Die Kreuzsteine in Bad Klosterlausnitz - 07639 Bad Klosterlausnitz
Wo jetzt der Gasthof zu Klosterlausnitz steht, da lagen früher dicht am Wege drei alte verwitterte Kreuzsteine viele Jahrhunderte lang.
Die Steine aber erinnern an die letzten Nonnen des nun verlassenen, das lange Zeit in Klosterlausnitz bestanden hat.
Als nämlich das Kloster im Dorfe längst verödet und verlassen war, waren zwei fromme Nonnen, Farnesia und Anoetnezza,
zurückgeblieben. Sie hatten beschlossen, bis an ihr Ende nicht von ihrem Kloster zu lassen. Das Volk aber ließ sie ruhig gewähren;
den sie waren fromm und mild, pflegten die Kranken und halfen den Notleidenden, die ihre Hilfe suchten. Eines Nachmittags im
Sommer nun, so gegen Abend hin, gingen die beiden Nonnen aus dem Kloster in das Dorf, einen Kranken zu besuchen.
Allein noch ehe sie das Kloster verließen, zog sich ein schweres Gewitter am Himmel zusammen, und Donner und Blitz krachten
und zuckten angsterregend und schrecklich. Die frommen Nonnen ließen sich von ihrem Gang nicht abhalten; unerschrocken und
mutig, wie solch, die wissen, daß sie unter Gottes Schutz stehen, schritten sie das Dorf hinauf. An der Stelle nun, wo die alten
Kreuzsteine standen, da schoß ein furchtbarer Blitzstrahl zur Erde herab und traf die beiden Nonnen, so daß sie tot neben den
Steinen niedersanken.
Die alten Steine sind freilich lange schon verschwunden; aber manches Jahr standen sie und bezeichneten die Todesstätte
der letzten Nonnen aus dem verlassenen Kloster in Lausnitz.
(Greß, Kurt - Holzlandsagen. Sagen, Mährchen und Geschichten aus den Vorbergen des Thüringer Waldes, Leipzig 1870, S.45-46)
Der steinerner Schutzbrief von Friedebach - 07381 Friedebach
Das Jahr 1640 brachte unter allen Kriegsnöten jener Zeit die bei weiten größten Drangsale und schlimmsten Plagen für den Orlagau
mit sich. Denn die Schweden lagerten sich an verschiedenen Orten, hauptsächlich aber bei Saalfeld, und brachten unsagbar viel
Unheil über die Leute. Sogar diejenigen Dörfer, welche durch ihre abgeschiedene Lage, von Wäldern und Tälern geschützt, bisher
unter den Kriegsläufen weniger zu leiden hatten, erfuhren in jenem Jahre die ganze Furchtbarkeit der Kriegsfurie.
Dazu gehörte auch Friedebach in der Heide. Aber die Kriegsnot des Jahres 1640 war die letzte für das Heidedorf, und ging so zu.
Verfolgt von den kaiserlichen Reitern war ein verwundeter schwedischer Hauptmann oder Oberst nach Friedebach gekommen.
Wund wie er war und totmüde von dem Ritt, den er gemacht, stieg er vom Pferd, um im Schatten eines alten Birnbaumes ein wenig
zu ruhen und seine Wunden mit dem frischen Wasser des klaren Bächleins zu kühlen. Als er aber wieder auf das Pferd steigen wollte,
war er dazu nicht imstande. Es überfiel ihn eine schwere Ohnmacht, und einem Toten gleich, blieb er in dem Grase am Wegesrand
liegen.
Da traten einige Bauern, die sich mit den Ihrigen, mit Hab und Gut, in den Bergwald geflüchtet gehabt, oben aus den Bäumen
heraus, um über das Tal Umschau nach den Feinden zu halten und zu erspähen, ob die Häuser des Dorfes noch ständen.
O weh! da graste ein Pferd eines Soldaten! Sollten sie in der Nähe sein? Dann rasch zurück in den Wald!
Aber es regte sich nichts, so sehr sie auch spähten. Sie hielten Rat, ob sie etwa des ledigen Pferdes sich bemächtigten sollten, und
kamen zu dem Entschluß, etwas zu tun. Denn ein Pferd war damals eine seltene und gar teure Sache. Vorsichtig näherten sie sich
dem Talgrund, um ihr Vorhaben auszuführen.
Wie erschraken sie aber, als sie den schwedischen Hauptmann liegen sahen! „Ist er tot oder lebt er“ so fragten sie
untereinander?“ Er muß doch wohl tot sein; denn ein Mann, der nur eine Zeit lang ruhen wollte, suchte sich einen günstigern
Platz dazu aus. Sie traten also an ihn heran. „Er ist verwundet“, sagte der eine; „er atmet noch“, rief ein anderer.
Da machten sie sich über und betteten ihn in den Schatten.Nach wenigen Wochen war der schwedische Hauptmann
gesundet und ritt davon. Als Zeichen seiner Dankbarkeit hat er an der Stelle, wo seine Wohltäter ihn aufgehoben ein steinernes Kreuz
errichten lassen.
So oft auch schwedische Soldaten in das Tal einrückten, kehrten sie um, sobald sie des Kreuzes vor dem Dorfe ansichtig
wurden, ohne jemanden Schaden getan zu haben. Sie erkannten das Kreuz als das Zeichen des Friedens.
Heute noch steht es im Friedebacher Tale – ein steinerner Schutzbrief aus der schwedischen Not.
