Beiträge zur Geschichte der Steinkreuze


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Über Steinkreuze und Bildsteine
von Erwin Meyer


Teil I - Über Steinkreuze und Bildsteine
Teil II - Zusammenstellung von Steinkreuzen und Bildsteinen in Hessen

Nicht über die Bedeutung der mehr oder weniger weitverbreiteten und neuzeitlichen Bildstöcke soll im folgenden die Rede sein, da deren Sinn ja keiner besonderen Erklärung bedarf; vielmehr möge hier eine kurze Übersicht zum Abdruck gelangen, in welcher die verschiedenen Ansichten behandelt werden, die man sich im Laufe der letzten Zeit über den Ursprung der vielen in ganz Deutschland und im besonderen auch in Hessen vorkommenden altertümlichen Steinkreuze und Bildsteine gebildet hat.

Die neueste und scheinbar nächstliegendste Ansicht dieser Art, welche von Max Walter in seiner Abhandlung "Vom Steinkreuz zum Bildstock" kürzlich auseinander gesetzt wird, ist einfach die, daß diese Steinkreuze eine frühere Entwicklungsstufe der heutigen Bildstöcke darstellen.

Diese Auffassung mag vielleicht für das dort im besonderen behandelte Gebiet des sogenannten Kleinen Odenwaldes in den meisten Fällen Geltung haben; sie gilt indessen nicht in vollem Umfange für sämtliche Steine dieser Art, da solche zum Teil gar nicht in Kreuzform, sondern als Radsteine, Reliefplattensteine und kleinere Monolithen auftreten.

Daher geht eine andere Auffassung dahin, daß solche Steine als Wegweiser dienten, wie dies z.B. auch bei demjenigen römischen Ursprungs in der Nähe von Seligenstadt zutrifft. In ähnlicher Weise wollte 1910 ein Student aus Göttingen festgestellt haben, daß die Kreuzsteine auf dem sogenannten Eichsfeld in Südhannover mit ihrem einen, etwas längeren Arme sämtlich nach dem alten Orte Heiligenstadt hinweisen, und ähnliches könnte man für die Gegend von Fulda annehmen.

In wesentlicher Unterschätzung des Alters dieser Flursteine wurde 1912 von Timmermann in Hameln (in der Zeitschrift "Hannoverland") vermutet, daß hier einmal die Fahrstraßen der Postkutschen bezeichnet seien; allerdings lassen sich solche alten Meilensteine in Form von Steinsäulen für Hannover z.B. bei Sorsum nachweisen, womit aber nichts über die Steinkreuze gesagt ist; nur von dem Weißen Kreuz bei Offenbach nimmt man an, daß es ein Wegweiser, im besonderen für Wallfahrer war.

Eine ähnliche Ansicht, wonach man hier vielleicht Marktkreuze vor sich habe, ist nicht haltbar wegen der überwiegenden Zahl solcher Steine im freien Feld und bei ganz unbedeutenden Ortschaften.

Auch die Auffassung der Steinkreuze als Kennzeichen für christliche Gemeinden wird wenigstens in denjenigen Fällen unverständlich, wo man eine Häufung dieser Kreuze an einer einzigen Stelle beobachtet, wie in Hessen z.B. bei Götzenhain, Langen, Dudenhofen und Philippseich.

H. A. Prietze erklärt 1923 (in der Zeitschrift "Niedersachsen") die Kreuzsteine für Merkmale altdeutscher Gerichtsstätten, u.z. sollen im besonderen diejenigen mit dem (Sonnen-) Radbild als Thingsteine der Frigga gelten, die anderen mit dem Bild vom Schwert oder Lanze dem Thiu geweiht sein (wie bei Blankenau oder Ützhausen im Vogelsberg) und wieder andere mit gekreuzten Runenstäben dem Odin. Hiermit würden aber die allermeisten Steine, ohne Bilder, nicht erklärt.

