Deutschland Sachsen-Anhalt Lkr. Merseburg-Querfurt

Oechlitz


Blick zum Standort

die andere Seite

Detail Scheibenkreuz
im Kopf

Detail der
Schwerteinzeichnung

Abbildung bei
Saal (1989)

Zeichnung bei
Neumann (1907)

PLZ: 06268

GPS: N 51° 19,338', O 11° 45,982'

Standort: Am Rand einer Wiese an der Straße "Kreuzberg" am Ortsausgang Richtung Schmirma.

Größe / Material: 150:85:27 / Sandstein

Geschichte: Am Ostausgang des Dorfes an der Straße nach Schmirma an der südlichen Wegeböschung, 12m vom Kilometerstein 4,1 der Straße Mücheln-Oechlitz-Langeneichstädt entfernt. Tatzenkreuz von sehr schlanker Form mit Schwert- und Kreuzzeichnungen nach der Straße zu. Die Außenseiten der Arme sind schwalbenschwanzförmig zurückgebildet. Den im Kreuzmittelpunkt befindlichen Schwertknauf bildet ein auf der Spitze stehender Rhombus von 8cm Seitenlänge; die Schwertklinge ist 6cm breit, sie endet erst im Boden. An beiden Armen und dem Kopf findet sich je ein kleines Kreuz, dessen Arme bündig mit der Steinoberkante sind, während die sich kreisförmig schließenden Zwickel eingetieft sind. Am Kopf und den Armen sowie an der nordöstlichen Schaftseite sind geringe Abschläge festzustellen. Es dürfte sich wohl um Verwitterungsschäden, besonders auf der Rückseite, handeln. Sandstein (aus Wangen oder Leimbach-Lodersleben). 145cm:86cm:22cm.
Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert. Nach Größler (1890) steht der Stein erst seit 1865 an dieser Stelle, vorher soll er auf dem Kirchhof gestanden haben. Doch scheint das nicht zuzutreffen, denn die Umgebung des Standortes trägt den Flurnamen "Kreuzberg". (Saal 1989)

Sage: Das Kreuz soll für einen Herrn von Oechlitz gesetzt worden sein, der gerädert werden sollte, weil er seinen Knecht mit dem Schwert umgebracht hatte. Nach anderen soll der Herr den Knecht mit der Mistgabel erstochen haben. Dritte wissen wieder, daß der Knecht den Herrn umgebracht hat.

Quellen und Literatur:
Größler, H. - Zweite Nachlese von Sagen und Gebräuchen der Grafschaft Mansfeld und ihrer nächsten Umgebung, in: Mansfelder Blätter 4, 1890, S.140-159
Neumann, Prof. Dr. Richard - Alte Steinkreuze in der Gegend der mittleren Saale, in: Programm der Oberrealschule zu Weißenfels Nr.339, 1907, S.3-21
Scholle, W. - Das Oechlitzer Mordkreuz, in: Die Scheuer. Blätter für Heimatforschung und heimatliches Leben, 3.Folge, Heft 5/6, 1926, S.44-46
Liebers, Benno - Unsere Steinkreuze - germanische Heiligtümer, in: Erzieher im Braunhemd 5, 1937, S.8-13 und 30-34
Saal, Walter - Steinkreuze und Kreuzsteine im Bezirk Halle, 1989, S.31
Saal, Walter - Das Oechlitzer Steinkreuz, in: Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992, S.32
recherchiert und bebildert von Ute Fuhrmann / Rainer Vogt, Thale (Fotos von September 2008)



