Die Totenleuchte - Definition
[...] Der Ausdruck "Totenleuchte", über den einige Unklarheit herrscht, bedarf einer endgültigen Definition; bevor wir jedoch an diese nicht ganz leichte Aufgabe
herangehen, soll für jene Leser, die mit der Materie nicht vertraut sind, eine kurze Beschreibung dieses Andachtsmales vorausgeschickt werden. Die freistehende
"Totenleuchte" bestand aus einem mehr oder weniger hohen Pfeiler aus Stein, der an seinem oberen Ende ein zur Aufnahme des sogenannten "Arme-Seelenlichtes"
bestimmtes Gehäuse trug. Die größeren Totenleuchten, fast immer auf Friedhöfen errichtet, waren oft so hoch gebaut, daß es nicht möglich war, auf normale Art zum
Lichthäuschen zu gelangen. Die Lampe wurde daher durch eine zylindrische Öffnung, die den Schacht senkrecht durchlief, mittels einer über ein Rädchen laufenden
Schnur hochgezogen. Zu diesem Zwecke befand sich im unteren Teil des Schaftes eine Öffnung, durch die man das Licht in die Höhlung einschieben konnte. Von
diesen hohen Lichtsäulen hat sich nur eine geringe Anzahl erhalten - die meisten hievon in Frankreich - dagegen finden wir noch, vor allem in Österreich, verhältnismäßig
viele kleinere Totenleuchten, einige von ihnen auf Friedhöfen, die meisten jedoch am Ortsrande oder im freien Felde. Sie sind derart gebaut, daß sich das Lichtgehäuse
in normaler Reichweite befindet, also die Lampe einfach vom Boden aus hinein gestellt wurde, vielleicht bediente man sich in einigen Fällen auch eines Auftrittes oder
einer Leiter; zu einer Aushöhlung des Schaftes war daher keine Veranlassung. Ist das Lichtgehäuse unmittelbar an der Kirchenmauer angebracht, sodaß sich der
Stützpfeiler erübrigt, spricht man von einem Lichthäuschen oder Lichterker.
In der einschlägigen Literatur besteht die Tendenz, nur solche Andachtsmale als Totenleuchten zu bezeichnen, die auf einem Friedhof zu finden sind. Der Grund
mag darin liegen, daß die meisten kleinen, außerhalb des Friedhofes errichteten Totenleuchten in späterer Zeit, als ihre ursprüngliche Bestimmung in Vergessenheit
geriet, durch Anbringung eines Bildes einfach zu Bildstöcken umgeformt wurden. Dies trifft vor allem auf die sogenannten "Pestkreuze" zu. Die großen Seuchen,
von denen Europa in früheren Zeiten immer wieder heimgesucht wurde, waren meist so verheerend, daß für die daran Gestorbenen auf dem Kirchhof kein Platz mehr
vorhanden war. Sie wurden daher auf eigens angelegten Pestfriedhöfen bestattet oder, dies war der häufigere Fall, in großen außerhalb des Ortes ausgehobenen
"Pestgruben" gemeinsam verscharrt. An diesen Orten wurden dann, wahrscheinlich in Anlehnung an die früher auf den Friedhöfen häufigeren Lichtsäulen, kleinere
Totenleuchten errichtet, von denen sich noch viele erhalten haben. Auf diese Weise erklärt sich auch die Häufigkeit von Lichtsäulen an Plätzen außerhalb des Ortes, wo
eine Aufstellung solcher Male unmotiviert erscheint. Grabungen, die aus irgend einem Grunde vorgenommen wurden, sei es daß man die Säule versetzen wollte oder daß
der Platz für einen anderen Zweck benötigt wurde, haben in wiederholten Fällen Knochen zu Tage gefördert. Als Kollektivleuchten erfüllen sie so den gleichen Zweck wie
die Friedhofsleuchten und wir müssen in ihnen regelrechte Totenleuchten sehen. Aus dem Unterbewußtsein des Volkes ist die Erinnerung an die ursprüngliche
Bestimmung übrigens nie ganz verschwunden, denn an vielen dieser Pfeiler hat man in späterer Zeit, als man in ihnen nur mehr Bildstöcke sah, Laternen angebracht,
die am Allerseelentag angezündet werden. Auch wird der obere Teil am Lande noch gerne mit dem Ausdruck "Laterne" bezeichnet; desgleichen findet man da und dort
noch den Ausdruck "Lichtstöckl".