Zum Teil werden diese alten Steine als Grenz- und Hoheitszeichen aufgefaßt, was für die erste Gruppe nur gelten kann, soweit sie wirklich (wie z.B. bei Rothenberg im Odenwald) an einer heutigen oder früheren Landesgrenze stehen; als Hoheitszeichen werden vor allem z.B. die Radsteine angesehen (bei Groß-Steinheim, in Dieburg und Erbach), unter Bezugnahme auf das allgemeine Mainzer Rad, bei welchem übrigens die Speichen ursprünglich nur die Buchstaben des sogenannten Christusmonogramms (J. P. X. in lateinischer Schrift) darstellen.

Sobald die Steinkreuze oder Bildsteine Inschriften besitzen, wie bei Landenhausen im Vogelsberg oder im Steinbachtal bei Hannöversch-Münden, wird man ihren Ursprung, falls die Schrift noch entzifferbar ist, leicht feststellen; und wo weder eine Inschrift noch sonst irgendein Zeichen eingehauen ist, bleibt als Anhaltspunkt nur die Überlieferung übrig.

Diese Sagen reden meist von ermordeten oder sonstwie ums Leben gekommenen Soldaten (wie bei Offenbach), Handwerksburschen (wie bei Lauterbach), Nonnen (wie bei Sandbach), Spinnmädchen (bei Wald-Amorbach), Hirten (bei Vielbrunn) usw.; danach würden die betreffenden Steine den sogenannten Martel-Kreuzen im Süden Deutschlands entsprechen.

Aber einwandfrei ist auch dieser Anhaltpunkt nicht immer, z.B. nicht dort, wo von Gefechten in historischer Sicht die Rede ist, wo solche nachweislich niemals stattgefunden haben. Statt dessen läßt sich mit größerem Recht oft in einem solchen Kreuz ein Erinnerungsmal an einen vom Blitz erschlagenen Menschen vermuten, wie sie auch in neuester Zeit noch (z.B. 1910 bei Oberrad) gesetzt wurden.

Diese Vermutung wird zur größten Wahrscheinlichkeit, wenn mehrere Steine dicht vor dem Orte oder unter einem Baume stehen, wo nur durch Blitzschlag nach der ganzen Sachlage mehrere Menschen zugleich auf der Stelle zu Tode gekommen sein konnten. Vielleicht liegt in diesem Falle noch eine leise Erinnerung zugrunde an das Sinnbild des Blitz- und Donnergottes Thor, an den Thorschen Hammer, der die Menschen erschlug und in seiner Urform als Steinhammer (vgl. alt-nordisch hamar = Fels, altslawisch hamarr = Fels, altslawisch kamy = Stein) zugleich dem Anfangsbuchstaben des Blitzgottes Thor entsprach. Doch dies ist alles solange nur Vermutung, bis man vielleicht einmal einen Kreuzstein findet, welcher dem lateinischen T nachgebildet wäre (sog. crux immissa).

Aus allem Vorstehenden erkennt man jedenfalls das Eine, daß solche Steinkreuze und Bildsteine nicht mit einer einzigen allgemein-gültigen Erklärung abgehandelt werden können, sondern daß jeder Stein dieser Art nur für sich betrachtet und im Zusammenhang mit seiner Umgebung erklärt werden kann und nur im Vergleiche mit anderen gleichartigen.



Zusammenstellung von Steinkreuzen und Bildsteinen in Hessen

A. Kreis Offenbach

  1. Dietzenbach: Der "Hinkelstein" im östlichen Teile der Gemarkung ist ein Monolith.

  2. Dudenhofen: Drei kleinere tief eingesunkene Steinkreuze stehen am Nordende des Dorfes neben der Landstraße. - Ein größeres Denkmal, das sogenannte Schulzenkreuz mit den Schriftzeichen J.H.H. steht im Gemeindewald "Buchenloh".

  3. Götzenhain: Zwei dicht beieinander stehende Steinkreuze von altem Aussehen und ohne Inschrift an der Straße nach Dietzenbach gelten als Gedächtnismale für Verunglückte. - Ein ähnliches Kreuz steht an der Nordseite der Straße nach Dreieichenhain, schräg gegenüber, ein Stein mit einem Rad.

