Die Steinkreuze bei Allstädt - 06542 Allstedt
Thüringen und der Harz I, 190.
Nahe bei Allstädt auf der Nordseite stehen am Rande des Hornfeldes aus gewöhnlichem Sandstein roh gearbeitet
6 Kreuze, früher sollen 9 dagestanden haben. Man erzählt von diesen Kreuzen, daß sie warnende Denksteine auf den Grabstätten von neun an diesem Platze wegen
Meuterei oder wegen Theilnahme am Bauernaufruhr hingerichteter Männer seien.
(Witzschel, Dr. August - Kleine Beiträge zur deutschen Mythologie, Sitten- und Heimatkunde in Sagen und Gebräuchen aus Thüringen, Erster Theil: Sagen aus Thüringen, Wien 1866, S.251, Nr.259)
Der Arme Heinrich - 06493 Ballenstedt
Im Ballenstedter Forstort Küchenholz, etwa 600 m vom Schirm entfernt, steht auf einer Waldwiese ein Steinkreuz, das an einen armen
Bettelmann erinnern soll, dessen Revier zwischen Ballenstedt und Harzgerode lag. Eines Tages, als er von Ballenstedt den
700-Taler-Weg, der seinen Namen von den 700 Talern hat, die der Ballenstedter Herzog für seinen Bau ausgegeben hatte, nach
Hause ging, verlor er auf dem anschließenden Wege die an dem Tag erbettelten 5 Groschen. Seitdem heißt dieser Weg der
5-Groschen-Weg.
Vor Gram über den Verlust starb der Arme Heinrich auf der kleinen Waldwiese, auf der er sich niedergelassen hatte. Der
Herzog ließ ihn an dieser Stelle beerdigen und ihm auch das Kreuz setzen, weil er immer ein ehrlicher Mann gewesen sei.
Es gab aber auch Mißgünstige, die behaupteten, daß er so viel zusammengeschnurrt habe, daß er jeder seiner drei Töchter
eine gute Aussteuer hinterlassen habe.
Wieder andere wollen wissen, daß hier ein armer Korbflechter, namens Heinrich, erschlagen und seiner Barschaft beraubt
worden sei. Nach einer anderen Erzählung ist der arme Heinrich nicht eines natürlichen Todes gestorben, sondern von Räubern
erschlagen worden. Sie hatten es auf sein erbetteltes Geld abgesehen, hatten aber nichts gefunden, weil der arme Heinrich seine
Ersparnisse, es sollen 24 Dukaten gewesen sein, in den Rockzipfel seines dürftigen Gewandes eingenäht hatte.
Und schließlich gibt es noch andere, die wollen wissen, daß hier ein Zug Bauern, die sich aus der Schlacht von Frankenhausen
hatten retten können und auf der Flucht in den Harz waren, hier vom Grafen Albrecht von Mansfeld und seinen Landsknechten
eingeholt, überfallen und erschlagen worden sind. Das Häuflein Bauern soll sich selbst den Namen "Armer Heinrich" beigelegt haben.
Ihre Waffen wurden mit den Leichen der Erschlagenen an Ort und Stelle vergraben. Im vergangenen Jahrhundert sollen die Waffen
zufällig ausgegraben worden sein und waren im Ballenstedter Schloß aufbewahrt.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Das Steinkreuz im Bischofröder Forst - 06295 Bischofrode
Einst trieb ein fremder Schäfer seine Herde durch den Forst von Bischofrode bis nahe an die Schmalzeröder Grenze. Hier wurde
er vom Schäfer des Ortes, der auch die Weidegerechtigkeit im Forst hatte, angehalten und zur Rede gestellt. Da keiner einen
Pflock zurückstecken wollte, kam es zu Handgreiflichkeiten, in denen der fremde Schäfer erschlagen wurde. Ihm wurde daraufhin
das Kreuz gesetzt.
