Deutschland Hessen Odenwaldkreis

Langen-Brombach / OT von Brombachtal

PLZ: 64753

GPS: N 49° 43,956', O 8° 59,441'

Standort: Ca. 600m nördlich der Straßenkreuzung beim Gewerbegebiet von Zell, ca. 120m westlich der B 45 im Wald nahe des sogenannten "Grabens".

Größe / Material: 85:79:24-36 / roter Sandstein

Geschichte: Das unvollendete Steinkreuz wurde in den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts zufällig bei der Suche nach einem angeschossenen Reh entdeckt. Der Fund bestätigte Erzählungen älterer Langen-Brombacher jener Zeit, nahe des "Grabens" läge ein Steinkreuz, das aber trotz gezielter Suche noch nicht gefunden worden war.
Wie bei dem Schönnener Objekt handelt es sich auch hier offensichtlich um ein Werkstück, dessen weitere Bearbeitung wegen aufgetretener Schäden während der Arbeit aufgegeben wurde. Die Rückseite des Fundstücks ist nahezu unbearbeitet, während auf der Vorderseite ein deutlich herausgearbeitetes Kreuz erkennbar ist. Nur in den Armwinkeln fehlt die endgültige Bearbeitung; sie sind roh und noch nicht bis zur Kreuzrückseite freigelegt.
Der Stein lag zum Zeitpunkt der Erfassung am 29.03.1998 lose unter Reisig auf dem Waldboden.

Sage:

Quellen und Literatur:
Azzola / Bormuth / Trautmann - Das Steinkreuz-Werkstück bei Langen-Brombach im Odenwaldkreis, in: Fundberichte aus Hessen 13, 1973, S.225-226
Bormuth, Heinz - Die Spinnmädchen-Kreuze um die Böllsteiner Höhe, in: Schnellerts Bericht 1979, S.18-22
Recherche und aktuelles Foto von Volker Rumpf, Ebsdorfergrund (Foto vom 29.03.1998)
Ergänzungen von Leopold Hessek, Mosbach



Das Steinkreuz-Werkstück bei Langen-Brombach im Odenwaldkreis
Von Friedrich Karl Azzola, Heinz Bormuth und Hans Joachim Trautmann

Abb.1,1-3 Langen-Brombach, Steinkreuz-Wertkstück am Nordhang des “Steinert” (oben: geebnete Seite; mitte: Ansicht von oben mit den beiden weitgehend ausgearbeiteten oberen Kreuzwinkeln; unten: die unbearbeitete Seite)