(H. Wünscher - Sagen, Geschichten und Bilder aus dem Orlagau, 1902)
Das Steinkreuz von Herressen-Sulzbach - 99510 Herressen-Sulzbach
2. Variante
Das Wetterkreuz zwischen Eisenberg und Königshofen - 07607 Königshofen Markgraf Eckberts Tod - 07607 Kursdorf Der alte Kreuzstein bei Meusebach - 07646 Meusebach Die Niedenburg bei Neidenberga - 07338 Neidenberga Das Hirtengrab in Ottmannsdorf - 07819 Ottmannsdorf Das Nonnenkreuz bei Paulinzella - 07422 Paulinzella Das Steinkreuz auf dem Reisigwege in Pößneck - 07381 Pößneck
1. Variante
Aus Habgier erschlugen Sulzbacher Wirtsleute einst einen gut gekleideten Gast, der bei ihnen übernachtete, mit dem
Schlachtbeil. Um einen Raubüberfall vorzutäuschen, legten sie den Leichnam außerhalb des Ortes nieder und durchsuchten
in der Herberge gierig Hab und Gut des Ermordeten. Dabei erkannten sie, daß sie ihren einzigen Sohn, der in der Fremde
gewesen war und seine Eltern am nächsten Tag überraschen wollte, erschlagen hatten. An der Stelle, wo der Leichnam
gefunden wurde, soll das Steinkreuz errichtet worden sein.
(Sagen, 1867)
Es war einmal ein Sulzbacher, dem
das Dorf in seiner Kindheit gerade recht war. Doch als er zum Jüngling
heranwuchs, kam immer stärker das Verlangen nach der Wanderschaft in die
Fremde. Und eines Tages standen Vater und Mutter vor dem Haus und waren voller
Kummer, denn der einzige Sohn ließ sie nun allein. Was half aber alles
Klagen?
Noch ehe die Sonne den Tag beendete, hatte der Jüngling die heimatlichen
Städte und Dörfer hinter sich gelassen. Für eine Weile ist keine
Not, dachte er bei sich und breitete das Beutelchen mit der Wegzehrung aus,
ließ es sich gut gehen und richtete sein Lager auf dem weichen Moos.
Viele Jahre vergingen, viele Winter und Sommer brachten den in die Jahre gekommenen
Eltern viel Arbeit, bei denen der rechte Sohn zur Hand gegangen wäre. Es
kam aber keine Nachricht aus der weiten Welt, sooft sie auch Wanderer oder Fuhrleute
oder Kaufmannsvolk fragten, die die Weinstraße, die Kupferstraße
oder den Handelsweg bei Kapellendorf kreuzten. So wuchs die Sehnsucht mit den
Tagen, doch das Bild vom Sohne verblasste mit den Jahren.
Eines schönen Tages war es, als ganz überraschend ein gutgekleideter,
bärtiger Mann gegen Abend dort an der Türe klopfte und um gastliche
Aufnahme bat. Einfache Leute seien sie nur, meinte die Frau und wischte eilfertig
die Hände an der Schürze. Doch der Fremde entgegnete rasch: "Ein
einfaches Nachtlager kommt mir gerade gelegen und Schlaf finde ich allemal nach
der langen Reise."
Das Abendbrot wurde gerichtet und ein großer Ringel Wurst im Wasser erhitzt.
Schon war der Raum erfüllt vom Dufte und ein guter Wein funkelte im Glase.
Beim Ablegen der Kleidung vernahmen die Wirtsleute bei dem Fremden wohl, dass
da Geld in den Taschen klingelte - Töne, als würde Gold und Silber
aufeinanderschlagen.
So wuchs mit der übertriebenen Gastlichkeit gleich die Geldgier beim Bauern,
und ein prallgefüllter Geldbeutel wäre eine Hoffnung für kommende
Tage.
Lange tuschelten die Wirtsleute, wägten alle Umstände ab und dachten
auch an das schwindende Vertrauen in das gastliche Haus.
"Nichts da", donnerte der Bauer im Nebengelaß. Und so war es
beschlossene Sache, den Gast im Schlafe umzubringen. Der Bauer schlich mit dem
Beil in der Hand in die Gästekammer und ermordete den ahnungslosen Schläfer.
Rasch schafften sie den Leichnam durch das verschwiegene Dunkel der Nacht fort
aus dem Hause - zu dem Weg am Dorfrand, so dass die Leute später meinten,
ein großes Unglück sei dem Fremden dort widerfahren.
Der Tat wenig Beachtung schenkend liefen sie in ihrer Schuld rasch zum Haus
und rissen die Kleider auseinander, griffen gierig in das Geld und ließen
alles Gold durch die Hände gleiten. Auch den Papieren des Fremden galt
die wilde Hast zur Mitternacht. Doch, oh Schreck! In den Papieren gewahrten
sie, dass sie den eigenen Sohn erschlagen hatten, denn der Name und seine Herkunft
wiesen den Toten als ihren Jungen aus.
Das Geschrei und Wehklagen darüber und der plötzliche Schmerz über
den Sohn, der der ungezügelten Gier zum Opfer gefallen war, weckte die
Nachbaren, die nun die Untat bemerkten und voller Entsetzen waren.
Zur Strafe wurden die Wirtsleute, die Eltern des in der Ferne geglaubten Sohnes,
auf der Kapellendorfer Gerichtsstätte zum Tode verurteilt. An der Stelle
außerhalb des Dorfes wurde zur Sühne der Untat das Steinkreuz errichtet,
und im Volke erzählt man sich noch heute die Geschichte vom Kritzchen.
Bis zum Ende des 2. Weltkrieges stand auf der Höhe zwischen Eisenberg und Königshofen (Flur Königshofen), 150 m östlich von der
Stelle, wo von Gösen kommende Feldweg die Landsstraße überquert, ein plumper, verwitterter Stein. Er befand sich an der nördlichen
Seite dieses Feldweges, welcher auch als „Weinstraße“ bekannt ist. Es war ein Wetterstein, er war ehemals auf die Wasserscheide
gesetzt worden und wurde das „Wetterkreuz“ genannt.