Nach anderen Ortseinwohnern soll aber hier 1813 ein russischer Kosakenoffizier mit samt der Kriegskasse begraben
worden sein. Auf Veranlassung des damaligen Oberförsters wurde nach 1850 am Steinkreuz nachgegraben, doch konnte außer
etlichen kleinen Hufeisen nichts gefunden werden, vor allem aber nicht die ersehnte Kriegskasse.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Die Keuzsteine bei Bischofrode und Schmalzerode - 06295 Bischofrode
Südlich vom Dorfe Bischofrode dicht am Wege nach Sittichenbach und desgleichen am Wege von Bischofrode nach
Schmalzrode (Bischofrode II) steht ein uralter Kreuzstein. Uebereinstimmend wird von diesen Steinen erzählt, hier
seien einst zwei Schäfer wegen ihrer Weidegrenzen in Streit geraten und hätten sich dann im Handgemenge gegenseitig erschlagen.
(Größler, Hermann - Sagen der Grafschaft Mansfeld und ihrer nächsten Umgebung. Eisleben 1880, S.33)
Die Kreuzsteine bei Blankenheim - 06528 Blankenheim
Dicht an der durch Blankenheim führenden Chaussee standen früher nach Süden zu drei Steine, angeblich die
Grabstätten dreier Frauen, welche sich hier mit ihren Sicheln ums Leben gebracht haben sollen.
Auf der anderen Seite sah man früher ebenfalls zwei Steine, woselbst sich, wie man sagte, zwei in Streit
geratene Schnitter mit ihren Sensen getötet haben.
Noch jetzt aber steht östlich vom Dorfe ein stattliches steinernes Kreuz, dessen noch vorhandene Inschrift
von einer Mordtat berichtet, welche an dieser stelle geschehen. Hier griffen einmal zwei Schäfer des Gutes Klosterrode den Verwalter
Erhart Fay an und verwundeten ihn so schwer, daß er tags darauf starb. Der Ueberfallene hatte sich aber so tapfer gewehrt, daß einer
der Mörder Tot am Platz blieb, während der andere verwundet gefangen genommen und dann am Ort der That mit dem Schwerte
hingerichtet wurde.
Nach anderen jedoch gelang es einem der Mörder zu entkommen, wogegen sein Genosse nordöstlich vom
Dorfe am Mittelwege vor Erschöpfung niedersank und dort von der herbeieilenden Menge erschlagen wurde. Ein Stein kennzeichnet
heute noch das Grab dieses Mörders.
(Größler, Hermann – Sagen der Grafschaft Mansfeld und ihrer nächsten Umgebung. Eisleben 1880, S.40–41)
Das Steinkreuz von Blankenheim - 06528 Blankenheim
Am 31. Juli 1561 ging abends der Verwalter des Gutes von Klosterroda, Johann Erhard Fay, nach Blankenheim. In seiner
Begleitung befand sich ein kleiner Hund. Vor Blankenheim trieben zwei Schäfer ihre Herden heimwärts. Fays Hund lief dabei in die
Schafherden und richtete Unruhe unter den Tieren an, die auseinanderliefen und von den beiden Schäfern nicht mehr zu halten
waren. Sie stellten daher vorwurfsvoll den Verwalter zur Rede, der überheblich die Klagen der Schäfer lachend abtun wollte. Dabei
kam es zum Streit und der eine Schäfer schlug mit seinem Stecken nach dem Verwalter, der darauf sein Schwert zog und gegen
die beiden erzürnten Schäfer losging. Die aber wehrten sich so gut sie konnten, dabei brachten sie dem Verwalter lebensgefährliche
Wunden bei, aber der hatte bereits den einen Schäfer erstochen und den anderen so stark verletzt, daß er nicht mehr fliehen konnte.
