Geschichte & Forschung Rechts-Bräuche

Gerichtssteine
auch Rugsteine, Bauernsteine, Gemeindesteine, Gerichtstische, Gerichtsplätze, Mal- und Dingstätten etc.

Die Rugsteine sind nicht zu verwechseln mit den Ruhsteinen (Ruhen / Rasten / Napoleonsbänken). Der Errichtungsgrund ist ein gänzlich anderer. Durch sprachliche Verwischung und Fehlinterpretationen umgangssprachlicher, regionaler Benennungen ist im Laufe der Jahre teilweise eine Gleichstellung zweier unterschiedlicher Denkmalgruppen entstanden, die sich nur durch Forschung am jeweiligen Denkmal wieder rückschließen lässt.
vgl. auch: volkstümliche Bezeichnung: Gerichtskreuze


 kleinere Abhandlungen 
Wilhelm, Franz - Ruhsteine - Dorfsteine - Gerichtssteine, 1906


 Beispiele 

Rommerode / OT von Großalmerode
Hessen / Werra-Maißner-Kreis

Die westliche der beiden Linden, unter denen sich die Gerichsstätte befand, wurde vor einigen Jahren durch eine Neuanpflanzung ersetzt; an der entfernten Linde befand sich ein Halseisen, das heute nicht mehr vorhanden ist. Der Ort war in früheren Jahrhunderten Versammlungsplatz, Gerichtsstätte und Pranger.
Quelle: Saalfeld (1995)


Ehringen
Hessen / Lkr. Waldeck-Frankenberg

Der Freistuhl bei Ehringen. In der Feldflur am Weg von Ehringen nach Lütersheim. In der Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde aus 1840 steht vermerkt: "Westlich über dem Dorfe Ehringen liegt mitten in dessen Feldflur, dicht an dem Wege, welcher nach dem waldeckischen Dorfe Lütersheim führt, ein 12 Ruthen (= 43 Meter) haltendes Stück Land, welches der freie Stuhl genannt wird. Dasselbe ist von Allen Abgaben frei, der Bauer sagt Kaiserfrei. Da sich keine Nachrichten von einem Freistuhle (Femgericht) bei Ehringen finden, so vermag ich mir nur durch die Annahme eine Erklärung zu verschaffen, daß das waldeckische Freigericht zu Landau auch hier eine Malstätte gehabt habe, einer Annahme, der um so weniger entgegensteht, als Ehringen ehemals zum waldeckischen Amte Landau gehörte".
Quelle: Riebeling (1988)


Kochanów / OT von Kamienna Góra
Polen / Kamienna Góra

Gerichtstisch mit Sitzplätzen. Der Gerichtstisch steht auf einem kleinen Hügel, etwa 300m nördlich von den landwirtschaftlichen Gebäuden. Der ganze Satz wurde aus Sandstein gehauen. Das Objekt ist ein Denkmalunikat im ganzen Land.
Foto: Wojtucki / Zobniów (2007)


Kaichen
Hessen / Wetteraukreis

Südlich des Ortes an der B 45. Auf der TK 5719 als Kulturdenkmal (KD) Steinern Tisch mit Naturdenkmal (ND) der Baumgruppe gekennzeichnet.
Anlage mit Tisch und Steinbänken im offenen Viereck unter weithin sichtbarer Baumgruppe. An der freien Seite steht eine sog. Plinthe, ein steinerner Block als Sockel für ein Gerichtswahrzeichen, das zu den Gerichtstagen aufgestellt wurde...
Quelle: Riebeling (1988)


Behnsdorf
Sachsen-Anhalt / Ohrekreis

Der Bauernstein ist seit der Mitte des 16.Jh. erhalten, er diente der Rechtssprechung. Bis Anfang des 19.Jh. fanden hier die Gemeindeversammlungen statt.
Foto: Peyer (2009)