In manchen Fällen - sie sind wohl schon selten - stellt man heute noch zu gewissen Zeiten ein Licht in das Tabernakelgehäuse. Auch die hohen Friedhofsleuchten
werden mancherorts noch am Allerseelentag entzündet, wie in Lorch, O.Ö., oder in Keutschach, Kärnten, wo an diesem Tage brennende Kerzen in die untere
Einschuböffnung der Totenleuchte gestellt werden, was ihr den Namen "Kerzenturm" eingetragen hat, doch kann dies alles nur mehr als ein schwacher Ausklang des
eigentlichen Brauches angesehen werden. In früheren Zeiten standen die Friedhofsleuchten in täglicher Verwendung. Die Kosten wurde aus frommen Stiftungen
gedeckt.
Neben den Pestkreuzen finden wir Lichtsäulen außerhalb des Kirchhofbereiches noch als sogenannte Armsünder-, Galgen- oder Urtelkreuze
an ehemaligen Richtstätten; auch vor Siechenhäusern und Leproserien wurden sie gerne aufgestellt.
Nun zur Klärung der Begriffe, mit denen wir es im Verlaufe unserer Untersuchungen zu tun haben werden.
Der Ausdruck Totenleuchte, der verhältnismäßig jung ist, hat sich vor allem in den kunsttopographischen und heimatkundlichen Werken
eingebürgert und wird dort als Sammelbegriff sowohl für die freistehenden Säulen mit Lichtgehäuse als auch für die an Kirchen oder Karnern angebrachten Lichthäuschen
und Lichtnischen verwendet. Daneben findet man noch Bezeichnungen wie Friedhofsleuchte, Kirchhofslaterne, Steinleuchte etc. Früher nannte man sie
Armseelenleuchte, Seelenlicht, in alten Urkunden finden wir die Ausdrücke: ewig liecht, ewig nachtlicht, steynen luchtin, lucern etc.; die lateinischen termini waren:
lumen, luminaria, luminare, lampadas etc. In Frankreich nennt man sie: lanternes des morts.
Der Ausdruck Lichtsäule wird sowohl für die freistehende Friedhofsleuchte als auch - besonders in jüngster Zeit - für die kleineren am
Rande eines Ortes oder im freien Felde errichteten Pfeiler mit Lichtgehäuse gebraucht. Die von mir für letztere in Vorschlag gebrachte Bezeichnung "Lichtstock" findet in
der Literatur langsam Eingang. Ist man nicht sicher, ob es sich um einen Bildstock oder eine Lichtsäule handelt, behilft man sich mit der Bezeichnung Nischen- oder
Tabernakelpfeiler.
Ein wesentliches Merkmal der Totenleuchte sehe ich im Kollektivcharakter dieses Kultmales. Wenn auch oft von Einzelpersonen gestiftet, soll
es für alle auf dem Friedhof Ruhenden oder unter dem Male Begrabenen - dies kommt vor allem bei den Pestsäulen zum Ausdruck - leuchten. Dort, wo es sich um das
Licht für das Grab einer Einzelperson handelt, wollen wir lieber beim Ausdruck Grablicht oder Grableuchte bleiben; solche treten uns schon sehr früh
entgegen, wie z.B. in der Lichtstiftung Karls des Dicken v. J. 884 5, also zu einer Zeit, als die Kollektivleuchte noch unbekannt war. Lichtsäulen für Einzelpersonen
außerhalb des Friedhofes wurden im Mittelalter verhältnismäßig selten errichtet: als Gedächtnissäulen an Orten, wo ein Unglück geschehen war, oder es wird in ihnen
der Gedanke der mittelalterlichen Sühnekreuze weitergeführt. Charakteristisch für sie ist, daß sie nicht über dem Grabe der betroffenen Person stehen - sie wurde ja in
geweihter Erde, also auf dem Friedhof begraben - sondern an dem Ort, wo das Unglück sich ereignet hatte, beziehungsweise der Mord verübt worden war. Die um das
Jahr 1200 im Bruderhof in Würzburg als Sühne für die Ermordnung des Bischofs Conrad errichtete Säule ist das älteste bekannte Denkmal dieser Art; sie wurde an der
Stelle aufgestellt, wo die Untat geschehen war.