  4. Groß-Steinheim: Ein breites, etwa 1m hohes Steinkreuz ohne Inschrift findet sich rechts vor dem Eingang zum Friedhof. - Ein fast ebenso hoher Stein mit dem Radbild steht am Südausgang der sogenannten Vorstadt.

  5. Hainstadt: Ein Inschriftstein, angeblich römischen Ursprungs, wurde mit nicht näher bezeichnetem Fundort in der Gemarkung entdeckt.

  6. Heusenstamm: Ein Steinkreuz steht an der Wegabzweigung nach Rembrücken, u.z. bemerkenswerterweise dicht neben einem neueren Bildstock.

  7. Klein-Krotzenburg: Aus dem Ortsnamen, welcher zuerst urkundlich 1232 Cruzenberg heißt, läßt sich wohl ein früheres (römisches) Straßenkreuz herleiten.

  8. Klein-Welzheim: An der nordöstlichen Abzweigung einer von Seligenstadt nach Mainflingen ziehenden Römerstraße stand ehemals ein tief in den Boden gesunkener Stein von 1,35 Meter Höhe, kantig behauen und oben gekrümmt, sodass er dem Wanderer die gerade fortlaufende Richtung der Hauptstraße angab; man hält diesen Stein, welcher als Geschenk der Gemeinde Klein-Welzheim in die Sammlungen des Historischen Vereins für den Freistaat Hessen gelangte, für einen römischen Wegweiser.

  9. Langen: Zwei schlichte, inschriftlose Steinkreuze ragen in der zum "stumpfen Thurm" führenden Ortsstraße aus dem Boden und sind als Gedächtinismale für Verunglückte oder als Erinnerung gewaltsamer Tötung anzusehen.

  10. Obertshausen: ein hohes doppelarmiges Kreuz, aus einfachen Holzbalken gefügt und an den Kanten mit kräftigen Einkerbungen in volkstümlichere Zierweise versehen, steht in der Gemarkung (am Südrand) des Dorfes auf dem Felde. Der Gestalt nach ist es ein "Patriarchenkreuz", das im Volksmund den Namen "Mainzer Kreuz" führt, als Zeichen der Erinnerung an die vormalige kurfürstliche Oberhoheit dieser Gegend. Es soll hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden, obgleich es nicht aus Stein gefertigt ist.

  11. Offenbach: Ein altes Steinkreuz ragte früher vor der Stadt (im Westen) an der Gartenmauer der "Löwenruhe" aus dem Boden hervor und (nördlich davon) in der sogenannten "Äpfelallee" (jetzt Strahlenbergerstraße) stand ehemals ein demselben ähnlliches Denkmal, von welchem die benachbarte Feldmark die Bezeichnung "Vor dem steinernen Kreuz" führt. Beide Steinkreuze sind ohne Inschrift gewesen und seit 1900 nicht mehr dort. Das sehr altertümliche Aussehen des Kreuzes in der "Äpfelallee" stand der Ansicht entgegen, wonach an dieser Stelle die Opfer eines in den napoleonischen Kriegen zwischen Franzosen und Szeklerhusaren stattgefundenen Plänklergefechtes ruhen sollen.
    Ein etwa 1 Meter hoher roh behauener und nach oben hin konischer Buntsandstein von quadratischem Querschnitt und ohne irgend ein Zeichen steht heute in der Nähe dere "Landesgrenze" auf preußischem Gebiete dicht südlich der Frankfurter Straße im Stadtwalde.
    Nur wegen des inneren Zusammenhanges sei ein anderer neuer Stein erwähnt, welcher etwas östlich des benachbarten "Waldfriedhofes" zur Erinnerung an einen dort vom Blitz erschlagenen Landwirt steht.

  12. Patershausen: Ein bemoostes Steinkreuz findet sich nördlich des Gutshofes am Wege nach Heustenstamm; ein ebensolches Kreuz sieht man am Fußwege nach Dietzenbach westlich des Randes vom Walde zwischen den Feldern.

