In einem ähnlichen Sinne als altes Rechtsmal ist außerhalb von Siedlungen in der Regel die
"Eiserne Hand" zu verstehen, ein Begriff, der in Flurnamen noch vielfach erhalten ist. Das Symbol dieser Hand diente häufig zur Kennzeichnung des Bannwaldes
und als Warnung für den Forstfrevler, dem noch im 17.Jahrhundert das Abschlagen der Hand drohte. Daß es mit Vorliebe auch an religiösen Wegmälem angebracht
wurde, ist in mehrfacher Hinsicht verständlich, nicht zuletzt auch, weil diese oft an markanten Punkten und an Wegkreuzungen standen. An einem solchen Ort findet
sich auch das aus Basaltlava gearbeitete hohe Kreuz im Koblenzer Stadtwald, das unter dem Namen "Eiserne Hand" bekannt ist. Hier drängt sich die Deutung des
Namens im Sinne des alten Bannwald-Rechtes geradezu auf.
(Müller-Veltin, Kurt - Mittelrheinische Steinkreuze aus Basaltlava, 1980, S.54)
Die abgehackte Hand
[...] An der Ecke des Wirtshauses zum Goldnen Ochsen in Winzingen (Neustadt a.H. Pf.) ist ein
Stein eingemauert, auf welchem unter der Jahreszahl 1551 eine rechte Hand eingemeißelt.
Im Burghof von Meersburg (Ueberlingen Ba.) ist eine Tafel mit zwei abgehauenen Händen. Eine
Darstellung des Abhauens in der Waldburg (Ravensburg Wt.); dieses Bild wird geradezu "Burgfriede" genannt.
Friedbruch wurde mit Handabhauen bestraft (Landfriede 1104 oder 1108); aber auch andre Verbrechen z.B. des Münzmeisters, dessen Hand
dann an das Münzhaus genagelt wurde. Später diente dann ein Bild einer abgeschlagenen Hand als Warnungszeichen. Es verlor die Hand, wer den Frieden innerhalb
einer Stadt oder Burg (den sogenannten Burgfrieden) verletzte. "Zur Warnung wurde nicht selten über dem Portal einer Burg eine durch das Beil abgehauene, auf einem
Blocke liegende Hand abgebildet!"
Aber auch Kirchhöfe hatten gesetzlichen Frieden; daher "Fried"-höfe. Die Kirchhofmauer zu Unterebersbach
(Neustadt a.S. Utfr.) ist ein 1,50m hohes Steinkreuz mit einer gemeißelten linken Hand als Zeichen des Friedens.
(Deutsche Gaue, 26.Bd., 1925, 2. Lieferung, Nr.495-496, S.41)
Die abgehackte Hand
1) Rechtssätze: "Wer dem Ammann [einer Gemeinde; man kann nicht gut sagen: jetzt Bürgermeister, weil das Wesen beider
Aemter verschieden ist] oder einem andern an der Herrschaft Statt mit Handschlag Frieden gibt [bei Streitigkeiten z.B. im Wirtshaus] u. den Frieden dann bricht,
der hat die Hand verwirkt, mit welcher er Frieden gelobt." So in dem Stift Irsee (Kaufbeuren) noch rund 1680.
An der alten Mainbrücke zu Frankfurt a.M. stand früher auf beiden Seiten je ein Brückenturm. Auf dem Frankfurter Turm stand unter einem Bild die Inschrift:
"Wer dieser Brücke Freiheit bricht,
Dem werd' sein frevel Hand gericht." |
2) Abbildungen abgehackter Hände: Auf Schloß Braunfels RV. hängt an der Innenseite des Tores
eine Tafel, auf welcher eine abgehauenen hand und ein beil dargestellt sind mit der Aufschrift:
"Wer dieser Burg Frieden bricht,
Dem also geschicht." |
In Dinkelsbühl Mtfr. am hospitäl. Waisenhaus ist noch eine Darstellung, welche einen Hauklotz
mit darauf liegender abgehauener Hand und daneben ein Beil zeigt mit der Jahreszahl 1698; das Spital hatte eigene Gerichtsbarkeit; ähnliche Darstellungen hingen unter den Toren der Stadt.
An einer Wegsäule in Klosterneuburg Ni. ist eine eiserne Hand angebracht (15.Jh.?), die auf die
eigene Gerichtsbarkeit der Stiftsherrn hinweist.
3) Verdorrte abgehauene Hände. Auf Schloß Limburg an der Lenne (Hohenlimburg We.) hängt
in der Wohnung des Kastellans ein Glaskästchen, welches eine hand enthält, die mumifiziert und von Alter fast schwarz ist. Sie soll dem Sohne eines der dortigen Grafen
gehört haben u. diesem vor verschiedenen hundert Jahren abgehauen worden sein, weil er seine Mutter geschlagen hatte; letzteres ist reine Erklärungssage.