Der Sage nach sollen die Eisenberger, als ihre Stadt durch ein Unwetter schwer bedroht war, hinaus zu diesem Stein gezogen
sein und durch Gebete die sich zusammenballenden Gewitter zerstreut haben. Eine Bauersfrau aus Königshofen sagte mir, ihre
Großmutter habe des öfteren davon gesprochen, daß in früherer Zeiten der Königshofer Lehrer mit den Schulkindern zu diesem
Steine gezogen sei, um für gutes Wetter zu beten. Alte Leute erzählen auch, dass vor langer Zeit mit einer aus Zeitz herangeholten
Kanone am Wetterkreuz geschossen worden sei, um ein lang anhaltendes Unwetter zu zerteilen und zu vertreiben.
Professor Fischer berichtet über die Entstehung dieses alten Steinkreuzes folgende sagenhaften Hergang: „Es hat einmal ein
schreckliches Gewitter dagestanden, vierzehn Tage lang. Am sechsten Tag sind zwei Mönche hinausgegangen, die sind vom Wetter
erschlagen worden; am zehnten Tag ging noch einer, der wurde auch erschlagen. Deshalb ist das Kreuz gesetzt.“
Nach einer anderen Sage konnte man in der Geisterstunde auf der Weinstraße einen Mann ohne Kopf daherreiten sehen,
der am Wetterkreuz halt machte und mit den Armen um sich schlug. Das soll ein alter Hegereiter gewesen sein, der im Grabe keine
Ruhe finden konnte, weil er bei Lebzeiten die Leute, die er im Walde antraf, grausam drangsaliert und misshandelt und selbst arme
alte Frauen und Kinder, die Holz auflasen, Beeren suchten und Pilze sammeln wollten, mit Schlägen aus dem Wald gejagt hatte.
Als ich den Wetterstein im Frühjahr 1957 besuchen wollte, konnte ich ihn nicht finden, obwohl mir Eisenberger Einwohner versichert
hatten, daß ihr Wetterkreuz noch stehe. Ich erkundigte mich deshalb bei einem Bauern in Königshofen, der sein Feld in der Nähe
hat. Dieser sagte mir, der Stein sei 1945 von amerikanischen Panzern umgedrückt und in den darauffolgenden Jahren dann gänzlich
zerstört worden. Auf Grund dieser bedauerlichen Auskunft hielt ich den volkskundlichen bedeutenden Stein für unwiederbringlich
verloren. Die rührigen Eisenberger Heimatfreunde haben aber1959 die Überreste des zertrümmerten Wetterkreuzes ausgegraben,
mit Hilfe von Zement und Eisen wieder zusammengefügt und es mit Rücksicht auf die Bearbeitung der Felder vor an die Straße,
an das Fichtenwäldchen bei der Ziegelei gesetzt, wo es als heimatkundliche Besonderheit hoffentlich noch lange stehen wird.
(Paul Heinecke und Gerhard Ost - Holzlandsagen, Jena 1969)
An der Straße von Eisenberg nach Hartmannsdorf, nicht weit hinter dem Dörfchen Cursdorf, liegt am Raudabache die Weißenmühle,
in deren Garten noch jetzt ein uraltes, verwittertes Steinkreuz steht, in das ein Schwert eingehauen ist. Der alte Stein aber ist errichtet
zur Erinnerung an den Tod des tapferen Markgrafen Eckbert III. von Meißen, der einst hier schändlich erschlagen ist.
Im Jahre 1019 nämlich kam der ritterliche Markgraf auf einer seiner Rundreisen durch seine Gaue, wie er solche öfters zu
unternehmen liebte, in die Nähe von Eisenberg. Als es Abend ward, kehrte er in einer Mühle ein, nicht weit von dem Städtlein, um
dort mit seinem Gefolge nach scharfen Ritte Nachtruhe zu halten. Nun lag aber Herr Eckbert in schwerer langwieriger Fehde mit
seinem Herrn und Kaiser, Heinrich IV., der den tapferen Vasallen fürchtete und ihm nach dem Leben trachtete. Der Markgraf jedoch
hatte keine sonderliche Angst vor dem Kaiser, sondern war bereit, im offnen Kampfe den Mannen des Kaisers entgegenzutreten,
und gedachte, in ehrlichen Streite gar wohl mit ihm fertig zu werden. Denn an Hinterlist und Verrat dachte der tapfere Kämpe nicht,
weil er seinen Kaiser viel zu edel und hochherzig hielt. Kaiser Heinrich aber war nicht so ehrlich gesinnt, als es sich der Markgraf
gedacht hatte. Er ließ von seinen Reitern die stille Mühle, wo Herr Eckbert in Frieden und ohne Sorge Rast hielt, heimlich umzingeln
und den Wehrlosen im Schlaf meuchelmörderisch niederstechen.
Von solch schimpflicher Heldentat Kaiser Heinrich IV. meldet der alte Stein im Garten der Weißenmühle.
(Kurt Greß und Viktor Lommer - Holzlandsagen, Leipzig 1935)
Bei dem Dorfe Meusebach steht ein verwitterter Kreuzstein, der den Wanderer an folgenden Vorgang erinnern will.
Am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts durchzogen französische Heere plündernd die dortige Gegend. Meusebach,
das einsam und versteckte Walddörflein, aber blieb verschont. Seine weltabgeschlossene Lage schützte es. Aber auch die List der
schlauen Meusebacher hielt den Besuch der Franzmänner fern. Durch gefällte Baumstämme verwandelten sie den ohnehin nicht
sehr kenntlichen Weg, der zum Dorf führte, in eine fast undurchdringliches Dickicht, so daß von einem Wege nicht eine Spur zu
sehen war. So blieb Meusebach von dem Durchzug und der Plünderung der Franzosen verschont. Nur ein einziger Franzose war
klüger als die Meusebacher. Er durchschaute mit Kennerblick das künstliche Dickicht, drang in diesem vor und entdeckte das
einsam gelegene Walddörflein. Als er aber ins Dorf kam, erschlugen ihn die Meusebacher und verscharrten seine Leiche eiligst
im Walde. Später errichteten sie auf dem Grabe des erschlagenen Franzosen ein Steinkreuz. An jenem Stein soll noch heute der
Geist des erschlagenen umgehen und nachts den hier vorüberziehenden Wanderer durch lautes Stöhnen schrecken.