  13. Philippseich: Eine Gruppe von inschriftlosen Steinkreuzen ist auf der Gemarkungsgrenze mit Offenthal und nahe bei der von Langen nach Offenthal ziehenden Landstraße zu sehen, wohl Denkmäler für Getötete.

  14. Wildhof: Das "Weiße Kreuz" steht nordwestlich des Hofes an der Landstraße.

  15. Weißkirchen: Eetwa 3 Kilometer südöstlich der Tannenmühle an der Landstraße Offenbach-Seligenstadt findet man auf der Nordseite des Straßengrabens ein bemoostes, stark verwittertes Steinkreuz von 70 bis 80cm Höhe, welches sehr beschädigt ist; die dortige Flur soll "Im Bildstock" heißen und das Kreuz soll nach der mündlichen Überlieferung von Kindern "zur Ehre Gottes" gesetzt worden sein. Auch westlich der Tannenmühle soll noch ein unbekanntes Kreuz versteckt sein.

B. Kreis Dieburg
  1. Dieburg: Innerhalb der Gemarkung findet sich eine Reihe von Kreuzen, welche teils näher, teils weiter von der eigentlichen Stadt entfernt sind und jedes für sich einen bestimmten Beinamen führen, wie z.B.:
    a) Das "steinerne Kreuz", am Wege nach Darmstadt, nach am Walde;
    b) Das "lange Kreuz", in der zugehörigen Flur "Am langen Kreuz";
    c) Das "Selzerkreuz", in der Feldgemarkung etwas außerhalb der Stadt;
    d) Das "Rektorkreuz", dessen Name auf eine neuere Herkunft verweist.
    e) Das "Elendskreuz", des Bezeichnung gleichbedeutend ist mit "Fremdenkreuz".
    Ein kleiner Stein mit dem Bild des Mainzer Rades und der Jahreszahl 17.. ist am Eingang zum Kreisamt in der Mauer eingesetzt.

  2. Urberach: An der Wegegabel des Feldweges nach Dieburg und der Darmstädter Straße steht ein sehr als aussehendes Sandsteinkreuz unmittelbar neben einem hohen Kruzifix, dessen Sockel die Jahreszahl 1770 trägt, und dicht neben einem schmalen etwa 2 Meter hohen Bildstock von sicher ebenfalls bedeutendem Alter. Die Straße heißt dort Kreuzgasse.

  3. An der Gemarkungsgrenze zwischen Eppertshausen und Münster stand ehemals ein dem Urberacher Bildstock ähnlicher Stein, mit den eingehauenen Namen der Steinmetzen, welche ihn errichtet hatten. Um dem Besitzstreit der beiden Gemeinden ein Ende zu machen, soll dieser Bildstock in den Hof des Kreisamtes versetzt worden sein, wo er heute noch steht.

C. Kreis Erbach
  1. Annelsbach: Ein Steinkreuz liegt versunken am Wege nach Höchst; es soll dort ein Schäfer erschlagen worden sein; den Mörder sollen die Vögel verraten haben.

  2. Bullau: "Das Bullauer Bild" ist ein zwei Meter hoher Bildstock mit leerer Nische und der Jahreszahl 1561 (?) am Wege nach der Wallfahrtskirche von Schöllenbach.

  3. Erbach: Ein Stein von einem halben Meter Höhe etwa mit dem Bild eines Rades stand noch 1920 in der Bahnhofsstraße an der Stelle, wo sie einen Winkel macht.

  4. Fürstenau: Ein Altarstein der Diana wurde etwa 1890 im Waldbezirk "Bei den acht Buchen" gefunden; er ist wohl alten römischen Ursprungs und ist jetzt vor dem Erdgeschoß der alten Burg im Freien aufgestellt. An der gleichen Stelle finden sich mehrere andere Steindenkmale neuerer Art.

