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ID701
TitelDie Steinkreuze in der Umgegend von Erfurt
Jahr1896
AutorLoth, Richard
RegionThüringen
InhaltLoth, B. Die Steinkreuze in der Umgegend von Erfurt (Mitt. d. Ver. f. d. Gesch. u. Altertumsk. v. Erfurt, 18. Heft, Erfurt 1896, S.71-90. Mit 2 Taf. Abb.)

   Der verdienstlichen Arbeit Größlers über "Altheilige Steine in der Provinz Sachsen" (s. Litteraturberieht 1896, S.101f.) reiht Loth eine ähnliche an über ein kulturgeschichtliches Kapitel, das aus unserem Gebiete hier zum ersten Male behandelt worden ist. Die Steinkreuze stehen gewöhnlich an Landstraßen oder da, wo einst vielbeschrittene Wege vorbeiführten, nicht selten sind sie auch an den Galgenbergen und Rabensteinen anzutreffen. Auch an den Kirchhöfen findet man sie. In der Form zeigen sie eine große Übereinstimmung, weniger in ihrer Größe. Die meisten Kreuze haben die Form des Kreuzes, bei welchem sich die Arme in einem spitzen Winkel treffen, wie beim eisernen Kreuze, nur selten stoßen die Arme rechtwinklig aufeinander. Manche sind in Wegweiser und Grenzsteine, sog. Hoheitssteine, umgewandelt worden. Oft hat sich der Kreuze, über deren Ursprung die Urkunden meistens schweigen, die Sage bemächtigt, besonders derer, die durch ein besonderes Kennzeichen, eine Axt, Lanze, Armbrust, einen Dolch oder ein Schwert, auch ein Rad usw. die Aufmerksamkeit auf sich lenkten. Alsdann berichtet die Sage, daß an der Kreuzesstelle einst ein Verbrecher hingerichtet sei, oder ein Mordbube einen erdolcht oder erschlagen habe, daß da der letzte Ritter fiel, dort ein schwedischer Offizier, anderswo ein Franzose beerdigt sei. In der Litteratur findet man sie als Kreuzsteine, häufig als Mordkreuze oder Sühnekreuze bezeichnet; auf dem Eichsfelde heißen sie Bonifatiuskreuze, im Mansfeldischen zuweilen Wetterkreuze, weil an ihnen die schweren Gewitter sich brechen sollen.
   Wie Inschriften zweifellos feststellen, ist ein Teil zum Andenken an einen plötzlichen Todesfall durch Sturz oder durch eine elementare Gewalt, wie Blitzschlag, errichtet und entspricht demnach den Erinnerungstafeln und Erinnerungskreuzen, welche noch beute vielfach besonders in Süddeutschland dem Andenken an derartige Ereignisse gewidmet werden, und welche man gemeinbin als Marterln oder Stöckln bezeichnet. Ein Teil stellt jedoch Sühnekreuze dar, d.h. Kreuze, deren Errichtung im Mittelalter als Totschlagssühne derjenige auf sich nehmen mußte, welcher einen Totschlag begangen hatte. Die Behörde setzte die Art und Größe der Sühneopfer fest, denn da der Erschlagene selbst durch sein jähes Ende nicht mehr im stände gewesen war, für die Errettung seiner sündigen Seele vor seinem Ende Buße zu thun, so wurde der Totschläger dazu verurteilt, die Bußopfer (Seelengeräte, wie es hieß) zu leisten. Dazu gehörte eben auch das Setzen von Sühnekreuzen. Die Totschlagssühnen standen in Blüte im 14. und 15.Jahrhundert. Außer den noch vorhandenen Kreuzen bei Erfurt bespricht Verf. eingehend das sog. Sibyllentürmchen vor dem Brühlerthore der Stadt nach jeder Richtung hin. Er schliefet sich dem ältesten Berichte an und hält es ganz richtig für eine Betsäule, womit auch die Inschrift an dem Türmchen selbst übereinstimmt. Die schönen Abbildungen desselben und zahlreicher Kreuze vervollständigen die gründliche Abhandlung.

Reischel

(Archiv für Landes- und Volkskunde der Provinz Sachsen nebst angrenzenden Landesteilen, hrgg. Von Alfred Kirchhoff, 8.Jg, 1898, S.202-203, Litteratur-Bericht Nr.22)
PeriodikaMitt. d. Ver. f. d. Gesch. u. Altertumsk. v. Erfurt, 18. Heft, Erfurt 1896, S.71-90
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Sühnekreuze & Mordsteine