(Kurt Greß und Viktor Lommer - Holzlandsagen, Leipzig 1935)
Von der Burg Ziegenrück aus ritten drei gewappnete Ritter mit ihren Knappen westwärts. Kühn ragte die Helmzier empor; das Visier
war hochgeschlagen. Leuchtende Augen und jugendfrische Wangen. Alle drei trugen die Abzeichen der Ritter des Ordens der
Johanniter, den schwarzen Mantel mit dem weißen Kreuz. Der Kundige musste bald inne werden, daß
die drei Ritter aus dem Kreuzzug zurückkehrten. Aus den Gesprächen, die sie führten, konnte man entnehmen, daß sie der
väterlichen Burg sich nahten. Auf einer weitschauenden Höhe angelangt, hielten sie ihre Rosse an. „Wir grüßen dich, Burg unserer
Väter!“ riefen sie, und Tränen der Freude füllten ihre Augen. „ Wir wollen einen Knappen zur Niedenburg vorausenden, der dem
Vater unsere Ankunft melde.“ Dieser Vorschlag des älteren unter den drei Brüdern wurde angenommen, und schon sprengte, der
Knappe den Waldweg hinab, der Niedenburg zu. Langsam folgten die Ritter nach. Als sie an der Saale angelangten, hielten sie
angesichts der Niedenburg, noch gedeckt vom Wald, still. „An der Insel“ wollten sie den Boten erwarten. Der kam bald zurück.
„Der Ritter von der Niedenburg ist Todes gestorben“, war seine Botschaft; „der Burgvogt entbietet den neuen Herren seinen
Gruß und das Gelöbnis der Treue.“
Aus dem Anlitz der Ritter war alle Freude geschwunden. Still und in sich gekehrt ritten sie zur Niedenburg empor. Als sie vor dem
Tore der Burg angekommen waren, sprach einer von ihnen: „Wer soll nun Herr sein au der Niedenburg?“ – „Entscheiden wir nach
Ritterbrauch!“
Auf dem breiten Wiesengelände vor der Burg fochten sie den Schwertkampf um das väterliche Erbe aus. Die Lanzen krachten,
die Schwerter blitzten, die Wunden bluteten. Nach heißem Ringen lagen zwei von den Brüdern sterbend auf dem grünen Plane. Wo
sie gefallen, ließ der Sieger sie ins Grabe legen.
Als der Ritter von der Niedenburg alt geworden war, und sein Lebenstag sich neigte, führte er den Burgvogt an die Grabstätte
seiner Brüder! „Wenn ich gestorben“, sagte er, „bette mich zwischen meine Brüder! Zu Häupten jedes der Gräber setze einen Stein
in der Form des Kreuzes zum Zeichen der Versöhnung! Hüte sich jedermann vor dem Neid, der mich bei unserer Rückkehrsagen
ließ: „Wer soll Herr sein auf der Niedenburg?“
Wie der Ritter befohlen, so ist es geschehen. Heute noch stehen die drei Kreuze am Ausgang des Dorfes und sind das Siegel
der Gemeinde und des Rittergutes aufgenommen. Mit jenem Ritter ist sein Geschlecht erloschen. Niemand weiß mehr seinen Namen.
Das Schloß aber und das Dörflein davor heißt seit jenen Tagen Neidenberga.
(H. Wünscher - Sagen, Geschichten und Bilder aus dem Orlagau, 1902)
Die Slaven des Orlagaues hielten mit großer Zähigkeit an ihres Volkes Art und Gottheit fest, sodaß Erzbischof Anno von Köln noch
1071 die Bevölkerung des Orlagaues als „roh und heidnisch“ und Papst Honorius II. sie noch1126 als "halbheidnisch" bezeichnete.
Der Orlagau war demnach ein schwieriges Missionsfeld mit hartem Boden. Mancher Abt in Saalfeld hat vergeblich auf die Frucht
gewartet, die mit dem Samen des göttlichen Wortes erwachsen sollte, und mancher Missionsbruder der Abtei ist ins Grab gestiegen,
ohne dem Herrn der Kirche Seelen gewonnen zu haben. Ja mancher von ihnen wird in Ausübung seines Berufes unter den Händen
der Slaven sein Leben gelassen haben. Darauf deutet eine sagenhafte Erinnerung hin, die in Ottmannsdorf bei Triptis erzählt wird.
In Schwippendorf, einem untergegangenen Flecken zwischen Hasla und Ottmannsdorf, von dem noch die letzten Spuren eines
Hauses vorhanden sind, hat sich ein Mönch aus dem Saalfelder Benediktinerabtei niedergelassen, um in der Umgegend das
Christentum zu predigen. Aber sein Wort blieb an den heidnischen Herzen der Slaven wirkungslos. Da begegnete ihm eines
Tages im stillen Wiesengrund ein Sorbenmädchen. Schlank war ihre Gestalt, ihr Gesicht braun, das Haar schwarz, ihre Augen
waren dunkel. Der Mönch sprach zu ihr von christlichen Lehren, sie hörte im still zu. Als er sie fragte, ob sie später mehr zu hören
begehre, bejahte sie.
So führte er sie tiefer in das Christentum ein; je mehr aber die Slavin Verständnis für Christus und das Evangelium wuchs,
umso schärfer wurde ihr innerer Wiederspruch gegen das Heidentum der Ihrigen. Als sie eines Tages aufgefordert wurde, mit ihrer
Mutter und den Schwestern dem Sarantewit zu opfern, weigerte sie sich und bekannte, daß sie Christin sei. Da fluteten die Wasser
des Zornes der Ihrigen mächtig über sie hin; sie musste bekennen, wie das alles gekommen war und wo sie den verhaßten Mönch
gesprochen. Und sie nannte den stillen Talgrund, wo sie das Heil ihrer Seele gefunden.