Ehe aus dem Ort Hilfe kam, verstarb auch der Verwalter Fay. Trotz der Schuld desselben wurde auch der verletzte Schäfer
hingerichtet. - Das Kreuz für den Verwalter steht heute noch, aber die etwas entfernter gesetzten kleinen Steinkreuze für die beiden
Schäfer wurden im vorigen Jahrhundert beseitigt.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Das Gerokreuz in Gernrode - 06507 Gernrode
Markgraf Gero wollte sich in den ungeteilten Besitz seiner Grafschaft setzen und lud daher 30 Wendenfürsten, die darin eigene
Burgen, Land und Untertanen besaßen, zu einem Gastmahl auf seine Burg in Gernrode ein. Als seine Gäste nun waffenlos und
halbtrunken waren, ließ er sie von seinen Bedienten ermorden. Zur Sühne mußte er ein Steinkreuz setzen lassen. Ursprünglich
stand es am oberen Kirchwege, dann auf dem Schäferberg und jetzt vor der Stadtkirche. Leider hat es ein zwar wohlmeinender, aber
unwissender Rat der Stadt mit einer nichtssagenden Inschrift verschandelt.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Die beiden Steinkreuze von Greifenhagen - 06333 Greifenhagen
An der alten Kohlenstraße, die von Drei-Eichen nach Hettstedt führt, stehen unweit von Greifenhagen zwei Steinkreuze, die zeitweise
von hier entfernt im Ort als Grabenüberbrückung dienten. Einst gingen zwei Mädchen aus Greifenhagen gemeinsam zum
Grasschummeln mit Sicheln und Körben in den Wald. Dabei kamen sie ins Erzählen und schwatzten schließlich auch von ihren
Liebsten. Eigenartigerweise aber hatten sich beide in einen schmucken Jägersmann verknallt, der sie wahrscheinlich auch noch
beide an der Nase herumführte. Jede der beiden glaubte aber, daß nur sie die Bevorzugteste sei. Sie kamen dabei so in Hitze
und Streit, daß sie gegenseitig mit den Sicheln aufeinander losgingen, dabei richteten sie sich so zu, daß sie schließlich durch den
Blutverlust beide tot auf dem Platz blieben.
Im Ort wurde uns auch erzählt, daß sich hier ein Mann und eine Frau gegenseitig umgebracht hätten, doch konnte man uns
über die Veranlassung zum Streit und die Art der Totschlagswaffen keine Auskunft geben.
Fast die gleiche Eifersuchtstragödie von den beiden Mädchen, die in einen Jäger verliebt waren und sich mit ihren
Sicheln töteten, erzählt man sich auch in dem nicht allzu weit entfernten Tilkerode.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Das Unfallkreuz von Holdenstedt - 06528 Holdenstedtt
Früher stand am alten Spritzenhaus am Weg zum Friedhof ein hohes Kreuz, das jetzt in der Nähe des alten Standortes in einer
kleinen Anlage an der Dorfstraße steht. Als wir 1950 Jugendliche nach der Bedeutung des Kreuzes fragten, berichteten sie uns, daß
hier vor etwa 20-30 Jahren jemand von einem Auto totgefahren worden sei und daß man deshalb das Kreuz zur Warnung gesetzt
habe. - Ursprünglich soll das Kreuz für einen im Dreißigjährigen Krieg erfolgten Totschlag gesetzt worden sein.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Das Kelbraer Steinkreuz - 06537 Kelbra
Westlich Kelbra steht ein Steinkreuz. Du findest es, wenn du der Thaleber Straße 50 Meter folgst, am linken Grabenrande.
Das Kreuz, etwa 70 Zentimeter hoch, aus rotem Sandstein gefertigt, ist noch sehr gut erhalten. Das anliegende Feld heißt die
Kreuzbreite. Trotzdem lag der Stein vor 25 Jahren (um1900) an einer anderen Stelle. Am Sittendorfer Wege, den heute die Eisenbahn
begleitet, mehr nach dem Dorfe zu, stießen die Pflüger immer auf einen harten Gegenstand, den der Besitzer endlich entfernen mußte.
Er ließ nachgraben und fand das Steinkreuz, das ganz in die Erde eingesunken und darum verschollen war. Sechs Pferde - so
erzählte mir eine Frau, die damals zugegen war - mußten angespannt werden, um den Stein zu heben. Man hat das alte Denkmal
glücklicherweise nicht zerschlagen, sondern ihm den sicheren Platz angewiesen, an dem es heute steht.