Abb.4 Schönnen, Odenwaldkreis. Plattenförmig-rohes Steinkreuz-Werkstück

   In der Gemarkung Langen-Brombach - heute Gemeinde Brombachtal - Langen-Brombach, Odenwaldkreis - liegt am Nordhang des "Steinert" (Flur IX) unweit des "Grabens", der einst die Gemeindegrenze mit Kirch-Brombach bildete, ein Steinkreuz-Werkstück (Abb. 1,1-3)  1), das vor wenigen Jahren von dem Langen-Brombacher Jagdpächter Heinrich Scholl bei der Suche nach einem angeschossenen Reh in einem dichten Fichtenbestand gefunden wurde. Dieser Fund bestätigt die Erzählungen älterer Langen-Brombacher, in der Nähe des "Grabens", der in Langen-Brombach auch als "Kreuz-Graben" bezeichnet wird, läge ein Steinkreuz. Allerdings blieben frühere Bemühungen, das Steinkreuz aufzufinden, erfolglos, da sich niemand mehr an seinen genauen Standort entsinnen konnte 2).
   Seinen Namen verdankt der "Steinert" dem häufig zutage tretenden Sandstein, der den Steinmetzen vergangener Epochen leicht zugänglich war und sich somit zur Bearbeitung von selbst anbot 3). Von diesem traditionsreichen Werkplatz legen die bekannten "Suppenschüsseln" und ein mißlungener Mahlstein ein beredtes Zeugnis ab. Auch unser Steinkreuz, das der ersten Hälfte des 16, Jahrhunderts zugehören dürfte, blieb als Werkstück unvollendet.
   Der Steinmetz hatte zunächst eine Seite des Steins mit einem Zweispitz grob geebnet; Abb.1.1 zeigt die entsprechenden Spuren der Oberflächenbearbeitung. Sodann wurden von ihm die Konturen der Kreuzbalken angerissen (auf Abb.1.1 links besonders deutlich erkennbar) und die Kreuzwinkel zuerst mit einer Spitze und anschließend mit einem Hammer - wohl einem Schrothammer ausgearbeitet. Diese Arbeiten sind im oberen Teil des Kreuzes recht weit fortgeschritten (Abb.1,1.2), unten hingegen unvollendet, da offensichtlich zwischendurch der Fuß des Kreuzes abbrach und das Werkstück aufgegeben werden mußte (auf Abb.1,1.3 steht der erhaltene Oberteil des Werkstücks mit seiner Bruchfläche auf dem Waldboden; der Fuß ist leider verloren). So unterblieb denn auch die vollständige Ausarbeitung der Kreuzwinkel, die Glättung der einen Seite (Abb.1,1) und jede Bearbeitung der anderen Seite (Abb.1,3).
   Der Fund des Langen-Brombacher Steinkreuz-Werkstücks zeigt, daß die schlichten Steinkreuze weniger als Zufallsprodukte bäuerlicher Steinmetze sondern mehr als Erzeugnisse traditionsreicher Werkplätze zu sehen sind. Man wird deshalb bei der Anlage regionaler Steinkreuz-Inventare noch mehr auf charakteristische Spuren der Oberflächenbearbeitung und auf Stilmerkmale achten müssen, woraus sich Zuordnungen zu Werkplätzen ergeben können. Beispielsweise zeigen im Raum um das Brombachtal die Steinkreuze von Wallbach, Kirch-Brombach und Mittel-Kinzig übereinstimmend eigentümlich abgefaste Kanten, die Steinkreuze von Sandbach und Mümling-Grumbach hingegen kleeblattförmige Balkenenden. Es stellt sich deshalb der Steinkreuzforschung über die Inventarisation der erhaltenen bzw. verlorenen Steinkreuze hinaus auch die Aufgabe, einstige mittelalterliche Werkplätze ausfindig zu machen.
Zweifelsfreie Hinweise erhält man durch aufgegebene Steinkreuz-Werkstücke; ein zweites Beispiel ist im Qdenwaldkreis das noch weitgehend plattenförmig-roh erhaltene Steinkreuz bei Schönnen 4) südlich Erbach (Abb.1,4), andere finden sich in Sachsen. 5)

1) Material: roter Sandstein - Abmessungen: Resthöhe 82cm; Breite 80 cm; Breite des Längsbalkens 20-22cm; Breite des Querbalkens 24-25cm; Dicke 24cm und mehr.
2) Top. Karte 1:25.000 Bl. 6219 Brensbach: 99250/10610.
3) Ein gleichartiger Werkplatz wurde erst vor wenigen Jahren im Kreis Marburg entdeckt, Siehe hierzu: F. Stein, Kulturgeschichtliche Altertümer im unteren Ohmtal - Neue Beobachtungen beim Bürgeler "Taufstein" / Alter Werkplatz an der Bernsdorfer Kuppe, Hessenland (Beil. zu Gesch., Landschaft u. Volkstum d. Oberhessischen Presse, Marburg) vom 15.1.1970.
4) H. Bormuth, Die Steinplatte von Schönnen. Die Heimat (Beil. d. Odenwälder Heimatzeitung, Erbach) Nr.1, März 1971.3f.
5) Das von
G.-A. Kuhfahl, Die alten Steinkteuze in Sachsen - Nachtrag zum Heimatschutzbuch von 1928 (1936) 33 Nr.14 genannte Steinkreuz bei Berggießhübel an der Straße nach Gersdorf ist ebenfalls ein Werkstück, den die Rückseite ist unbearbeitet, der Schild leer und die Kreuzwinkel sind nicht vollständig ausgearbeitet. Eine Skizze dieses Werkstücks findet sich bei R. Kutsche, Neufunde und Aufstellurngen von Steinkreuzen im Kreis Pirna. Die Fundpflege 3, 1935 H.5, 34. - Das von Kuhfahl a.a.O. 42 Nr.231 aufgeführte Steinkreuz am Rochlitzer Berg soll nach Aussage des bekannten Rochlitzer Heimatforschers Prof. Dr. W.C. Pfau ebenfalls unvollendet gewesen sein. Leider ist das Denkmal verschollen, so daß sich diese Angabe bisher nicht überprüfen ließ.

(Fundberichte aus Hessen 13, 1973, S.225-226)


Sühnekreuze & Mordsteine