Die Angehörigen der slavischen Christin aber schmiedeten einen teuflischen Plan; Haß gegen das Christentum und Zorn gegen
die Abtrünnige waren ihre Helfer...
Mit dankerfülltem Herzen stieg der Mönch von seiner Klause ins Tal; heute sollte die Slavin als Erstling – andere würden, so
hoffte er froh, nun bald folgen. Als er an den bekannten Platz kam, war er überrascht, dort statt der jungen Freundin fremde
Sorbenfrauen zu finden.
Aber er redete sie freundlich an und fragte nach woher und wohin.
"Zu Dir!" lautete die Antwort, und ein höhnischer Klang lag in der Stimme der Sprecherin. "Mit Dir vertraut zusammen zu sein,
kamen wir hierher." Im Augenblick hatten sie den Mönch umringt, hielten ihn am Gewand und Armen fest und rangen ihn zu Boden.
Der Angreiferinnen sich zu erwehren, wollte ihm trotz aller Anstrengungen nicht gelingen. Nicht eher ließen sie von ihm ab, als bis er
still und starr zu ihren Füßen lag, zwar ohne Wunde, aber dennoch tot.
Als seine Freunde nach tagelangem Suchen ihn fanden, begruben sie ihn auf der Wiese, an der Stelle, wo er gelegen. Auf sein
Grab setzten sie ein steinernes Kreuz, auf dem sie einen Stab eingehauen hatten. Das soll bedeuten: "Im Dienste des Herrn am
Kreuze hat er seine Wallfahrt beendet".
Jener Stein steht noch auf der "Kreuzwiese" bei Ottmannsdorf. Die Kreuzarme sind abgewittert, der Stab ist aber noch sichtbar.
Und fragst du, was der Stein zu bedeutet, so wird man dir sagen. "Hier haben vor langer Zeit Mägde einen Hirten getötet".
Ja, ein Hirt wollte jener Mönch den Slaven werden, ein Hirt der Seelen; aber die Herde hat ihn verstoßen.
(H. Wünscher - Sagen, Geschichten und Bilder aus dem Orlagau, 1902)
Es war in einem eisigen Winter mit viel Schnee, da klopfte ein Bauer aus Singen an die Klosterpforte und bat um Hilfe. Seine Frau
sollte gebären und lag in großen Schmerzen. Bereitwillig ging die Nonne Roswitha mit und half der Frau so gut sie es wußte. Eisig
pfiff der Wind und dicht fielen die Schneeflocken, als sich die Nonne im Dunklen auf den Heimweg machte. Sie mochte nicht in
Singen den Morgen abwarten und litt es nicht, daß der glückliche Vater sie ins Kloster begleite.
Eine Laterne in der Hand ging sie allein den wohlbekannten Weg durch den Wald zurück nach Paulinzella. Plötzlich hatte der
Sturm ihr Licht ausgelöscht und Roswitha im wilden Schneetreiben kam ab vom Weg und sank endlich nach langem vergeblichen
Herumirren, zu Tode erschöpft, in den Schnee. Das Kloster erkundigte sich nach mehreren Tagen erst in Singen nach ihr.
Bei der Suche fand man die hilfsbereite Frau erfroren im tiefen Schnee und dort setzte man zu ihrem Gedenken dieses Kreuz.
Es hatte ursprünglich zwei Querbalken. Beim Holzfällen traf es ein fallender Baum und schlug drei Arme ab.
An der Pößnecker Flurgrenze führt von Oepitz nach der Heide (Ronneberg) zu den Reisigweg, an welchem ein Steinkreuz stand.
Der Pößnecker Chronist Siegel berichtet, daß gelegentlich eines Flurumganges über das Steinkreuz folgendes ausgesagt
wurde: "Auf dem Reisigweg ist ein Knabe, der auf den Steingraben gehen wollte, erwürgt worden und gen Pößneck beerdigt worden."
An der Mordstelle ist ein steinern Kreuz aufgerichtet worden. Die Pößnecker haben ihre Übeltäter "an der Feym Städte" an der
Grenze gerichtet.
(H. Wünscher - Sagen, Geschichten und Bilder aus dem Orlagau, 1902)
Das Steinkreuz bei Rabis - 07646 Rabis (mit Bild)
Im Grunde des Grünzigbaches, eines Zuflüsschens der Roda, liegt eine halbe Stunde aufwärts von Schlöben aus am Fuße
der Wölmisse das Dörfchen Rabis. Oberhalb des kleinen Dorfes steht ein uraltes verwittertes Steinkreuz, das den Wanderer
an eine blutige Tat erinnern soll. Hier wurde Nickel Serbe aus Rabis 1485 von seinem Taufpaten Meißner mit einer Keule erschlagen.
Der Täter mußte zur Buße für die blutige Tat "ein gebußt Kreuz" an der Stätte des Mordes setzen lassen. Es ist dies jenes alte
Steinkreuz in Rabis.
(Kurt Greß und Viktor Lommer - Holzlandsagen, Leipzig 1935)
Der Denkstein von Ranis - 07389 Ranis
Dicht unter der Burgmauer nach der Stadt Ranis zu befindet sich eine Steinsäule. Vor hundert Jahren muß dieser Stein noch
Kreuzform gehabt haben, den der Maler Fechner hat ihn auf seinem Ilsenhöhlenbild noch in dieser Form dargestellt.
Sehr verschieden wird über diesen Stein erzählt.
Ein verfolgter Ritter soll vom Burghof aus mit seinem Roß über die Mauer hinabgesprengt sein und habe dabei seinen Tod
gefunden. Auch habe man hier einen Ritter ohne Kopf über die Mauer reiten sehen. Weiter wird der Stein mit dem auf der Burg
hingerichteten Ritter von Etzdorff in Verbindung gebracht. Früher soll er auch eine Inschrift getragen haben.
Die ehemalige Kreuzform spricht dafür, dass der Stein ein Sühnekreuz gewesen sein mag.