Abzugrenzen ist die Totenleuchte auch gegen das Ewige Licht in der Kirche, dem eine andere Bestimmung zukommt; die zahlreichen
Stiftungen, die im Mittelalter für die Unterhaltung solcher Lichter getätigt wurden, unterscheiden sich textlich von den Stiftungen zu Gunsten von Totenleuchten dadurch,
daß sie fast immer den Beisatz tragen: ad altarem oder ante altarem (z. B. Sanctae Annae), also für die Ewige Lampe eines bestimmten Altares der betreffenden Kirche
gewidmet waren.
(Hula, Franz - Mittelalterliche Kultmale, Wien 1970, S.6-9)
Die Lichtsäulen
Die Totenleuchten hatten den Zweck, den armen Seelen ein Licht zu brennen; wir unterscheiden Totenlichtnischen, welche an den Außenwänden der Kirchen
oder an den Innenwänden der Kreuzgänge, der Kirchhofmauern usw. sich finden; letzteres z.B. in Demling (Ingolstadt
Obb.), Totenlichterker an denselben Stellen und Totenlichtsäulen.
Das Bild zeigt eine solche von Kreutschach (Klagenfurt, Kärnten) auf dem Friedhof; es ist verkleinert aus den
(Wien) Mitteilungen der Centralcommission 13, XXI; die Abbildung ist dort aber nicht ganz genau; so ist die Öffnung mit der Türe in den Schacht zu hoch angesetzt, wie
wir einer Untersuchung des H. Baron von Zois, Klagenfurt entnehmen, dem wir auch folgende Angaben verdanken.
Um die Einrichtung einer solchen Lichtsäule kennen zu lernen, bitten wir das rechte der beiden Bilder zunächst
beizuziehen; es stellt den ungefähren Hochschnitt einer Lichtsäule mit Schacht dar. Sie ist aus Stein. Der Schaft (in Keutschach 0,50m Durchmesser) besteht aus
Trommeln; die Bekrönung bildet eine steinerne Pyramide. Die ganze Höhe der Keutschacher Säule mag knapp 4m betragen. Von der Laterne a abwärts geht
ein Schacht (in Keutschach 0,28m Weite) bis zu b.
a die Laterne; über ihr, also in der Pyramide, vermuten wir die Luftzüge wie bei andern Totenleuchten. Die Laterne hat in Keutschach 4 Fenster. An ihrer
Decke ist eine Rolle (in Keutschach fast in der Mitte), über welche einst eine leichte Kette lief. An deren einem Ende hing die Lampe; von der andern Seite der Rolle
ging die Kette bis in den Hohlraum bei b herab. Dieser war einst durch ein Türlein (in Keutschach etwa 0,30:0,14m) verschließbar. Die Sohle des Hohlraums
liegt in Keutschach jetzt 1,20m über dem Boden. An einer Wand des Hohlraums ist der eiserne Hacken, in welchen ein Glied der Kette eingehängt werden konnte, wenn
die Lampe oben hing; das übrige Stück der Kette lag auf der Sohle des Hohlraums, wie auf unserm Durchschnitt angedeutet. Alle Tage musste man die Lampe im
Schacht herablassen, um Öl nachzufüllen.
Die Keutschacher Lichtsäule mag von etwa 1500 stammen; später fanden Ausbesserungen statt.
Rolle und Hacken erweisen, dass diese Schächte nicht allein zur Erneuerung der Luft in der Laterne dienten, wie in Deutsche Gaue 29, 141/u
ein Bericht sagt.