(Winckler, G. - Der Sagenkranz des Kyffhäusers, Querfurt 1927)
Das Postillionskreuz - 38835 Osterwieck
Am alten Postweg von Halberstadt nach Osterwieck und weiter nach Braunschweig steht auf dem Billigsberge einsam ein Steinkreuz,
auf dessen beiden Ansichtsseiten ein B eingehauen ist, auf der Südseite steht noch die Jahreszahl 1763. Ältere Leute wollen wissen,
daß hier 1763 ein Postillion überfallen und erschlagen wurde, während andere erzählen, daß hier ein Schäfer umgekommen sei.
Was jedoch das B zu bedeuten hat, konnte auch nicht aus der Ortsgeschichte festgestellt werden, die Schreibart Bostillion dürfte
eher eine üble Nachrede für die Osterwiecker sein. Bei der Jahreszahl 1763 als dem Schlußjahr des Siebenjährigen Krieges,
darf man da wohl eher an einen erschossenen Soldaten denken.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Das Mordkreuz von Questenberg - 06536 Questenberg
Mitten im Dorf Questenberg steht vor dem Forsthaus
das Mordkreuz. Ursprünglich sollen im Dorf sogar 3 Steinkreuze gestanden haben, aber die sparsamen Questenberger haben zwei
davon um 1850 an die Grenze des Gemeindewaldes mit dem Staatsforst versetzt. Vor einigen Jahren zerbrach eines der Kreuze
davon und wurde wieder in das Dorf zurückgebracht. Schon in einer alten Aufzeichnung von 1740 wird berichtet, daß hier ein
schwedischer Offizier mit seinen Bedienten umgekommen sei. Das Kreuz am Forsthaus hat hier nicht ursprünglich gestanden,
sondern mit den beiden anderen schräg gegenüber an der Nasse, wo diese vom Questenberg kommend zur Chaussee umbog.
Die Versetzung erfolgte anläßlich der Chaussierung der Dorfstraße, nachdem die beiden anderen zu Grenzzeichen umfunktioniert
worden waren.
An das Kreuz vor dem Forsthaus knüpft sich eine besonders tragische Ortserinnerung. Der Sedantag (2. September) wurde von
den jungen Burschen des Dorfes durch Schießen aus Gewehren festlich begangen. 1873 ging dabei ein Gewehr nicht los. Der junge
Bursch, dem es gehörte, stieß es deshalb heftig auf dem Steinkreuz am Forsthaus auf, wodurch es explodierte. Ein Eisenstück drang
dabei einem in der Nähe stehenden jungen Mädchen (Anna Tolle) in die Stirn, die sofort tot war. - Auf Grund dieses Vorfalles
bestimmte der Fürst von Stolberg-Stolberg, daß das Kreuz stets an der Unglücksstelle zu verbleiben habe.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Das Steinkreuz am Kelbraer Helme-Stausee - 06537 Kelbra
An dieser Stelle wurde einmal ein Mann von Zigeunern totgeschlagen. Die Leiche wurde von ihnen in das Wasserloch am Helme-Aquädukt
geworfen. Als die Kelbraer davon erfuhren, wollten sie die Zigeuner verfolgen, aber die waren längst über alle Berge. So konnten sie
nur noch das Kreuz für den Toten setzen.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Das Steinkreuz am Rottleberöder Schulhaus - 06548 Rottleberode
In einer Ecke des alten Schulhauses ist ein Steinkreuz eingemauert. Ursprünglich befand sich an dieser Stelle ein freier Platz. Hier
fand einmal eine Schlägerei statt, wobei ein Rottleberöder Bursche erstochen wurde. Dem Erstochenen wurde ein Kreuz gesetzt. Der
Totschläger konnte fliehen und rettete sich in die Eishöhle, aus welcher er nach wenigen Monaten erfroren herausgebracht wurde.