  5. Gammelsbach: Als Volksheiligtum aus spätmittelalterlicher Zeit hat sich an der Abzweigung des Burgweges nach Freienstein von der Landstraße ein monolithischer Bildstock mit dachartig schließender Nische erhalten.
    An der alten Straße nach Erbach liegt ein formloser Felsblock, "Der Bärenstein" genannt, mit einigen teilweise verwitterten, von ungeübter Hand eingehauenen Buchstaben, unter denen nur noch die rohen Schriftzeichen "Diovi...." kenntlich sind; der Sage nach ist der Block ein uraltes Totenmal zur Erinnerung an einen von einem Bären zerfleischten Wanderer.
    Ein Steinwürfel "Pannenstein" genannt, steht inmitten des vom Gammelsbach durchflossenen Wiesengrundes, augenscheinlich ein Grenzstein.

  6. Hainstadt: Zwei Steinkreuze standen früher an dem Verbindungsweg nach Sandbach, dem "Totenweg"; sie sollen aus dem Dreißigjährigen Krieg stammen.

  7. Kailbach: Das sogenannte "Kitzelkreuz" sieht man unweit der badischen Grenze, östlich des Itterbaches; man erzählt, daß sich dort zwei Handwerksburschen gegenseitig solang gekitzelt haben sollen, bis sie tot waren.

  8. Kirchbrombach: Zwei schlichte Steinkreuze in der Gemarkung sind von altem Aussehen und gelten als Gedenkmale für Verunglückte; der eine Denkstein ist in trümmerhaftem Zustande, das zweite am nördlichen Waldsaum stehende Kreuz ist von besserer Erhaltung, aber auch ohne Inschrift.

  9. Michelstadt: Die "Habermannskreuze" stehen südöstlich von der Stadt, in der Nähe der alten Straße nach Würzberg im Walde; es sind drei schlichte Steinkreuze, welche im 16. Jahrhundert "Habermuskreuze" hießen und doch wohl in keiner Beziehung zur Familie derer von Habern stehen, mit welchem sie im Volksmunde heute in Verbindung gebracht werden.

  10. Mömlingen: Nördlich der Mümling, nahe der Kreisgrenze, allerdings schon auf bayrischem Gebiet stehen mehrere Gedenksteine, an deren Stellen Nonnen ermordet wurden sein sollen; sie werden deshalb genannt, weil solche Sage auch anderswo auftritt.

  11. Neustadt: An der Hauptstraße, im Mittelpunkte der Stadt, steht noch jetzt ein hölzernes Kreuz als Wahrzeichen des Zentgerichts aufrecht; an den Endpunkten des Querbalkens ragt auf der einen Seite eine Hand wie zum Schwur empor; an der anderen Balkenseite hängt ein Schwert herab. Dieses Kreuz, wiewohl aus Holz, wird nur wegen der Vollständigkeit der Aufzählung hier genannt.

  12. Ober-Kinzig: Am Dorfausgang links der Straße nach Nieder-Kinzig stand früher ein Kreuz, wo auch ein Spinnmädchen ermordet worden sein soll, in das Kreuz ist ein Rad eingehauen, und es ist jetzt umgestürzt.

  13. Raibach: Am Feldrain "In der Hohl"; am Wege nach Breitenbach findet sich halbverschüttet ein Steinkreuz, roh behauen, ohne Inschrift und ohne Jahreszahl; wohl aber ist in den Querbalken, welcher etwas 60 Zentimeter lang und 20 Zentimeter breit ist, ein Rundstab mit einer Kugel in der Mitte erhaben aufgesetzt; das Kreuz wird "Das Spinnmädchen" genannt, weil an dieser Stelle vor vielen Jahren ein Mädchen ermordet sein soll, das von Raibach nach Breitenbach in die Spinnstube ging, ähnlich lautet die Sage bei andern Kreuzen.