(Witzschel - Sagen aus Thüringen, 1866)
Der Hexenstein bei Rittersdorf - 99448 Rittersdorf
Ein Sühnekreuz am Waldwege südlich Rittersdorf am Wachtelberg, nahe dem Ramselgrund.
Es ist roh gearbeitet, aus Kalkstein, etwas eingesunken, der linke Kreuzarm beschädigt. Keine Inschrift, keine Zeichen
irgendwelcher art, wie an anderen Steinen, finden sich. Oft sind in solchen Kreuzen in rohen Umrissen Schwerter, Dolche, Beile,
Lanzen eingeritzt.
An Diesem Kreuze haftet der Name “Hexestein“. Fragt man, was es mit der Hexe für eine Bewandtnis gehabt habe, heißt es,
sie sei darunter begraben.
Solche Kreuze, auch nur flache, hohe Steine, sind in Mitteleuropa, in Norditalien, England, der skandinavischen Halbinsel
verbreitet, überall da, wo Germanen wohnen, oder deutsche Stämme, wenn auch nur vorübergehend, ihre Sitze hatten.
Um Weimar sind 60 solche alten Wahrzeichen gezählt.
Durch einzelne Inschriften und urkundliche Nachrichten ist erwiesen, daß sie zur Sühne von Mord und Totschlag oder zur
Erinnerung an einen Unfall oder plötzlichen Tod gesetzt sind.
Wenn sie heute hier und dort als Grenzsteine oder Wegweiser sehen, so ist dies unzweifelhaft eine spätere Verwendung.
Ursprünglich sind sie zu solchen Zwecken nicht errichtet, auch nicht als Grenzzeichen geistlicher Herrschaften des Mittelalter,
wie manche meinen.
Verschieden ist Form wie Material. Meist wird das verwendet, welches an Ort und Stelle gefunden wird. Natürlich interessiert das Alter.
Das 3 Meter hohe Sühnekreuz im Steiger bei Erfurt trägt die Jahreszahl 1313. Also bereits vor 600 war die Sitte solche Kreuze zu
errichten, allgemein üblich, hat demnach schon viel früher bestanden. Sie war die Fo0rtsetzung altgermanischer Sitte, welche bereits
in der Edda erwähnt wird als „bautarsteiner“, die als Gedenksteine Erschlagener gesetzt wurden und wahrscheinlich spitz zuliefen.
Die christliche Kirche hat später Kreuze daraus gemacht.
Verständnislosigkeit und Unverstand haben Hunderte dieser alten Denkmale vernichtet. Die Gemeinden haben allen Grund, solche
Denksteine aus alter Zeit zu erhalten und zu pflegen. Oft ist solch ein unscheinbares Kreuz die älteste Sachurkunde des Ortes,
älter als die Kirche.
Warum heißt das Rittersdorfer Kreuz Hexenstein?
Eine Hexe ist darunter sicher nicht begraben. Es waren ja kein Grabkreuze, sondern sie wurden am Orte der Tat errichtet,
ein Hexengrab hätte man gewiß nicht mit einem Kreuz geschmückt.
Will man an der Volkserinnerung festhalten, so könnte folgende Überlegung Platz greifen:
Es ist eine alte Frau dort im Walde umgebracht. Zur Sühne wurde von der Familie des Täters, oder, wenn dieser unbekannt
blieb, von der Gemeinde, in deren Gemarkung der Mord verübt wurde, das Kreuz zu errichtet. Zorn und Ärger über die Kosten
und Mühewaltungen, sowie über langwierige Untersuchungen haben sich die beteiligten Luft gemacht in dem Ausspruch, daß das
alles um eine alte Hexe sei.
Haften blieb im Volksmunde davon der Hexenstein.
(Kniesche, Herbert - Alte Steinkreuze in Thüringen, Thüringer Kalender 1920)
(Rauchfuss, Herman - Alte Geschichten und neue Sagen aus Thüringen, Kranichfeld 1924)
Das Mägdekreuz bei Ruttersdorf - 07646 Ruttersdorf
Zwischen Ruttersdorf und der im Zeitzgrunde liegenden Kursdorfmühle ist eine kleine Anhöhe, die der Volksmund als das Mägdekreuz
bezeichnet. Hier oben soll vor Jahren eine Magd aus der genannten Mühle, als sie nachts aus Ruttersdorf heimkehrte, von einem
Manne überfallen, gemißhandelt und getötet worden sei. Andere wieder berichten, die Magd sei von einem Wildschwein angefallen,
niedergerissen und zerfleischt worden. Am anderen Morgen fand man die Leiche des unglücklichen Mädchens blutüberströmt.
Zur Erinnerung an das Geschehene wurde ein Steinkreuz errichtet. Von diesem Tage an bezeichnete man jene Anhöhe als das
Mägdekreuz.
(Kurt Greß und Viktor Lommer - Holzlandsagen, Leipzig 1935)
Das Kreuz in der Haardt bei Tannroda - 99448 Tannroda
Inmitten einer Schonung im Walde, „Haardt“ genannt steht einsam zwischen niedrigen Fichten, aus üppigem Graswuchs
hervorragend ein kleines schlichtes Steinkreuz aus Sandstein.
Kein Zeichen, keine Inschrift deutet auf Alter und Bestimmung, keine Urkunde oder mündliche Überlieferung sagt uns, wann
und warum es errichtet ist. Nicht einmal die Sage heftet sich an sein Dasein und umkleidet es mit dem Nimbus der Volkspoesie.
Einsam und verlassen steht es auf Bergeshöhe im Walde.
Tannen und Fichten ringsum sind gewachsen und wurden gefällt, neuer Wald wuchs wieder zu mächtigen Stämmen empor
und verging. Jahrhundertelang wechselte die Natur ihr Kleid, nur das kleine graue Kreuz blieb inmitten des Wachstums und der
Wandelbarkeit der Umwelt unverändert bestehen als Denkmal irgend eines Geschehnisses, - stumm, verwünscht, verfemt!