Ihm wurde jedoch kein Kreuz errichtet.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Die Gebetssäulen vor dem Kieselhäuser Thore zu Sangerhausen - 06525 Sangerhausen
Vor dem Kieselhäuser Thore zu Sangerhausen steht auf dem erhöhten Schützenplatze auf einer Steinunterlage eine verwitterte Gebetssäule, und
westlich davon, elfhundert schritte entfernt, vor dem Hospital Skt. Julianen eine zweite, der ersten ganz ähnliche. Die darein gemeißelten Heiligenbilder und Inschriften
sind vom Zahne der Zeit längst zernagt, und nur an der westlichen Säule sind noch unter der Jahreszahl 1575 die Buchstaben B.V.D.A. zu lesen. Ueber die Entstehung
dieser Säulen berichtet die Sage Folgendes. In Wallhausen wohnte auf dem dortigen Schlosse Bernd v.d. Asseburg, welcher
auch in Sangerhausen in der "Kömmelotte" (Kemenate), der Skt. Ulrichskirche gegenüber, einen Freisitz hatte. Sein Vater, ebenfalls Bernd geheißen, dem der Falkenstein
gehörte, hatte an drei Kohlenbrenner aus dem Mansfeldischen drei Bergdistrikte, den Hoyerberg, Bartenberg
und Siebenthal, zum abholzen verkauft, aber den Flächeninhalt dieser drei Holzstrecken viel zu hoch angegeben und demnach
auch, da die Käufer seiner Angabe glaubten, zuviel bezahlt erhalten. Bald darauf starb der alte Bernd, und sein Sohn übernahm die Besitzungen Falkenstein, Wallhausen,
Beyernaumburg und den Freisitz in Sangerhausen. Inzwischen hatten die Kohlenbrenner ihre Strecken vermessen lassen, und da sich herausstellte, daß ihr Flächeninhalt
zu hoch angegeben war, so verklagten die Käufer den jungen Bernd von der Asseburg auf Herausgabe des zu viel erhaltenen Kaufgeldes. Dieser aber, der einen schlauen
Sachverwalter angenommen hatte, gewann den Prozeß und schwur die Forderung ab. Seit der Zeit hatte er keine Ruhe mehr in seinen Schlössern und unternahm, um
seine Schuld zu sühnen, eine Reise nach sem heiligen Grabe. Hier hielt er sich ein paar Jahre auf und kehrte dann als ein frommer Mann zurück, um sich nun ganz von
dem Treiben der Welt in seinen Sangerhäuser Freisitz zurückzuziehen. In Jerusalem war er in gläubiger Andacht zu verschidenen Malen barfüßig und barhaupt den Weg
gewandelt, den Christus mit dem Kreuze nach Golgatha hatte schreiten müssen, und hatte dort den Entschluß gefaßt, in seiner Heimat in gleicher Entfernung zwei
Gebetsstationen zu errichten. Mit dem genauen Maße ihrer Entfernung kehrte er nach Sangerhausen zurück. Da er aber ungewiß war, ob er sich nicht dennoch geirrt
habe, so sandte er noch einmal zwei fromme Brüder nach Jerusalem, um die Entfernung von ihnen prüfen zu lassen. Erst als diese bei ihrer Zurückkunft seine Angaben
bestätigten, ließ er zur Bezeichnung der Strecke, welche Christus sein Kreuz nach Golgatha hatte tragen müssen, die beiden Gebetssäulen aufrichten und wandelte
nunmehr jeden Tag diesen Weg. War Bernd v.d. Asseburg vorher ein harter, geiziger Herr gewesen, der die Armen mit Peitschenhieben und Hunden vom Hofe jagte,
so wurde er jetzt ein frommer Mann und Freund der Armen, denen er viel Gutes erwies.
Die Gebetssäule am Riestedter Thore hatte sich vor vielen Jahren nach einer Seite gesenkt und schien umfallen zu wollen. Der Rat von
Sangerhausen ließ sie daher wieder aufrichten, indem er ihr eine Unterlage von Bruchsteinen vom Hohenberge geben ließ. Diese Steine schienen jedoch die Säule
nicht tragen zu können, denn immer wieder wichen sie auseinander. Erst als man Steine vom Augustinerkloster in Sangerhausen zur Unterlage nahm, blieb die Säule
aufrecht stehen. Diese Unterlage ist noch heute vorhanden.
