Deutschland Niedersachsen Lkr. Holzminden

Holzminden (I)


Abbildung bei
Müller / Baumann
(1988)

Zeichnung bei
Hoffmann (1935)

PLZ: 37603

GPS: N 51° 49,688', O 9° 26,836'

Standort: Im Torbogen auf dem Weg zum Heimatmuseum.

Größe / Material: 140:115:14 / roter Sandstein

Geschichte: Bei diesem für Niedersachsen einmaligen Denkmal handelt es sich um einen doppelten Scheibenkreuzstein, der symmetrisch gearbeitet ist. Auf der linken und der rechten Seite haben wir erhaben auf vertieftem Grunde ein nasenbesetztes Scheibenkreuz mit verlängertem Schaft. Beide Kreuze stehen auf einem Kreisbogen. An der Außenseite des Steines sind jeweils eine Pflugschar und am mittleren Schriftband je ein Sech dargestellt. Um die Scheibenkreuze läuft ein Schriftband mit vertiefter Schrift. Die obere Kante des Steines ist abgeschlagen, so daß die Buchstaben nicht mehr zu sehen sind. Die Wörter des linken Bandes sind nicht zu entziffern. Auf dem mittleren Band läßt sich
R˙ in pace amen
lesen und auf dem rechten die beiden letzten Wörter:
der - (oder) det scapers
Am Ende der Schrift ist jeweils ein Kreuz. Das untere Drittel des Steines nimmt der Fuß ein. Die Formel "requiescat in pacem" - Ruhe in Frieden - kann auch auf einen Scheibenkreuz-Grabstein hinweisen. Doppelte Scheibenkreuz-Grabsteine des Mittelalters finden wir heute noch auf dem Friedhof von St. Peter in Syburg (Dortmund-S.). (Müller / Baumann 1988)

Im Untersuchungsgebiet war es noch um die Jahrhundertwende üblich, Kleinkindern zum Schutz vor Hexen drei kleine Kreuze in die Kleidung einzunähen, sowie zur Walpurgisnacht Haus und Stallungen mit Kreidekreuzen gegen umherfliegende Hexen zu sichern. In den zusätzlich auf den Kreuzsteinen eingehauenen kleinen Kreuzen werden bisweilen "priesterliche Weihezeichen" gesehen. Sauermilch (1955) hält die drei kleinen Kreuze auf dem Pflugscharstein (Holzminden) für Schriftschlußzeichen oder aber für einen zusätzlichen Abwehrzauber. Derartige Zusatzkreuze zeigen der Stein zu Lobach, einer der Ottensteiner Steine, der Valepaghe-Stein zu Stadtoldendorf und auch der Stein zu Heyen. Letzterer hat fünf Zusatzkreuze. [...]
Aus den Pflugscharen Schlußfolgerungen auf den Beruf des Getöteten zu ziehen, erscheint bedenklich. Schließlich ist u.a. im Oldenburgischen die eng mit dem Jenseitsglauben verknüpfte Sitte belegt, eine Grabstelle durch kultisches Pflügen zu weihen. Der bronzezeitliche Pflug-Fund von Walle gilt als "ein symbolisches Opfer an die im Moor verehrten Kräfte der überirdischen und göttlichen Sphäre. Zu den Gottesurteilen gehört das Schreiten mit bloßen Füßen über glühende Plugscharen, sogenannter Pflugschargang. Eine solche oder ähnliche magische Funktion kann in den mit der Schärfe gegeneinander gerichteten vier Schneidewerkzeugen des Pflugschar-Steines zu Holzminden vermutet werden, denn als Berufssymbol hätte die Darstellung eines Schneidegeräts genügt. Die magische Wirkung, welche der Abbildung eines Schneidegeräts zugemessen wurde, sollte hier vielleicht durch die vierfache Darstellung offensichtlich verstärkt werden. Das Nebeneinander zweier nasenbesetzter Kreuze auf diesem Stein, diente möglicherweise dem gleichen Zweck. Es könnte aber auch bedeuten, daß dieser Stein für zwei Tote gesetzt worden ist. Eine solche Vermutung kann den Betrachter des Steines überkommen. Leider sind von der Inschrift, die Aufschluß hätte, geben können, nach Hoffmann (1935) nur noch die Worte: "in pace amen" und "det (r?) scapers" lesbar. (Görlich 1976)