(Deutsche Gaue, Band XXXIV, 1933, 2.Lieferung, S.44)
Die Totenleuchte
Die 3 Lichterker im Domkreuzgang zu Augsburg haben oben und an der Seite Oeffnungen zum Abzug
des Rauchs und der Hitze wie jene am Stephansdom in Wien 1502. Die Lichtsäulen haben oft unten eine wagerechte Oeffnung, von welcher ein senkrechter Schacht
in der Säule oder dem Pfeiler aufwärts steigt und in der steinernen Laterne mündet.; diese Schachte dienten nicht zum Aufziehen einer Oellampe, aber auch nicht zum
Hineinstecken von Kerzen, sondern zur Erneuerung der Luft in der Laterne. In Hof am Leithaberg
(Ebreichsdorf Ni.Ö.) Lichtsäule r. 1400 mit solchem Schacht; nach der Untersuchung von H. Schriftsteller Mailly-Wien diente dieser Schacht als Luftkamin. Die
wagerechte Oeffnung unten war oft, so auch hier, mit einem eisernen Türlein verschließbar, aber sicher nicht luftdicht. Das Türlein hinderte, dass Kinder oder Boshafte
den Schacht verstopften; vielleicht hatte man dort auch Lichtzeug aufbewahrt. Weitere solche Lichtsäulen in Deutsche Gaue 29, 66.
(Deutsche Gaue, Band XXIX, 1928, 5.Lieferung, S.141)
Die Totenleuchten
sind jedem Heimatler bekannt; es gibt Lichterker, also solche, die erkerartig aus der mauer hervorragen; da wäre zu untersuchen, ob sich an der dachartigen
Deckplatte ein kleines Loch befindet; damit die erhitzte Luft aus der Laterne entweichen kann; so an einem Lichterker am Stephansdom in Wien v. 1502. Dann die
Lichtsäulen; auch hier das Dach zu untersuchen; aber noch Weiteres: Im Schaft der Säule unten befindet sich eine viereckige Oeffnung, oft mit Blechtüre verschließbar,
an folgenden Lichtsäulen: Hainburg (Ni.ö.) 15. Jh., Hof bei Straden
(Murek St.) 1514, Freistadt (Ob.ö.) 1488, Penzing (Wien), got.,
Klosterneuburg (Ni.ö.) 1381, Gurk (Kä.),
Keutschach (Klagenfurt Kä.), Voitsberg (Kä.). Von der Oeffnung
geht dann senkrecht in der Säule ein Schacht in die Höhe bis zur Laterne. Dieser Schacht wird gewöhnlich erklärt: er diene zum Aufziehen der Lampe in die Laterne;
uns erscheint dies vorerst noch zweifelhaft; es müssten an den Brechungspunkten der Aufzugskette Rollen oder Spulen solcher sich finden; u. zwar unten eine, oben in
der Laterne zwei (
• unser Zeichnung), was unten durch Hineintasten leicht festzustellen wäre.
Es können auch ehemalige Totenleuchten auf freiem Feld stehen; man hält sie dann für gewöhnlich für Bildstöcke; ist aber das vermutete
Heiligenhäuslein auf dem Schaft nach mehreren Seiten geöffnet, so könnte eine Totenleuchte vorliegen; für einen etwa in der Nähe plötzlich Verschiedenen wurde ein
ewiges Licht hier gebrannt, das zugleich als Leuchtfeuer für Wanderer diente; dieser Zweck war unsern Vorfahren nicht fremd. Von der ehemaligeb Bildsäule auf dem
Lehenbichel bei Wiedergeltingen (Türkheim Schw.) erzählt die Sage davon; der Kirchturm zu
Gennach (Schwabmünchen Schw.) diente als Leuchtturm für die Wanderer im Gennacher Moos.