Soll die Neugierde des Forschers das geheimnisvolle Dunkel zu lüften versuchen, welches die Stätte solange umhüllt, indem
er im Fundament Aufklärung sucht?
Laßt ruhen das Gewesene! Laßt das stumme Wahrzeichen eines in fernen Zeiten sich zugetragenen Ereignisses auch
weiterhin sein Geheimnis bewahren!
Mag dieses Kreuz ein Wahrzeichen des Glaubens oder des Verhängnisses, eines schweren Schicksals, der Plage und
Qual, zuletzt vielleicht der Sühne eines Frevels sein, auch es zerfäll und versinkt am Ende, wie alle Gebilde von Menschenhand.
Mitleidig wird dann Allmutter Natur es einhüllen und bekleiden mit dem grünen Mantel von Waldmoos, Farnen und Heidekraut.
Dann wird aber auch die tat gesühnt sei, um die es einstmals in der Einsamkeit des Bergwaldes gesetzt wurde.
Wohl gaukelt uns die Phantasie Bilder vor von Mord, Grenzfehde und Kampf.
Laßt ruhen die Toten!
Wie es aussieht, das alte Kreuz, wie sich der Ort nennt, in dem es errichtet ist, will ich noch sagen.
Nach Süden ist es gestellt und schaut hinüber über das Tal der Ilm zu den Höfen von Cottendorf und dem Bergwalde des Tännich.
Nur 60 Zentimeter misst es in der Höhe, seine Kreuzarme sind kaum 28 Zentimeter lang, an allen Ecken und Kanten ist es
beschädigt und bestoßen.
Das Linkerholz heißt der Teil des Herrschaftlichen Waldes.
Ein Nachkomme des Kurtrierschen Geheimen Rates und Gesandten am kaiserlichen Hofe zu Wien, Ernst Linker von Litzenwick,
der 1689 das Gut Denstedt bei Weimar erwarb, war weimarischer Oberlandjägermeister. Nach ihm soll dieser Forstort benannt sein.
Mit dem Kreuz aber hat er nichts zu tu, wenn er auch wohl manchmal ein rechtes Kreuz für dir ihn unterstellte Jägerei
gewesen sein mag.
(Rauchfuss, Herman - Alte Geschichten und neue Sagen aus Thüringen, Kranichfeld 1924)
Die weiße Frau von Tonndorf - 99438 Tonndorf
Die weiße Frau von Tonndorf lebte einst mit ihrem ritterlichen, stolzen Gemahl, einem Grafen von Orlamünde, auf der Burg.
Der Himmel hatte ihnen Kinder versagt.
Der Graf beteiligte sich an einem Kreuzzuge, um am heiligen Grabe Gottes um einen Stammhalter anzuflehen.
Nach langer Kriegsfahrt kehrte er unversehrt in die Heimat zurück. Von Berka aus sandte er sein Gefolge auf dem nächsten Wege über sein Dorf Diephenburnen (heute Tiefengruben) nach Tonndorf. Er selbst machte, nur von einem Knappen bekleidet, einen Umweg über das von seiner Gemahlin gegründete Kloster Muncheszella, dem heutigen München an der Ilm, um dem Prior die Reliquien zu übergeben, welcher er aus dem heiligen Lande mitgebracht hatte.
Nachdem er dort in der Kirche gebetet, den Heiligen für seine glückliche Rückkehr gedankt und zuletzt noch einen Ehrentrunk erhalten hatte, ritt er durch das Münchtal seinem geliebten Tonndorf zu.
Von den Zinnen der Burg erschaute ihn die hohe Burgfrau und winkte ihm glücksstrahlend mit einem langen weißen Schleier den Wilkommensgruß zu.
Unweit vom Dorfe brach plötzlich eine feindliche Schar aus dem Hinterhalt hervor. Ehe Hülfe von der Burg gebracht werden konnte, wurde der Graf vor den Augen seiner entsetzten Gemahlin fast unter den Mauern seiner Feste erschlagen.
Voll Grauen über das Erschaute, in dem Drange, zu ihm eilen, ihm helfen zu wollen, bog sie sich weit über die Zinnen der Mauer und stürzte in den Graben hinab.
Vergebens suchte man überall nach ihr.
Der Leichnam des Ritters wurde drei Tage feierlich in der Burgkapelle aufgebahrt und vier seiner Lehnsmannen hielten die Totenwacht.
Um Mitternacht erblickten sie am Kopfende des Sarges die verschwundene Gräfin. Sie vermeinten nicht anders, als dass sie sich in ihrem großen Schmerze eingeschlossen gehalten habe, um von niemanden gestört zu werden, nun in der Nacht zum geliebten Toten komme, um zu beten.
Sie verließen die Kapelle, um die hohe Frau nicht zu stören und wachten vor der Tür.
Der Tag brach an, immer noch war die Gräfin nicht hinaus gekommen.
Als sie die Kapelle betraten, war sie leer.
Drei Nächte hindurch wiederholte sich dies. Niemand sah sie kommen, keiner sie gehen. Anzureden wagte man die Gestalt nicht, am Tag sah man sie nicht.
Nachdem die Beisetzung in der Tonndorfer Kirche stattgefunden hatte blieb sie verschwunden.
Noch einmal, am Jahrestage des Mordes, als drei Sühnekreuze am Ort der Untat gesetzt wurden, sah man sie nachts dort sitzen und soll dorthin alljährlich vom Schlosse aus hinabschweben, nachdem sie durch ale Zimmer gegangen, ist, wovon man den Lichtschein weithin erblickt.
Wer die weiße Frau bei den Kreuzen sitzen sieht, wird in dem Jahre sterben, so meinte der Volksglaube.
Auch die totansagende weiße Frau des Berliner Schlosses war eine Gräfin von Orlamünde, von der die Hohenzollern abstammen.