Noßwitz
Sachsen / Lkr. Mittweida

Bauernstein, der vom Gemeindevorsteher zur Verkündigung von Bekanntmachungen bestiegen wurde.
Quelle: Froehlich (1938)




 weitere Meldungen 

[...] Die Malstätten des Gerichts heißen auch Dingstätten, Gerichtsstätten, Schrannen u.ä. Diese Gerichtsplätze waren meist durch besondere "Zeichen" kenntlich gemacht, z.B. durch aufgerichtete Steine (auch vorgeschichtliche Steinsetzungen), durch Steintische oder durch den Gerichtsstuhl, durch hölzerne oder steinerne Schranken, meist aber waren dafür Bäume gepflanzt, vor allem aber Linden! Diese boten nämlich bei schlechtem Wetter dem Richter und den Schöffen wenigstens einigen Schutz. Später errichtete man dafür offene Hallen, die sog. Gerichtslauben. Eine solche stand im Burghof zu Rothenburg. In Norddeutschland sind diese Hallen als steinerne Gerichtslauben meist an die Rathäuser angebaut. Die Gerichte wurden dann auch in geschlossene Räume verlegt. […]
(Funk, Wilhelm - Von Flurdenkmälern im allgemeinen und den Flurdenkmälern um Neustadt a.d. Aisch im besonderen, 1940, S.8)

Gerichte, Frei-, Ritter- und ähnliche Gutsanlagen.
   Steigen wir auf der von den Häuslern, Gärtnern oder Wirtschaftsbesitzern und Bauern gebildeten Leiter der ländlichen Rangordnung höher, so gelangen wir zu den als Gericht-, Erb- oder Lehngericht bezeichneten Höfen. Stellung und Amt ihrer Besitzer in alter Zeit ist noch nicht vollkommen geklärt; sie scheinen je nach dem Erb- oder lehnsherrn verschieden gewesen zu sein; da auch "Gärtner" und Häusler zu "Richtern" gemacht wurden, so war die Größe des Besitzes wohl kaum das ausschlaggebende Moment. Für unsere Zwecke genügt es, festzustellen, daß die als „Gericht“ bezeichneten Güter zwar meist zu den ansehnlichsten im Dorfe gehören, daß sie aber baulich keinerlei Eigenartigkeiten aufweisen. Insbesondere fehlt jeder ausschließlich der Rechtspflege bestimmte Raum, sei es nun eine Gerichtsstube, ein Arrestlokal oder ähnliches. Die Verhandlungen mit den Ältesten oder Schöppen mögen wohl bis in spätere Zeit unter der Linde stattgefunden haben, als einstweiliges Gefängnis (Pömmerle genannt) diente später und zum Teil heute noch meist das Spritzenhaus.
   Weiter gelangen wir zu den Freigütern, die in Sachsen den Rittergütern gleich geachtet werden, zumal auch die Entstehung der Rittergüter nur zum allerkleinsten Teile in die Feudalzeit zurück reicht. Als Beweis führe ich das Dorf Ottenhausen an, wo i.J. 1708 neben zwei Freigütern noch drei Rittergüter vorhanden waren; ferner sei an die Entstehung des "freien Erbrittergutes" Naundorf (bei Grillenburg) erinnert, die i.J. 1651 durch Vereinigung von 5½ wüsten Hufen erfolgte. Auch die Klostergüter sind dieser Klasse zuzuzählen. In baulicher Hinsicht liegt somit keine Ursache vor, daß Frei- oder Rittergüter, abgesehen vom größeren Umfange oder von besseren Wohnhäusern, sich von stattlichen Bauernhöfen wesentlich unterscheiden müssten. […]
(Wuttke, Dr. Robert - Sächsische Volkskunde, 2.Aufl., Dresden 1901, S.456)