  14. Rothenberg: Vor dem Oberdorfe, am Wege nach Eberbach, steht im sogenannten "Eckbüschel" ein bemostes, niedriges Steinkreuz von altem Aussehen und ohne Inschrift, daneben ragt der Stumpf eines verstümmelten zweiten Kreuzes aus dem Boden; beide Kreuze gelten als Male für das Gedächtnis von Verunglückten. - In nördlicher Richtung am Wege nach Beerfelden bezeichnet ein Wappenstein die Grenzen von Erbach und Hirschhorn.

  15. Sandbach: Gegenüber dem Bahnhof, nahe der Straße nach Höchst, steht im Feld ein Kreuz, welches über 1 Meter aus dem Boden aufragt; sein Schaft ist vierkantig und rund 90 Zentimeter lang; es soll eine Nonne hier ermordet sein, oder auch im Dreißigjährigen Krieg (1634) ein Soldat durch die Hand von Bauern.

  16. Vielbrunn: Am Wege gegen Kinmach, im Waldbzirk "Oberhaspel" steht ein mit drei Reliefkreuzen bezeichneter Denkstein, urkundlich "Bobencrutze" ("Bubenkreuz") genannt, zur Erinnerung an den jähen Tod eines jungen Hirten. Der bemoste inschriftlose Block hat das Aussehen hohen Alters, zeigt jedoch nicht irgend einen Anhalt zur Zeitbestimmung.

  17. Wald-Amorbach: Im Walde, u.z. am Wege nach Sandbach, seht ein roh behauener, rundlicher Stein von fast 1 Meter Höhe, wo angeblich 1820 an einer alten Frau ein Mord begangen sein soll, als sie von Sandbach hierher kam.

  18. Wallbach: Je ein Kreuz steht oder stand in der Gemarkung in der Richtung nach Brensbach und Kirchbrombach; beide sollen nach Spinnmädchen benannt sein.

D. Kreis Darmstadt
  1. Darmstadt: Südöstlich vom Schlosse stehen sogenannte "Hinkelsteine" in einer Gasse, welche darnach ihren Namen als "Hinkelsgasse" erhalten hat. Das Wort "Hinkelstein" steht an Stelle von Hühnerstein, welches fälschllicherweise aus Hünen-, Heunen- oder Hunnenstein gebildet ist, ähnlich wie aus einem Hornauge am Fuß zuerst ein Hühnerauge und dann ein Krähenauge wurde. Das Wort Hüne heißt mittelhochdeutsch Hiune und bedeutet "Riese"; es ist auch z.B. enthalten in den Worten "Hünengrab", "Hünfeld" usw.

E. Kreis Bensheim
  1. Alsbach: Bei diesem Orte finden sich ebenfalls ein oder mehrere "Hinkelsteine".

  2. Bensheim: (Wie vorher.)

  3. Lindenfeld: (Wie vorher.)

F. Kreis Heppenheim
  1. Ober- und Unterliebersbach: Hier finden sich ebenfalls ein oder mehrere "Hinkelsteine".

  2. Hirschhorn: Auf dem Friedhof bei dem untergegangenen Dorfe Ersheim in der Neckarschleife sieht man den sogenannten "Elendstein", ein schön gearbeitete gotische Säule von 1393 mit einer durch Glas geschlossene Nische zum Anbringen eines Lichtes. - An der Südseite des Lax- oder Ulfenbaches gegen Langental zu steht ein Stein, welcher den Namen "Waldbruder" trägt und mit dem Schlosse in Beziehung gebracht wird.

G. Kreis Lauterbach
  1. Lauterbach: Südlich der Bahnhofstraße am Ortsausgange der Stadt steht auf einem Feld das sogenannte "Kreppelkreuz", welches deshalb so heißen soll, weil hier ein Handwerksbursche den andern wegen eines Kreppels erschlagen hat.

  2. Landenhausen: Am Anfang der alten Straße nach Fulda ist ein Steinkreuz, welches im Gegensatz zu demjenigen bei Lauterbach keine Radscheibe trägt, sondern einen breiten Querbalken besitzt, auf dem eine mehrzeilige Inschrift mit ziemlich großen Buchstaben steht; diese ist leider sehr verwittert, sodaß sie nicht mehr zu lesen ist; das Kreuz selbst stand früher etwa 100 Meter weiter abseits im Feld.