(Größler, Dr. Hermann - Sagen der Grafschaft Mansfeld und ihrer nächsten Umgebung, Eisleben 1880, Nr.178, S.159-160)
Das Stolberger Klosterkreuz - 06547 Stolberg
Im kalten Tal steht an der Chaussee von Stolberg nach Breitenstein auf dem östlichen Ufer der schmalen Lude ein Steinkreuz, an dem
einmal ein Mönch ein Mädchen ermordet haben soll. Nach anderen ging von diesem Kreuz ein Gang aus, den Mönche angelegt hatten
und der in ihr Kloster führte. In diesen Gang wurden oft auf wunderbare Weise Jungfrauen hineingezogen, die niemals wieder ans
Tageslicht kamen. Nach dem Verschwinden der letzten Jungfrau wurde hier das Kreuz gesetzt und seither verschwand niemand mehr.
Eine Gräfin von Stolberg wurde auf dem Auerberg von einer Tochter entbunden. Da diese nicht auf dem Schloß geboren war,
zählte sie dem Gesetz nach nicht zur gräflichen Familie. Sie wurde deshalb ins Kloster geschickt und später deren Äbtissin. Sie war
sehr streng und habsüchtig. Das von ihr verwaltete Kloster war das auf dem Klosterkopf vor der Stolbergischen Straße im kalten Tal.
Eines Abends wurden in Stolberg drei Mädchen geraubt, die eine war eine Bäckerstochter, die zweite eine Braut mit Namen Apel und
das dritte Mädchen wohnte in der Stubengasse. Bei der Braut hatte man am Polterabend an den Fensterladen gepocht, als sie
hinausging um nachzusehen, kam sie nicht wieder. Keiner wußte, wo die drei Mädchen geblieben waren.
An einem schönen Sommerabend wanderte ein Handwerksbursche von Breitenstein nach Stolberg. Da sah er vom Kloster her
einen Leichenzug und hörte auch die Glocken des Klosters läuten. Wie es sich gehört, blieb er andächtig stehen und zog seinen Hut.
Er ging dem Zuge nach bis dahin wo der Sarg abgesenkt wurde. Ihm fiel dabei auf, daß wohl 12 Mönche den Sarg trugen, sie ihn aber
nicht auf dem Friedhof einsenkten, sondern weit weg mitten auf dem Fahrweg. Als er seine Erlebnisse in Stolberg berichtete, wurde
an der Stelle nachgegraben und man fand hier die Bäckerstochter, die lebendig mit einem kleine Kind begraben worden war. Da
wurde das Kloster zerstört und die Äbtissin verflucht. Sie geistert noch jetzt im Stolberger Schloß als weiße Jungfer herum. Auch
ein Bild von ihr im leinenen Gewand soll noch im Schloß zu sehen sein.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Das Asseburger Kreuz - 06528 Wallhausen
Einst schlief die Gräfin Helene von der Asseburg friedlich auf dem Schlosse Falkenstein. Ihr Gatte war mit dem Kaiser auf dem
Kriegszug in Italien. Da wurde ihr plötzlich sanft die Hand gedrückt. Sie glaubte schon, daß ihr Gatte zurückgekommen sei. Aber es
war ein kleines Männchen, das sie bat, zu seiner Frau zu kommen, die in schweren Kindsnöten liege. Sie folgte dem Kleinen in die
kalte Winternacht. Bald gelangten sie in eine Felsenhöhle nahe der Burg, wo sie der Wöchnerin Hilfe leistete. Zum Dank überreichte
ihr das Männchen drei gläserne Becher und drei goldene Kugeln, mit der Mahnung, alle diese Stücke gut aufzubewahren, denn an
ihnen hänge das Glück ihres Hauses. Wenn der letzte Becher zerbrochen sei, würde auch der letzte ihres Geschlechts ins Grab
sinken. Sorgsam wurden Becher und Kugeln in einer Truhe aufbewahrt.