Das Oechlitzer Mordkreuz
Von W. Scholle, Oechlitz

Zeichnung von Adolf Müller, Mücheln

Wenn man auf der Landstraße von Schmirma nach Oechlitz geht, so sieht man kurz vor dem Dorfe auf hohem Wegrande ein schönes altes Steinkreuz stehen. Die Arme und der Kopf sind etwas nach innen eingezogen (Malteserkreuz) und die Außenseite der Arme und des Kopfes auch etwas nach der Mitte zurückgezogen. Ein langes Schwert, aus der Zeit des 10.-12. Jahrhunderts, ist eingeritzt. Auf den beiden Armen und am Kopfe des Kreuzes sind drei Kreuze ausgemeiselt und sehen aus wie die Speichen eines Rades. Das Kreuz hat eine Höhe von 1,40m und eine Breite von 90cm und ist aus Sandstein verfertigt. Auf der Rückseite sind keine Zeichen eingeritzt. Dagegen kann man auf dem Kopfe des Kreuzes 3 näpfchenartige Vertiefungen sehen. Ob diese dieselbe Bedeutung haben wie die Näpfchen, die man meist neben den sogenannten "Teufelskrallen" an Kirchen und anderen Gebäuden findet?
   Im Dorfe nennt man die Höhe, die das Kreuz trägt, Kreuzberg. Demnach hat das Kreuz dem Berge den Namen gegeben. In der Schulchronik wird dagegen behauptet, das Kreuz habe früher auf dem Kirchhofe gestanden und sei erst bei der Pflasterung der Straße, die damals auch in den Berg hineingebaut worden ist, durch den derzeitigen Ortsrichter dorthin gebracht worden. Der Berg habe lange vorher schon den Namen Kreuzberg gehabt. - Wo soll aber dann der Berg seinen Namen herhaben? Ein Kreuzweg ist an dieser Stelle nicht und auch der alten Separationskarte nach nicht gewesen. Allerdings ist auf der genannten Karte auch das Kreuz nicht verzeichnet. Entweder hat dann früher auf der Höhe ein zweites Kreuz gestanden, welches dem Berge den Namen gab und dann verschwunden ist, oder das jetzige Kreuz, was nach der Schulchronik vom Kirchhofe nach dort gebracht ist, hat ursprünglich dort oben gestanden und mußte aus irgendwelchen Gründen entfernt werden.
   Die Sage berichtet, daß ein Herr seinen Knecht mit der Mistgabel auf dem Felde erstochen habe. Oft hört man aber auch (vielleicht in Anlehnung an das Uhlandsche Gedicht "Die Rache"), der Knecht sei der Mörder seines Herrn gewesen. Nach dem, was in dem vorhergehenden Artikel über die Bedeutung der in den Mordkreuzen, eingeritzten Bilder und Zeichen gesagt worden ist, mußte hier, wenn die Sage uns recht berichtet, eine Mistgabel eingeritzt sein. An anderen Kreuzen dieser Art hat man auch tatsächlich eingeritzte Gabeln gesehen. Das Schwert aber als Hinweis auf die Hinrichtung des Mörders, also das Richtschwert, anzusehen, geht nicht, da stets die Mordwaffe, wenn eine solche überhaupt abgebildet ist, eingemeißelt wurde. Es ist also anzunehmen, daß hier das Schwert die Waffe des Mörders war. Wie ist nun der Widerspruch zur Sage zu erklären? - Sagen entstehen ja immer in späteren Zeiten. Hier also in einer Zeit, wo das Volk, das in vielen Generationen die Sage bildete, den Herrn nicht mehr kannte, der auch mit dem Schwerte umgürtet übers Feld ging. Es konnte sich nur noch als Mordwaffe eines Herrn, die er auf dem Felde haben oder erreichen konnte, die Mistgabel denken. Das eingeritzte Schwert ist das eines Ritters, wie man sie (siehe oben) in der Zeit um 1100 trug. In dem jetzt Tilleschen Gute haben vor Jahrhunderten Rittergeschlechter gesessen. (Es gab sogar ein Geschlecht derer von Ochylicz, wie damals der Ort genannt wurde, welches um 1200 herum in alten Urkunden mehrfach erwähnt wird.) Das danebenliegende Feld, jetzt B. von Helldorf auf St. Ulrich gehörig, ist ehemals Oechlitzer Rittergutsfeld gewesen. Man könnte also annehmen, daß der Herr der Sage einer jener Ritter auf Oechlitz gewesen ist.
   Zu erklären wäre nur noch die Bedeutung der Kreuze in den Armen und dem Kopfe des Mordkreuzes. Man könnte an das Radwappen des Erzbistums Mainz, daß sich ja auch einmal bis in die hiesige Gegend erstreckte, denken. Aber da müßte das Kreuz ein bedeutend höheres Alter haben als oben zu ersehen ist. Wenn man genau hinsieht, erkennt man jedoch, daß keine Räder sondern Kreuze ausgemeißelt sind. Diese könnten dann darauf hinweisen, daß es sich hier um eine kirchliche Strafe handelt, die man dem Mörder auferlegte.
   Man vergleiche hierzu den Aufsatz des Verfassers im "Heimatkalender Querfurt-Naumburg 1927" und "Heimatjahrbuch für den Reg.-Bez. Merseburg", Band 1.
(Die Scheuer. Blätter für Heimatforschung und heimatliches Leben, 3.Folge, Heft 5/6, 1926, S.44-46)


Sühnekreuze & Mordsteine