   Von vier Steinen, die im Stadthause in Holzminden aufbewahrt waren, bezw. bei der Stadt gestanden haben, konnte nur einer ermittelt werden. Dieser ist im Torbogen des "Katzensprung" an der Seitenwand des Durchgangstorbogens befestigt (T. XXIV, 231). Er verdient besondere Beachtung, weil er zwei Kreuze in Kreisen nebeneinander trägt. Von der in den Streifen vorhandenen Inschrift in gotischen Buchstaben sind noch die Worte: "in pace amen" und "det [r ?] scapers" zu lesen. Unter jedem Kreise ist neben dem Kreuzstamme rechts und links je ein Schneidegerät, ähnlich einer Pflugschar und einer Sense, durch Vertiefung des Grundes herausgehoben. (Hoffmann 1935)

[...] - 2. 142cm hoch, 130cm breit, beiderseitig mit flachem Umrißrelief, vorn nebeneinander zwei nasenbesetzte Kreuze in Kreisen, der untere Schenkel bis auf einen Fußbogen verlängert. Flache Rahmenstreifen umziehen den Stein und trennen die Kreuze. Auf diesem Streifen vertiefte Minuskelinschrift, von der nur noch lesbar ist in pace amen und det (?) scapers, beide Stellen durch darauf folgende Kreuze wohl als Satzendigungen gekennzeichnet. Unter jedem Kreise zwei Schneidegeräte, ähnlich einer Pflugschar und einer Sense. Kreuze in gleicher Anordnung, nur roher und ohne Nasen, auf der Rückseite des Steines. (Steinacker 1907)

   8. Unweit der weiter hin von der Fürstenberger Chausee rechts sich abzweigenden Lüchtinger Straße steht, und zwar 150m von der erstgenannten Chausee entfernt und 5m rechts seitwärts von letztgenannter Straße, im Gebüsch versteckt, ein aus einer Sollinger Platte von 90cm Höhe, 1m Breite und 12cm Dicke bestehender Kreuzstein. Die nach Nordnordwest gerichtete Fläche zeigt eine erhabene obere Kante und wird durch einen 7cm breiten, erhaben gearbeiteten senkrechten Streifen in zwei Hälften getheilt, deren jede in erhabener Arbeit im oberen Theile ein von einem 5cm breiten Kreise umschlossenes gleicharmiges Kreuz mit 5cm Armbreite enthält; der untere Kreuzarm erscheint in gleicher Breite über den Kreis hinaus nach unten weitergeführt. Die Südostfläche zeigt gleichfalls oben, aber auch links und rechts eine erhaben gearbeitete Kante von 10cm Breite. Die beiden seitlichen kanten tragen gleich dem, in der Mitte der Fläche von oben nach unten geführten Streifen, durch welchen auch diese Fläche in zwei Hälften getheilt wird, eine unleserliche Inschrift. Zwischen diesen drei senkrecht verlaufenden, mit Schrift versehenen Streifen erblickt man in erhabener Arbeit je ein von einem breiten Kreise umschlossenes Kreuz, dessen vier Arme jederseits in der Mitte durch einen dreieckigen nasenartigen Ansatz verbreitert erscheinen. (Brackebusch 1896)

Sage:

Quellen und Literatur:
Brackebusch, Dr. F. - Aeltere Grenz- und Denksteine im Herzogthum Braunschweig, in: Braunschweigisches Magazin, Zweiter Band, Braunschweig 1896, S.54
Steinacker, Karl - Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Holzminden, (Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig, Band IV), Wolfenbüttel 1907, S.82
Hoffmann, Adolf - Die mittelalterlichen Steinkreuze, Kreuz- und Denksteine in Niedersachsen, 1935, S.10, 53
Sauermilch, Carl - Das Kreuz in der volkhaften Zierkunst, in: Täglicher Anzeiger, Holzminden, 23.04.1955
Görlich, Joachim-Ulrich - Kreuzsteine, Mordsteine, Galgensteine, 1976, S.27, 29
Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988, Nr.4122.2
recherchiert und bebildert von Hartmut Blaszczyk, Einbeck (Foto vom 18.03.1991)



Holzminden (II)


Blick zum Standort

Kreuz-Einzeichnung

die andere Seite

Abbildung bei
Müller / Baumann
(1988)

GPS: N 51° 46,783', O 9° 27,172'

Standort: Westlich von Lüchtringen, im Forstrevier Otterbach in Abteilung 274, versteckt in jungem Fichtenbestand.

Größe / Material: 40:30:18 / roter Sandstein

Geschichte: Benennung: "Handstein". Kleiner verwitterter Stein mit einem Henkelkreuz und einer gespreizten Hand am linken Rand.