(Deutsche Gaue, Band XXIX, 1928, 3.Lieferung, S.66)
Totenleuchten, eigene Säulen mit einem Lichthäuschen darauf, sind auf dem Land sehr selten. Oefters aber
können sich tiefe Nieschen in der Mauer der Kirche oder Seelenkapelle finden; Deutsche Gaue, Gemeindebeschreibung Eggenthal Ka. Wird eine solche Niesche
erwähnt: rundbogig, 0,50 hoch, 0,34 breit u. 0,33m tief; sie kann wohl nichts anderes als eine Niesche gewesen sein, in welcher ein
Lichterstein lag. Es ist dies meist eine dicke Steinplatte, in welcher 4u. mehr Schalen eingemeiselt sind.
Gewöhnlich meint man, in solchen Nieschen seien Heiligenfiguren gestanden. Doch sei gebeten, weitere solche Beobachtungen mitzuteilen.
An Seelhäuschen sind also auch Lichtersteine zu suchen oder wenigstens eine Niesche, in welchen der Lichterstein einst war
oder ein Sockel, auf dem er lag. Ein solcher Lichterstein ist noch im Armseelenhäuschen zu Oening (Beilngries;
5 Schalen) und Zenching (Kötzting; 4 Schalen). Man goß die Schalen mit Unschlitt oder Wachs aus, steckte einen
Docht hinein u. brannte diese Lichter für die Toten; auch Oel wurde verwendet.
(Deutsche Gaue, Band XXVI, 1925, 4.Lieferung, S.111-112)
Totenleuchten
Zu Deutsche Gaue 29, 66.
Eine Form der Totenleuchten sind die freistehenden Lichtsäulen. Als Beispiel bringen wir das nebenstehende Bild, das nach einem Lichtbild
von E. Allbrich,Schaidt angefertigt ist. Es ist die an der Südseite des Kirchturms (um die Kirche war der Friedhof) Schaidt
(Kandel Pf.) stehende, bildstockartige Totenleuchte vom Jahre 1482, wie die Inschrift unter dem Wappen der Grafen von Türkheim, der damaligen Inhaber des
Kirchensatzes, angibt. Die Leuchte besteht aus rotem Sandstein und hat eine Höhe von 2,05m. Das aus dem Stein ausgehauene Weihwasserkesselein (?) liegt 0,95m
überm Boden. Der obere Teil des Steines, der Lichtbehälter, ist mit 3 Glasscheiben, wovon eine aus rotem Glas besteht.
Eine andere Art der Totenleuchten sind die Lichterker. Unser Bild rechts zeigt den Lichterker an der Nordwand der Seelenkapelle von
Pfaffenhofen (Kastl. Obpf.).
Er ist vor das frühere romanische Rundbogenfenster im Obergeschoß gesetzt und musste wegen seiner hohen Lage vom Innern der Kapelle
aus bedient werden, wozu die Fensterniesche, wie auf dem Grundriß a zu sehen, hinreichend Raum bot. Oben die kleine kuppelförmige Rauchöffnung, die wir
bei allen Totenleuchten suchen müssen.
(Deutsche Gaue, Band XXXIII, 1932, 1.Lieferung, S.13)
Lichtnieschen
Wenn wir eine Kirche besichtigen, so wollen wir nicht vergessen zu untersuchen, ob nicht eine Ewiglichtniesche in der Chorwand ist? Man
erkennt sie an der Rauchröhre, die von der Nieschendecke schräg aufwärts geht und die Außenwand der Kirche durchbricht. In der Kirche in Icking (Wolfratshausen
Obb.) um 1500 ist die Niesche unterhalb des Südost-Chorfensters. Die Rauchröhre durchbricht die Fenstersohle und steht 0,40m schräg heraus,
Altenstadt (Schongau Obb.) S. Michael: Ein Hauptschiff mit je 1 Nebenschiff nördlich
und südlich; alle enden mit Chören und Halbrunden (Apsiden); im nördlichen Nebenschiff, und zwar neben seinem Halbrund ist eine Ewiglichtniesche. Das Allerheiligste
war demnach im nördlichen Chor, nicht im Mittelchor. Diese wichtige Feststellung machte H. Max Weber, Rottenbuch 1932. Es ist die älteste Ewiglichtniesche
(um 1200), die uns bis jetzt bekannt ist.
