Deutschland Baden-Württemberg Lkr. Schwäbisch Hall

Hilgartshausen (I) / OT von Rot am See


Zustand 2015
Foto: Hartig

die andere Seite
Foto: Hartig (2008)

Abbildung bei
Losch (1981)

PLZ: 74585

GPS: N 49° 16,044', O 10° 3,496'

Standort: Von Rot am See kommend unmittelbar vor Hilgartshausen hinter der Brücke über den Wiesenbach nach links abbiegen in Richtung Engelhardshausen. Das Kreuz ist nach 380m links in der Wiese in einer kleinen Grünanlage mit Teich zu finden.

Größe / Material: 73:60:17 / Muschelkalk

Geschichte: Im Juli 2014 wurde von Ortsvorsteher Reiner Groß, Brettheim und Pfarrer Hans-Gerhard Hammer der heimatkundliche “Bundschuhweg” initiiert. Die Station G führt zum Kreuz “Hilgartshausen (I)” / ”Steinkreuz am Gumpen” und die Station I zum Kreuz “Hilgartshausen (II)”/”Steinkreuz im Ried”.
Nach Aussage von Reiner Groß wurden die beiden Sagen in der Schule Brettheim auswendig gelernt und somit im Bewusstsein der Bevölkerung gehalten.
Sage zum Steinkreuz am Gumpen an der Engelhardshauser Straße

Das Kreuz zeigt eine ausgeglichene Form. Die Arme weisen ziemlich genau in O-W-Richtung und sind am Ende abgestoßen. Der linke (östliche) Arm ist etwas höher angesetzt als der rechte. Im Kopfbereich befindet sich an der westlichen Oberkante eine kleine Absplitterung entlang einer Schichtfuge im Gestein. Gegenüber der Literatur steht das Kreuz aktuell 12cm tiefer in der Erde, wobei nicht klar erkennbar ist, ob das Kreuz abgesunken ist, oder, was eher anzunehmen ist, beim Anlegen des Teichs in neuerer Zeit der Schaft mit Aushub angefüllt wurde.
Auf der Nordseite ist im Kreuzungsbereich eine Inschrift eingehauen:
LUDWIG SCH[...]
ZU BRÜCHLING
1677
Der Nachname wurde schon gelesen als: "SCHNE", "SCHILL[...], "SCHID", meistens als "SCHIED", der Ortsname auch als "BRUCHLING" und "BRÜCHLING". - Eintrag im Kirchenbuch von Billingsbach: "Anno 1677, den 18. Oktober, ist Ludwig Schneider von Brüchlingen nach Mußdorf gegangen auf den Markt und von dort nach Hilkertshausen ... von einem Mörder abwärts geführt und erschlagen worden." Datierung: 17.Jh. (Kraiss / Reuter / Losch 2001)

[...] Undeutlich zu lesen ist die Inschrift auf dem Kreuz bei Hilgartshausen: "Ludwig Schne... zu Brüheling... 1677". [...]
   In dem Wiesengrund zwischen Brettheim und Hilgartshausen, der auch eine Art "Kreuzacker" gleich dem bei Heilbronn a.R. und Reicholzheim in Baden gewesen zu sein scheint, stehen heute noch 4 Kreuze, alle ohne Zeichen. In den Maßen stimmen sie nach Flecks gepfl. Mitteilung fast ganz miteinander überein: Höhe 0,86m, Breite 0,60m, Dicke 0,17m. Die Form ist rechtwinklig, Kopfstück und Querarm sind gleich lang. 1 am Weg nach Eckartshausen am Anfang des Brettachtals. (Nägele 1913)

Sage: Dort soll vor langer Zeit jemand umgebracht worden sein.

