Deutschland Thüringen Lkr. Saalfeld-Rudolstadt

Fischersdorf / OT von Breternitz


Perspektive

Abbildung bei
Störzner / Möbes
(1988)

Abbildung bei
Deubler / Künstler / Ost
(1977)

PLZ: 07338

GPS: N 50° 37.482', O 11° 24.340'

Standort: Von der aus Richtung Kaulsdorf kommende B85 zweigt etwa 200m vor Ortsbeginn von Fischersdorf rechter Hand ein aufwärts gehender Feldweg ab. Diesem folgt man etwa 100m. Das Kreuz steht rechter Hand am Abhang zur B 85

Größe / Material: 85:82:18 / Zechsteinkalk

Geschichte: Lateinisches Kreuz welches auf einer Gesteinspackung steht mit unregelmäßiger Oberfläche. Die Rückseite ist dagegen geglättet. An der Vorderseite, speziell an den Armen sind mehrere unterschiedlich große Löcher vorhanden. Am linken Arm an der Oberseite älterer Abschlag. Im Schaftteil ist eine Einritzung zu erkennen die sowohl als Lanzenteil oder Schwertteil zu deuten ist. (Häffner 09/2008)

Benennung: "Schwedenkreuz"; " Franzosengrab". Etwa 500m nnö. des Ortes, 4m ö. am Weg, der auf der höchsten Stelle der Fernverkehrsstraße 85 in n. Richtung von dieser abzweigt, etwa 70m von der Abzweigung entfernt, im Gesträuch.
Das Steinkreuz ist mehrfach versetzt worden. Es soll ursprünglich auf der Höhe des Roten Berges (etwa 400m n. des jetzigen Standortes) gestanden haben (Danz 1884 / 1892). Wie und wann es in die Gegend des jetzigen bzw. vorherigen Standplatzes kam, ist nicht bekannt (möglicherweise 1806?). Es stand hier zunächst an der w. Böschung der Straße nach Kaulsdorf, etwa 50-60m ssö. der jetzigen Stelle nahe beim Wegeabzweig. 1934 wurde es bei Straßenbauarbeiten an die gegenüberliegende, ö. Straßenseite versetzt, wo das Steinkreuz mindestens zweimal den Steilhang zur Saale hinuntergestoßen worden ist. Auf Veranlassung von R. Künstler, Saalfeld, konnte das Kreuz nach jahrelangem Verschollensein 1951 durch O. Müller, Fischersdorf, im Gehängeschutt wieder aufgefunden und daraufhin am jetzigen Standort neu aufgestellt werden (nach Künstler 1955; Müller 1965; Mitt. W. Dietzel, Saalfeld).
Lateinische Kreuzform. Schaft nach unten schwach eingezogen. W-Seite, auf dem Querbalken im Umriß eingeritzt: Jagdspieß oder Saufeder (Rest-L 60cm). Eingeritzt auf den Armen (je zwei Ziffern auf jedem Arm): 1806
Am jetziqen Standort mehrfach mutwillig umgebrochen und jeweils neu aufgestellt, so 1961, 1965 (zweimal) und zuletzt 1984 (zweimal) durch Steinmetzmeister W. Born. Krölpa, W. Dietzel und K. Waniczek, Saalfeld; bzw. K, Jüttner, Saalfeld. - Das Steinkreuz ist in eine Steinpackung eingesetzt und in seiner ganzen Restlänge sichtbar; der untere Teil des Schaftes fehlt alt. Mehrere alte Abschläge, besonders am Kopf und am N-Arm. Stärkere oberflächige Verwitterung. Möglicherweise am angeblich ursprünglichen Standort 1429 (Deubler / Künstler / Ost 1978) und um 1480 (Schmidt 1933; Dietzel 1983) erwähnt. 1784, Flurkarte: Eintrag eines Steinkreuzes auf dem Roten Berg (Mitt. u. Kopie W. Dietzel. Saalfeld). Müller (1965) bringt das Steinkreuz mit dem Adelsgeschlecht von Enzenberg in Zusammenhang; Künstler (1965) widerspricht dem zu Recht. - Zur möglichen Bedeutung als Grenzkreuz auf dem Roten Berg s. Dietzel (1983 ). Möglicherweise diente das Steinkreuz an seinem späteren Standort nachträglich als Grabmal, denn bei einer Wegeverbreiterung im März 1934 fand man "ein Grab von drei französischen Soldaten", offenbar nahe am Steinkreuz (Müller 1965). Hier fanden 1806 schwere Abwehrkämpfe statt (Künstler 1965). - (Störzner / Möbes 1988)