  3. Nixdorf: Vor dem Westeingange des Dorfes steht dich südlich der Straße ein Kreuz in einer Wiese so tief eingesunken, dass es kaum noch zu sehen ist.

  4. Stockhausen: In der "Kreuzwiese" an der Schalksbach, nahe am Damme des unteren Teiches findet man ein Steinkreuz, dessen einer Arm abgeschlagen ist und in Hopfmannfeld eingemauert worden sein soll; auf dem Kreuz ist ebenso wie auf demjenigen am Wege nach Blankenau ein Schwert eingehauen, sodaß man es für eine Gerichts- oder Richtstätte hält. Auch in der Nähe der Straße nach Müs steht etwas abseits im Walde ein solches Sandsteinkreuz, jedoch ohne jegliche Inschrift oder Wahrzeichen.

  5. Uetzhausen: Dicht vor Salzschlirf und westlich der Straße ist ein breites, plumpes Sandsteinkreuz zu sehen, auf welchem ein Dolch oder Schwert eingemeißelt ist.

H. Kreis Fulda
  1. Blankenau: Am "Stickelstein" neben der Straße nach Stockhausen findet sich ein breites Steinkreuz, in das ein Schwertbild eingehauen ist.

  2. Lütterz: Mitten im Orte ist in der Grundmauer der Kapelle auf deren Westseite, allerdings schwer erkennbar, ein Steinkreuz eingemauert.

  3. Salzschlirf: In der Bahnhofstraße auf der Südseite am Rande des Kurparks, unter dem Gebüsch fast versteckt, sieht man ein breites, plumpes Kreuz, ohne Inschrift oder Bild, aber im Übrigen ähnlich dem von Blankenau.

  4. Unter-Bimbach: Mitten im Dorfe im Straßenwinkel von Ober-Bimbach nach Fulda ist ein gut gehauenes Kreuz, ähnlich demjenigen von Lütterz in die Grundmauer eines Hauses eingebaut, welches den Namen "Das steinerne Haus" trägt, der wohl mit dem Stein in Beziehung steht.

Die vorstehende Zusammenstellung, welche beinahe ein ganzes Hundert Steindenkmäler in Feld und Wald behandelt, zeigt, daß nicht nur im sogenannten Kleinen Odenwald solche Steine zahlreicher vorkommen, sondern auch im angrenzenden hessischen Gebiet. Die Aufzählung stützt sich auf das Werk von Dr. Georg Schäfer über Kunstdenkmäler im Großherzogtum Hessen und auf sonstige Literaturangaben, zum nicht geringen Teile aber auf eigene Funde, vor allem im Vogelsberg.

Es soll nicht behauptet werden, daß diese Zusammenstellung vollständig ist, am wenigsten im westlichen Odenwald, vielmehr soll sie gerade anspornen, auch in anderen Gebietsteilen Hessens eine Vollständigkeit zu erreichen.

Erst wenn die ganzen Unterlagen vorliegen, wird man endgültig beurteilen können, wie es auch in Naturwissenschaft ist, welche Auffassung richtig ist, das heißt: man wird feststellen, wieweit diese Denkmäler etwa Wegzeichen oder Grenzkreuze oder Richtstätten oder Mordkreuze und Blitzschlagdenkmale usw. sind. Daneben ist es von Interesse zu zeigen, das manche Dichter diesen Stoff behandelt haben z.B. Wilhelm Raabe ("Alte Nester"), Klara Viebig ("Das Kreuz im Venn") und Ottilie Wildermuth ("Das steinerne Kreuz"). In diesem Sinne möge das Vorstehende als Beitrag berücksichtigt werden.
(Erwin Meyer, Über Steinkreuze und Bildsteine, in: Volk und Scholle, 3.Jg. 1925)

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Sühnekreuze & Mordsteine