Östlich von Lüchtringen im Jagen 74, etwa 550m südwestlich vom Stuckenstein (4222.1) entfernt.
Gesamtlänge: 90cm. Im Jahre 1979 hat Heimatpfleger Franz Frommer, Lüchtringen, den Kreuzstein im Wald entdeckt.
Das Oberteil des Steines ist abgebrochen. Der vorhandene Rest trägt auf der Vorderseite ein 25,5cm hohes ein gerilltes lateinisches Kreuz, das von einer zweiten Rille umrahmt wird. Das Kopfstück des Kreuzes ist leicht eingekehlt. Links neben dem Kreuz ist ganz fein eingerillt eine Hand dargestellt. Die Rückseite des Steines trägt keinerlei Zeichnung. (Müller / Baumann 1988)

Sage:

Quellen und Literatur:
Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988, Nr.4222.8
recherchiert und bebildert von Andre Sacher, Uslar (Fotos vom 14.07.2013)



Holzminden (III)


Einzeichnung mit
Kreide nachgezogen

Rückseite mit Inschrift

seitliche Ansicht

Abbildung bei
Müller / Baumann
(1980)

Abbildung bei
Brockpähler (1963)

GPS: N 51° 47,053', O 9° 27,352'

Standort: Zwischen Neuhaus und Lüchtringen (NRW) im Forstort "Borndickte", in der Nähe des "Handstein" im Jaggen 274 auf einer gut einsehbaren, mit Buchen und alten Eichen bepflanzten, Freifläche. Der Stein ist auf allen gängigen Wanderkarten verzeichnet.

Größe / Material: 110:65 :10 / Sandstein

Geschichte: Benennung: "Stuckstein".

Nicht weit vom westfälischen Ort Lüchtringen entfernt steht im Holzminder Staatsforst beim "Hasenwinkel" der "Stuckenstein".
Es scheint sich hier um den ursprünglichen Standort des Denkmals zu handeln.
Die Vorderseite zeigt ein tief eingerilltes gotisches nasenbesetztes Kreuz, das auf einem Kreisbogen steht. Die Enden des Bogens sind abgewinkelt und deuten eine Standplatte an. Die Kreuzwinkel sind fast kreisbogenförmig gezeichnet, und die Nasen laufen nicht spitz aus. Sie bilden rechteckige Balken, so daß das Kreuz die Gestalt eines Wiederkreuzes hat.
Die Rückseite trägt eingerillt die Jahreszahl 1585 und die Inschrift:
ARNDT • STVCKEN •
DER GODT • ERKENNER •
ALER HERTXEN • WURDT •
OFFENBAREN • MINE • SMERTXEN •
WELCHE • DVRCH • PVLVER •
VNDT • LOT • AN CRISTUS • HIMMEEA=
RDT • MICH • ALHIE • GLGEBEN
HABEN• DEN DODT •
Brockpähler (1963) gibt an, daß Stucken Vogt des Herzogs von Braunschweig gewesen sei und von einem Lüchtringer Einwohner, eventuell einem Wilderer, erschossen worden sei. (Müller / Baumann 1988)

Im Solling, im Forstorte Vorderer Winkel, südsüdwestlieh von Holzminden das Stukendenkmal, 96cm hoch über der Erde, 66cm breit. Auf der einen Seite in eingegrabenen Umrissen lateinisches Kreuz, die Arme mit Nasen, die nach außen rechtwinklich abgekantet sind; unten ein Fußstück aus Bogen über seitlich vortretender Platte. Auf der anderen Seite eingegrabene Inschrift in Antiqua:
1585•
Arnd Stucken.
Der Godt Erkenner aler Hertzen
Wirdt offenbaren mine Smertzen,
Welche durch Pulver undt Lot
An Cristus Himmelf
(L F in E zusammengezogen)
ardt mich alhie gegeben haben den Dot.
Nach Ziegenmeyer a.a.O. scheint Stuken ein herzoglicher Pirschknecht aus Boffzen gewesen zu sein, der von Wilddieben erschossen sein mag. (Steinacker 1907)

Sage:

Quellen und Literatur:
Steinacker, Karl - Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Holzminden, (Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunschweig, Band IV), Wolfenbüttel 1907, S.83
Brockpähler, Wilhelm - Steinkreuze in Westfalen, 1963, S.101
Ruhlender, Otfried - Denksteine und Denkmäler im Solling, 1972, S.6-8
Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988, Nr.4222.1
recherchiert und bebildert von Andre Sacher, Uslar (Fotos von 2013)


Sühnekreuze & Mordsteine