Foto: Rüger (2012) | |
Foto: Rüger (2012) | |
Mößinger (1932) | |
“Bäckermädel” | |
in Schönau |
PLZ:
69250GPS:
N 49° 27,361', O 8° 49,493'Standort:
Etwa 30 bis 40 Meter oberhalb des Bäckermädel-Denkmals, direkt bei einem Topographischen Punkt.Größe / Material:
80:35:18 / SandsteinGeschichte:
Der Stein steht nicht mehr senkrecht, aber das Kreuz mit den Ring-Enden ist sehr gut zu erkennen. Der Stein steht auf der Grenze zwischen dem Staatswald und dem Wald der Evangelischen Pflege, er entspricht den Grenzsteinen im Michelbucher Forst, die die Nummern 136 und 143 tragen.Sage:
Ein Mädchen, das mit Wecken von Schönau nach Heddesbach unterwegs war, also ein Bäckermädchen, wurde dort ermordet mit einer Schere. Ihr zum Gedächtnis errichtete man an der Mordstelle ein Steinkreuz, auf dem Schere und Weck angebracht wurden. (Mößinger 1932)Quellen und Literatur:
Oestlich von Altneudorf im Odenwald befindet sich an der Straße, die durch den Wald von
Schönau nach Heddesbach führt, ein mächtiger Gedenkstein, der unter einem eingeritzten Kreuz die Inschrift "Bäckermädel" trägt. Nach
übereinstimmendem Zeugnis dortiger Einheimischer steht jedoch der alte Stein, der zu dem an dieser Stelle gebräuchlichen Namen "Bäckermädel“
den Anlaß gab, weiter oben am Berghang und läßt sich auch heute noch dort mit einiger Aufmerksamkeit finden. In dem "Kurpfälzer Jahrbuch 1925“
hat Karl Christ diesen Stein als Steinkreuz bezeichnet, wohl unter dem Eindruck, dass die davon berichtete Sage eine typische Steinkreuzsage ist.
Ein Mädchen, das mit Wecken von Schönau nach Heddesbach unterwegs war, also ein Bäckermädchen, wurde dort ermordet mit einer Schere. Ihr
zum Gedächtnis errichtete man an der Mordstelle ein Steinkreuz, auf dem Schere und Weck angebracht wurden. In der Tat sieht man noch heute
auf dem Stein ein eingegrabenes Gebilde, das man bei flüchtiger Betrachtung für eine Schere halten kann. Bei genauer Besichtigung aber stellt sich
heraus, dass von Schere und Weck gar nicht die Rede sein kann. Es handelt sich bei der Darstellung fraglos um ein etwas schräg liegendes Kreuz,
dessen Enden als Kreisringe ausgebildet sind. Zwar sind die beiden rechten Ringenden nur noch schwach zu erkennen, weil der Stein an dieser
Stelle stark verletzt ist und dadurch ein ganzes Stück seiner Breite eingebüßt hat, aber die Gesamtdarstellung wird dennoch deutlich. Außerdem hat
der Stein nicht im mindesten Kreuzform, sondern ist eine schmale, roh bearbeitete Platte (Maße zirka 80:35:18 Zentimeter), die, wie schon erwähnt,
rechts und auch oben ein Teil durch späteres Abschlagen verloren hat. Von Querarmen ist keine Spur zu entdecken; nichts deutet darauf hin, dass
sie je vorhanden waren.
Das Kreuz mit den Ringenden könnte irgendein Besitzerzeichen sein; es wäre dann eine Andeutung, welcher mann an
dieser Stelle umgekommen sei - eine Annahme, die immer noch den Gedanken eines Sühnemals, wenn auch keines Kreuzes, aufrecht erhält. Daß
dann später die unverstandene Marke als Schere und Weck erschien und die entsprechende Sage hervorrief, wäre gut denkbar. Aehnlich entstandene
Sagen lassen sich in ganz Deutschland finden.
Zu einer ganz anderen Annahme und zu einer Klärung des Sachverhalts führt eine Spur, die durch Zufall aufgefunden wurde.