Mal- oder Gerichtsstätten.
   A. Gerichtsstätte zu Kaichen in der Wetterau (bei Friedberg, Oberhessen); nach Photo von Sanitätsrat Dr. Lotetz-Frankfurt a.M. durch Vermittlung von K. Bauamtmann Linde-München.
   Viereckiger Grundriß; Gerichtstisch; vor ihm Steinblock, dessen Bestimmung uns unbekannt.
   B. Grundriß der Gerichtsstätte al banco de la reson zu Cavelese (Fleimsertal, Tirol). Weinhold, Zeitschr. für Volkskunde IX 68.
   In der Mitte erhöhter Gerichtstisch; zwei Stein-Bankreihen in Kreisform; steht neben der Kirche im Tal. Tisch und Bänke: Porphyr. Die Gemeinde Fleims, eine Markgenossenschaft, hatte sich 1110 bei der Gerichtsbarkeit, die dem Bischof von Trient als Grafen zustand, ein Aufsichts- und Mitwirkungsrecht vorbehalten
   C. Der "Stein", 350m östl. von Grünenbach (Kirche. Lindau) 1:1000. Nach Allgäuer Gerichtsfreund IV, Nr.7 und eigenen Aufnahmen. Ein Plateau, 20:20m mit einem Nagelfluhblock 1,80m hoch, z.T. bearbeitet. Um das Plateau Graben und auf 3 Seiten Aushub. Funde: Rindschädel, unglasierte Scherben. In der Nähe Quelle. Aug. Ullrich, der im Allgäuer Gerichtsfreund IV 89 den "Stein" treffend beschreibt, vermutet Kultstätte und mittelalterliche Gerichtsstätte.
   Bei einer Gerichtsstätte unterscheiden wir den "Gerichtstisch", Block (Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer 1899 II 436), auf dem z.B. bei Totschlagsverhandlungen die Leibzeichen, also Beweise, wie die abgeschnittene Hand, das blutige Kleid, lagen; um den Tisch den Sitz des Richters und der Schöffen. Tisch und Bänke sind gerne von Stein gewesen, manchmal nur der eine oder die anderen. Daher die Bezeichnung Freistein (sie und der Platz um sie waren "gefreit"), Freibank, Freistuhl.
   Dieser Platz war mit Schnüren, Zäunen, Gräben, Schranken abgesperrt, daher der Gerichtsplatz auch die Schranne. Außerhalb dieser Hegung waren die Zuhörer. Der Platz innerhalb aber war gefreit, daß heißt, der Raum war ausgenommen von jeder Betätigung der Privatrache, die ja einst das Uebliche war; es durfte das Gericht durch eigenmächtiges Eingreifen der Zuhörer nicht gestört werden: Freistein, Freibank, Freistuhl. Es war also der Gerichtsfriede mit dem Platz verbunden.
   Es ist nun nicht ausgeschlossen, daß man einen solchen Steintisch auch mit den Bänken noch entdeckt und daraus auf eine Gerichtsstätte, nicht aber gleich auf einen germanischen Opferstein schließen kann. Es gab ja solcher mittelalterlichen Gerichtsstätten viele, manche mögen auch aus heidnischen Kultstätten entstanden sein.
   Auf einem Ackerfelde beim Dorfe Ellenberg bei Guxhagen (Kassel) wurde 1907 eine kreisförmige Gerichtsstätte festgestellt; Durchmesser 9½m. Antiquitätenzeitung XV 449.
   Ein weiterer Gerichtsplatz (Ding- oder Malstätte) an der Kirche St. Valentin bei Rupolding (Traunstein), siehe Deutsche Gaue IX 172. Dort 173 noch weitere Beiträge.
   Auch Flurnamen und Flurstücke, die eine eigenartige Form haben, könnten auf solche Stätten raten lassen; so ist 750m nördlich von Hirschzell (Kaufbeuren) eine Wiese mit Gräbern, der Tadelanger; er hat eine ganz unregelmäßige Figur im Gegensatz zu den regelrechten Streifen aller Aecker, die ihn begrenzen. Von ihm führt die "Grafensteig" die Halde östlich hinauf. Freilich ist und Geschichte des Grundstückes und ältere Fassung der Flurnamen nicht bekannt. [...]
   [...] Wir müssen hier streng auseinanderhalten: Jede Gerichtsstätte war eine Freistatt, insoferne als hier die Privatrache aufhörte; allein es gab außerdem noch eine Menge Freistätten, die durchaus nicht alle Gerichtsstätten waren: Kirchen, Klöster, Freihöfe usw. [...]
(Deutsche Gaue, Band XI, 1910, 5.Lieferung, Doppelheft 209 u. 210, S.169-171)