(Deutsche Gaue, Band XXXIII, 1932, 3.Lieferung, S.80)
[...] Die älteste nachweisbare Lichtsäule Deutschlands - sie existiert nicht mehr - ist die bereits im
ersten Abschnitt erwähnte, als Sühne für die Ermordung des Bischofs Conrad in Würzburg einst aufgestellte Säule, die jedoch, für eine Einzelperson errichtet, aus dem
engeren Rahmen der kollektiven Totenleuchte herausfällt. Die älteste noch erhaltene Friedhofsleuchte steht in Doberan (Mecklenburg). Sie stammt aus der
ersten Hälfte des 13.Jh. und nähert sich dem französischen Typus der chapelle funéraire, dem auch diejenige von Schulpforta folgt, deren Errichtungsjahr,
es ist 1268, sogar urkundlich belegt ist. Aus dem 13.Jh. dürfte auch die im Chorumgang des Magdeburger Domes aufgestellte Lichtsäule sowie - wohl schon
vom Ende des genannten Jahrhunderts - die nur mehr in Resten erhaltene Friedhofsleuchte im Kreuzgarten dieses Stiftes stammen. Die nächsten datieren bereits aus
dem 14. und 15.Jh.; wir finden unter ihnen einige reizvolle Werke der Gotik, wie die beiden Lichtsäulen im Kreuzgang des Domes zu Trier, die Totenleuchten
von Xanten, Regensburg, Fritzlar, Saliern und Waging sowie den "Elendstein" in Ersheim. Eine merkliche Ballung
stellen wir in Westfalen rund um Münster und Paderborn fest. Leider ist von der prachtvollen Friedhofsleuchte in Münster nur mehr eine Kopie vorhanden,
diejenigen von Paderborn, Ahlen und Oelde sind gänzlich verschwunden. Daß Westfalen zweifellos einst ein "Kerngebiet" des Brauches
bildete, geht aus der Tatsache hervor, daß wir hier auch seine spätesten Vertreter finden [...]
(Hula, Franz - Mittelalterliche Kultmale, Wien 1970, S.16)
[...] Die Christen wandelten schon in der Urkirche den heidnischen Brauch den Totenkult mit dem Lichtzermoniell zu
verbinden, ab, indem sie die Flamme als Sinnbild des ewigen Lebens deuteten und auf den Friedhöfen im Mittelalter in brüderlicher Sorge allen Verstorbenen gemeinsam
ein Licht entzündeten.
Zu diesem Zweck schufen sie die mit dem Bildstock verwandte Totenleuchte, deren Nische das sogen. "Arme-Seelenlicht" barg. Es brannte jede Nacht, später nur
noch an den Totengedenktagen. Gegen Ende des Mittelalters kam der Brauch zum Erliegen und die Totenleuchte verschwand allmählich.
Nach den Forschungen Hulas war die Totenleuchte eine übernationale Erscheinung. Neben den hohen Lichtsäulen, die vor allem in Frankreich vorkommen, weist
Österreich noch viele bildstockähnliche Totenleuchten auf, die z.T. später zu Bildstöcken umgeformt wurden. Den Ursprung der Friedhofsleuchte vermutet Hula in Cluny.
Von dort verbreitete sie sich durch Benediktiner und Zisterzienser fast über ganz Europa. Die Literatur über die deutschen Totenleuchten ist sehr spärlich. [...]
Die Totenleuchte war tief im Volksglauben des mittelalterlichen Menschen verwurzelt. Neben dem christlichen Sinngehalt zeugt das Mal aber auch von einem
verworrenem Aberglauben. Die Flamme sollte nicht nur für die Toten leuchten, sie sollte auch vor den Geistern der Verstorbenen schützen, sie verscheuchen und die
lichtscheuen Dämonen vertreiben, die in der Finsternis ihr Unwesen trieben, die aber machtlos waren, wenn sie der Bannstrahl des Lichtes traf.
(Weinmann, Fred - Steinkreuze und Bildstöcke in der Pfalz, in: Mitteilungsblätter der "Deutschen Steinkreuzforschung", 29.Jg., Heft 1, Nürnberg 1973, S.8-9)