Unter den alten Grenzsteinen im südlichen Odenwald befinden sich zwei an der Ostgrenze des Michelbucher Forstes, die durch ihr Aussehen den
Eindruck hohen Alters machen. Während aber am Pfalzwald sehr schöne Steine von 1583 mit dem Hirschhorn auf der einen und dem Abtstab für
Schönau auf der anderen Seite die Besitzverhältnisse klar anzeigen, ist dies bei den genannten Steinen nicht der Fall. Der eine trägt ein tief eingegrabenes
Kreuz mit gespaltenen Enden, der andere ein tief eingegrabenes Kreuz mit Ringenden. Auf den ersten Blick fällt bei letzterem die Aehnlichkeit mit dem
Bäckermädel auf, obwohl auf dem Grenzstein das Kreuz senkrecht steht. Beide Steine zeigen außerdem eine Nummer und den von einem S durchkreuzten
Abtstab, dünn eingeritzt und offenbar nachträglich, vielleicht viel später eingehauen. Dazu kommt noch G B (Großherzogtum Baden) und auf der sonst
leeren Rückseite G H (Großherzogtum Hessen), die nicht vor 1806 angebracht sein können. Es verdient noch bemerkt zu werden, dass das auf der
gleichen Grenze, nicht weit von den alten Steinen stehende "rote Bild“, ein Bildstock aus dem Jahre 1524, ebenfalls als Grenzmal gesetzt wurde, denn
es trägt auf der einen Seite das Schönauer, auf der anderen das Hirschhorner Wappen.
Diese Grenzsteine sind nun von entscheidender Bedeutung für unser "Bäckermädel“. Es ist der Gedanke nicht von der Hand zu
weisen, dass dieser Stein ebenfalls ein Grenzstein war, und zwar aus shr alter Zeit. Dafür spricht nicht nur seine schon erwähnte plattige Form, sondern
auch der Umstand, dass der alte Stein heute noch fast auf der Grenze steht, wo Steine von 1792 mit dem Schönauer und mit dem Pfälzer Wappen auf
der Gegenseite zu finden sind. Dabei muß es sich um eine sehr alte Grenze handeln, wahrscheinlich um das Gebiet, das im Stiftungsbrief für das
Kloster Schönau vom Jahre 1142 genannt wird, denn der Küpfelbach, der heute talabwärts dort die Grenze bildet, trägt schon 1142 diesen Namen.
Kurze Zeit später, im Jahre 1150, kam auch der Michelbucher Hof, an dessen Grenze die Steine mit den Kreuzen zu sehen sind, als Schenkung des
Bischofs von Speyer an das vor kurzem gegründete Kloster Schönau. Leider hat sich, trotz freundlicher Hilfe des Badischen Generallandesarchivs,
die Bedeutung der Kreuze, insbesondere der Ringkreuze, nicht ermitteln lassen. Es bleibt eine Vermutung, dass diese sehr frühe, vielleicht die erste
Besitzzeichen des Klosters Schönau waren, die damals, also schon im 12. Jahrhundert, auf den Grenzsteinen angebracht wurden. Ein solch hohes
Alter erscheint trotz mancher Bedenken möglich, einmal, weil schon im Jahre 1524 das Schönauer Wappen auf dem "roten Bild“ ganz anders dargestellt
ist (Schlüssel und Abtstab gekreuzt und von einem S durchschlungen), und dann, weil nur ein hohes Alter es verständlich macht, dass die wahre
Bedeutung des Kreuzes aus dem Gedächtnis der Leute kam und jene sagenhafte Deutung als Schere und Weck entstehen konnte. Daß im übrigen
ein Kreuz als Zeichen des Klosterbesitzes nahe liegend ist, braucht nicht besonders betont zu werden.
Zusammenfassend darf also gesagt werden, dass das "Bäckermädel“ nichts Weiteres als einen alten Grenzstein darstellt
und der neue Denkstein dort fehl am Platze ist.
(Anm.: Dagegen ist die Rockenmagd zwischen
Brombach und Unterschönmattenwag, die von Langheinz (Arch. f. hess. Gesch. 14) und Christ (Mannh. Geschichtsbl. XIV 1913 und Kurpfälzer
Jahrbuch 1925) als Bildstock bezeichnet wird, einwandfrei der Rest eines Steinkreuzes, worüber an anderer Stelle berichtet werden wird.)
(Mannheimer Gesch.-Bl., 1932, H.12, Sp.239-242)