Quellen und Literatur:
Nägele, Anton - Über Kreuzsteine in Württemberg und ihre Bedeutung, in: Württemberisches Jahrbuch für Statistik 1913, S.381b, 390a, 395b, 420a
Losch, Bernhard - Steinkreuze in Südwestdeutschland, 1968, S.56
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981
Kraiss, Eva Maria / Reuter, Marion / Losch, Bernhard - ...und erschlugen sich um ein Stücklein Brot - Sühnekreuze in den Landkreisen Schwäbisch Hall und Hohenlohe, Herausgeber: Isabella Fehle im Swiridoff Verlag, 2001
recherchiert und bebildert von Peter Hartig, Kirchberg/Jagst (Fotos vom 23.Juli 2008 und November 2015)



Sage zum Steinkreuz am Gumpen an der Engelhardshauser Straße

Im klein Dörflein Hilgartshausen
steht auch mein liebes Vaterhaus.
Wie gern geh ich am frühen Morgen
den Bach entlang ans Ried hinaus.

Die Brettach drängt sich langsam schleichend
durch dickes Schilf, durch Wies und Feld.
Ein kleiner Bach auch langsam fließend,
sich nach der Brück ihr zugesellt.

Das Bächlein kommt von einem Tümpel
an dessen Ufer Pappeln stehen.
Es nisten Krähen dort und Elstern,
im Wasser sich die Molche drehen.

Als Kind wollt ich dort einmal baden,
doch schalt der Ganshirt: “Lass es sein!
Im Gumpen, so erzählt die Sage,
liegt tot ein armes Bäueriein.“

An einem schwülen Sommertage
kam wiederum ich an diesen Ort.
Am Steinkreuz legt ich mich nieder,
es mahnt an den geschehnen Mord.

Hatt ich wohl lange dort gelegen?
Wie unheimlich ward mir zumut.
Wars nicht als ob die Erde bebte.
stand nicht der Himmel rot in Glut?

Da, eine greuliche Gestalt!
Ich wollte fliehen, doch konnt ich nicht.
Ein finstrer Mensch mit langem Bart
steht plötzlich vor mir da und spricht:

“Weich Sterblicher von dieser Stelle!
Mit Menschenblut war sie getränkt!
Hier stieg es rauchend in die Höh
den suchend, der den Himmel lenkt.

Ich bin der Mörder, und der Rache
des Himmels konnt ich nicht entfliehen.
Im Grabe find ich keine Ruhe,
ans Steinkreuz muss ich ewig ziehen.“

So sprach er und mit Donnerrollen
und Blitzeszucken er verschwand.
Da wacht ich auf, nah über mir
stand eine schwarze Wolkenwand.

Noch schüttelte mich ein kaltes Grausen.
Wars Wirklichkeit, wars nur ein Traum?
Nach Hause lief ich, was ich konnte.
Der Blitz schlug ein im Pappelbaum.

Wahr ist, dass hier vor vielen Jahren
ein braver Bauer fand den Tod.
Aus Geldgier raubte man sein Leben.
Das Kreuz spricht noch von seiner Not.

Und Ludwig Schneider war sein Name.
Auf “dr Muswies“* konnt er viel erwerben.
Froh eilt er heim nach Brüchlingen,
doch war die Barschaft sein Verderben.

Oft blieb zur späten Abendstunde
am steinern Kreuz ich einsam stehn,
und wenn des Dörfleins Glocken läuten,
falt ich die Händ in heißem Flehn:

"Schütz, o Herr, die liebe Heimat,
dass nimmer fließt schuldlos Blut,
und jeden Bürger lass erkennen,
dass Geld ist nicht das höchste Gut!“

* "Muswies" - Jahrmarkt (im Oktober) in Musdorf, Teilort von Rot am See



Hilgartshausen (II) / OT von Rot am See


Zustand 2015
Foto: Hartig

die Nachbildung am
neuen Standort
Foto: Hartig (2008)

die Südwestseite
Foto: Hartig (2008)

Zustand 1959
veröffentlicht bei
Losch (1981)

GPS: N 49° 16,005', O 10° 4,900'

Standort: Von der L 1040 in Hilgartshausen nach Südwesten in Richtung Kühnhard abbiegen. Am Ortsende nach links auf die Straße entlang der Brettach abzweigen und hier knapp 600m nach Osten bis zur Einmündung des Schlösslesbachs in die Brettach. Das Kreuz steht neben einer Bank und unter Birken auf der linken Seite der Brettach auf einer Geländeauffüllung.