(Rauchfuss, Herman - Alte Geschichten und neue Sagen aus Thüringen, Kranichfeld 1924)
Anmerkung: 2 vorhandene Steinkreuze, 1 verschwundenes
Schwere Zeiten in Weißen - 07407 Weißen
Der 30jährige Krieg hat überall im lieben deutschen Vaterland die Spuren seiner Schrecken zurückgelassen, sei es nur in Denkmalen
verschiedentlicher Art, oder sei es in der unauswischbaren Erinnerung im Volke.
Auch der Orlagau hat die Fußtritte zahlreicher Regimenter gespürt, die Schwerthiebe der Schweden und Kaiserlichen ertragen,
die Verwüstung volksreicher Ortschaften gesehen, tausende an der Pest und durch das Schwert gefallene Bauern und Söldner
begraben. Wo man hinhört im Orlagau wissen die Leute von jenem Kriege zu erzählen; von Geschlecht zu Geschlecht erhebt sich
die Kunde.
Auch in dem Dorfe Weißen an der Saale lebt solch eine Erinnerung an schwere Zeiten. Durchziehende Truppen, ganz gleich
ob Freund, ob Feind, hatten wiederholt schon den Bewohnern übel mitgespielt: ihre Saaten Zertreten, ihre Wiesen zerstampft, ihr
Getreide genommen, ihr Heu fortgefahren, Ihr Vieh geschlachtet. So arm sie auch geworden waren, durchziehende Söldner und
vagabundierende Gardbrüder fanden immer noch etwas für die hungernden Gäule und den knurrenden Magen. So groß auch hier
die Not gewesen war, am größten wurde sie, als durch einen Trupp Kroaten, die im Dorfe Quartier genommen, die Pest
eingeschleppt worden war. Männer und Weiber, Kinder und Greise raffte der furchtbare Feind ohne Schonung und Wahl hinweg.
Die Überlebenden kamen der Verzweiflung immer näher.
Da ritt in einer dunklen nacht ein Zug unbekannter Reiter über die Brücke ins Dorf und forderte Quartier und Verpflegung.
In vielen Häusern antwortete niemand und auf ihr stürmisches Fordern, denn die Leute lagen bei den Toten. Im Zorn steckten die
Reiter die hölzernen Häuser in Brand; die wenigen Männer des Dorfes aber setzten sich zur Wehr. Das gab einen kurzen, aber
wütenden Kampf im Glutschein des Feuers, das ungehindert weiter und weiter um sich griff. Von den fremden Reitern blieben
einige tot im Dorfe, die anderen ergriffen die Flucht. Aber von den Dorfbewohnern waren nur drei übriggeblieben.
Am anderen Morgen sahen sie ihr Dorf in Asche liegen. So verscharrten (sie) die Toten und faßten den Entschluß, den Ort
des Schreckens zu verlassen und selbst in den Krieg zu ziehen. Ehe sie aber die Heimat verließen, bildeten sie aus Sandstein
drei Kreuze und befestigten sie dicht vor dem Eingang in das Dorf im Boden. Nach einem letzten Blicke auf die rauchenden
Trümmer verließen sie ihre Heimat.
Zwei von diesen drei Steinen stehen noch dort, wo der Weg vom Dorfe auf den Friedhof führt. Das Schwert, das man auf dem einen
Kreuzstein eingehauen sieht, erinnert an die Not, die jener furchtbare Krieg über das Dorf gebracht.
(H. Wünscher - Sagen, Geschichten und Bilder aus dem Orlagau, 1902)
Der Kreuzstein in Wernburg - 07381 Wernburg
An der Schleizer Straße steht 2 km südöstlich von Wernburg ein alter Kreuzstein, auf dem Christus am Kreuz mit einer unter dem
Kreuz stehenden zu ihm aufschauenden Gestalt eingemeißelt ist. Von diesem Stein erzählen die Oberländer, die hier immer vorbei
nach dem Pößnecker Markte gehen, dass einstmals am Wernburger Kirmestage bei einer Schlägerei jemand umgebracht worden
sei. Auch wird berichtet, daß drei Reiter unter dem Steine begraben lägen.
Wahrscheinlich ist wohl, daß der Stein ein Sühnekreuz für eine Mordtat ist.
Beim Kreuzstein war früher die drei Acker große „Kreuzwiese“, und 200 m südlich vom Kreuzstein war die sogenannte
„Gottesackerwiese“, zwei Acker groß.
(Dechsel, Rudolf - Sagen und Geschichten aus dem Orlagau, Wernburg 1934)
Das Wilhelmsdorfer Straßenhaus - 07389 Wilhelmsdorf
Auf dem zur Wilhelmsdorfer Windmühle gehörigen Hausgrundstück stand in alten Zeiten ein Straßengasthaus mit zwei Kegelbahnen.
Damals war auf der Hohen Straße viel Fahrverkehr, und an dem Straßenhaus machten die Fuhrleute halt und kehrten ein. Aber auch
aus den umliegenden Orten kam man gern hierher, um von den Reisenden Neuigkeiten zu erfahren. Einmal gab es eine große
Schlägerei, bei der drei Mann erstochen wurden. Der erste, ein Zimmermann, liegt vor der Windmühle auf der Wiese begraben.
Der Grabstein ist später zum Torstein des Mühlhofes verwandt worden. Der zweite erstochene, ein Fleischer, hat sich 200m
nach Ranis zu geschleppt und ist auf der Trostdorfwiese bestattet worden, wo sein Kreuz noch an dem Teiche steht.
Der dritte war ein Bäcker. Er lag weiter unten an der gefährlichen Kurve. Auch hier hat lange Zeit ein Stein an der Straße
gestanden. (Mitteilung von Leeg, Windmühlenbesitzer in Wilhelmsdorf).
Ähnliches wird auch von den drei Kreuzsteinen bei Pflanzwirbach erzählt.
(Witzschel - Sagen aus Thüringen, 1866)