Deutschland Thüringen Saale-Orla-Kreis

Seubtendorf


Abbildung bei
Diersch (1990)

am alten Standort
Privataufnahme
(Gembusch)

Abbildung bei
Störzner / Möbes
(1988)

Abbildung bei
Azzola (1980)

PLZ: 07922

GPS: N 50° 29,650', O 11° 51,342'

Standort: An der Kirche in Tanna.

Größe / Material: 74 (108):48:11-17 / Diabas

Geschichte: Die Steinplatte befindet sich jetzt an der Kirche in Tanna. Bis etwa Anfang der 1990er Jahre stand sie in der Flur Seubtendorf dicht bei der Flurgrenze von Schilbach an der B 2, etwa 2km südwestlich im Mark- oder Pfarrholz und war an diesem Standort stark gefährdet.
Ungleichförmige, nach oben verjüngte Steinplatte mit geglätteter Sichtseite und alten Beschädigungen. Darauf ein linear eingeritztes Doppelkreuz mit ungleichen Waagerechten, 25cm voneinander entfernt. Das obere Kreuzungsfeld ist scheibenförmig eingefasst mit einem Durchmesser von 14cm, ursprünglich möglicherweise als Doppelkontur der Scheibe.
F.K. Azzola (1980) verweist auf zwei Kreuzsteine die etwa 45km südlich in Schönwald / Oberfranken stehen und deren ikonographische Gestaltung dem Seubtendorfer nahe kommt.
Einen ähnlichen Stein finden wir aber auch in Rotschau und Limbach, im sächsischen Vogtland.
Nach einem Artikel von H.-J. Diersch (1972) verlief am alten Standort bis 1373 die Grenze der Bistümer Bamberg und Naumburg - Zeitz.

[...] Die Sage macht den Stein zu einem Grab (Sagen des Vogtlandes, R. Eisel). Einmal soll dort ein Zigeuner seine letzte Ruhestätte gefunden haben, ein andermal ein französischer Offizier. [...]
Im Hofer Landbuch - F. Prucker, 1502 - wird von einem Grenzstein nördlich Gefell auf Schilbacher Flur berichtet, der vom selbigen Landschreiber bei einer Erkundung im Jahre 1493 als der alte Grenzverlauf des Hofer Landes bezeichnet wird. Leute in Gefell hatten ihm berichtet, wo ein Grenzstein zu finden sei. [...]
Der gegenwärtige Standort des Steines scheint aber nicht der originale zu sein, denn durch den Bau der F2 muß eine Umsetzung erfolgt sein. Anders sind zwei bandartige Verfärbungen nicht zu erklären. Aus der Flur Schilbach liegt ein Wellenrandhufeisen vor. Es belegt die Besiedlung in diesem Raum zu dieser Zeit ebenfalls.
Der Markstein hat damit als Zeuge einer bewegten Geschichte, hinein bis in unsere Tage, auf ein respektables Alter von fast 1000 Jahren zu verweisen. Hervorgehoben werden muß das Verdienst eines Mannes um diesen Stein: Werner Rauh aus Gefell stellte ihn vor vielen Jahren in zerbrochenem Zustand sicher. Dieser Umstand allein gestaltete es, den Stein zu restaurieren und ihn an seinem Standort wieder aufzustellen. Ob dieses Bodendenkmal nun sicher steht, muß man angesichts des rücksichtslosen Einsatzes der Großtechnik in der Forstwirtschaft bezweifeln. Seine Umsetzung nachTanna wird erwogen. (Diersch 1990)