Größe / Material: 84:68:18 / Muschelkalk (Nachbildung)

Geschichte: Im Juli 2014 wurde von Ortsvorsteher Reiner Groß, Brettheim und Pfarrer Hans-Gerhard Hammer der heimatkundliche “Bundschuhweg” initiiert. Die Station G führt zum Kreuz “Hilgartshausen (I)” / ”Steinkreuz am Gumpen” und die Station I zum Kreuz “Hilgartshausen (II)”/”Steinkreuz im Ried”.
Nach Aussage von Reiner Groß wurden die beiden Sagen in der Schule Brettheim auswendig gelernt und somit im Bewusstsein der Bevölkerung gehalten.
Um die Jahrhundertwende wurde die mündlich überlieferte Geschichte vom Kreuzstein im Ried von Oberamtmann Krauß und Forstmeister Wittmann in Verse gefasst und bei einem Dorffest in den zwanziger Jahren erstmals veröffentlicht.
Sage zum Kreuzstein im Ried

Dass es sich bei dem Kreuz um eine Nachbildung handelt, wird durch den guten Zustand (speziell allseits scharfe Kanten) bestätigt. - Auf dem Bild, welches die Nachbildung am neuen Standort zeigt, erkennt man rechts, jenseits der Brücke über den Schlösslesbach, die Wiese wo das Original-Steinkreuz stand. - Auf dem Foto der Südwestseite ist im Hintergrund die Kirche von Brettheim zu sehen, also nicht Hilgartshausen. (Hartig 07/2008)

Beim Vergleich der Maße stimmten diese mit den Angaben in der Literatur überhaupt nicht überein (Lit.: 60:58:18 / Kalkstein). Möglicherweise wurden hier die Maße des ursprünglichen Kreuzes angegeben. Dieses stark beschädigte Original ist aber nicht mehr vorhanden, sondern wurde durch ein neues Kreuz ersetzt, wobei der historische Standort im Zwickel von Brettach und Schlösslesbach ("Ried") zugunsten des landwirtschaftliche Arbeiten weniger beeinträchtigenden Standorts aufgegeben wurde.
Das Kreuz fällt durch seine gleichmäßige Form und einen sehr guten Erhaltungszustand auf. Die Arme sind nach NW-SO ausgerichtet. Da und dort ist das Material löchrig ausgewittert und trägt überall regelmäßige Bearbeitungsspuren. Eine Spalte in einer Ecke des Kopfs ist nur oberflächlich und reicht nicht tiefer. Datierung: Original 15./17.Jh.; Nachbildung um 1965. (Kraiss / Reuter / Losch 2001)

Links am Schlößlesbach, ca. 1,2km südlich vom Ort. Das Kreuz lag jahrelang am Bachrand, wurde aber nach der Flurbereinigung etwa 1965 gegenüber dem früheren Standort neu aufgestellt. Maße: H 60, B 58, T 18, Kalkstein. Löcherig verwittert. Am Kopfende kleine Beschädigung. Tief im Boden in einen Betonsockel eingelassen. Form: Ausgeglichen, Balken knapp gehalten. Datierung: ca. 15./17.Jh. (Losch 1981)

Ein Oberamtmann und ein Forstmeister übertrugen um den Jahrhundertbeginn die Sage über ein Steinkreuz bei Hilgartshausen Gemeinde Brettheim Krs. Crailsheim in eine lange Reihe von Strophen, und in den zwanziger Jahren wurde das Gedicht auf einem Dorffest vorgetragen: "... Drum spricht der Kreuzstein weiter: 'Nicht selber räch Dein Leid! - Der Herr wird Rache üben, der Herr zu seiner Zeit'". (Losch 1968)

Sage: 1. In der Christnacht sehe man im Brettheimer Ried zwei Lichter bei einem Kreuzstein, wo sich einmal zwei Schäfer erschlagen hätten. Diese bewegtensich immer gegen das Dorf und entfernten sich wieder.
2. Um den Jahrhundertbeginn des 20.Jahrhunderts wurde die Sage vom schlecht behandelten Knecht, der auf Kriegszügen wieder vorbeikommend, seinen ehemaligen Herrn erstach oder erschlug - woran das Steinkreuz erinnern soll -, in eine lange Reihe von Versen gesetzt. Dieses Gedicht wurde in mehreren Abwandlungen verbreitet.