In Zusammenhang mit dem jahrhundertlang andauernden "Saalfeld-Kaulsdorfer-Bergkrieg" (Schmidt / Pfeiffer 1959), bei dem es um die Ausübung des Bergregals auf dem "Roten Berg" ging, - der "Rote Berg" war zu allen Zeiten durch seine Erzlager umstrittenes Bergbaugebiet der verschiedenen Mächte - ist folgendes Ereignis interessant: Um 1480 sollte der Mühlheinz aus Kaulsdorf auf Betreiben der Grafen von Schwarzburg auf dem Roten Berg beim "steinernen Kreuz am Pfennigstein" mit dem Schwert hingerichtet werden. Damals wurden von Saalfelder Seite 100 Mann aufgeboten, um die Hinrichtung dort zu verhindern (Schmidt 1933). Das "steinerne Kreuz am Pfennigstein", dessen Rolle als Grenzkreuz im umstrittenen Gebiet zum Ausdruck kommt, wurde damit, unabhängig von seiner Entstehungsursache, zum Platz einer beabsichtigten Gerichtshandlung gewählt, was die Gegenpartei nicht zulassen konnte, damit, wie es beim Röblitzer Rechtsfall heißt, "ihre Gerichte nicht geschwächet wurden". Im Falle Pfennigstein heißt dies auch Verhinderung des Versuchs der Untergrabung der städtischen Berghoheit auf dem Roten Berg. (Dietzel 1983)

Nach einem lohnenden Abstecher zum schon vor 10 000 Jahren von Altsteinzeitmenschen bewohnten Gleitsch steigen wir nun von der Höhe des Roten Berges ins Saaletal nach Fischersdorf hinab. Nördlich und oberhalb des Ortes erblicken wir ein zwar schon etwas verkürztes, sonst aber noch gut erhaltenes lateinisches Steinkreuz mit weit ausladenden Seitenarmen und einem verhältnismäßig kleinem, linksseitig abgeschrägten Köpfchen. Dieses Steinkreuz hatte eine wechselvolle Geschichte, bevor es 1951 seinen Platz in dieser reizvollen Umgebung erhielt. Vorher stand es unmittelbar an der Durchgangsstraße nach Kaulsdorf, zuletzt am Steilufer an ihrer höchsten Erhebung über der Saale, bis es etwa Ende der zwanziger Jahre mehrmals gewaltsam umgestoßen und schließlich den Saalefelsen hinuntergestürzt worden war. Seitdem galt es als verschollen. Den Bemühungen des verstorbenen Mauermeisters Oskar Müller, Fischersdorf, ist es zu verdanken, daß das am Fuß abgebrochene Kreuz geborgen und an weniger gefährdeter Stelle wieder aufgerichtet werden konnte. Doch selbst der ehemalige Standort an der gegenüberliegenden westlichen Straßenböschung kann kaum der ursprüngliche gewesen sein. Nach älterer Überlieferung (Danz 1892) ist er auf dem Roten Berg zu suchen. Es könnte sich demnach um das seit 1429 genannte Steinkreuz am Leutenberger Wege handeln. Diese Annahme wird noch durch die Darstellung einer sauber eingravierten, wohl als Mordwaffe zu deutenden Saufeder gestützt, die es zweifellos als echtes mittelalterliches Sühnekreuz ausweist. Auf keinen Fall aber kann das Kreuz, wie die Sage es will, den Schweden, die sich 1640 hier verschanzt hatten, zugeschrieben werden. (Deubler / Künstler / Ost 1978)

   Kreuzstein nördlich vom Orte, an der Fahrstrasse nach Caulsdorf, mit eingehauenem Schwert. (Lehfeldt 1894)

Sage: Das Steinkreuz soll an die Schweden oder einen gefallenen französischer) Soldaten erinnern (Mitt. R. Künstler, Saalfeld, 1975)

Quellen und Literatur:
Danz, F. - Mittheilungen über Steinkreuze, speziell über 6 alte solcher Denkmäler aus alter Zeit in der Umgegend von Rudolstadt, in: Schwarzburg-Rudolstädtische Landeszeitung vom 30.März 1884, Beilage Rudolstadt, S.167-168
Danz, F. - Sagenkranz. 100 Sagen aus der Oberherrschaft des Fürstenthums Schwarzburg-Rudolstadt, Rudolstadt 1892
Lehfeldt, Prof. Paul - Bau und Kunstdenkmäler Thüringens, Heft XIX, Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt. Amtsgerichtsbezirke Rudolstadt und Stadtilm, Jena 1894, S.250
Schmidt, G. - Die Saalfelder Bergwerke im 16.Jahrhundert, in: Das Thüringer Fähnlein. Monatshefte für die mitteldeutsche Heimat, Jena 1933, S.291
Künstler, Richard - Alte Sühnekreuze im Kreis Saalfeld, in: Kulturspiegel des Kreises Saalfeld und Pößneck, Heft Juni 1955, S.4, 6
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.61, Nr.393
Müller, O. - Das Junkertum im frühen Mittelalter, in: Saalfelder Kreisecho vom 18.März, Saalfeld 1965
Müller, O. - Steinerne Zeugen der Vergangenheit, in: Saalfelder Kreisecho vom 11.Juni, Saalfeld 1965
Deubler, Heinz / Künstler, Richard / Ost, Gerhard - Steinerne Flurdenkmale in Ostthüringen, 1976, S.48-49, 76
Dietzel, Werner - Zur Standortverteilung von steinernen Flurdenkmalen in Ostthüringen, in: Urgeschichte und Heimatforschung, Weimar 1983, Heft 20. S.42-52
Störzner / Möbes - Steinkreuze in Thüringen: Katalog der Bezirke Gera und Suhl, 1988, Nr.111 (Gera)
recherchiert und bebildert von Jost Häffner, Erfurt (Fotos von September 2008)


Sühnekreuze & Mordsteine