Beiträge zur Geschichte der Steinkreuze |
Die Erforschung der alten Steinkreuze hat viel Anklang auch in unseren "Mitteilungen" gefunden; blicken doch diese
bedeutungsvollen Zeugen alter Zeit uns von ihren im ganzen Lande verteilten Standorten an, ohne daß wir zu einem vollen Verständnis ihrer stummen Sprache gelangt
sind. Daß ein Teil zur Sühne für Mordtaten gesetzt wurde, steht nach den urkundlichen Nachrichten außer allem Zweifel; daß Steinkreuze auch ab sozusagen
besonders vornehme Grenzsteine zur Abgrenzung der Bistumspvovinz oder auch des Sprengeis von Dekanaten gedient haben, ist in Einzelfällen ebenfalls außer Frage
gestellt. Ein gutes Beispiel liefert das in der Ztsch. Die Denkmalspflege, 1908, Seite 64, abgebildete Kreuz im Wald bei Dassel (Hannover). Mitten im Wald steht es,
wenig bekannt, als Grenzzeichen des Bistums Hildesheim gegen die protestantische Grafschaft Dassel. Das Kreuz ist laut Inschrift allerdings erst 1775 gesetzt worden.
Dagegen muß das in dem Aufsatze Helbigs in den
"Mitteilungen" 1905, Seite 377 unter Nr.44 der Meißner Kreuzgruppe aufgeführte Kreuz in Böhlen bei Grimma hier gestrichen werden, womit auch die
Schlußfolgerungen hinfällig werden, da es in Böhlen südlich Leipzig steht, was in meiner Steinkreuzübersicht in den
"Mitteilungen" 1899, Seite 4, leider nicht angegeben worden war. Die dort gegebene Abbildung beruht
auf einer von mir im Vorbeigehen aufgenommenen Skizze; sie ist deshalb beachtlich, weil sie die Form des Antoniuskreuzes - ohne vorspringenden Mittelarm - zeigt.
Da unter den mir bisher bekannt gewordenen etwa 290 Steinkreuzen in Sachsen diese Kreuzform nur dieses eine Mal vorkommt, schien es mir sehr wahrscheinlich,
daß die scheinbare Antoniuskreuzform nur durch Abbrechen oder Abschlagen des mittleren oberen Kreuzarmes entstanden ist; beschädigte Steinkreuze sind ja
häufig. Leisler läßt sich der Sachverhalt nicht mehr feststellen, da nach den Erörterungen des Oberbaurats Täubert der
Kreuzstein im Jahre 1900 von der Gemeinde für 50 Pfennige an einen baulustigen Fleischer verkauft wurde, der ihn in der Tiefe des Baugrundes einmauerte. Der Stein
wurde im Dorfe Peststein genannt und die Jugend saß wegen seiner Pilzform mit Vorliebe auf ihm.
Über den Kreuzstein in Altchemnitz,
der nach Regulierung der Straße auf Wunsch des Ver. f. Chemnitzer Geschiehte und mit Erlaubnis des Grundbesitzers nächst der alten Stelle wieder errichtet worden
ist, erzählen die alten Leute dort nach Mitteilung von Richard Hösel, daß ein vom Wege abweichender Postillion von den
Adjacenten erschlagen worden sei; Veranlassung waren Streitigkeiten über Grundbesitz und Wegerecht unter den "Adjacenten".
Von dem Kreuz zwischen Brambach
und Röthenbach berichtet Regierungsbaumeister Bloß, im
Volksmunde gehe die Sager der Brambacher "Herr" habe sich dort mit dem Ascher duelliert; die dortige Wiese heißt "der Zank".
Dicht neben Brambach im allerdings schon böhmischen Fleißen, stehen nach Bloß
drei Kreuze nebeneinander, das mittlere mit nicht näher angegebenen Einmeiselungen.
Diese Kreuze entsprechen den drei Kreuzen in Oschatz gegenüber den
Ruhlandsgärten = Rugelandsgärten, die wohl sicher die Gerichtsstätte bezeichnen; der mittlere Stein trägt hier ein jetzt undeutliches, erhaben geraeiseltes Schwert
(nach G. Vödisch).
Die Bedeutung des Steinkreuzes mit Schwertbild mitten im Großen
Garten bei Dresden als Mordkreuz wird dadurch bestärkt, daß die Pirnaische Landstraße vor Anlegung des Gartens gerade an der Kreuzstelle
hinlief und erst infolge des Gartenbaues etwa 1670 seitlich verschoben wurde. Das Kreuz hat man damals im Parkgebüsch stehen lassen; es trägt übrigens auf der
Kopffläche des Mittelarmes an einer Ecke ein kleines Rad, ein Zeichen, das an solcher Stelle sonst nicht an Steinkreuzen
bekannt ist. Wenn das Schwert die Mordwaffe bezeichnet, so könnte das Rad den Strafvollzug oder die Strafandrohung andeuten, da die Kreuze doch wohl als Sühne
dann gesetzt wurden, wenn das Verbrechen nicht durch die Hinrichtung des Täters Sühne fand.
Nach Mitteilung des Finanz- und Baurat Kemlein vom Jahre 1904 hat er in Weißbach
südl Wildenfels ein Steinkrenz, dessen interessante Formen ihm auffielen, gesehen. Es wäre erwünscht, Näheres über dieses in der Literatur nicht erwähnte Kreuz
zu erfahren.
Schließlich soll noch auf einen Umstand hingewiesen werden, der Beachtung verdient. Einzelne Beobachter weisen auf die altertümliche
Form der eingegrabenen Waffen hin; nun besitzen wir in den Rüstkammern, z.B. dem historischen Museum in Dresden, planmäßig geordnete, bis in das Mittelalter
zurückreichende Sammlungen von Waffen, deren einfache unbeholfene Bilder unsere Steinkreuze zeigen. Die Zahl solcher zum Vergleich heranzuziehender
Einmeiselungen ist nicht gering; so sind in Sachsen mir bekannt:
27 Steinkreuze mit Schwertbildern,
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