Jahrhunderte waren vergangen, die Asseburger saßen nicht mehr auf dem Falkenstein, sondern in verschiedenen Schlössern.
Die Kugeln waren schon verloren gegangen, die Becher auf drei Linien aufgeteilt. Ein Becher befand sich im Besitz der verwitweten
Frau von der Asseburg auf Wallhausen. Einst saßen die beiden Söhne von ihr und ein Edler von Werther jung und übermütig zu Tisch
beieinander beim Wein. Da ging es hoch her und zuletzt verlangten sie aus dem Becher zu trinken. Die Mutter wehrte sich gegenüber
den Brüdern, aber schließlich mußte sie doch nachgeben. Mit edlem Wein füllten sie den Becher, aber beim kräftigen Anstoßen
zerbrach er. Der Herr von Werther tröstete die beiden damit, daß ja noch zwei Becher existierten. Wohl wußten die Herren, daß es
ihre Schicksalsbecher waren, von denen sie einen zerschlagen hatten, aber sie glaubten nicht daran und fürchteten nichts. Als sie
aber auf ihren Wagen das Schloß verließen, gingen ihre Pferde durch, der Wagen stürzte um und beide Asseburger wurden tot
unter ihm begraben. - Nach anderen sollen die beiden Asseburger vom Weg abgekommen und in der Helme ertrunken sein. - Von
den beiden übrig gebliebenen Bechern soll sich 1915 zuletzt einer auf dem Falkenstein und der andere auf der Hinneburg in Westfalen
befunden haben.
Das Kirchenbuch von Wallhausen berichtet den Vorfall etwas sachlicher. Die beiden Brüder von der Asseburg, der
unverehelichte Naumburger Domherr Friedrich und sein um zwei Jahre jüngerer, aber verheiratete Bruder Johann fuhren nach dem
Mittagsgottesdienst am 09. August 1696 mit der Kutsche nach Brücken, um sich dort mit dem Major von Werther über verschiedene
Dinge zu unterhalten und sich einmal auszusprechen. Etwa nach zwei Stunden fuhren sie gegen Abend wieder zurück. Als sie nahe
der Mühle von Brücken auf die Helmebrücke kamen, erschraken die Pferde und gingen durch. Da der Kutscher ihrer nicht wieder
Herr wurde, rief er seinen Herren zu, wenn sie könnten, möchten sie sich durch Abspringen retten. Darauf springt der älteste zuerst,
stürzt aber sehr unglücklich und bricht sich ein Bein. Der jüngere springt 50 m weiter noch unglücklicher und ist sofort tot. Beim
älteren kam dann der kalte Brand ins Bein. Vermutlich hatte er auch innere Verletzungen erlitten und starb am 17. August. Beide
wurden in ihrem Erbbegräbnis in der Kirche von Wallhausen beigesetzt.
Sechs Tage vor dem Unglück soll der Storch in Wallhausen sein Nest zerbrochen und weggetragen haben. Etliche Hunde hätten
ebenfalls einige Tage vorher kläglich geheult und die Schlüssel an der Wand hätten sich bewegt. Die Gläser selbst sollen orientalischen
Ursprungs gewesen sein.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)
Der Brotstein zu Wasserleben - 38871 Wasserleben
Der Brotstein ist zwar kein Steinkreuz, doch gehört er zu den Sagensteinen und erinnert mit seiner Erzählung an den großen
Menhir "Steinerne Jungfrau" bei Halle-Dölau. Ein Mädchen, das auf dem Heimweg war, hätte an der Stelle, an der jetzt der Brotstein
steht, durch eine Pfütze gehen müssen. Um aber die neuen Schuhe, die es anhatte, nicht zu beschmutzen, warf sie ein Brot, das sie
bei sich hatte in die Pfütze, um trocken darüber zu kommen. Als sie nun den Fuß auf das so mißachtete Brot setzte, wurde sie in den
Brotstein verwandelt.
(Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992)