Dingstätten.
   Ding (germanisch thing). Grundbedeutung scheint: Das Gesprochene, das Wort; daraus entwickelt sich: die Besprechung, Verabredung; dann: die Zusammenkunft zur Besprechung eines Gegenstandes von allgemeinem Interesse. Der Ort heißt Dingstätte.
   Das Mahl, althochdeutsch mahal = Versammlung, woraus die Bedeutung Gericht, Ort des Gerichts (Mahlstatt).
   Wer im Kanton Uri, der Heimat Tells, einmal einer landsgemeinde (jährlich am 1. Maisonntag) beigewohnt hat, dem wird dies unvergeßlich bleiben. Es ist die Versammlung aller stimmfähiger Urner, welche sich da Gesetze gibt, Steuern bewilligt und die Obrigkeit ein- oder absetzt. Im stillen Tal unter freiem Himmel kommen sie zusammen und bilden einen weiten Ring um die paar Versammlungsleiter, die in der Mitte sind, jedoch durch freien Raum von dem "Umstand", also diesen Ring getrennt:
   So müssen wir uns auch unsere einstigen Dingstätten vorstellen (Ding, germanisch Thing = Volksversammlung, siehe oben).
   Der "Stein" nö. dem Dorfe Grünenbach (Gb. Weiler bei Lindau Schw. Rk661 unter b von Grünenbach) war wohl eine solche Dingstätte; das heißt nur der Platz für Richter, Schultheiß, während der Ring der Umstehenden auf der Wiese diesen Platz umgab; so ist das auch bei den folgenden Beispielen gemeint.
   Der "Stein" ein zugerichteter Nagelfluhblock auf einer 18,5:20m großen Plattform, die von einem Graben umfaßt ist. Schon H. August Ullrich hat darauf im Allgäuer Gerichtsfreund 4, 89 die Vermutung einer Dingstätte ausgesprochen, ebenso die Frage angeregt, ob wir weiter zurückgehend die Anlage nicht als Kultstätte ansehen dürfen. Eine Quelle entspringt wenige Schritte davon.
   1600m südwestlich von Baisweil (Kaufbeuren, Schw.) (Rk.649 über dem zweiten r von Römerstraße) ist im ebenen Feldtal ein künstlicher Hügel, welcher Leh-Bichl heißt, jetzt noch 1,90m hoch. Karten nennen ihn "altdeutschen Grabhügel"; er ist jedoch keiner; denn die Durchschneidung 1900 (Deutsche Gaue 2, 117) zeigte keine Grabstätte; sie erwies, daß der Hügel künstlich errichtet, einst niedriger war und erhöht wurde; keine Funde. Er kann deshalb auch nicht als "Römerhügel" bezeichnet werden; die Römerstraße Augsburg - Kempten zieht zwar 150m an ihm vorbei; diese Straße war aber wohl bis 1200 noch im Gebrauch.
   Es liegt nahe, daß wir hier ebenfalls einen Ding-Hügel vor uns haben. [...]
   Großdingharting (Wolfratshausen Obb.) als Gerichtsstätte im 12. Jahrhdt. genannt; 5 Minuten westlich ein Hügel mit Kapelle (rund 1800 erbaut), heißt Kirchberg, im Volk aber Galgenberg; unweit der Straßenkreuzung München-Tölz und Deisenhofen-Schäftlarn. Pf. Winsauer, München-Forstenried.
(Deutsche Gaue, Band XXII, 1921, 1.-4..Lieferung, Heft 421-426, S.18)

   [...] Die Gerichtsverhandlung beginnt mit einem Gebot des Schweigens und Zuhörens, welches der Gerichtshalter, in der heidnischen Landsgemeinde auf deutschem Boden der Kultbeamte, an die Dingleute erläßt und wodurch er das Ding "befriedet" oder "bannt" oder im w.S. "hegt". In älterer Zeit scheinen alle Dingleute bewaffnet im Kreise ("Ring") zu sitzen. War zur Urteilfindung ein Ausschuß berufen, so saß nur dieser nebst dem Gerichtshalter, und zwar innerhalb eines kreisförmigen oder viereckigen und insgemein eingehegten Raumes (mhd. rinc), die Urteilfinder auf Steinen oder Bänken (bayr. schrannen, nl. dingbancken, vierschare), der Gerichtshalter nach deut. RR. auf einer besonderen Bank mit gekreuzten Beinen, das Antlitz nach Osten gekehrt, den "gewaltigen" Stab, d.h. den weißen Stab des Gewaltboten, (doch im Hochgericht wohl auch statt dessen das Schwert) in der Hand, den Richterhut auf dem Haupt. Auch die Urteilfinder tragen im MA. besonderes Gewand. Am Ende des Verhandeins oder der Dingzeit erfolgte meist eine förmliche Auflösung des Dings (an. pinglausn), in Deutschland z.B. unter Umstürzen der Schrannen. Während der Dingzeit kündete ein Schild, aufgehängt an Speer oder Baum, oder ein Schwert, eine Fahne, aufgesteckt, den Dingfrieden an. Überdies aber stand im Heidentum das Ding, wenigstens die Landsgemeinde, unter göttlichem Schutz. "Weihebande" (an. vébǫnd), an Haselstangen umhergezogen, "hegten" den Platz der Urteilfinder ein: das Ding wurde "gespannt". Auch die Dinghegung scheint ein sakrales Element enthalten zu haben. Daß mit Vorliebe der Dienstag oder Donnerstag zum Gerichtstag gewählt wurde, deutet nach derselben Richtung.
(Amira, Karl von - Grundriss des Germanischen Rechts, 3.Aufl., Strassburg 1913, S.256-257)

