Alte Steinbilder an Bauten
Gerade von solchen Steinbildern wird alles Mögliche gesagt und gedichtet: Römisch, keltisch, slawisch, Götzenbilder; Sagen,
die aber meist Märlein sind.
Lengenwang (Marktoberdorf Schw.): Altes Bild aus Stein in der Wand außen
rechts der Kirchentüre, den hl. Wolfgang darstellend mit Beil. Die Kirche ist Wolfgang geweiht und etwa um 1200 erbaut worden. Aus dieser Zeit stammt das Steinbild.
Wir müssen also genau prüfen, ob wir keine Kirchenheiligen-Figur vor uns haben. Eine solche Figur kann auch von der Kirche weg verschleppt
und irgendwo eingemauert sein. Sie könnte dienen zur Feststellung des ehemaligen Kirchenheiligen, falls Verdacht besteht, dass die Kirche umgeweiht ist. Dabei
muß man auch die Beistücke der Heiligen beachten, die den Kirchenheiligen selbst oft vertreten; so ist die ausgemeißelte Axt an der Wolfgangskirche in
Thaining (Landsberg Obb.) nicht das Zeichen des Baumeisters, sondern das Beistück des hl. Wolfgang.
Giebelfußsteine sind längliche Werksteine, etwa 1 bis 1,5m lang, rund 0,40m hoch, die meist an
Kirchenecken herausstehen gleich da, wo das Dach ansetzt. Wenn aber die Kirche später erhöht wurde, fängt das Dach nicht mehr unmittelbar unter dem Giebelfußstein
an, sondern höher, und der Fußstein ragt etwa in halber Höhe aus der Ecke; so ist in beistehendem Bild von Kleinmehring
(Ingolstadt Obb.) b das aufsteigende Eck, a ist die noch erkennbare einstige Dachschräge. Auf diesem Giebelfußstein um 1200 ist der Gott Tyr mit Schwert und
geschlitztem linken Arm; er verjagt den Fenriswolf; ein Beweis, wie lang sich die Göttersage fortpflanzte; der Stein ist im südöstlichen Eck; im nordöstlichen Eck muß
ebenfalls ein Giebelfußstein gewesen sein; er ist bei der Erhöhung des Gotteshauses herabgefallen und kurzerhand in die Westwand eingemauert; ebenso gut könnte
er aber an irgend ein Bauernhaus übertragen worden sein oder sonst wo herumliegen. Was er darstellt, ist noch unklar.
Wer nimmt einmal diese Giebelfußsteine planmäßig vor? Und wenn er nur einige neue Kunde über unsere Urahnen ermittelt! Zusammenstellung
dieser Steine Deutsche Gaue 34, 144/u. über Männlein usw. in Stadtmauern zur Abgrenzung der Baupflicht an diesen s. Deutsche Gaue 28, 74; 29, 163; 34, 115; woraus
beistehendes Bild aus Bilshofen, wo die Klöster S. Nikolaus in Passau, Aldersbach (Bilshofen u. Niederalteich Hengersberg, alle Ndb.) Stadtmauer-Baupflichten hatten.
Hier ist nun besonders die Möglichkeit einer Verschleppung, weil die meisten Stadtmauern abgebrochen wurden.
Bei allen 3 beschriebenen Arten kommt das 12. oder 13. Jahrhundert in Frage, ebenso bei den folgenden.
Das Ganackersberger Mandl (Landau a. Isar Ndb.) Hochbild aus Stein. 0,80m hoch; war einst
an der dortigen Georgskirche aus dem 13. Jahrhundert; es wurde versetzt an den Pfarrhof zu Kammern (dgl.); es hat in den Händen eine Holzaxt mit breiter Klinge und
etwas gekrümmten Stil und wird ein recht gut gemeinter, aber sehr missglückter hl. Wolfgang sein aus der Erbauungszeit der Kirche. Der hl. Wolfgang steht nämlich
auch als Nebenfigur auf dem Hochaltar und wurde, weil für die Landleute viel wundertätiger, wohl mehr verehrt als der Hauptheilige S. Georg. Damit sind Deutsche Gaue
11, 18 und 12, 201 berichtigt; ebenso die Kunstdenkmäler Bayerns Ndb. 4,73/m ergänzt. Zu dem Unglück, dass unser Wolfgang gerade nicht klassisch ist, sind nach
600 Jahren auch noch die Maurer über ihn gekommen und haben ihm einen grünen Spenser, schwarze Hosen und blaue Strümpfe angemalt.
In der Kirchhofmauer zu Erlach (Hall Wt.) eine Steinfigur, etwa 0,80m hoch. Mtlg. Von H.
Dr. Kost, Hall (Wt.). Er übermittelte uns auch ein Lichtbild, an welchem man die Arme erkennt; der linke ist teilweise weggeschlagen. Dagegen in den Kunst- und
Altertumsdenkmalen Wt., Jagstkreis S.573 ist die Abbildung (Zeichnung) nicht verwendbar; dort ist das Männlein als Trägerfigur vermutet. Wir können nicht zustimmen.
Vielleicht ist es doch der ehemalige Kirchenheilige.
Haben wir uns schon beim Ganackersberger Mandl abgewöhnt, bei den Landkirchen um 1200 Schöpfungen von Michel Angelo zu suchen, so
wird uns die Figur von Erlach auch nicht so fürchterlich vorkommen. Freilich wissen wir den ursprünglichen Heiligen der Erlacher Kirche nicht, die 1248 erstmals und
1422 genauer als Heiligkreuzkirche genannt wird.
Sehr zu scheiden von diesen Figuren sind die Fratzengesichter an Quadern um 1200; Deutsche Gaue 4, 20;
5, 91; 12, 10/o mit Bildern. Beistehend solche (wenigstens das rechte) aus dem Museum in Schongau (Obb.) Deutsche
Gaue 5, 91; im Museum in Kempten (Schw.) ist eine ähnliche Steinmaske, ebenfalls von einem Quader abgeschlagen.
Darüber [Augsburg] Schwäbisches Museum 9 (1933), 113ff; der Fratzenkopf von Schongau (Bild oben rechts) und jener von Kempten aus der Zeit um 1200. Solche Köpfe
findet der Wanderer noch manche an Kirchen, aber auch an Häusern.
(Deutsche Gaue, XXXVII. Band, 1936, S.150-153)