Gelegentlich findet man an einem Aufstellungsort mehrere Kreuze beieinander in sogenannten
Steinkreuznestern. Sofern die Objekte hier ihren ursprünglichen Standort haben, kann es sich um einen behördlich hierzu angewiesenen Platz handeln. Da wir aber
davon ausgehen müssen, daß wohl die meisten Male in der Folgezeit umgesetzt worden sind, können sie auch später zu derartigen Nestern an geeigneter Stelle
zusammengetragen worden sein. Da dieser Sachverhalt auch bald in Vergessenheit geraten ist, sind dann mitunter auch neue Sagen entstanden, in denen nun mehrere
Personen, je nach der Anzahl der Objekte, eine Rolle spielen.
[...] Im übrigen läßt sich auch diese Frage der Steinkreuznester für die allermeisten Fälle ganz schlicht
und ungezwungen lösen. Abgesehen von dem klaren Fall, wo ein Sühnebrief von 1403 für fünf Erschlagene fünf Kreuze fordert, muss es im Lauf von Jahrhunderten öfter
vorgekommen sein, daß in einer Gemarkung mehrmals Grund zur Kreuzsetzung war. Daß dann ein schon vorhandenes Kreuz das neue an sich zog, erscheint leicht
verständlich und wird auch in einem Sühnevertrag von 1494 aus Nagold ausdrücklich erwähnt. Die Stelle sei hier aufgeführt, weil sie unter diesem Gesichtspunkt noch
nicht beachtet worden ist. "Item der Täter soll auch hiezwischen und dem hl. Pfingsstag vorgemelt. ayn staynin Kruz setzen by Altenstaig, da man gewöhnlich solches
zu tun pflegt und andere dergleichen Kreuz stand...". Aus diesem gleichen Grunde können wir uns auch Bildstöcke bei Kreuzen errichtet denken. Auch hier benutzte
man gern einen durch ein Kreuz schon "geheiligten" Ort.
(Mößinger, F. - Steinkreuze zwischen Rhein, Main und
Neckar, in: Archiv für hess. Geschichte u. Altertumskunde N.F. 1936)
[...] Eine besondere Erscheinung stellen die vor allem in Franken häufigen Steinkreuznester dar,
die bei Neunstetten an der Altmühl, bei
Wolframseschenbach, in Bruck
bei Erlangen und Neunhof bei Nürnberg. Bei Reicholsheim
an der Tauber sind nicht weniger als 14 Kreuze in eine Weinbergsmauer eingelassen, die außerdem noch eine Barockmarter von 1722 trägt. Vier Kreuzsteine stehen bei
Motschenbach (Kulmbach). Ein Teil dieser Nester mag aus einzelnen in der Flur stehenden
Steinen zusammengetragen worden sein. Alte Abbildungen und Beschreibungen beweisen aber, daß man schon früher Steinkreuze gruppenweise zusammengestellt hat.
(Funk, Wilhelm - Sühnestein und Erinnerungsmal, in:
Alte deutsche Rechtsmale. Sinnbilder und Zeugen deutscher Geschichte,
Berlin-Bremen 1940)