   Allein nicht bloss für unsere Mythologie ist der Rentrischer Stein von Wichtigkeit, auch für deutsches Rechtsalterthum ist er der vollsten Beachtung werth. Das Wort "Spil" wird nämlich im Mittelalter für Gericht gebraucht, und es wäre also unter einem Spilstein ein Gerichtsstein zu verstehen. In einem offenen Briefe, geschrieben 1592 des 20. dags Mart. zu Pommern an der Mosel heisst es: "Sie alle Gerichtsscheffen mit gelauter Glocken off de hiesig Rhatt- oder Spielhus in der grossen Stuben hinfordern und beschieden." Bei Asbach, im kölnischen Amte Altenwied, ragten ehemals aus dem flachen Lande 16 Fuss hohe, senkrechte, und etwas nach Ost geneigte Säulen hervor. Die Stelle hiess Spillhüll. - Minola, dessen Beiträgen zur Uebersicht der Römisch-Deutschen Geschichte, 2.Aufl. S.71 ich dieses entnehme, bemerkt dazu, in älteren Zeiten sei hier eine Ding- oder Malstätte gewesen, denn noch später hätten sich die drei Aemter Wiedhagen, Asbach und Neustatt dort versammelt, um einen Amtmann zu wählen oder sonst etwas Wichtiges auszumachen. In mehreren Gemeinden an der Mosel wurde, einer Mittheilung des Herrn Oberförsters Mohr zufolge, ein öffentlicher Platz "uff dem Spilles" genannt, und endlich mahnt das Wort Kirchspiel noch an die alte geistliche Gerichtsbarkeit, und der heilige Send wurde nach uralten Weisthümern auf dem Kirchhofe oder vor der Kirche unter der Linde gehalten, die als Gerichtsbaum am häufigsten diente (Grimm, Rechtsalterthümer S.796), zugleich aber auch ein Baum der Holda ist (Wolf, Beiträge S.169). Um die Reihe meiner Anführungen zu schliessen, sagt endlich J. Grimm (a.a.O. S.806) selbst: "zur Zeit des Mittelalters hatten wenigstens die aufgeblühten wohlhabenden Städte ihre Richthäuser oder Dinghöfe; man findet sie unter der Benennung Spilhus, Spelhus." Wir hätten also hier abermals einen Beweis für die Richtigkeit der Behauptung Grimms, dass Gerichtsplätze auch zugleich heilige Stätten waren, denn der Name "Chrimhildespil" rollt den tausendjährigen Vorhang vor; unsem Blicken auf und zeigt uns das religiöse und politische Leben unserer Vorfahren im hellsten Lichte, Dass wir dieses vermocht, danken wir nächst jenem grossen Römer dem Schöpfer der deutschen Mythologie J. Grimm, dessen Bemühungen um Erforschung des vaterländischen Alterthums von Jahr zu Jahr mehr Anerkennung und Würdigung finden.
(Hocker, Nikolaus - Die Stammsagen der Hohenzollern und Welfen. Ein Beitrag zur Deutschen Mythologie und Heldensage, Düsseldorf 1857, S117-118)




 weiterführende Literatur und Quellen 
Wojtucki / Zobniów - Denkmäler des ehemaligen Strafrechts im polnisch-tschechischen Grenzgebiet, 2007
Riebeling, Heinrich - Historische Rechtsmale in Hessen, 1988
Saalfeld, Karlfritz - Kleindenkmäler im Werra-Meißner-Kreis, Schriften des Werratalvereins Witzenhausen, Heft 28, 1995
Gerichtssteine und Thingstätten in Europa
Amira, Karl von - Grundriss des Germanischen Rechts, 3.Aufl., Strassburg 1913
Frölich, Dr. jur. Karl - Alte Dorfplätze und andere Stätten bäuerlicher Rechtspflege, in: Arbeiten zur rechtlichen Volkskunde, Heft 2, 1938


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