Quellen und Literatur:
Nägele, Anton - Über Kreuzsteine in Württemberg und ihre Bedeutung, in: Württemberisches Jahrbuch für Statistik 1913, S.381b, 390a, 395b, 420a
Der Frankenspiegel, Nr.8, Juni 1956
Losch, Bernhard - Steinkreuze in Südwestdeutschland, 1968, S.56, 128
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981
Kraiss, Eva Maria / Reuter, Marion / Losch, Bernhard - ...und erschlugen sich um ein Stücklein Brot - Sühnekreuze in den Landkreisen Schwäbisch Hall und Hohenlohe, Herausgeber: Isabella Fehle im Swiridoff Verlag, 2001
Befragung zweier älterer Mitarbeiter des Wasserverbands Brettach, Sitz Rot am See
recherchiert und bebildert von Peter Hartig, Kirchberg/Jagst (Fotos vom 23.Juli 2008 und November 2015)



Sage zum Kreuzstein im Ried

In einem Wiesentale im schönen Frankenland
da steht seit alten Zeiten ein Kreuzstein wohlbekannt.
Aus hartem Stein gehauen, trotzt er der Jahre Zahl,
doch jetzt schon tief gesunken, versinkt er noch im Tal.
Fragst du, warum die Alten den Stein ins Tal gestellt,
dann aus des Volkes Munde die Sage dir erzählt:
Im nahen Hilgartshausen, da lebt seit alter Zeit,
ein Bauer, hart und grausam, gefürchtet weit und breit.

Sein Geld, das war sein Götze,
sein Will', das war sein Recht.
Er quälte Weib und Kinder,
er schlug auch seinen Knecht.

Drum fasst in seinem Herzen der Knecht gar bittern Groll
und schwur: “So wahr Gott lebet, er mir‘s noch büßen soll!“
Bald brach im Vaterlande des Krieges Fackel aus.
Um in den Krieg zu ziehen, der Knecht verließ das Haus.

Er war ein tapf'rer Krieger, ein kecker Reitersmann,
der oft mit scharfem Schwerte im Feind brach blut‘ge Bahn.
Viel' lange Jahre wogten die Kämpfe hin und her,
drum musst der Knecht durchziehen viel Länder kreuz und quer.

Einst kam auf seinen Zügen er seiner Heimat nah.
Und als im Morgenrote sein Dorf er blinken sah,
da trat er zu dem Hauptmann: “Dort lebt ein Bäuerlein,
ein' Schuld will ich ihm zahlen, ich werd‘ zurück bald sein.“

Er ritt vor‘s Haus des Bauern. “Wo find den Herren ich?“
“Er ging ins Tal zum Mähen, als Stern um Stern verblich.“
Hier fand der Knecht den Bauern, vor Schrecken starr und bleich.

“So wie das Gras ihr fället, so werd ich fällen euch!
Ich hab es einst geschworen vor Gott und Seligkeit
und meinen Eid zu lösen, das bin ich jetzt bereit.
Hört ihr das Glöcklein läuten in Hildegards KapelI?

Wenn es hat ausgeläutet, müsst sterben ihr gar schnell.
Zu dreimal Vaterunser wird reichen kaum die Zeit,
wollt eurer Seel' ihr denken, so macht euch schnell bereit.“

Nichts half das Fleh'n des Bauern, und Retter waren fern.
Hier mordete am Morgen der Knecht den rohen Herrn.
Drum steht seit alten Zeiten der Kreuzstein an dem Ort.

Er mahnt die Herrn zu Milde und Nachsicht immerfort.
Es mahnt, so Ernst sein Schweigen, im weiten, stillen Ried.
Doch auch das Haupt des Mörders ereilte sein Geschick.
Er fiel im Kampf, und nimmer sah er des Friedens Glück.

Drum spricht der Kreuzstein weiter:
Nicht selber räch' dein Leid.
Vergeltung wird schon üben
der Herr zu seiner Zeit.


Sühnekreuze & Mordsteine