Aehnliche Hände sind in Rees Rv., in Buchholz
(welches in Pommern?) u. in einer Kirche Prags.
Der Handschuh
Wir dürfen aber die abgehackte Hand nicht mit dem Handschuh verwechseln. Ohne Friedgebot konnte sich ein Markt überhaupt nicht entwickeln.
Den Marktfrieden aber brachte zum Bewußtsein ein Roland oder ein Friedkreuz mit dem Königshandschuh; letzterer erinnerte an den Handschuh,
den der König zum Zeichen bewilligter Marktfreiung den damit begnadeten Städten zusandte; vom Handabhauen ist vorerst da nicht die Rede.
In der Stadt Neustadt im Odenwald (Gb. dgl. Hessen) steht ein großes hölzernes Kreuz, an welchem
rechts ein Schwert hängt an einer kurzen Kette, während auf dem linken Querarm eine nach oben gerichtete, aus Eisenblech geschnittene hand mit dünnem Unterarm aufgenagelt
ist; die Finger sind auseinander gespreizt. Wir dürfen hier also ein Marktkreuz annehmen.
Im hist. Museum zu Kempen (Gb. dgl. Rv.) ist das alte Marktkreuz, welches während der Dauer des Marktes
am Rathaus ausgesteckt wurde. Es ist ein leichtes Holzkreuz von etwa 1½m Höhe. An dem Kreuz hängt an einer kette eine Holz-Hand.
In Kempen, wo nebenbeibemerkt Thomas von kempis 1379 oder 1380 geboren wurde, hat man also zu dessen Zeit und wohl auch noch später das Marktkreuz
nur aufgesteckt für den bis auf die Stunde genau bestimmten Zeitraum des markthaltens, wie anderswo Strohwisch, Hut, Marktfahne.
(Deutsche Gaue, 26.Bd., 1925, 5. Lieferung, Nr.505-506, S.138-139)
[...] Handelsplätze wurden sicher schon in ältesten Zeiten unter einen erhöhten strafrechtlichen Schutz, den
Marktfrieden, gestellt, der, von Haus aus erweiterter Kultfriede wie z.B. beim asw. disaping, später ein Ausfluß
des den Kultfrieden ersetzenden Königsfriedens, sogar über dem Fremden waltete. Dem Friedensbewahrer, d.i. in jüngerer Zeit dem Herrscher, konnte ein Zoll
gebühren. So wurde der Markt zur Zollstätte, seine Anlage und sein Schutz eine Finanzquelle und Vorrecht des Herrschers. Uraltes Befriedungszeichen, daher auch
Wahrzeichen der befriedeten Handelsstätte ist der aufgesteckte Strohbund (ahd. wifa, mnd. wip - oder scoup, ags. scéaf), wie ja
angeheftete Strohwische auch die zu Markt geführten Waren von jeher und marktfeile Pferde noch heute kennzeichnen. In christlicher Zeit tritt an die Stelle des
Strohbundes oftmals das Kreuz (Marktkreuz, ags. gridcross = Friedenskreuz), an dessen Arm mitunter noch das Symbol der herrschaftlichen Verleihung des
Marktrechts, der Handschuh oder eine hölzerne Hand hängt. Genauer noch als das Marktkreuz bringt die Marktfahne den königlichen Frieden zum Ausdruck, weswegen
sie oft neben dem Kreuz, freilich nur temporär, vorkommt.[...]
(Amira, Karl von - Grundriss des germanischen Rechts, 1913, S.119-120)
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Arm in St. Kunibert zu Köln (nach Bock) |
Arme (brachia, brachialia, manus)
die Röhrknochen des Armes enthaltend, und durch die Hand entweder als rechter, oder als linker Arm gekennzeichnet. Da hier durch das Kostüm (den Ärmel) eine
Individualisierung des betreffenden Heiligen nicht möglich war, so half man sich zuweilen damit, dafs man das Attribut des Heiligen von der (sonst stets gerade
ausgestreckt oder segnend gebildeten) Hand halten ließ. So hält im Hallischen Heiligtumsbuche (Gang V.6) der silberne Arm "dorinne ist ein trefflich stuck vom
Arme sancti Thome" ein Winkelholz, ein anderer (ebd. 12) mit einer Armröhre des Apostels Jacobus Major eine Muschel, noch ein anderer (ebd. VIII. 10) mit zwei
Röhren der heil. Ursula einen Pfeil u.s.w. - Auch diese Art von Reliquiarien war sehr häufig; wir nennen zwei Arme in St. Gereon, zwei andere in St. Kunibert zu Köln,
den Arm Karls des Großen im Münster zu Aachen, zwei Arme im ehemaligen Kloster zu Mettlach
(XV.Jahrh.), einen Arm aus dem XVI.Jahrh. im Domschatze zu Regensburg, einen in St. Mauritz zu Münster,
vier mit Silber überzogene, darunter der Arm des h. Stephanus reich mit Edelsteinen besetzt aus dem XIII.Jahrh. No.22 im Zither zu Halberstadt,
den Arm des heil. Georg (Mitte des XIV.Jahrh.) im Dome zu Prag, einen silbernen mit Emaillen von 1514 zu
Eichstätt, St. Walburg. Der Arm des heil. Blasius aus dem Dom, jetzt im Herzogl. Museum zu Braunschweig
(Nr.60), gestiftet von der Herzogin Gertrud ( 1143) oder einer noch älteren ( 1077) desselben Namens, ist mit mehreren antiken Gemmen und Kameen
besetzt; an den Fingern stecken 17 Ringe, Votivgeschenke, zum Teil ehemalige Trauringe, wie ihre Inschriften, z.B. "eweg", "miden tut mir liden"
beweisen. Daselbst unter Nr.62 ein einfacherer hölzerner polychromierter Arm von ca. 1500, deren auch sonst, z.B. in mehreren Kirchen zu Köln, zu
Halberstadt im Dome, zu Danzig in St. Marien noch oft vorkommen.