Etwa 2000m ö. des Ortes, 15m w. der Fernverkehrsstraße 2, etwa 900m n. der Straßengabelung nach Gefell und Hirschberg, 4m s. eines hier in w. Richtung von der Straße abzweigenden Waldweges. Dicht an der Gemarkungsgrenze Seubtendorf / Schilbach.
Flurname: Markholz; auch Pfarrholz.
Vor dem Ausbau der Fernverkehrsstraße soll der Stein etwa 15m weiter ö. gestanden haben. Geringe Standortveränderung bei der Neuaufstellung 1971.
Benennung: Franzssengrab; Zigeunergrab.
Ungleichförmige, nach oben verjüngte Steinplatte mit geglätteter Sichtseite (NO-Seite). Darauf linear eingeritzt: Doppelkreuz mit ungleich langen Waagerechten, 25cm voneinander entfernt. Das obere Kreuzungsfeld ist scheibenförmig eingefaßt (Dm 14cm), ursprünglich möglicherweise doppelkonturig (Kreisscheibe).
Gesamt-L 108; H 74; Br 48; St 11-17cm. Diabas.
Möglicherweise war der Stein ursprünglich größer und ist alt verstümmelt. 1963 durch Anfahren umgestoßen und zerbrochen; 1971 durch H.-J. Diersch, G. Krupsky, R. Petzold, Tanna und W. Rauh, Gefell, instandgesetzt und neu aufgestellt. - Seitwärts nach S geneigt; Stand labil. Allgemeine oberflächige Verwitterung. Die Wegnahme aus der Flur und Neuaufstellung an der Kirche in Tanna sind vorgesehen (Mitt- H.-J. Diersch, Tanna).
Azzola verweist in einer Arbeit von Schmeissner (1980) auf zwei Kreuzsteine, die ca. 35km weiter s. stehen und deren ikonographisehe Gestaltung dem Seubtendorfer Stein nahekommt. - Diersch (1972) verweist auf eine hier bis 1373 verlaufende Grenze zwischen den Bistümern Bamberg und Zeitz-Naumburg. (Störzner / Möbes 1988)

[...] All diese Strukturen und Elemente lassen nur eine überregionale Wertung zu, weshalb sich eine erschöpfende denkmalkundliche Darbietung auf Material aus dem gesamten mitteleuropäischen Raum stützen müßte, eine Voraussetzung, wie sie die Kleindenkmalforschung bisher nicht erarbeiten konnte. Es sei deshalb hier lediglich auf zwei Denkmale verwiesen, die trotz vergleichsweise schlichter Ausführung Merkmale aufweisen, welche dem großen Schönwalder Kreuzstein nahe kommen. Es ist zum einen der Rest eines zweiten Schönwalder Flurdenkmals, der im Fichtelgebirgsmuseum zu Wunsiedel aufbewahrt wird und beiderseits die Kombination eines eingerillten Wiederkreuzes mit einem ebenfalls eingerillten Scheibenkreuz aufweist. Ähnlich ist der Kreuzstein bei Seubtendorf im Kreis Schleiz (Bezirk Gera) ausgeführt. Sein Standort liegt ca. 35km nordnordwestlich von Schönwald an der Straße, die von Hof/Saale über Gefell nach Schleiz führt. Ob sich im östlich angrenzenden Raum Egerland/Westböhmen Denkmale dieses Typs erhalten haben, ist mir nicht bekannt und aus der älteren Literatur nicht ersichtlich. (Azzola 1980)

[...] In Grenzgebieten trifft man verschiedentlich auf Steinkreuze, die im Volksmund "Zigeunergräber" genannt werden (Milda, Seubtendorf u.a.), weil sich dort öfters umherziehende, des Landes verwiesene Zigeuner aufgehalten haben sollen. (Deubler / Künstler / Ost 1976)

Sage: 1. Grab eines schwedischen Offiziers, Franzosen- oder Zigeunergrab.
2. Ein Einwohner von Schilbach sah in dem Kreuz mit Kreis ein Symbol der französischen Armee (18.06.2005).

Quellen und Literatur:
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.64, Nr.419
Diersch, Hans-Jörg - Das "Zigeunergrab" im Markholz. Über ein Bodendenkmal und die Arbeit der Bodendenkmalpfleger, in: Volkswacht, Kreisausgabe Schleiz, Nr.21 vom 21.02.1972
Deubler / Künstler / Ost - Unsere Steinkreuze in Sage und Geschichte, in: Steinerne Flurdenkmale in Ostthüringen, 1976, S.65
Azzola, Friedrich Karl - Zitat aus: 18. Der Kreuzstein auf dem Pfaffenberg bei Schönwals, in: Schmeissner, Rainer H. - Steinkreuze im Sechämterland, in: Beiträge zur Geschichts- und Landeskunde des Fichtelgebirges, Nr.2, 1980, S.26-28
Störzner / Möbes - Steinkreuze in Thüringen: Katalog der Bezirke Gera und Suhl, 1988, Nr.129
Diersch, Hans-Jörg - Der Markstein auf der Seubtendorfer Flur, in: Kulturwarte, Vierteljahresschrift für Kunst und Kultur, XXXVI.Jg., 1990, Nr.2 S.32f.
recherchiert und bebildert von Hans-Ulrich Gembusch, Uhlstädt-Kirchhasel
Ergänzungen von Stephan Altensleben, Hof


Sühnekreuze & Mordsteine