Geschichte & Forschung Standorte

orientierte Aufstellung


 kleinere Abhandlungen 
Wild, Rudolf - Orientierung an der Kirchweihe und den Heiligen, 2008


 Literatur-Auszüge 

   Aufgefallen ist mir die Orientierung vieler altmärkischer Steinkreuze, d.h. ihre Breitseiten (Schauseiten) schauen nach Osten und Westen. Zahn hat sich schon über die Stellung des Kreuzstumpfes in der Kirchhofsmauer zu Borstel - quer zum Mauerverlauf - gewundert. Ebenso auffallend ist die Stellung der Kreuze in Kleinau und auf Rahder Feldmark: die Schauseiten quer zum Straßenverlauf. Diese 3 Kreuze stehen m.E. auf ihrem ursprünglichen Standort, und ihre Querstellung kann ihren Grund doch wohl nur darin haben, daß die Steine orientiert werden sollten. - Auch die Steinkreuze in Gr.-Möringen, Badingen und Walbeck, die vermutlich ihren ursprünglichen Standort behalten haben, sind orientiert. Auch die Kreuze in Berkau und Zienau sind, soviel ich von ihrem ursprünglichen Standort erfahren konnte, orientiert gewesen. Es kann hierbei also kaum ein Zufall vorliegen.
   Die absichtliche Orientierung dieser Steinkreuze erklärt sich ja auch unschwer aus ihrer Bedeutung als Sühnekreuze für Erschlagene und Ruhestätte für deren Seelen. Die Ostwestrichtung ist ja seit Urzeiten den Menschen bei ihrem Totenkult bedeutungsvoll gewesen. Unsere Grabkreuze sind ja heute noch alle orientiert. Ich weiß nicht, ob man sonst in der deutschen Steinkreuzforschung schon auf diesen Punkt geachtet hat. In der einschlägigen Literatur habe ich nichts davon gefunden.
(Pflanz, P. - Die Sühnekreuze in der Altmark, in: in: Beiträge zur Geschichte, Landes- und Volkskunde der Altmark, hrg. vom Altmärkischen Museumsverein zu Stendal, Band VI, Heft 1, 1931, S.56)

Sind die Standorte der Wegkreuze wichtig, weil sie oft alte Kultstätten oder andere geschichtlich bedeutsame Orte bezeichnen, so hat auch die Blickrichtung der alten Kreuze eine besondere Bedeutung. Es ist beim Wegkreuz allgemein so, daß es mit seiner Front nach dem Wege schaut. Die ganz alten Nischenkreuze in der Trierer Heimat haben aber eine eigene Blickrichtung. Sie schauen manchmal in einem Winkel zur Straße, auch parallel zur Straße oder gar von der Straße ab. Etwa 30 Beispiele einer solchen eigenartigen Blickwendung sind heute noch bei Wegkreuzen feststellbar. Es ist klar, daß es sich hierbei nicht um eine willkürliche Blickrichtung handelt, zumal man immer feststellen kann, daß in der Verlängerung der Blickrichtung die Pfarrkirche liegt. Was soll aber den Kreuzerrichter bewogen haben, das Kreuz zur Pfarrkirche schauen zu lassen, die doch oft 2km von dem Standort der Kreuze entfernt liegt und von dem Kreuz gar nicht zu sehen ist? Nun liegt stets um die Pfarrkirche auch der Friedhof, sodaß also das Nischenkreuz hin zur Ruhestätte der Toten schaute und das Licht, das in der Nische brannte, den Toten leuchtete, ähnlich wie es die Totenleuchten taten, die man vom 12. bis 15. Jahrhundert in der Nähe der Friedhöfe errichtete. Noch heute steht eine solche Totenleuchte im Domkreuzgang in Trier, und jedesmal, wenn ein Domherr auf der Beerdigungsstätte innerhalb des Domkreuzganges beerdigt wird, wird in der Totenleuchte ein Licht entzündet. So wäre es möglich, daß zwischen den alten Nischenkreuzen und den Totenleuchten in ihrer Bedeutung enge Beziehungen beständen. Auch einige Schaftkreuze aus der Zeit nach 1600 schauen vom Weg abgewandt nach dem Friedhof; es sind nachweislich Totengedächtniskreuze. Daß die Blickrichtung im Volke eine besondere Bedeutung hatte, beweist die alte Sage von dem Tawerner Nischenkreuz (um 1500), dem man zweimal vergeblich eine andere Frontrichtung geben wollte.
(Hula, Franz - Mittelalterliche Kultmale, Wien 1970, S.35)
(Meyer, Georg Jakob - Wegkreuze und Bildstöcke im Trierer Land, in: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde, VIII, 1958)

Das über zwei Meter hohe Kreuz aus rotem Sandstein steht westlich der Stadt Wachenheim und seiner Rebhügel, um diese vor Unwetter abzuschirmen. Seine Vorderseite ist aber, dem Ort abgewendet, nach Westen orientiert, wo die Gewitter und Hagelschauer über den Bergen der Haardt aufziehen. [...]
(Weinmann, Fred - Schon im Jahr 1513 erstellt, in: Kultmale der Pfalz, Pilger-Verlag Speyer 1975, S.39-41)

[...] Bei den beiden Fundstücken könnte es sich um Weihekreuze handeln (Nossen), denen besondere Kräfte zugeschrieben wurden: Sie sollten Dämonen fernhalten. Die dunklen Mächte der Finsternis kamen nach heidnischer Vorstellung aus dem Westen, wo die Sonne untergeht. Deshalb wurden die schützenden Kreuze an der Westfassade angebracht.
(Museums-Broschüre "Kloster Altzella - Das unsichtbare Kloster - Rippen, Dienste, Kapitelle...")
(vgl. auch: Hula, Franz - Mittelalterliche Kultmale, Wien 1970, S.46 Anmerkung 99)



 dokumentierte Beispiele 



 weiterführende Literatur und Quellen 



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Sühnekreuze & Mordsteine