingen

Unter einem Scheibenkreuz ein schräggestelltes Weberschiffchen.
Foto: Müller / Baumann (1988)



 Darstellungen in anderer Verwendung 

Schlußstein im Kreuzgang bei der ehemaligen Dominikanerkirche St. Blasius zu Regensburg, um 1424, mit einem Weberschiffchen als Zeichen der Regensburger Leineweber.
Foto: Azzola (1991)









 Die Spinnerin in der Kunst 

Elisabeth am Spinnrocken. Detail vom rechten Flügel des Elisabethaltars, um 1510 von Johann von der Leyten, in der Elisabetkirche Marburg.
Quelle: Azzola (1985)

Spinnerin mit Spindel und Rocken
Bild von William-Adolphe Bouguereau (1825–1905)
Quelle: Wikipedia

Detail aus einem Tafelbild um 1400: Maria mit Standkunkel und Spindel, heute in Nürnberg.
Foto: Azzola (1985)



 Spinnrocken, Weberschiffchen und andere Werkzeuge der webenden und spinnenden Handwerke 

Links: Handspindel mit einem angedrechselten Wirtel.
Rechts: Wrocken eines Spinnrockens / einer Kunkel mit zwei gestürzt eingesteckten Handspindeln.
Beide Objekte im Siebenbürgischen Museum zu Gundelsheim am Neckar.
Quelle: Azzola (1985)

Spinnrocken und Spinnrad im Freilichtmuseum Landwüst (Vogtl.).
Foto: Gerth (2007)

Die ältesten, auf Kleindenkmalen des Spätmittelalters sowie des 16. Jahrhunderts anzutreffenden Weberschiffchen sind gerade, gleichsam in der Art einer stark bikonvexen Linse ausgeführt. Hingegen treten die Weberschiffchen von der Mitte des 17. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in geschwungenen Formen auf; das Bild zeigt ein solch geschwungen ausgeführtes Weberschiffchen des Jahrs 1846 aus dem Museum der Schwalm in Ziegenhain.
Foto: Azzola (1985)

Rockenstube
wurde im Hochstift Bamberg im 16. u. 17.Jh. nicht wechselnd in verschiedenen Häusern gehalten, sondern es wurde bei einer armen Person die Stube gemietet u. der Inhaber entschädigt.
   Sonntag nach dem h. Dreikönigstag 9.1.1605 verehren [= beschenken] die Mägde zu Markleugast (Stadtsteinach Obfr.) ihren Rockenwirt Hs. Schicker, bei dem sie die Rockenstube gehalten.
   1608 Memmelsdorf (Bamberg Obfr.): Die Frau, bei welcher die Rockenstube angestellt, ist sehr arm, hat kleine unerzogene, nackte und unbekleidete Kinder, kann dieselben nicht ernähren, ihre Steuer u. Anlage nicht geben. Sie hat den Vogt, solche Rockenstube zuzulassen bis Lichtmeß, damit sie ihren Ausstand u. ihre Kinder ein Stück Brot bekommen. Sie mußte 2½ Gulden in die Vogtei liefern (Strafgeld? Denn die Rockenstube war durch fürstl. Mandat schon verboten). Mord u. Totschlag folgten nicht selten auf die lustige Unterhaltung: 1589 Breitengüßbach (Schleßlitz Obfr.), 1598 Leutendorf (Sonneberg Koburg). Die Rockenstube war beim Hutmann (Schäfer); 1605 beim Schäfer zu Memmelsdorf.
   Das Wort Rockenstube, Rocken kennt man in Schwaben nicht; dafür Kunkelstube; Kunkel ist eigentlich nur die hölzerne, auf einem kleinen Gestell stehende, meist geschnitzte Stange, an die man das Knützle (Flachs) anlegt; dieses wird unterschieden von Wickele (Werg), das auf die Werg-Gabel gelegt wird (Bebenhsn., Babenhsn. Schw.), in der Gegend von Straubing "Rupfe".
   Auch im Allgäu kam es mancherorts vor, daß man das Kunkelhaus nicht wechselte, sondern daß eine Kunkelhausgesellschaft sich für den ganzen Winter um ein Haus, "wo man's hineinließ", gegen entsprechende Entschädigung umsah.
(Deutsche Gaue, 28.Band, 1927, 2.Lief., N.533-536, S.69)


Das Handspinnen
   Das Spinnen ohne Spinnrad, nur mit der Hand, war einst allgemein; bes. bevor das Spinnrad erfunden wurde (angeblich 1530 von dem Braunschweiger Jürgen).
Der Flachs wurde an die Kunkel angelegt u. mit einem Band umwickelt (s. Bild links). Mit der linken Hand wurden die Fasern ausgezogen, die rechte Hand drehte die Spindel am oberen Ende; die Spindel war ein Stäbchen, nach beiden Enden spitz verlaufend; gegen das untere war der Spinnwirtel angesteckt; die Spindel tanzte aufrecht sich drehend auf dem Fußboden.
Der Spinnwirtel war ein Ring oder eine durchlochte kleine dicke Scheibe, auch Kugel aus Horn, Zinn, in urgeschichtlichen Zeiten auch aus Stein (Grabfund aus der Steinzeit; nach Much).
   Unser Bild ist ein Ausschnitt aus Blatt "60 Jahr" der Kupferstichsammlung "Nützliche Zeitberachtung" von Konrad Meyern Straalern in Zürich, 18.Jh.
(Deutsche Gaue, 30.Band, 1929, 5.Lief., N.584-585, S.153)


Geisleden in Thüringen. In ihrem Wappen in rot mit silbernen, zweifach geteilten Wellenflanken und zeigt eine golden bekleidete Frau in Eichsfelder Tracht auf einem silbernen Schemel sitzend, die Rechte an einem silbernen Spinnrocken, mit der Linken eine silberne Spinnwirtel haltend.



 weitere Deutungsversuche 

Die Spindel als Rechtssymbol
Spindel ist Symbol der Frau und Hausfrau, vgl. Speer. Der Ehemann durfte die ehebrecherische Hausfrau mit der Kunkel und vier Pfennigen aus dem Hause weisen und war ihr weiter nichts schuldig, wenn sie ihm auch noch so viel Gut zugebracht hatte.
(Götzinger, Dr. E. - Reallexikon der Deutschen Altertümer. Ein Hand- und Nachschlagebuch der Kulturgeschichte des deutschen Volkes, Leipzig 1885, S.822)




 Weiterführende Quellen und Literatur (speziell) 
Azzola, Juliane und Friedrich Karl - Spinnrocken und Handspindel zwei steinerne Denkmale von 1447, in: Schwäbische Heimat 36, Heft 1 (Januar-März 1985), S.37-45 (Sonderdruck)
Azzola, F.K. / Krüger, Eckart - In Holz geschnitzt: Zwei Weberschiffchen und eine Tuchschere als handwerkszeichen am Haus Alter Steinweg 30 in Eschwege, in: Das Werraland, 37.Jg., 1985, H.2, S.32-36
Bormuth, Heinz - Die Spinnmädchen-Kreuze um die Böllsteiner Höhe, in: Schnellerts-Bericht 1979, S.18-22
Deutsche Gaue, 28.Band, 1927, 2.Lief., N.533-536, S.69
Deutsche Gaue, 30.Band, 1929, 5.Lief., N.584-585, S.153
Götzinger, Dr. E. - Reallexikon der Deutschen Altertümer. Ein Hand- und Nachschlagebuch der Kulturgeschichte des deutschen Volkes, Leipzig 1885


nach oben

Sühnekreuze & Mordsteine