(Otte, Dr. Heinrich - Kunst-Archäologie des Deutschen Mittelalters, Erster Band, 1883, S.200-201)
Die Hand als Rechtssymbol
Hand als Rechtssvmbol ist das einfachste und natürlichste Zeichen der Gewalt. Der Handschlag war seit alters die allgemeine Bekräftiung
aller Gelübde und Vertrage, denen die Sitte kein feierlicheres Symbol vorschrieb; durch den Handschlag verbanden beide Teile ihre Gewalt gegenseitig; daher die
mittel-hochdeutschen Ausdrücke hantslac, laut in hant geloben. Auch die Auflassung eines Grundstückes geschah zuweilen mit blosser Hand, ohne
Darreichung des Astes oder Werfen des Halmes. Bei Huldigungen nach Lehnrecht legte der Mann beide Hände zusammen; der Herr nahm sie zwischen die
seinigen; zuweilen kniete jener, seine Hände dem sitzenden Herrn auf die Füsse bietend; mhd. die hant strecken, einem die hände valten, welches Symbol
die Minnesänger auf den Frauendienst anwenden. [...] Die Hand schwört den Eid, sie vollbringt und hält ihn. Die Sitte war, dass der Schwörende mit der rechten
Hand etwas hielt oder berührte, Männer im Heidentum den Schwertgriff, im Christentum die Reliquien; Frauen die linke Brust und den Haarzopf; Geistliche und
späterhin Fürsten Brust und Herz. Traf jemand sein Vieh in fremdem Besitz und wollte es wieder erlangen, so war Handauflage nötig; er berührte vor Gericht
mit der Rechten die Reliquienn, mit der linken fasste er das linke Ohr des Viehs. Im Fehmgericht wurde der heimliche Schöffengruss dadurch ausgesprochen,
dass der eintretende Schöffe die rechte Hand erst auf seine linke Schulter, dann auf die des andern Schöffen legte. In vielen Fällen wird die der Hand beigelegte
symbolische Verrichtung genauer durch Finger bezeichnet. Eide wurden mit Auflegung beider Vorderfinger der rechten Hand geleistet, einfacheres Gelöbnis
erging mit Aufstreckung eines Fingers. Abhauen der Hand war eine Leibesstrafe.
(Götzinger, Dr. E. - Reallexikon der Deutschen Altertümer. Ein Hand- und Nachschlagebuch der Kulturgeschichte des deutschen Volkes, Leipzig 1885, S.354-355)
Der Handschuh als Rechtssymbol
Handschuh. Mit dargereichtem oder hingeworfenem Handschuh wurden bei Franken, Alamannen, Langobarden und Sachsen Güter übergeben, gleichsam
ausgezogen und abgelegt. Zum Zeichen ausgebrochenen Bannes warf der König oder Richter den Handschuh hin und erklärte damit Verbrecher alles seines Gutes für
verlustig. Verbreiteter als die beiden genannten Anwendungen des Handschuhes ist der im ganzen Mittelalter gebräuchliche Wurf des Handschuhes als Aufforderung
zum Kampf. Endlich bezeichnet der Handschuh Verleihung einer Gewalt von seiten der Höheren auf einen Geringeren; Boten wurden durch Überreichung des
Handschuhes und Stabes von Königen entsendet. Städten, welchen der Kaiser Marktrecht gibt, sendet er seinen Handschuh.
(Götzinger, Dr. E. - Reallexikon der Deutschen Altertümer. Ein Hand- und Nachschlagebuch der Kulturgeschichte des deutschen Volkes, Leipzig 1885, S.362)